Protokoll der Sitzung vom 09.08.2017

Sehr wortreich, aber substanzlos wird versucht, den von Frau Dreyer für den Landtagswahlkampf eingeführten Begriff des Pflegemanagers zu erläutern. So sollen aus den Fachkräften in den Pflegestützpunkten künftig sogenannte Pflegemanager werden.

Ich darf darauf hinweisen, wir hatten das umgekehrte Problem bei der Gemeindeschwesterplus. Dort waren die Männer benachteiligt, jetzt ist es genau umgekehrt.

(Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Plus, Herr Dr. Enders! Plus!)

Ich lese hier nur etwas von Managern, Frau Ministerin. Schön, dass Sie auch dabei sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Gern!)

Was das konkret heißt und wie weit das über die bereits vorhandenen Aufgaben und Tätigkeiten der Fachkräfte in den Pflegestützpunkten hinausgeht, bleibt mir unklar; vielleicht wird es ja nachher erläutert.

Insgesamt ergibt sich aus der Antwort nicht nur, dass die konzeptionellen Grundlagen des Projekts dürftig sind, sondern auch, dass das Projekt grundsätzlich noch unausgegoren ist. Bleibt das Konzept „Pflegemanager“ oder „Pflegemanagerin“ auf dem bisherigen Niveau, bin ich der Ansicht, kann es aufgegeben werden.

(Beifall der CDU)

Die Landesregierung sollte kritische Stimmen, zum Beispiel der Ersatzkassen und auch der Pflegekammer, beachten, wonach es für den Pflegemanager oder die -managerin keinen wirklichen Bedarf gibt. Frau Ministerin, wo ist hier der Mehrwert? Das würde ich gern wissen.

(Staatsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler: Das erzähle ich Ihnen gern!)

Zur Vorgeschichte: Es wurden zu hohe Erwartungen geweckt. Im Wahlprogramm der SPD im letzten Jahr wurde die schrittweise Umsetzung ab 2016 versprochen. Ab 2016!

Die Pflegestützpunkte sollten mehr Personal und auch mehr Kompetenzen erhalten. Dann gab es im November, genauer gesagt am 16. November letzten Jahres, eine Pressemeldung, in der die Landesregierung die Einführung des Pflegemanagers als einen Schwerpunkt im Haushaltsjahr 2017/2018 darstellte. Fachkräfte in 135 Pflegestützpunkten würden schrittweise zum Pflegemanager weiterentwickelt. Wie ist der Sachstand? Uns liegt die Antwort vom Juli vor, und nun ist wieder ein bisschen Zeit vergangen.

Das Projekt wirft mehr Fragen auf, als Antworten gegeben werden. So kann man zum Beispiel in der Landesrahmenvereinbarung mit den Verbänden vom 30. Mai 2016 lesen,

dass von bewährten Strukturen gesprochen wird. Vor diesem Hintergrund, dass man von bewährten Strukturen spricht, erschließt sich mir nicht, warum die Fachkräfte jetzt zu Managern werden sollen. Insgesamt also dürftig.

(Beifall der CDU)

Vor gut vier Monaten, am 20. April dieses Jahres, hat zum ersten Mal ein Workshop stattgefunden, bei dem deutlich wurde, dass zur Ausgestaltung des Konzepts, zur Aufgabenbeschreibung und auch zur Qualifizierung bis dato so gut wie nichts erarbeitet worden ist. Es heißt aber, der Pflegemanager soll auf den vorhandenen guten Strukturen der Pflegestützpunkte aufbauen – wiederum ein Argument dafür, dass wir sie nicht zwingend brauchen.

Bis 2018 sollen also schrittweise die Fachkräfte aus den Pflegestützpunkten auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Konzepts qualifiziert werden, ohne dass die entsprechenden Voraussetzungen – zumindest für uns nicht erkennbar – auch nur ansatzweise geschaffen worden sind. Es wurden aber im Haushalt für 2018 bereits 784.000 Euro bereitgestellt. Hier wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht.

(Beifall der CDU)

Zum Mehrwert des Pflegemanagers bleibt die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage einsilbig. Ich darf eine Antwort zitieren:

„Somit erbringen die Fachkräfte schon heute Leistungen, für die sie nach der Qualifikation dann noch besser vorbereitet sind.“ – Was das heißt, bleibt offen. Alter Wein in neuen Schläuchen.

Werden hier also unerfüllbare Erwartungen hinsichtlich einer allumfassenden Betreuung geweckt? Ich darf mit Genehmigung der Präsidentin noch einmal aus dem Wahlprogramm der SPD zitieren.

(Staatsminister Roger Lewentz: Aber immer, ja bitte!)

Ja, das mache ich sehr gern. Das passt hervorragend.

Darin heißt es: „Künftig soll in Rheinland-Pfalz jeder ältere Mensch, jeder Sohn, jede Tochter die Sicherheit haben, wenn Pflegebedürftigkeit in der Familie eintritt, bekommen sie einen Helfer zur Seite gestellt. Sie haben Anspruch auf einen persönlichen Pflegemanager. Dies werden wir ab 2016 schrittweise umsetzen.“

(Beifall bei der SPD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das hört sich gut an! – Zuruf des Staatsministers Roger Lewentz)

Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen. Dieses sozialpolitische Prestigeobjekt ist in seiner Bedeutung deutlich zu relativieren.

Frau Ministerin, es kommt in der Zukunft auf andere Dinge an, nämlich darauf, dass der Fachkräftemangel in der ambulanten und stationären Pflege behoben wird und dieses Personal besser bezahlt wird.

