Deswegen ist es auch im Sinne des Unternehmens Deutsche Post, dass es nach wie vor diesen Anspruch auf diese Universaldienstleistung gibt, weil ich der festen Überzeugung bin, dass das auch eine Frage ist, die sich nicht dazu eignet, per Mehrheitsentscheidung unter der Bevölkerung entschieden zu werden, weil das Grundrecht auf Zustellung eines Briefes auch für diejenigen gelten sollte, selbst wenn sie eventuell in manchen Regionen keine Mehrheit darstellen, die aber eben nicht sozusagen anders ihre Kommunikation gestalten; denn selbst wenn eine Mehrheit sagt, das reicht mir, wenn ich meine E-Mail bekomme, sollten die anderen immer noch das Recht haben, ihren Brief jeden Tag bekommen zu können.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So sieht es aus!)
Natürlich nehmen wir auch zur Kenntnis, dass sich die Zahl der Postsendungen in den letzten zehn Jahren von 70 Millionen Briefe auf 59 Millionen Briefe pro Tag reduziert hat. Das bedeutet aber nicht, dass man auf der einen Seite die Grundversorgung antastet, sondern das muss auf der anderen Seite heißen, dass wir der zunehmenden Brisanz und Wichtigkeit im alltäglichen Leben von elektronischer Kommunikation und auch von elektronischem Postverkehr Rechnung tragen müssen. Deswegen haben wir Grüne auch im Bundestag gesagt, dass wir das Universaldienstleistungsangebot auch auf die elektronische Postzustellung ausbauen müssen, dass es auch eine Garantie auf einen angemessenen Breitbandinternetanschluss sozusagen bis ins letzte Dorf geben muss.
Deswegen ist das für uns keine Frage, entweder klassischer Postweg oder digitale Zustellung, sondern im 21. Jahrhundert muss es heißen, es ist ein Sowohl-alsauch. Wir dürfen das Recht auf postalische Grundversorgung nicht antasten, aber wir müssen gleichzeitig auch dazu kommen, dass jeder Bürger und jede Bürgerin in jedem Dorf und in ganz Rheinland-Pfalz auch einen entsprechenden Breitbandinternetanschluss zur Verfügung hat. Da haben wir noch eine ganz Menge zu tun.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassend festhalten, für uns ist das Recht auf Grundversorgung mit Postdienstleistungen ein ganz elementares Grund- und Bürgerrecht. Gleichzeitig gilt es – vielleicht auch in der neuen Legislatur des Bundestages –, einen neuen Anlauf zu nehmen für ein entsprechendes Recht auf Universaldienstleistung im elektronischen und digitalen Bereich. Aber das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden. Auch wir wollen, dass in Zukunft in Rheinland-Pfalz an jeder Tür der Postmann jeden Werktag mindestens einmal klingelt, die Postfrau natürlich gern auch.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Deutsche Post hat als Quasimonopolist nicht nur eine starke Position, sie trägt damit auch eine besondere Verantwortung. Im Zusammenhang mit der Liberalisierung des Postmarktes haben wir in Deutschland intensiv über die besondere Rolle und damit auch die Verantwortung der Deutschen Post diskutiert. Die besondere Bedeutung des Unternehmens ergibt sich aus einem umfassenden Versorgungsauftrag, wie er in der Post-Universaldienstleistungsverordnung festgeschrieben ist. Das Unternehmen ist kein Unternehmen wie jedes andere. Es hat einen öffentlichen Auftrag. Ich sehe es daher mit Sorge, wenn die Post nun nach außen den Eindruck vermittelt, sich diesem Auftrag nur noch eingeschränkt verpflichtet zu fühlen.
Die Zustellung der Post ist kein frei gestaltbarer und verhandelbarer Service der Deutschen Post, es ist eine Verpflichtung gegenüber dem Staat und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Dass die Deutsche Post diesen Auftrag, der ihre besondere Stellung rechtfertigt, nicht mehr vollumfänglich wahrnehmen möchte, verwundert nicht nur, ich halte es auch für ein bedenkliches und falsches Signal zur falschen Zeit.
Die Post erklärt, dass das Modellprojekt zwar nicht die gängige tägliche Postzustellung, zu der die Post AG verpflichtet ist, in Frage stellen soll, trotzdem geht die Initiative genau in diese Richtung. Statt die Kundinnen und Kunden mit zusätzlichen Angeboten und einem verbesserten Service zu umwerben, sucht man nach Mitteln und Wegen, den eigenen Service zurückzufahren. Für ein Unternehmen mit einem Fastmonopol ist das ein nicht hinnehmbarer Schritt.
Die zunehmende Nutzung digitaler Kanäle, wie E-Mail und Internetkundenportale, haben bereits Auswirkungen auf die Menge der Briefsendungen. Sie nehmen um 2 % bis 3 % im Jahr ab. Mit ihrem Vorstoß wird die Deutsche Post den Versand von Briefen weiter zurückdrängen und schafft zusätzliche Anreize zur Digitalisierung des Briefverkehrs. Letztendlich läuft die Deutsche Post Gefahr, an dem Ast zu sägen – das ist hier schon angeklungen –, auf dem sie noch zu einem guten Teil sitzt.
Die Bundesnetzagentur ist nach den Angaben der Post als zuständige Regulierungsbehörde über das Projekt informiert worden. Die Post AG versichert zwar, in Rheinland-Pfalz wie im gesamten Bundesgebiet auch weiterhin sämtliche Vorgaben der PostUniversaldienstleistungsverordnung erfüllen zu wollen, aber dass eine solche Zusicherung notwendig ist, zeigt, wie wenig sensibel mit diesem Modellprojekt vorgegangen wurde.
