Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schneider von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen nun unter TOP 19 und TOP 20 die beiden Großen Anfragen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der AfD aus. Die Zielrichtung der Aussprache der beiden Großen Anfragen ist identisch. Das Thema Energiewende und Klimawandel soll vor der Bundestagswahl hier im Parlament noch einmal beleuchtet werden.

Auf der einen Seite war bei der Rede des Kollegen Hartenfels schon zu hören, dass sich die Vertreter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf die Schulter klopfen, was sie in Rheinland-Pfalz schon alles geleistet haben.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zu Recht!)

Auf der anderen Seite gehe ich davon aus, dass die Vertreter der AfD gleich den Klimawandel leugnen und die Energiewende für gescheitert erklären werden.

(Zurufe von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wahrheit liegt bekanntlich oft in der Mitte. Das wird auch dem interessierten Leser der Antworten auf die beiden Anfragen klar.

So betont die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3425 – in den Einführungsworten – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: „Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich ambitionierte und notwendige energie- und klimapolitische Ziele gesetzt.“ Auf Seite 5 der gleichen Drucksache führt sie jedoch aus, dass die Erreichung der Klimaschutzziele zudem erheblich davon abhängt, ob auf EU- und Bundesebene die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Also bestätigt die Landesregierung, dass Klimaschutzpolitik bzw. Energiepolitik auf Landesebene viel zu kurz gesprungen ist und wir bundes-, europa-, ja, sogar weltpolitische Lösungsansätze brauchen.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde jetzt dennoch versuchen, die Schwerpunkte herauszuarbeiten.

Ein Wirtschafts- und Industrieland wie Deutschland braucht eine langfristige, sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung. Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie zur Energieerzeugung, der 2011 beschlossen wurde, war richtig und wird auch von der Mehrheit der Bevölkerung getragen.

Klar ist für uns, das Gelingen der Energiewende ist ein Anliegen fast aller Fraktionen im rheinland-pfälzischen Landtag. Ich nehme das zumindest einmal für die Seite in Anspruch, auch wenn wir unterschiedliche Wege und Lösungsansätze haben.

Die CDU-Landtagsfraktion bewertet jede Reduktion von CO2 als ein positives Signal. Die Einsparvolumina müssen aber in einem wirtschaftlichen Kontext stehen. Sie müssen umweltverträglich sein, gesellschaftlich akzeptiert sein und einer Bilanzbetrachtung standhalten.

(Beifall der CDU)

Strom muss langfristig für alle Unternehmen und Betriebe sowie die privaten Verbraucher bezahlbar bleiben. Dafür muss die marktwirtschaftliche Heranführung und Systemintegration der erneuerbaren Stromerzeugung konsequent fortgesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Klimawandel ist die zentrale Herausforderung unserer Generation. Er verändert das Ökosystem und die Lebensbedingungen ganzer Kontinente. Wir stehen in der Verantwortung, nachfolgenden Generationen eine intakte und lebenswerte Umwelt zu hinterlassen.

Spätestens seit der Verabschiedung des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung im November 2016 ist klar, dass die erneuerbaren Energien den Hauptanteil unserer Energieversorgung übernehmen werden. Dazu steht auch die CDU-Landtagsfraktion.

Wir plädieren dafür, das bestehende Klimaschutzkonzept des Landes an den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung anzupassen, ohne dass wir ihn jedoch darüber hinaus verschärfen. Das Ziel, bis 2030 – Herr Kollege Hartenfels, da komme ich auf das zu sprechen, was Sie am Ende Ihrer Rede gesagt haben – bilanziell 100 % regenerative Energiegewinnung für Rheinland-Pfalz zu ermöglichen, ist in unseren Augen überambitioniert.

