Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

(Starker Beifall der CDU und Beifall bei der AfD)

Zu einer Kurzintervention hat sich der Abgeordnete Dr. Braun gemeldet.

Ganz kurz, haben Sie keine Angst.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Klöckner, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass man verschiedene Meinungen haben kann. Das diskutieren wir hier in diesem Parlament auch. Wir weisen darauf hin, dass das Grundgesetz die allgemeine Orientierung ist. Sie können nicht mit einer Hausordnung und mit einer Regelordnung kommen und sie den Flüchtlingen in die Hand drücken und als Erstes sagen: Ihr müsst diese Regeln beobachten und beachten.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das hat doch keiner gesagt!)

So hört sich Ihre Debatte – – –

(Zurufe von der CDU)

So hört sich Ihre Debatte an. Wenn man Herrn Baldauf hört, dann weiß man, dass die Debatte auch so gemeint ist. Frau Klöckner, wenn Sie hier diese Regeln als Frauenunterstützung sehen, dann dürfen Sie das tun. Aber haben Sie die Toleranz, dass wir sagen, auch die Frauen, die zu uns kommen, verdienen Respekt und verdienen, in ihrem kulturellen Umfeld ernst genommen zu werden.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Gerade deshalb!)

Sie verdienen diesen Respekt, dort, wo sie sind, auch die Kultur leben zu können, die sie gewohnt sind.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Haben Sie einmal mit Frauen im Frauenhaus gesprochen?)

Wir sind völlig einer Meinung, es geht nicht, und ich habe das für meine Fraktion auch schon gesagt.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Die den Schleier ab gelegt haben!)

Frau Klöckner, wenn ein Mann im öffentlichen Dienst einer Frau aus Geschlechtsgründen nicht die Hand gibt, weil sie nämlich eine Frau ist, dann ist das absolut intolerabel. Da sind wir uns doch einig. Aber da müssen Sie doch den Einzelnen in dieser Regierung nicht vorwerfen, dass sie anders denken würden. Da sind wir uns doch insgesamt einig.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Auf einmal?)

Wenn wir uns einig sind, Frau Klöckner, dann müssen Sie hier keinen Dissens produzieren, wo ein Konsens ist. Ich würde Sie bitten, im Sinne der Sache,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Dann stimmen Sie zu?)

im Sinne des Friedens in diesem Land, im Sinne des friedlichen Zusammenlebens zu akzeptieren, dass es verschiedene Meinungen gibt,

(Zurufe von der CDU)

und zu akzeptieren,

(Abg. Alexander Licht, CDU: Sie fangen doch damit an!)

dass diese Landesregierung den Auftrag der Integration ernst nimmt. Ich möchte noch einmal einen Dank aussprechen an diejenigen, die vor Ort diese Integration unterstützen. Dafür haben wir alle zu danken, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Es besteht die Möglichkeit der Erwiderung.

Lieber Herr Kollege Braun, wenn wir über das Grundgesetz reden, da sind wir uns einig. Aber es gibt Gesetzesinitiativen, um zum Beispiel die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen aus der Welt zu schaffen,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Völlig richtig!)

um zum Beispiel eine Frauenquote in DAX-Vorständen durchzusetzen, Initiativen für gendergerechte Sprache und vieles andere auch. Da gibt es unglaublich viel Verve. Da könnte man sagen, Leute, was habt ihr, wir haben doch das Grundgesetz. Nichts anderes ist unsere Initiative. Wenn Sie sich mit Frauen im Frauenhaus unterhalten, die den Gesichtsschleier abgelegt haben, die zum Beispiel nicht nach den Vorschriften, so wie es sich der Vater und der Bruder vorstellen, in die Schule gehen sollen, leben. Wenn Sie sich mit diesen Frauen unterhalten, dann kommt es nicht auf die Quantität des Erscheinungsbildes an, wie häufig das vorkommt, sondern auf die Qualität des Frauenbildes. Die Qualität des Frauenbildes hat nichts mit Toleranz oder Nichttoleranz zu tun. Es gibt ein paar Werte, die wir hier haben. Da gibt es keine Zeit der Eingewöhnung, die gelten einfach.

(Starker Beifall der CDU und bei der AfD)

Und diese Werte haben etwas damit zu tun, dass wir darüber reden, was uns wichtig ist. Manchmal wissen wir es auch selbst nicht, aber wir wollen eine Konkretisierung im Alltag.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da geht es doch um Gewalt! Wir sind gegen Gewalt!)

