Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das habe ich nicht gesagt! Herr Kollege, das habe ich nicht so gesagt!)

Wissen Sie denn, was das bedeutet? Es gibt einen großen Unterschied, ob man einen Raumordnungsplan für eine Kreisstraße macht oder für eine Landstraße. Wenn man das, wie hier gefordert, für eine Landstraße machen würde, müsste man alle Nebenstraßen bis zur Autobahn, alle Landstraßen in die Gesamtkostenrechnung mit einbeziehen, und dadurch würde das Kosten-Nutzen-Verhältnis so miserabel, dass die Mittelrheinbrücke auch in den nächsten zehn Jahren nicht gebaut werden würde, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie können und wollen mich nicht verstehen, Herr Kollege!)

Deshalb sage ich es noch einmal: Wer die Mittelrheinbrücke fordert, der kann sie nur als kommunale Brücke fordern.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Becht.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 18. Januar 2018 hat die Fraktion der AfD ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zur Frage der Einstufung einer Mittelrheinquerung vorgestellt. Der Wissenschaftliche Dienst lässt die Einstufung offen und empfiehlt eine neue Untersuchung.

Mit der Empfehlung für eine neue Verkehrsuntersuchung bestätigt der Wissenschaftliche Dienst die Auffassung der Landesregierung, dass diese eine maßgebliche Grundlage für die Einstufung einer Mittelrheinbrücke ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Also, da sind wir doch beieinander! Sehr gut!)

Jedoch teile ich nicht die Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes, dass die Verkehrsuntersuchung aus dem Jahr 2009 nicht aussagekräftig sei. Die Landesregierung ist aufgrund der vorhandenen Ergebnisse der Überzeugung, dass die Einstufung der Mittelrheinbrücke auch schon auf Grundlage der Verkehrsuntersuchung 2009 erfolgen kann.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Er folgt nicht dem Wissenschaftlichen Dienst!)

Wir halten weiterhin die Einstufung als Kreisstraße für richtig. Es ist nun an der Zeit, dass sich der Rhein-HunsrückKreis für eine Mittelrheinbrücke in kommunaler Baulastträgerschaft ausspricht und wir das Raumordnungsverfahren endlich beginnen können.

Der vorliegende Antrag läuft leer; denn hier würden wir selbstverständlich eine neue Verkehrsuntersuchung sowieso in Auftrag geben. Die SGD übrigens gibt vor, dass die den Verfahren zugrundeliegenden Unterlagen nicht älter als fünf Jahre sein sollen.

Ohne ein Bekenntnis des Kreises kommt eine Beauftragung einer Verkehrsuntersuchung nicht in Betracht; denn sollten wir die nächste Untersuchung verfallen lassen, weil sich der Rhein-Hunsrück-Kreis die nächsten fünf Jahre noch immer nicht einig wäre? Das können wir dem Steuerzahler nicht zumuten.

Als Fazit möchte ich noch einmal betonen, dass die Landesregierung die Mittelrheinbrücke als kommunales Vorhaben sieht und dies bereits durch die im Jahr 2009 erstellte Verkehrsuntersuchung bestätigt wird, wenn man dort die ermittelten Verkehrsströme genauer analysiert. Unsere Hand bleibt ausgestreckt. Wir stehen nach wie vor dazu, das Vorhaben mit 80 % zu fördern, das Gros der Kosten eines Raumordnungsverfahrens zu tragen und den Eigenanteil der Landkreise Rhein-Hunsrück und Rhein-Lahn vorzufinanzieren.

Wir stehen bereit. Sobald die Zustimmung des RheinHunsrück-Kreises endlich vorliegt, könnten wir mit der Erstellung der Raumordnungsunterlagen für eine kommunale Brücke beginnen. Damit läuft übrigens auch der CDUAntrag ins Leere. Bevor der Bauherr nicht will, fangen wir nicht an.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Deswegen werden beide Anträge abgelehnt!)

