Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

schen, dass die Menschen genau wissen, wenn in einer Schule etwas nicht läuft, wen sie dafür verantwortlich machen können, wen sie dafür loben können, wenn es gut läuft, und bestätigen bei der nächsten Wahl, wen sie dafür abwählen können, wenn es schlecht läuft.

(Abg. Alexander Fuhr, SPD: Immer der örtliche Abgeordnete!)

Je mehr Ebenen wir vermischen, umso schwieriger wird das. Die Föderalismuskommission war eine Riesenchance, weil sie klar versucht hat, Verantwortungen zu trennen. Und das jetzt wieder zurückzudrehen, das zu vermischen, gerade im Bereich der Bildungspolitik, die so wichtig ist, wie Sie das sagen, weil es um unsere Kinder geht, weil es um die Ingenieure von morgen geht, weil es um die Zukunft unseres Landes geht, halte ich für ein Riesenproblem. Lassen Sie uns klare Verantwortungen festlegen, lassen Sie uns die Vielfalt, die unser Land groß macht, leben, und hören Sie auf mit diesen Ideen von Zentralismus und geteilter Verantwortung. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das zu nichts führt.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Wollen Sie antworten Frau Becker? – Nicht. Dann hat Herr Köbler das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein gutes Bildungsangebot für alle ist die zentrale Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Stärke in unserem Land. Es ist völlig klar, dass der Zugang zur Bildung maßgeblich die sozialen Teilhabechancen eines jeden Menschen determiniert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Anliegen unseres Antrags ist, im ganzen Land für alle Menschen noch bessere Chancen zu schaffen. Ich finde, man kann bei dem Thema durchaus verschiedene Meinungen haben. Aber ich verstehe dann überhaupt nicht das eine oder andere Horrorszenario, das hier an die Wand gemalt wird. Wir tun gerade so, als hätten wir hier etwas evolutionär Neues, was sozusagen die Grundfeste der Bundesrepublik Deutschland erschüttert, in unserem Antrag gefordert.

Meine Damen und Herren, das, was unser Antrag fordert, war 57 Jahre lang Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Wir hatten von 1949 bis zum Jahr 2006 im Grundgesetz kein Kooperationsverbot. Deswegen kann ich die ganze Schwarzmalerei, die von der Opposition teilweise aufgemacht wird, überhaupt nicht nachvollziehen. Ich glaube, dass sich die Bundesrepublik Deutschland – da kann man vieles besser machen – in diesen Jahren noch ganz gut entwickelt hat, auch ohne dass es ein Kooperationsverbot im Grundgesetz gab.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Christian Baldauf, CDU: Mit Angela Merkel!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben damals die Veränderung des Grundgesetzes nicht mitgetragen aus genau diesem Grund, weil wir gesehen haben, dass wir gerade in der gesamtgesellschaftlichen Zukunftsaufgabe Bildung große Herausforderungen haben, die wir auch gesamtgesellschaftlich und damit auch gesamtstaatlich zu bewältigen haben. Da ist das große Thema der Inklusion. Da ist das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit zusammenhängend der flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen. Da ist das Thema Sprachförderung und Vermittlung von Deutschkenntnissen für alle Kinder. Da ist natürlich das große Thema der frühkindlichen Bildung und der Übergänge aus unseren Kindertagesstätten in den schulischen Bereich. Da ist das Thema steigender Fachkräftebedarf im gesamten Bildungsbereich, und da ist nicht zuletzt das heute schon stark diskutierte Thema der fortschreitenden Digitalisierung und was das auch für unsere Bildung im Bereich Medienkompetenz bedeutet, aber natürlich auch im Bereich Ausstattung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 2008 hat Bundeskanzlerin Merkel die Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen. Ich glaube, allein die Tatsache, dass sie dieses Wort heute nicht mehr in den Mund nimmt, zeigt, dass sie mindestens im schulischen Bereich an dem Anspruch gescheitert ist. Wie soll es auch anders sein? Natürlich, Frau Beilstein, geht es da auch um die Frage von Geld und Finanzierung. Aber schauen Sie sich einmal die vergleichenden Studien an. Deutschland investiert gerade einmal 5 % des Bruttoinlandsprodukts in die Bildung. Damit liegt Deutschland auf einem Abstiegsplatz im Vergleich aller OECD-Staaten. Der Durchschnitt der OECD-Staaten in den Bildungsausgaben – öffentliche und private – liegt bei ungefähr 6,5 %.