(Beifall der CDU)

Das sind zielführende Aufgaben für einen Gesundheitsminister oder eine Gesundheitsministerin, anstatt immer wieder neue Modelle zu entwickeln, die keiner braucht. Sorgen Sie für mehr Fachkräfte, und senken Sie die Arbeitsbelastung! Es handelt sich hier wie bei der Gemeindeschwerterplus um einen Etikettenschwindel.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Kollegin AnklamTrapp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wir haben guten Grund, der CDU dafür zu danken, dass wir heute die Große Anfrage zum Thema „Persönlicher Pflegemanager“ aussprechen dürfen.

Diese Politik für Menschen mit Pflegebedarf nehmen die rheinland-pfälzischen Koalitionsfraktionen unter der Landesregierung von Malu Dreyer immer wieder intensiv in den Blick. Herr Dr. Enders, ich danke Ihnen für das schöne Zitat aus dem Wahlprogramm. Nicht umsonst haben wir als SPD-Fraktion in Dialogforen landesweit mit Bürgerinnen und Bürgern diskutiert.

Die SPD ist damals ausgeschwärmt, um die Menschen zu fragen, was sie in diesem Land brauchen

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

zu den Themen „Sicherheit, Bildung und Gesundheitsversorgung“. Bei der Gesundheitsversorgung wurde es allzu deutlich, wo die Sorgen liegen. Das möchte ich gern mit einigen Zahlen untermauern. Wir haben deutschlandweit im Moment 2,9 Millionen Menschen mit Pflegebedarf. 1,4 Millionen Menschen kümmern sich hervorragend aufopfernd um ihre Angehörigen, die gepflegt werden müssen. In Rheinland-Pfalz werden im Moment etwa 75 % aller Menschen mit Pflegebedarf von ihren Angehörigen versorgt.

Es geht um die Sorge: Wie mache ich das in Zukunft, wenn ich vielleicht nicht mehr dazu in der Lage bin, meine Mutter oder meinen Vater zu versorgen, zu weit weg wohne, um direkt handeln zu können, oder vielleicht selbst alt und pflegebedürftig bin? In der älter werdenden Gesellschaft ist es nicht mehr so, dass die Tochter oder der Sohn 42 Jahre alt ist, wenn Pflegebedarf da ist.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Zahlen der demografischen Entwicklung werfen. Derzeit sind in Rheinland-Pfalz 25 % der Bürger, etwa 1 Million Menschen, älter als 60 Jahre. Im Jahr 2030 wird es einen Anstieg auf rund 33 % geben.

Deswegen ist es unsere Aufgabe. Deswegen bereitet sich die Landesregierung unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler auf diese gesellschaftlichen Entwicklungen vor. Die Koalitions

fraktionen haben dies ganz bewusst in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Wir als Parlamentarier begleiten es intensiv.

Die Fachkräftesicherung ist ein Grundsatzthema über alle Berufe. Wir haben in Rheinland-Pfalz deswegen im Verhältnis zu anderen Bundesländern 20 % Ausbildungserhöhung mit allen Partnern erreichen können.

Angesiedelt ist und wird es sein beim Pflegestützpunkt. Dazu lassen Sie sich von mir sagen, wir haben im Land Rheinland-Pfalz 135 gut funktionierende Pflegestützpunkte, die wohnortnah flächendeckend in Rheinland-Pfalz kostenfreie und kompetente Anlaufstellen für Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen sind. Die Pflegestützpunkte leisten Beratung bei der Antragstellung und unterstützen bei der Organisation von Pflege, vermitteln Pflegedienste, Haushaltshilfen und Einkaufshilfen.

In Rheinland-Pfalz können wir sehr stolz auf diese gute Versorgungslage sein. Wir sind das Musterland RheinlandPfalz mit 135 Pflegestützpunkten. Deutschlandweit gibt es 550 davon. Andere Länder wie zum Beispiel Bayern haben derzeit neun mit dem Ziel, irgendwann wenigstens 60 dieser Anlaufstellen für Menschen zur Verfügung zu stellen, die ihre Angehörigen pflegen möchten.

Deswegen geht an dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank an die guten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den hoch kompetenten Pflegestützpunkten. Das ist von unserer Fraktion ganz ernst gemeint.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht nur die Organisation in diesen Pflegestützpunkten ist für uns wichtig, sondern auch die Prävention von Pflege, länger zu Hause leben zu können, dem Wunsch der Menschen zu gehorchen, zu Hause leben zu können, und präventiv anzusetzen mit der Gemeindeschwesterplus, die, Sozialraum aufsuchend, die hochbetagten Menschen aufsucht, ein Vorreiter in Rheinland-Pfalz, um sich der Pflege der Menschen zu widmen.

Diese enge Zusammenarbeit mit dem Pflegestützpunkt ermöglicht natürlich auch eine Antragstellung einer weiteren Leistung. Ministerin Bätzing-Lichtenthäler hat jüngst in der Presse angekündigt, nach erster Evaluation die Gemeindeschwesterplus flächendeckend in RheinlandPfalz implementieren zu können, eine gute Nachricht, über die wir uns sehr freuen können.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gute Nachricht!)

Warum gehe ich so intensiv auf die Bedeutung der Pflegestützpunkte ein?

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Weil es ein wichtiges Thema ist!)

Weil dies der Schlüssel für die gute Versorgung von Menschen ist, die zu Hause leben und gepflegt werden wollen, und es eine Unterstützung für die Angehörigen ist.