Ich begrüße, dass sich der Landtag mit diesem Thema beschäftigt und den Bürgerinnen und Bürgern in RheinlandPfalz klar versichert, dass wir hinter den Interessen der Bürgerinnen und Bürger stehen und natürlich nicht hinnehmen, dass ein Unternehmen einerseits eine besondere Stellung durch staatlichen Auftrag erhält und andererseits sich den besonderen Aufgaben, die damit verbunden sind, entledigen möchte. Die flächendeckende und zuverlässige Auslieferung der Post muss auch künftig zuverlässig und flächendeckend gewährleistet sein. Das ist für die Landesregierung nicht verhandelbar. Es ist in dieser Debatte auch zu Recht darauf hingewiesen worden, dass damit eine Veränderung zahlreicher Rechtsvorschriften verbunden wäre und auch zusätzliche Aufgaben auf die Justiz zukommen würden.
Meine Damen und Herren, unser Rechtssystem ist darauf ausgelegt, dass die Post täglich zugestellt wird. Das hat historische Gründe und kann nicht von einem Privatunternehmen einseitig verändert werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin für den Verlauf der Debatte sehr dankbar, weil dieser Verlauf natürlich deutlich macht, dass wir nicht über irgendein Nischenthema oder ein skurriles Thema sprechen, das nur einige Menschen irgendwo einmal interessiert, sondern wir reden über die Grundlage, die die Frage der Kommunikation, der Zustellung von Amtsdokumenten, der Zustellung von privaten Dokumenten, von Rechnungen und all so etwas berührt. Diese Garantie, die wir in diese sogenannte PUDLV eingearbeitet haben, bindet ein Unternehmen. Mir ist wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass diese Bindung auch in Zukunft garantiert sein muss, weil es
nichts anderes ist als die Grundlage mancher auch wirtschaftlicher Stärke, die wir haben, auch mancher Region, und die oft postulierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.
Meine Damen und Herren, bei solchen Debatten wird sie konkret. Da wird aus der Sonntagsrede konkrete Politik. Darum bin ich sehr froh, dass wir zumindest in der Ampel hier eine Gemeinsamkeit herausgearbeitet haben.
Ich will noch einmal auf die Denke hinweisen, die hinter einem solchen Testversuch, zu dem schon einiges von einigen gesagt wurde, steckt. Mir ist – wie sagt man so schön – die interne Vorbereitung auf diesen Testversuch zugespielt worden. Da wird mit dem Blick auf die demografische Entwicklung in Deutschland und damit auch in Rheinland-Pfalz intern bei der Post AG gegenüber den Zustellern der Kundenkreis zusammengefasst: 28 % aller Kunden der Post AG sind heute und in Zukunft offensichtlich, wie man dort schreibt, Digital Natives. Sie möchten physische Schreiben nur in Ausnahmefällen empfangen und versenden. 60 % sind nach Angaben dieser Dokumentation der Post Digital Immigrants. Sie nutzen die Convenience digitaler Kommunikation und schätzen aber gleichzeitig die Persistenz von Papier. –
12 % – meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, sich das auf der Zunge zergehen zu lassen – werden hier in einem Schreiben der Post AG als digitale Neandertaler bezeichnet, die digitale Medien nur zwangsweise benutzen.
Meine Damen und Herren, ich finde, man hat schon viel gelesen, aber so einen Beraterstuss habe ich schon lange nicht mehr gehört, meine Damen und Herren.
Darum will ich deutlich sagen, das kann nicht die Grundlage des Agierens der Deutschen Post AG sein. Ich finde, diese Verächtlichmachung der Kundinnen und Kunden der Deutschen Post AG geht gar nicht.
Das hat mich auch innerlich dazu bewogen, diese Debatte heute vorzuschlagen und deutlich zu machen, dass die Deutsche Post AG auf dem Holzweg ist – –
und dass Sie diesen Testversuch einstellen muss und sich eigentlich auch dafür entschuldigen muss, dass sie mit solchen Begriffen mit ihren Kunden umgeht, meine Damen und Herren.
Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Dr. Ganster das Wort. Es wird voraussichtlich die letzte Rede sein, die sie als Abgeordnete vor diesem Hause hält.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, es ist der ganzen Debatte nicht zuträglich, wenn wir jetzt hier aus internen Papieren, die auf irgendwelchen Wegen irgendwen erreicht haben, weiter diskutieren.
Ich glaube, das Wichtigste an dieser Stelle ist einfach, dass wir über die Fraktionen hinweg sagen, dieser gesetzlich garantierte Anspruch, in unserem Bundesland täglich Post zu erhalten, ist das Wichtigste an dieser Stelle, aber gleichzeitig dürfen wir uns wirklich nicht vor allen anderen Fragen verschließen, Fragen ganz konkret, dass wir hier im Landtag seit einiger Zeit auch viel weniger Post als Parlamentarier bekommen,
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das heißt, die ältere Dame soll sich nicht so anstellen, oder was?)
die auch bei der letzten Erhöhung der Postgebühren zu Recht protestiert haben. Herr Schweitzer, Sie haben es vorhin erwähnt, Herr Schweitzer – – –
Sie haben vorhin erwähnt, dass zum Beispiel die Gebühren für einen Brief von 55 Eurocent auf 70 Eurocent erhöht worden sind. Das muss uns doch auch in diesem Parlament umtreiben, wie diese Spirale weitergehen wird, wie es für die Bürger in Zukunft auch bezahlbar bleiben kann, dass der Briefträger jeden Tag kommt. Mit diesen Fragen müssten wir uns auch auseinandersetzen, meine Damen und Herren.