Ich sage Ihnen auch: Der Terminus „bilanziell“ ärgert mich in diesem Zusammenhang immer wieder. Was bedeutet bilanziell? Das wäre so, als wenn ich auf der einen Seite eine Hand in 100 Grad Celsius kochendes Wasser halte und auf der anderen Seite die andere Hand in minus 60 Grad Celsius kaltes Trockeneis halte. Dann habe ich bilanziell eine Körpertemperatur von 37 Grad Celsius, aber vermutlich fallen mir beide Hände ab.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, deshalb nützen uns solche Zahlenspiele über

haupt nichts, weil die Energiewende nur dann gelingt, wenn die Energie dann zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird. Solange die erneuerbaren Energien unseren Energiebedarf nicht zuverlässig rund um die Uhr abdecken können, brauchen wir einen dynamischen Energiemix, der nicht verengt auf einzelne Energiequellen setzt, sondern der vermehrt zur Verfügung stehende Energiequellen in eine Gesamtstrategie einbezieht. Diese Gesamtstrategie sollte alle Sektoren – Strom, Wärme und Mobilität – abdecken.

(Beifall der CDU)

Zu dieser Gesamtstrategie gehören neben dem Ausbau der Verteilnetze auch die Weiterentwicklung von Speichertechnologien; denn nur wenn es uns auf absehbare Zeit gelingt, den durch erneuerbare Energien erzeugten Strom intelligent und flexibel speichern und bei Bedarf wieder abgeben zu können, wird die Energiewende erfolgreich sein. Dazu muss die Erforschung und Förderung neuer Speichertechnologien deutlich intensiviert werden.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien muss die Sektorenkopplung weiterentwickelt werden. Die Steuerung von Produktion und Nachfrage sowie die Verknüpfung der Stromerzeugung mit Bereichen wie Verkehr, Gebäude und Wärme, die sogenannte Sektorenkopplung, gewinnen zunehmend an Bedeutung, was in der vergangenen Legislaturperiode von Rot-Grün leider immer wieder negiert wurde. Dadurch lassen sich die Kosten wirksam begrenzen und die Versorgungssicherheit weiter erhöhen.

Erdgas sowohl im Wärme- als auch im Mobilitätsmarkt sind wesentliche Bausteine eines Umbaus der Energielandschaft. Das Erdgasnetz ist der optimale Speicher, um Biogas zu speichern

(Glocke des Präsidenten)

und einen Überschuss an erneuerbaren Energien mittels Power-to-Gas zwischenzuspeichern.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Lassen Sie mich noch einmal auf die Eingangsworte zurückkommen. Diejenigen, die die Energiewende als gescheitert bezeichnen und Klimawandel negieren, liegen daneben, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen auf der bundes- und europapolitischen Ebene. Diese Herausforderungen wird die CDU nach der gewonnenen Bundestagswahl am Sonntag angehen.

(Beifall der CDU)

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Rahm von der Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Energiewende ist eigentlich ganz einfach. Sie ist der

Ersatz der Nutzung von fossilen und atomaren Energiequellen durch eine ökologisch nachhaltige Energieversorgung. Doch wir wissen alle, dass das nicht so einfach ist. Windkraft, Photovoltaik, Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Speichertechnologien, Wärmewende, Verkehrswende, Atom- und Kohleausstieg, wenn ich alles aufzählen würde, was die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergeben hat, wären fünf Minuten absolut nicht ausreichend.

Deshalb kurz: Rheinland-Pfalz hat vieles davon bereits angestoßen, und vieles befindet sich auf einem sehr guten Weg. Herr Kollege Hartenfels hat dies schon erwähnt. Wenn wir weltweit die Unwetterlagen als Folge des Klimawandels aktuell wieder vor Augen geführt bekommen, dann ist klar, dass die Energiewende günstiger und nachhaltiger ist, als die Unwetterschäden begleichen zu müssen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich ambitionierte Ziele, notwendige energie- und klimapolitische Ziele, gesetzt. Das wissen wir. Sie bekennt sich zum Ausstieg aus der Atomenergie und der Kohlekraft. Die rheinland-pfälzische Klimaschutzpolitik unterstützt die Umsetzung der Ziele des Pariser Weltklimagipfels von 2015. Das ist weltweit nicht mehr überall gegeben. In unserem Landesklimaschutzgesetz ist die Reduktion der Treibhausgase um mindestens 40 % bis 2020 sowie um mindestens 90 % bis 2050 im Vergleich zum Basisjahr 1990 gesetzlich verankert. Darüber hinaus wollen wir bis 2050 die Klimaneutralität erreichen.

