Protokoll der Sitzung vom 26.10.2017

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Abstrakte politische Themen werden dann konkret und greifbar, wenn sie ins Persönliche gehen.

Ich glaube, viele von uns, die hier im Saal sitzen, kennen Beispiele dieses unendlichen Leids, dieses Versteckspiels von Gleichgeschlechtlichen, die über Jahre und Jahrzehnte darunter gelitten haben, dass sie eben nicht offen mit ihrer Beziehung umgehen, geschweige denn eine Verbindung eingehen können.

Ich kenne zahlreiche dieser Beispiele. Es gab Familiendramen, weil der Vater nicht akzeptiert hat, dass der Sohn schwul war. Streitigkeiten dieser Art wurden zum Teil nicht beigelegt und gingen mit ins Grab.

Diese Beispiele sind mir bekannt. Wenn Sie sich diese ganz konkreten Erfahrungen vor Augen halten, dann gibt es heute nur eine Antwort auf diese Frage: Ehe für alle. – Es ist der richtige Weg. Es ist der einzig richtige Weg, und es ist der zukunftsweisender Weg.

Wenn hier missverstanden wurde, dass ich Kopfschmerzen hätte wegen der bayerischen Landesregierung, dann nur deshalb, weil überhaupt die Idee aufkommt, einen solchen

Weg gehen zu müssen. Das ist der entscheidende Punkt dabei.

(Beifall der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Richtung AfD möchte ich nur einen einzigen Satz sagen. Ich wünsche Ihnen in Ihrem Bekannten- oder Verwandtenkreis Beispiele, die Sie zur Vernunft bringen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Oder in der Partei!)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Rauschkolb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es sehr interessant, Herr Frisch, welche Doppelmoral Sie an den Tag legen.

Wir sind eine solidarische Partei, die auch hinter unseren Personen steht. Sie haben doch eine Vorsitzende, die mit einer Frau zusammenlebt und zwei Kinder aufzieht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Bernhard Braun: Und das ist gut so!)

Ich habe kein Problem damit. Sie zeigt, dass sie mit diesem Lebensmodell in der Gesellschaft steht.

Haben Sie Ihr denn gesagt, dass Sie ein Problem damit haben? Ich finde, es ist sehr unsolidarisch, wenn man dann eine ganz andere Perspektive hineinbringt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Aber so ist die AfD!)

Man sieht eigentlich gar nicht, wo Sie stehen. Ich weiß nicht, was Ihre Position ist. Ihre Vorsitzende lebt ein ganz anderes Modell, das Sie hier total verwerfen. Aber gut, sie ist in einem anderen Land. Deswegen empfinde ich es schon sehr als Doppelmoral, wenn Sie es kritisieren und Menschen in Ihrer eigenen Partei so etwas leben.

Was ich noch zur Angst sagen will, ist, dass man die Debatte auf Vielehe ausweitet. Vielleicht haben Sie mir vorhin zugehört. Im BGB steht jetzt, die Ehe wird geschlossen zwischen zwei Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts auf Lebenszeit. – Zwei Personen.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Das steht im BGB. Nicht mehr und nicht weniger. Niemand hat in der Debatte so etwas gefordert.

Wenn ich mir anhöre, dass Sie sagen, es geht bei der Ehe darum, die Zukunft des Volkes zu sichern, erhebt sich die Frage, ob ich denn in Zukunft frage, wenn ich heiraten will, nicht, willst du mich heiraten, sondern willst du mit mir

zusammen die Zukunft des Volkes sichern.

(Beifall und Heiterkeit bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Es ist doch nicht der erste Gedanke, den man hat, wenn man die Ehe schließen will, sondern man liebt sich und will füreinander Verantwortung übernehmen. Das ist doch das Ziel, warum man heiratet.

Ich freue mich, dass es jetzt auch mehr Menschen zugänglich ist, aus Liebe Verantwortung füreinander zu übernehmen. Ich finde, Sie tun der Debatte damit nicht gut.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist auch der zweite Teil der Aktuellen Debatte beendet.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Fragwürdiger Einsatz von Fremdfirmen bei rheinland-pfälzischen Finanzämtern auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/4449 –

Wer spricht? – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Schreiner.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat, der Einsatz von Fremdfirmen bei den rheinlandpfälzischen Finanzämtern ist mehr als fragwürdig. Da muss man zwei Geschichten erzählen, die beide erzählt werden müssen.

Die erste betrifft die Frage des Verhältnisses zwischen den Finanzämtern und den Steuerbürgern. Das ist ganz besonders sensibel. Da geht es zum einen um Offenlegungspflichten der Steuerbürger gegenüber den Finanzämtern. Hier geht es auf der anderen Seite um den Anspruch der Finanzämter, für eine gerechte Besteuerung einzutreten. Da macht es in diesem besonderen Verhältnis schon einen Unterschied, ob, wenn man das Finanzamt besucht, der Pförtner, der einem die Tür aufmacht, Mitarbeiter einer Wachfirma ist, oder ob derjenige, den man anruft, derjenige, dem man eine Mail schreibt, nicht ein Finanzbeamter ist, wie man denkt, sondern Mitarbeiter einer Wachfirma ist, und ich es noch nicht einmal erfahre, dass der, dem ich eine Mail schreibe, der, den ich anrufe, Mitarbeiter einer Wachfirma ist.

