Bereits jetzt wird etwa im Bundestagswahlprogramm der FDP die sogenannte Leihmutterschaft gefordert, die in Deutschland bisher aus guten Gründen verboten ist. Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland gibt auf seiner Homepage detaillierte Tipps, wie sich das Verbot umgehen lässt. Kinder werden hier zu einer Handelsware, die bestellt, geliefert und bei Qualitätsmängeln wieder abbestellt werden können.
In diesem Sinne weist auch der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf kritisch darauf hin, dass Leidtragende dieser Entwicklung gerade die Kinder sein werden, denen das Recht auf Vater und Mutter vorenthalten wird. Ich zitiere: „In der aktuellen Debatte um Ehe und Liebe gibt den
Kleinen niemand eine hörbare Stimme. Was macht es mit Kindern, wenn sie nicht der Gemeinschaft von Vater und Mutter entstammen, sondern mehr und mehr Produkte technischer Planung werden?“
Noch etwas: Nachdem man allein die Liebe und die freie Entscheidung zur Voraussetzung für eine Eheschließung gemacht hat, gibt es auch keine Argumente mehr, die Legalisierung anderer Formen des Zusammenlebens abzuwehren. Also wird die Vielehe folgen, und vielleicht wird auch die alte grüne Forderung nach einer Aufhebung des Inzestverbots wieder ausgegraben werden.
Meine Damen und Herren, am 30. Juni 2017 wurde nach gerade einmal 38 Minuten Diskussion eine jahrtausendealte gesellschaftliche Institution, ein Stück völkerübergreifender weltweiter Kultur beerdigt. Dafür gab es anschließend reichlich Konfetti, Kindergarten statt ernsthafter Debatte,
Meine Damen und Herren, nein, das war kein rheinlandpfälzischer Erfolg im Bund; das war ein schwarzer Tag für unser Land.
(Beifall der AfD – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das schicken wir jetzt Frau Weidel! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wissen Sie gar nicht oder wie? – Unruhe im Hause – Glocke der Präsidentin)
in Sozialkunde. Die Schülerinnen und Schüler wünschten sich eindringlich ein Projekt zum Thema Homosexualität. Damals brauchte ich dazu die Genehmigung des Direktors und die schriftliche Einverständniserklärung der Eltern.
Das Projekt kam zustande und fand einen Abschluss in der Einladung einer Selbsthilfegruppe aus Lesben und Schwulen. Die Schülerinnen und Schüler waren hoch motiviert. Sie sprachen mit Parteien, mit Kirchen und mit Betroffenen. Im Biologiebuch der Schule stand damals der Satz – ich zitiere –: Homosexualität ist eine Krankheit, die behandelt werden muss. – Seitdem sind 25 Jahre vergangen.
Als erstes Land der Welt ermöglichten es 2001 die Niederlande gleichgeschlechtlichen Paaren zu heiraten. Viele weitere Staaten haben sich bis dato angeschlossen, lange vor dem längst überfälligen Schritt im Deutschen Bundestag im Juni dieses Jahres. Jetzt ist auch dieser Traum Realität.
Für den Einzelnen, der in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, ist dies ein Befreiungsschlag. Der weite Weg vom Erkennen der geschlechtlichen Orientierung über das Coming Out, die unberechenbare Reaktion von Eltern, der Familie, des Freundeskreises, das Versteckspiel am Arbeitsplatz und viele weitere Beispiele unendlichen Leidensdrucks ließen sich anführen. Das hat jetzt ein Ende; denn die Ehe für alle bedeutet, dass auch gleichgeschlechtliche Paare nach Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes – Zitat – „unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ stehen. Denn Schutz bedeutet Sicherheit und damit neben der rechtlichen Klarheit auch vielfach gesellschaftliche Akzeptanz.
Immerhin befürworten 80 % der Deutschen eine Ehe für alle, und die breite Mehrheit der Abstimmung im Deutschen Bundestag über alle Fraktionsgrenzen hinweg unterstreicht eindrucksvoll den nunmehr eingeschlagenen Weg. Die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare war für ein modernes und freiheitsliebendes Land wie Deutschland schon lange überfällig.
Nach jahrelanger Blockadehaltung wurde die CDU von der gesellschaftlichen Realität überrollt, und SPD, FDP und Grüne hatten dies bereits als Koalitionsbedingung festgelegt. Auch die Medien begleiten den Weg der Ehe für alle auf eindrucksvolle Weise. Bilder von jetzt verheirateten gleichgeschlechtlichen Paaren sind in den Printmedien, im Fernsehen und im Internet präsent. Die Bilder zeigen glückliche Menschen. Wenn Menschen sich lieben und sie bereit sind, füreinander Verantwortung – das ist das Schlüsselwort, meine Damen und Herren – zu übernehmen
in guten wie in schlechten Zeiten, dann ist das die Grundlage einer Ehe, und nicht das Geschlecht. Damit gilt auch das Recht, Kinder zu adoptieren, wie für andere Ehepaare auch.
Dass die Standesämter die bisher verwendete Software anpassen müssen, stellt kein Problem dar. Nach meinen Recherchen ist die konkrete Änderung bereits nächste Woche erfolgt, nicht 2018.