Was man aber bei der Umsetzung der Energiewende im Moment noch nicht außer Acht lassen darf, sind die noch genutzten und im Moment noch unverzichtbaren fossilen Energiequellen. Ich will das an einem Beispiel zeigen. Es wird Sie nicht wundern, welches Beispiel ich wähle. Ich wähle das Beispiel Diesel. Wir haben heute schließlich ein Dieselplenum. Der Diesel ist im Moment der Buhmann schlechthin. Er ist der angebliche Feind der Umwelt. Also alle Diesel weg und sofortiger Umstieg auf die Elektromobilität.

Meine Damen und Herren, doch das schaffen wir noch nicht. Wir brauchen diese Übergangstechnologie – nennen wir sie einmal so –; denn wenn morgen jeder von uns, was begrüßenswert wäre, ein Elektrofahrzeug fahren würde und wir alle an die nächste Autobahntankstelle zum Aufladen fahren, geht im Nachbarort das Licht aus.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Wir müssen uns bei der Energiewende deshalb nicht nur um die neuen Technologien kümmern – das ist natürlich auch sehr wichtig –, sondern wir müssen darüber hinaus auch für eine praktische Umsetzung und Nutzung der aktuellen Technologien sorgen. Da gibt es bereits gute Beispiele. Was hier zum Beispiel bei den kommunalen Energieversorgern im Hinblick auf die Energiewende im Moment läuft, ist großartig.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In Lautern!)

Nein, nicht nur in Lautern, aber auch dort.

Weil wir aber in Mainz sind, wollte ich ein Mainzer Beispiel bringen, und zwar die Brennstoffzellentechnologie der Stadtwerke Mainz. Davon konnte ich mich beim VKUStadtwerkekongress in der letzten Woche persönlich überzeugen. Das ist wirklich großartig. Frau Schneider hat es erwähnt, ich denke, auch in der Brennstoffzellengeschichte liegt die Zukunft. Mainz ist hier ein Vorreiter.

Es gibt aber noch Probleme. So würden viele Unternehmen und auch Handwerksbetriebe gern umweltfreundlich fahren, aber die Autoindustrie bietet hier nichts an. So hat zum Beispiel die Post selbst Autos entwickeln müssen und vertreibt die auch. Es ist eigentlich unmöglich, dass so etwas passiert, aber gut.

Kommen wir zum Management der Autoindustrie und wohlgemerkt nicht zu den normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in dieser Branche. Die sind bei Weitem unschuldig für das, was hier passiert ist. Diese Geschichte dient vielleicht der Energiewende, aber man sollte den Verbraucher ganz einfach nicht betrügen, was hier aber passiert ist. Die Kanzlerin hat leider bewiesen, dass sie nicht die Kraft oder nicht den Willen hat, den Strukturwandel in der Automobilbranche anzustoßen.

Ich möchte noch einmal betonen, bis zur vollständigen Energiewende müssen wir deshalb die fossilen Energien so sauber wie möglich nutzen. Das ist möglich. Das hat mir ein Besuch im Opelwerk Kaiserslautern gezeigt.

Kaum war das Ende der Atomkraft besiegelt, stand die Kohle und deren Verstromung auf der Agenda. Ganz ehrlich, wenn dieses Thema abgefrühstückt ist, wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Da nehme ich jede Wette an. Dies könnten zum Beispiel die E-Mobilität, deren Herstellung und die Entsorgung der Lithium-Ionen-Batterien sein. Ich denke, der eine oder andere Energiegegner wird das zum Thema machen.

Für eine erfolgreiche Energiewende in Rheinland-Pfalz müssen wir deshalb aus unserer Sicht zielgerichtet an den Technologien arbeiten.

(Glocke des Präsidenten)

Die Energiewende muss wirtschaftlich, sozial verträglich und nachhaltig sein. Dafür steht die SPD in RheinlandPfalz gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern. Auf uns kann man sich verlassen!