(Beifall bei der CDU)

Das ist unerträglich für die Steuerbürger. Aber wir haben in den letzten Tagen auch erfahren, dass es nicht nur unerträglich für die Steuerbürger ist, sondern es insbesondere auch für die betroffenen Mitarbeiter der Fremdfirmen ist.

Im SWR kam eine Mitarbeiterin einer solchen Firma zu Wort, und sie hat es auf den Punkt gebracht, dass es aus ihrer Sicht ein Albtraum war, was sie dort erlebt hat. Sie habe als Fremdmitarbeiterin über einen Computer auch direkten Zugriff auf die geschützten Daten gehabt und deshalb über bestimmte Kürzel, die im System angelegt waren, zusätzliche Auskünfte über den Steuerpflichtigen erfahren. Wörtliches Zitat: Wenn Steuerkonten gesperrt waren, weil irgendwelche Inkassosachen liefen, oder bei einer Insolvenz hat man das auch an den Kürzeln gesehen. Alle Mails, die an die zentrale E-Mail-Adresse des Finanzamtes gingen, konnte ich lesen und musste sie weiterleiten. Wenn keine Steuernummer hinterlegt war, habe ich diese Mail aufmerksam gelesen, um sie weiterleiten zu können. Sie sei froh, dass dieses Thema jetzt endlich in die Öffentlichkeit gelange, weil es aus Ihrer Sicht ein Albtraum war, wie in Rheinland-Pfalz mit den Rechten der Steuerbürger umgegangen worden ist. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

In Rheinland-Pfalz ist es so, im Finanzamt lesen Fremdfirmen Ihre E-Mails, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Steuerbürgerinnen und Steuerbürger, liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die E-Mails, die Sie an Ihr Finanzamt schreiben, liest eine Fremdfirma.

Transparenz, Datenschutz, faire Bezahlung, alles Fehlanzeige. Kostet alles nur Geld; denn das ist der zweite Teil der Geschichte, die erzählt werden muss.

Warum das Ganze? Da gibt es ein wunderbares Zitat von Ihnen, Herr Staatssekretär, auch aus dem SWR. Das Land mache das, weil die Beschäftigung von Fremdfirmen schlicht und ergreifend billiger sei. Also, ob es billiger ist, da wollen wir die Rechnung noch einmal genau anschauen. Das sind wir mit dem Bund der Steuerzahler einig, das wollen wir noch einmal genau überprüfen. Zum Beispiel die Gewerkschaft sagt, es sei billiger, es würden etwa 9 Euro gezahlt werden, und wenn sie beim Land beschäftigt wären, könnte man einen Stundenlohn von bis zu 14 Euro ermöglichen. Auf jeden Fall, und das ist unabhängig von den Zahlen so, wenn ich bei einer Wachfirma beschäftigt bin, habe ich eine andere Entwicklungsmöglichkeit, als wenn ich beim Land beschäftigt bin.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Also, die Perspektiven, die ein Mitarbeiter hat, sind komplett andere.

Gehen wir einmal davon aus, Sie haben recht, es ist billiger, und Sie haben es deshalb gemacht, weil es billiger ist. Dann freue ich mich aber auf die Rede der Frau Ministerpräsidentin am 1. Mai 2018.

(Beifall der CDU)

Ich habe es noch genau im Ohr, was die Frau Ministerpräsidentin bei den letzten Kundgebung am 1. Mai gesagt hat. Da hat sie gesagt, dass es unanständig sei, wenn die Wirtschaft Firmenmitarbeiter auslagert, und zwar nur deshalb, weil es billiger ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Hört! Hört!)

Diese Rede muss Frau Dreyer jetzt umschreiben. Sie selbst lagern die Mitarbeiter aus. Sie sourcen out.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Sie messen mit zweierlei Maß. Wenn ein Unternehmen, eine Firma Mitarbeiter outsourct, dann zeigen Sie mit dem Finger auf sie und sagen, das ist unanständig. Wenn Sie es selbst machen, dann ist es ein besonders wirtschaftlicher Umgang mit Geld. So funktioniert das nicht. Und das alles nur, damit Staatssekretären in Rheinland-Pfalz Zusatzrenten gezahlt werden können und im Budget genug Geld für Personal da ist, wo es der SPD gefällt. Deshalb wird ausgerechnet an den Ärmsten der Armen, an den Telefonistinnen im Finanzamt gespart.

(Beifall der CDU)

Wir machen es einfach. –