Meine Damen und Herren, Sorge bereitet uns allerdings die bayerische CSU-Landesregierung, die eine Klage beim Bundesverfassungsgericht prüfen lässt, und auch die katholische Kirche hat Vorbehalte, wie sie vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz vorgetragen werden. Für uns als Freie Demokraten gilt der Grundsatz, dass Politik für Menschen jenen Raum schaffen muss, damit sie ohne Diskriminierung selbstbestimmt ein Leben in Freiheit und Würde leben können.
Die Ehe für alle ist ein Mosaikstein auf diesem Weg. Wenn ich mir die Hindernisse vor Augen halte, die wir als Demokraten im Laufe der letzten Jahrzehnte auf dem Weg zur selbstbestimmten Freiheit weggeräumt haben
ich nenne die Konfessionsschulen, den § 175 Strafgesetzbuch, Rechte für Frauen und Kinder, und die Liste ließe sich unendlich fortführen –, so kann ich mit den Worten schließen: I have a dream and it’s going to be reality. –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 26 Tagen dürfen auch gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. Endlich ist Schluss mit dem Eheverbot für lesbische und schwule Paare, und es war höchste Zeit, dass diese Diskriminierung endlich aufhörte. Es war ein weiter Weg dorthin, und ich bin stolz darauf, dass das rheinland-pfälzische Familienministerium eine wichtige Rolle dabei gespielt hat, dass die Bundespolitik diesen Weg gegangen ist.
Bereits im März 2013 hatte das Land Rheinland-Pfalz gemeinsam mit anderen Ländern einen Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in den Bundesrat eingebracht, der dort auch eine erste parlamentarische Mehrheit in Deutschland erhielt. Allerdings wurde der Gesetzentwurf nie im Bundestag beraten, sodass er schließlich mit dem Ende der 17. Legislaturperiode im Spätsommer 2013 der Diskontinuität anheimfiel.
Es begann dasselbe Prozedere. Rheinland-Pfalz legte den Gesetzentwurf daher wiederum zusammen mit weiteren Ländern vor. Der Bundesrat beschloss ihn und brachte ihn beim Deutschen Bundestag ein. Und dann, 2017, gab die Bundeskanzlerin plötzlich grünes Licht für eine Gewissensentscheidung der Abgeordneten auch ihrer Partei und der CSU. Dann ging es auf einmal Schlag auf Schlag. Am 30. Juni stimmte der Deutsche Bundesrat dem unter anderen von uns im Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts mehrheitlich zu. Auch im Bundestag fand er schließlich eine Mehrheit. Am 1. Oktober trat dann unser Gesetzentwurf in Kraft.
Meine Damen und Herren, mit der Öffnung der Ehe hat auch die Politik vollzogen, was in der Gesellschaft schon lange Konsens ist. Die große Mehrheit der Menschen in unserem Staat stimmt der Öffnung der Ehe zu. Eine Umfrage im Sommer ergab eine Zustimmung in Höhe von 75 %. Zwei Drittel der Befragten befürworten außerdem das volle Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare.
Meine Damen und Herren, die Gesellschaft hat sich im familienpolitischen Bereich und in Fragen der Vielfalt in den vergangenen Jahren stark gewandelt oder, besser gesagt, geöffnet. Familie ist nicht mehr nur auf Mama, Papa, Kind beschränkt, sondern umfasst auch Alleinerziehende, Familien ohne Trauschein, Patchworkfamilien und eben auch Regenbogenfamilien. Homosexualität ist heute zum Glück kein Tabu mehr, wenngleich Menschen mit einer anderen als einer heterosexuellen Identität leider nach wie vor von Diskriminierung berichten. Hier gibt es noch jede Menge gegen diese Diskriminierung zu tun.
Meine Damen und Herren, es gilt aber auch, wir werden diese Entwicklung nicht mehr zurückdrehen, auch wenn das manchem nicht gefallen mag. Die Gesellschaft entwickelt sich weiter. Sie modernisiert sich. Dieser Prozess macht auch vor den Moralvorstellungen nicht halt. Dem kann sich der Gesetzgeber nicht versperren. Zwar kann sich dieser hier zunächst weigern, so wie wir dies hinsichtlich der Rechte für gleichgeschlechtliche Paare über Jahre beobachtet haben, doch dann muss er oder sie damit leben, dass das Bundesverfassungsgericht wiederholt die Anpassung des Rechts fordert, um die schrittweise Gleichberechtigung lesbischer und schwuler Paare zu erzwingen. Bis zuletzt waren sie beim Thema Adoption diskriminiert.
Meine Damen und Herren, die Öffnung der Ehe ist ein wichtiger und richtiger Schritt auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in der die Menschen gleichberechtigt leben können. Es war ein historischer Schritt, für den viele jahrelang gekämpft haben: schwule und lesbische Paare selbst, Verbände wie QueerNet und andere und auch die Politik. – Mein Dank gilt auch meiner Vorgängerin Irene Alt;
denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, endlich leben wir in einem Land, in dem genug Ehe für alle da ist.