Ich persönlich bin jetzt bei meiner Regiotour in Krankenhäusern, Kitas und Schulen gewesen. Ich nehme das wahr, was die Alltagsverdichtung und Konkretisierung bringt. Das ist keine Pauschalisierung, sondern das zeigt sich in Einzelfällen, wenn verschiedene Kulturen zusammenkommen. Wenn ein strenggläubiger Islam, der archaisch patriarchalisch geprägt ist, zum Beispiel auf unser offenes Land trifft, dann haben wir in dem konkreten Alltag Probleme bei der Polizei. Wir haben konkrete Probleme, dass zum Beispiel eine Ärztin von einem Kollegen ernst genommen wird. Wir haben die Probleme, dass Väter am Elternsprechtag nicht mit der Lehrerin sprechen wollen. Uns geht es darum, dass wir all denen den Rücken stärken, die die Frage haben: Wie verhalte ich mich jetzt richtig in dieser Situation?

(Zuruf der Abg. Frau Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau darüber wollen wir reden.

(Beifall bei der CDU)

Einem das dann sofort mit dem Hinweis abzutun, das sei rechtspopulistiche Angstmacherei, ich kann Ihnen sagen, derjenige, der sofort mit dieser Keule kommt, der achtet nicht die Meinungsfreiheit. Ich sage dann nur, wenn wir gegenseitig die Probleme, die nicht massenhaft da sind, die aber vorhanden sind und die vor allen Dingen die Stimmung bei all den anderen vergiften, die sich hier ordentlich verhalten,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja eben!)

nicht ansprechen, dann werden Sie an den Rändern ganz rechts oder ganz links angesprochen. Noch einmal: Wer vor den Problemen die Augen verschließt, wird sie niemals

lösen können. – Wir sind gewählt, um Probleme, die da sind, über die die Bürger reden, die weder rechts- noch linksextrem sind, zu lösen. Werfen Sie uns bitte nicht reflexhaft vor, es sei rechtspopulistisch oder AfD-Sprech. Das ist Ihrer wirklich nicht würdig.

(Starker Beifall der CDU)

Der Abgeordnete Junge, Fraktionsvorsitzender der AfD, hat sich zu Wort gemeldet. Sie haben noch 2 Minuten und 30 Sekunden Redezeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Präsident! Es ist schon sehr spät, und die Debatte ist hitzig an dieser Stelle. Aber ich denke, es ist auch wichtig, einfach einmal ein klärendes Wort zu sagen. Herr Baldauf, es wundert mich schon. Ich verstehe das ja, dass Sie im Wahljahr da eine 180-Grad-Wende hinlegen, aber es grenzt aus meiner Sicht schon so leicht ein Bigotterie, wenn Sie jetzt hier diese Rede halten, diesen Antrag so stellen, und Angehöriger der Partei sind, deren Kanzlerin, die ja unser aller Kanzlerin ist, das Problem doch eigentlich erst geschaffen hat.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ob es Ihre ist, weiß ich jetzt nicht!)

Ja, meine nicht. Sie war schon meine Parteiführerin nicht mehr, als ich 2009 ausgetreten bin aus ihrer Partei.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Führerin gibt es sowieso nicht! – Abg. Christine Schneider, CDU: Wenn schon, dann Parteivorsitzende! Wenn Sie Regeln fordern in Ihrem Antrag, dann haben Sie natürlich völlig recht, aber ich denke, wir brauchen keine besondere Hausordnung, in der man noch einmal besonders denjenigen, die nun jetzt hierher zu uns kom- men oder schon da sind, erklärt, wie die Bundesrepublik Deutschland funktioniert. Wir haben diese Regeln. Wir ha- ben Gesetze, wir haben unser Grundgesetz, und das gilt es, schlicht und einfach natürlich zu beachten. Aber ich sage Ihnen auch, das ist ein Unterfangen, dass wir in dieser Masse einfach nichts leisten können. Wir wer- den daran scheitern. (Beifall bei der AfD)

Ich sage Ihnen auch, warum. Weil Sie mit Dingen arbeiten, Herr Braun, und damit die Diskussion eben nicht versachlichen, wenn Sie davon sprechen, dass meine Mutter auch ein Kopftuch getragen hat. Natürlich hat sie auch ein Kopftuch getragen,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Also!)

weil es warm war. Aber das war doch nicht der gleiche

Grund. Die Kopftücher der Trümmerfrauen zu vergleichen mit einem islamischen Symbol, ist doch einfach unlauter.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Weil Sie Frauen sind, weil Sie einen Frauenkörper haben!)

Deshalb verunsachlichen Sie diese Diskussion auch. Sie können auch danach immer noch beim Parlamentarischen Abend darüber diskutieren. Das ist wunderbar. Das kann man alles noch machen.

Ich glaube, dass zu viel an wirklicher Naivität da ist in dem Glauben, wir wären in der Lage, massenhaft Menschen aus diesen Kulturkreisen bei uns zu integrieren. Ich glaube, ich habe sie erlebt. Ich habe kleine Aufgaben bekommen und sollte ihnen beispielsweise das Achten von staatlichen Strukturen beibringen, beispielsweise das Sich-nicht-mehrin-Clans-zu-verbinden und sich gegenseitig zu bekriegen, keine Kinder an Waffen zu lassen.