Wir sehen auch in allen international vergleichenden Bildungsstudien, dass Länder, wie zum Beispiel in Skandinavien, die auf den Spitzenplätzen liegen, dort auch bessere Ergebnisse zeitigen. Wenn wir auf das Niveau von Skandinavien in Deutschland kommen wollen, also wirklich eine Bildungsrepublik wollen, die sich dann auch in der entsprechenden Priorisierung von Finanzmitteln darstellt, dann müssen wir auf ungefähr 7 % unserer Wirtschaftsleistung an Bildungsausgaben kommen.

Das ist ein großer Kraftakt. Das bedeutet gesamtstaatlich 60 Milliarden Euro Mehrausgaben in jedem Jahr. Jetzt erkläre ich Ihnen einmal, wie viele gestaltbare Steuereinnahmen die Länder in Deutschland haben. Das sind im Moment für alle Länder zusammen gerade einmal 22 Milliarden Euro gestaltbare Aufwendungen. Wenn Sie hier ernsthaft sagen, Sie wollen es allein den Ländern überlassen, auf den Bereich der Spitzenplätze bei den Bildungsausgaben der OECD-Staaten zu gelangen, würde das bedeuten, alle Länder der Bundesrepublik Deutschland müssten ihre gestaltbaren Steuereinnahmen in ihrem Bereich verdreifachen. Eine solche immense Steuererhöhung können Sie doch gar nicht wollen.

Deswegen sagen wir, wir müssen endlich wieder dahin

kommen, dass Bund und Länder in dieser wichtigen Bildungsfrage überhaupt zusammenarbeiten dürfen. Es geht gar nicht darum, zentralistisch aus Berlin durchzuregieren. Wir sind im Moment alle viel unterwegs. Infratest dimap hat herausgefunden, für 64 % ist Bildung das wichtigste Thema in Deutschland.

Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass Bund und Länder bei diesem Thema nicht einmal zusammenarbeiten dürfen, können sie da draußen keinem Menschen erklären. Deswegen sollten wir hier das Kooperationsverbot auflockern.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Bildungsministerin Dr. Hubig.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Forderung nach einer Aufhebung des Kooperationsverbots für den Bildungsbereich ist nicht neu, aber sie wird nicht an Aktualität verlieren. Das ist so, weil wir – Länder und Bund – gemeinsam vor ein und derselben nationalen Aufgabe stehen. Diese nationale Aufgabe besteht nicht mehr und nicht weniger darin, die beste Bildung für unsere Kinder zu ermöglichen, damit jedes Kind die besten Startchancen für ein erfolgreiches Leben erhält. Die Herausforderungen auf diesem Weg sind für alle Länder vergleichbar. Dazu gehören der Ausbau der Ganztagsbetreuung ebenso wie eine gelungene Inklusion und Integration, die frühkindliche Bildung und nicht zuletzt die Digitalisierung.

Es ist unbestreitbar eine der großen Errungenschaften in der Geschichte des föderalen Bundesstaats und einer der großen Standortvorteile, dass jedes Land eigene Antworten auf die Herausforderungen findet, wir viele gute Ideen entwickeln und unterschiedliche, auf die Länder passende Schwerpunkte setzen können. An diesen Grundfesten wollen wir nicht rütteln.

Es ist aber keine große Errungenschaft, dass der Bund sich an diesen guten Ideen nicht nur nicht beteiligt, sondern auch nicht beteiligen darf. Bildung ist Ländersache, und so soll es bleiben. Bildung ist aber auch eine nationale Aufgabe, und genau das muss sie auch bei der Finanzierung sein. Deshalb ist es gut und richtig, dass RheinlandPfalz morgen gemeinsam mit sechs weiteren Ländern den Entschließungsantrag zur Aufhebung des Kooperationsverbots in der Bildung in den Bundesrat einbringt.