Wir kommen damit zur Abstimmung über die Anträge. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion der AfD „Offene Fragen klären – Mittelrheinbrücke bauen“ – Drucksache 17/5145 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD,

der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Wir stimmen des Weiteren über den Alternativantrag der Fraktion der CDU „Mittelrheinbrücke – Bisherige Gutachten und Stellungnahmen ernst nehmen – Raumordnungsverfahren ohne Festlegung des Straßenbaulastträgers beginnen“ – Drucksache 17/5177 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der AfD abgelehnt.

Ich rufe nun Punkt 20 der Tagesordnung auf:

Leistung und Geschichte von Aussiedlern wertschätzen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/5148 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Zunächst erfolgt die Begründung durch die antragstellende Fraktion. Herr Kollege Brandl, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass wir beim letzten Tagesordnungspunkt in der heutigen Sitzung, über den wir eine Aussprache durchführen, ein Thema diskutieren, bei dem wir auch in den folgenden Ausschussberatungen zu einer einmütigen Haltung kommen können. Es geht darum, die Leistung und die Geschichte von Aussiedlern wertzuschätzen.

Es ist nun über 250 Jahre her, seitdem das Edikt von Katharina der Großen, ein Einladungsmanifest, deutsche Auswanderer, deutsche Siedler nach Russland lockte in der Hoffnung auf eine erfolgreiche und positive Zukunft.

Wenn wir uns in die Zeit vor 250 Jahren zurückversetzen, so gab es in Europa, in Deutschland und in vielen Teilen des heutigen Rheinland-Pfalz Gegenden, die von Not und Elend geprägt waren. Die Hoffnung auf einen Neuanfang, ein neues Leben im fernen Osten oder für manche auch im fernen Westen hat eine Auswanderungswelle in Gang gebracht, die über mehr als 100 Jahre anhielt.

Deutsche wanderten in den Osten, ins damalige Russland, oder auch nach Amerika aus, die Hunsrücker eher nach Südamerika, aber viele auch nach Nordamerika. Diese Auswanderungswelle insbesondere in den Osten hat dazu geführt, dass sich diese Menschen ihre Kultur erhalten haben. Sie waren damals am Aufbau dieses Landes beteiligt. Sie haben dieses Land gestaltet. Sie haben es kultiviert. Sie haben geholfen, dieses Land zu entwickeln. Dabei haben sie es geschafft, viele ihrer Bräuche und ihre Kultur und insbesondere auch ihre Sprache zu erhalten.

Diese Entwicklung hat zu Beginn insbesondere des 20. Jahrhunderts eine schlimme Wendung genommen. Sie wurden dort diskriminiert, sie wurden durch staatliche Repressionen benachteiligt, es brachen Hungersnöte mit

vielen Tausenden von Toten aus, und im Rahmen der Diktatur Stalins erfolgte eine Deportation nach Sibirien.

Die Geschichte ging aber weiter. Not und Elend in Sibirien bekamen eine neue Perspektive, indem die Heimkehr nach Deutschland insbesondere seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs wieder eine Chance bekam. Deshalb sprechen wir heute über eine Bevölkerungsgruppe, die mehr als 4 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ausmacht, mehr als 4 Millionen Menschen, die mit deutschem Pass als Deutsche bei uns leben, integriert sind, in den letzten Jahrzehnten hier eine neue alte Heimat gefunden haben, die am Aufbau und der Weiterentwicklung dieses Landes maßgeblichen Anteil haben.

Meine Damen und Herren, für uns ist es wichtig, diese Geschichte dieser Menschen zu würdigen und wertzuschätzen.

(Beifall bei CDU und AfD)

Vor diesem Hintergrund ist es uns wichtig, dass wir im Besonderen auf die Deutschen aus Russland eingehen, auf ihre Geschichte, auf ihre Kultur und auch auf ihre Lebensleistung, dass wir eine Wertschätzung für diese Menschen und ihre tatsächlich auch abwechslungsreiche und teilweise schmerzvolle Geschichte entwickeln.