Es ist gerade nicht so, dass der Entschließungsantrag im Widerspruch zur Einigung steht, die wir zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen in diesem Sommer im Bundestag erreicht haben. Der Entschließungsantrag denkt nur das konsequent weiter, worüber sich die Länder und der Bund doch im Grunde bereits einig sind: dass

Bildung eine nationale Aufgabe ist und der Bund sie unterstützen muss. –

Im Sommer haben sich Bund und Länder aufeinander zu bewegt. Mit dem neuen Artikel 104 c Grundgesetz ist es nun möglich, dass der Bund die Länder bei der Finanzierung von Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Gemeinden unterstützt. Dies ist ein erster und sehr wichtiger Schritt. Er geht aber noch nicht weit genug. Selbstverständlich ist die finanzielle Beteiligung des Bundes nicht das Aufgeben des Föderalismus. Die Bildungshoheit der Länder ist nicht verhandelbar. Deshalb soll – da sind sich die antragstellenden Länder einig – auch das Einstimmigkeitsprinzip gelten. Das heißt, nur wenn alle Länder zustimmen, kann auch eine entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung geschlossen werden.

Dass der Bund sich selbst in der Verantwortung sieht, zeigt doch das Beispiel der digitalen Bildung. Der Bund hat die digitale Bildung als wichtige und gemeinsame Aufgabe erkannt. Vergangenen Winter hat Bundesbildungsministerin Professor Wanka angekündigt, insgesamt 5 Milliarden Euro für die IT-Ausstattung an Schulen zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was ist eigentlich daraus geworden?)

Darauf komme ich gleich noch.

Daraufhin haben sich die Länder an die Arbeit gemacht und zusammen mit dem Bund Eckpunkte entwickelt, wie wir diese 5 Milliarden Euro mit einem pädagogischen Konzept begleiten und in die Schule bringen können. Leider ist das angekündigte Geld von Frau Wanka und der CDUBundestagsfraktion nach wie vor nicht im Bundeshaushalt verankert. Sie ist am Finanzminister gescheitert. Trotzdem sind wir froh, dass der Bund erkannt hat, die digitale Bildung ist eine nationale Aufgabe. Eine Abschaffung des Kooperationsverbots wäre folgerichtig und würde vielleicht auch zu einem tatsächlichen Geldfluss führen.

Meine Damen und Herren, wir müssen eine tragfähige Grundlage schaffen, auf der Bund und Länder verlässlich Verabredungen treffen können, die dann auch für alle Beteiligten gelten. Herr Abgeordneter Schreiner, Sie haben es gesagt, wir haben eine geteilte Zuständigkeit im Land. Die Schulträger sind für das nicht pädagogische Personal in den Schulen zuständig, für die Ausstattung der Schulen, und das Land ist für das pädagogische Personal zuständig. Auch hier haben wir geteilte Zuständigkeiten. Ich denke, die Verantwortungen sind klar.

Die Verantwortung für die Bildung wird auch künftig bei den Ländern liegen. Es wird kein Schwarzer-Peter-Spiel entstehen. Wir stehen zu unserer Verantwortung, aber an der großen Errungenschaft unseres Grundgesetzes wollen und dürfen wir nicht rütteln. Dass sich aber der Bund an dieser größten gesamtgesellschaftlichen Aufgabe nicht beteiligen darf, wollen wir ändern. Damit wollen wir dieser gesellschaftlichen Herausforderung begegnen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wird eine Ausschussüberweisung beantragt? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann wird über den Antrag unmittelbar abgestimmt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/4114 – zustimmen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD angenommen.

Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf:

Gegen Fahrverbote für Diesel, für Nachrüstungen und eine realistische Luftreinhaltepolitik Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/4147 –

Wer spricht für die Antragsteller? – Herr Abgeordneter Ahnemüller, bitte.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dies ist einer der seltenen Momente, in denen wir von der AfDFraktion einmal froh sind, dass die Politik abwartet. Tatsächlich sieht es im Moment danach aus, als wären sich die wichtigsten Parteien darin einig, nicht in Hektik zu rauschen und unbesonnene Maßnahmen zu treffen, wie zum Beispiel Fahrverbote oder Nutzungsbeschränkungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auch gut so. Wie schon öfter erwähnt, steht für uns der Bürger im Vordergrund: der Bürger, der mit dem Auto zur Arbeit fährt, der seine Waren verteilt oder erwartet, ebenso wie der Bürger, der in der Autoindustrie seinen Arbeitsplatz findet. –

Selbstverständlich werden wir aber auch Emission und Immission im Auge behalten. Wie immer, wenn wir zwischen zwei wichtigen Gütern abzuwägen haben, müssen wir Kosten und Nutzen berücksichtigen. Nutzungsbeschränkungen und Fahrverbote bringen nur unwesentliche Verbesserungen der Luftqualität im Verhältnis zu ihrem Schaden, nämlich eine massive Entwertung der betroffenen Fahrzeuge und eine Behinderung unserer Autofahrer. Hinzu kommt aber täglich teurer Behördenaufwand.

Warum sollten wir stattdessen auf eine Erneuerung der Fahrzeuge setzen? Der wichtigste Grund ist: In den nächsten Jahren kommen Fahrzeuge mit effizienteren und abgasärmeren Verbrennungsmotoren auf den Markt. Die weniger umweltfreundlichen sterben aus. Ja, das kann man wirklich so drastisch ausdrücken. Es findet also ein routinemäßiger Ausfall statt, in deren Folge es mehr stickoxidärmere Automobile geben wird als früher, somit insgesamt weniger Stickoxide ausgestoßen werden und folglich die Belastung von Jahr zu Jahr nachlässt.

Meine Damen und Herren, die Vergangenheit zeigt, dieser Evolutionsprozess ist keine optimistische Wunschvorstellung von mir. Das Blei im Benzin wich, der geregelte Kata

lysator verhindert den Ausstoß unverbrannter Kohlenwasserstoffe, und der Rußpartikelfilter mindert den Feinstaub.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau diese Beispiele weisen uns den Weg: so wenig Regulierung wie möglich, aber immer so viel wie nötig. – Aus diesem Grund fordern wir die Landesregierung auf, sich weiterhin im Bundesrat sowie den Umwelt- und Verkehrsministerkonferenzen dafür einzusetzen, dass der Bund die Einhaltung der Emissionsstandards der RDE, also der Emissionen im praktischen Fahrbetrieb, strikt kontrolliert. In diesem Zusammenhang fordert die AfD darüber hinaus die Schaffung einer landesweiten Überwachung, die auf die Einhaltung der Emissionswerte mit modernen Emissionsmessgeräten achtet. Somit hätten wir das Problem an der Wurzel gepackt. Schließlich begann die ganze Misere mit manipulierter Software und Grenzwertüberschreitungen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, vollständig elektrische Automobilantriebe sind auf absehbare Zeit zu unwirtschaftlich und unpraktisch, um kurzfristig den Verbrennungsmotor ersetzen zu können. Subventionen in nicht ausgereifte Antriebstechniken lehnen wir ab.

(Beifall der AfD)

Wir wollen nicht einen ähnlichen Fall wie bei dem Versuch mit Biokraftstoffen, bei dem enorme Steuergelder verpulvert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ein Punkt erreicht, bei dem Betriebs- und Volkswirte von stark abnehmenden Grenznutzen weiterer Maßnahmen sprechen würden, zumal die EU-rechtlichen Emissionsgrenzwerte für Stickoxide nach unserem Verständnis unnötig anspruchsvoll sind.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, denken wir an die mehr als 60.000 Rheinland-Pfälzer, die in der Automobilindustrie und deren Zulieferern beschäftigt sind. Denken wir an unsere Autofahrer, die jeden Tag ihr Auto brauchen. Denken wir an den guten alten weltweit bewährten Verbrennungsmotor, den wir in verbesserten Formen nicht ersatzlos abschaffen können.