Vor diesem Hintergrund haben wir verschiedene Forderungen entwickelt, die für uns wichtig sind, um genau dies auszudrücken. Zunächst ist es wichtig, dass wir eine verstärkte Gedenkarbeit im Rahmen des 20. Juni – das ist ein bundesweiter Gedenktag, der Gedenktag zu Flucht und Vertreibung – auch in Rheinland-Pfalz stärker begehen, um diese Entwicklung immer wieder in Erinnerung zu rufen.

Frau Präsidentin, ich will an der Stelle anregen, dass sich auch der Landtag dieser Gedenkarbeit widmet. Es gibt eine wunderbare Wanderausstellung des Bundesverbands der Deutschen aus Russland, die von der Bundesregierung mit unterstützt wird. Ich fände es eine hervorragende Gelegenheit, wenn diese Wanderausstellung im Rahmen unserer Ausstellungsmöglichkeiten im Landtag ausgestellt werden kann.

(Beifall bei CDU und AfD)

Gerade aber die Verankerung der Geschichte der Deutschen aus Russland in den Unterricht an unseren Schulen, die Integration dieser Punkte ins Fach Geschichte, stellt eine zentrale Forderung dar, die wir heute in diesem Antrag beschreiben; denn es ist wichtig, dass wir unseren Kindern und uns selbst immer wieder bewusst machen, was es hieß, einen Neuanfang zu wagen, seine Kultur zu erhalten, aber nach vielen Irrungen, Wirrungen und schmerzvoller Geschichte auch wieder heimzukehren. Ich denke, dieses Motiv einer Auswanderung und Heimkehr ist ein wertvolles Leitmotiv in sehr bewegten Zeiten, wie wir sie aktuell erleben.

(Beifall bei der CDU)

Daraus können wir auch für den Sozialkundeunterricht lernen. Wir können daraus lernen, was einen Rechtsstaat

ausmacht, was die Bedeutung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit anhand dieses Beispiels bedeutet. Wir können auch noch stärker wertschätzen, was unsere Demokratie ausmacht und welchen Segen uns unser Grundgesetz bietet.

Deshalb will ich noch einmal zum Schluss zwei Sätze des Antrags zitieren, die, wie ich denke, die Intention dieses Antrags klar herausstellen: „Das Motiv eines erfolgreichen Neuanfangs sowohl nach ihrer Auswanderung in den Osten

(Glocke der Präsidentin)

wie auch nach ihrer Heimkehr nach Deutschland sind beispielgebend. Es macht Mut, die Herausforderungen der Zukunft tatkräftig zu bestehen und kraftvoll anzugehen.“ Deshalb sollten wir aus dieser Geschichte lernen und die Geschichte und Leistung der Aussiedler wertschätzen.

Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen und im Ausschuss gemeinsam weiterzuentwickeln.

(Beifall der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Rauschkolb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wer kennt es nicht, die Lieder „Atemlos durch die Nacht“ und „Achterbahn“ von Helene Fischer. Sie grüßen täglich aus dem Küchenradio in die deutschen Haushalte. Wer ist Helene Fischer? Sie ist eine dieser Spätaussiedler, über die wir gesprochen haben. Sie und viele andere prägen musikalisch – je nach Musikgeschmack sagt der eine prägen und der andere bereichern –,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das stimmt!)

kulturell und kulinarisch unsere Gesellschaft. Ich selbst bin auch mit Marina, Ina und Olga in die Schule gegangen und habe dadurch viel von deren Familien mitbekommen: Es gab vielleicht andere Dinge als Kinder zu essen und vor allem an Weihnachten andere Rituale. So sieht man, Spätaussiedler sind auch ein Teil unseres Lebens geworden.

Wir erinnern unter anderem in der Ausstellung „Das Russlands-Deutsche-Haus“ an ihre Geschichte. Vor Ort habe ich als Integrationsbeauftragte mit der Organisation ZMO, Zusammenarbeit mit Osteuropa, gute Erfahrungen gemacht, die immer beim Markt der Kulturen vor Ort mit dabei ist. Das heißt also, es wird schon in vielerlei Hinsicht zusammengearbeitet.