Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Ich glaube, das Beispiel zeigt, Herr Kollege Oster, dass man sich frühzeitig eng auf Konzepte abstimmen sollte und dann möglichst in der Folgezeit die Politik die Hände von einer Änderung dieser Konzepte lassen sollte. Aber 55 cm und 76 cm festzulegen und sich später noch einmal mit der gleichen Frage zu befassen, macht jedenfalls bei Bahnsteigen keinen Sinn, die nicht nur für eine oder zwei Legislaturperioden gebaut werden, sondern die – wir achten auch auf Qualität beim Ausbau – über Jahrzehnte hinweg dem Schienenpersonennahverkehr dienen sollen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Danke für die Lautstärke Ihrer Meldung. Die Frage ist eine nach dem sogenannten rollenden Material, also nach den Zügen, die langfristig angeschafft werden. Die müssen wiederum zur Bahnsteighöhe passen. Wenn ich es richtig weiß, laufen die Verträge über die Züge bis zu 20 Jahre. Gibt es Übergangsfristen? Wird darüber schon gesprochen, oder gehen wir davon aus, dass wir die Bahn zur Vernunft bringen können?

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr,

Landwirtschaft und Weinbau:

Die Argumente, die wir als Landesregierung vorbringen, sind meines Erachtens so überzeugend, dass wir uns am Ende durchsetzen müssten, wenn das Ganze nach Vernunft entschieden wird.

Ich habe mich gefreut, dass die anderen Länder mit uns votiert haben. Wir gehen davon aus – jedenfalls ist das meine Erfahrung aus den Gesprächen mit der Deutschen Bahn –, dass sie an einer konsensualen Lösung orientiert ist. Für mich kann der Konsens nicht einfach nur in einer kurzen Übergangsfrist liegen, sondern wir wollen, dass die Kriterien, die wir in Rheinland-Pfalz erfüllt haben, 55 cm und die Anschaffung entsprechender Schienenfahrzeuge, dauerhaft Bestand haben.

Ich glaube, es ist auch der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass wir neu angeschaffte Züge nicht mehr einsetzen können, zumindest nicht mehr barrierefrei, nur weil sich die Politik eine andere Bahnsteighöhe einfallen lässt. Ich glaube, es ist den Menschen nicht zu vermitteln, dass Bahnsteighöhen, die den Anforderungen an modernen Schienenverkehr und Barrierefreiheit genügen, verändert werden müssen, weil man sich auf politischer Seite auf neue Zahlen fokussiert. Es ist keine Verbesserung dadurch zu erreichen, wenn ich jetzt von 55 cm auf 76 cm gehe und neue Züge anschaffen muss, die auf 76 cm ausgerichtet sind. Barrierefrei bleibt barrierefrei. Ob man barrierefrei auf 55 cm Höhe oder 76 cm Höhe einsteigt, bringt keine Verbesserung und kostet einen Haufen Geld. Geld auszugeben, ohne etwas für die Menschen zu erreichen, müsste, glaube ich, am Ende den Bund überzeugen. Das macht keinen Sinn.

Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Demuth.

Herr Minister, betrachtet man Rheinland-Pfalz im Ganzen, stellt man fest, dass der Ausbaustand im Norden weitaus schlechter ist als im Süden. Jetzt sind einige Bahnhöfe im Norden noch einmal mit dem Ausbau zurückgestellt worden, die eigentlich in dieser Ausbaustufe bereits ausgebaut werden sollten. Könnten Sie uns bitte einen Ausblick geben? Hat das Ministerium bereits eine Liste oder einen Plan vorbereitet, wann die Bahnhöfe im Norden in der nächsten Ausbaustufe ausgebaut werden?

Frau Kollegin, die Landesregierung hat ein Interesse daran, dass wir flächendeckend im Norden und Süden des Landes Rheinland-Pfalz hervorragende barrierefreie Schienenpersonennahverkehrsstrecken haben. Deswegen sind wir daran interessiert, dass der Ausbau so schnell wie möglich auf allen Strecken des Landes Rheinland-Pfalz vorangeht.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Oster.

Herr Minister, wir reden oft über grenzüberschreitende Verkehre. Jetzt stelle ich fest, es ist Ansinnen der Bundesregierung, eine einheitliche Höhe auf Bundesebene herbeizuführen. Wäre es nicht sinnvoll und klug, direkt größer zu denken und von einer einheitlichen europäisch Höhe auszugehen; denn gerade die Grenzregion Trier hat sehr viel grenzüberschreitenden Verkehr?

Herr Kollege Oster, vielen Dank für die Frage. Generell bin ich der Auffassung, dass wir als Bundesland RheinlandPfalz ein großes Interesse daran haben, dass der Schienenverkehr europaweit standardisiert wird. Wir haben – Sie haben das Problem Trier angesprochen – bei der Inbetriebnahme einer IC-Verbindung in den Kölner Raum erhebliche Schwierigkeiten gehabt, weil die Kompatibilität von Fahrzeugen auf luxemburgischer und rheinland-pfälzischer Seite nicht gegeben ist. Diese Probleme sollte man zukünftig durch eine europäische Standardisierung weiter reduzieren.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Frage beantwortet. Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit ist auch die Fragestunde beendet.

Bevor wir zur Aktuellen Debatte kommen, darf ich Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, zunächst Schülerinnen und Schüler der Höheren Berufsfachschule I der Katholischen Berufsbildenden Schule in Mainz. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Passend zum ersten Thema der Aktuellen Debatte darf ich als Vertreterin des Hauses Burgund Frau Sarah Cercley begrüßen. Herzlich willkommen im rheinland-pfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

AKTUELLE DEBATTE

55 Jahre Élysée-Vertrag – intensive deutsch-französische Wirtschaftsbeziehungen sind Basis für ein wirtschaftlich starkes Rheinland-Pfalz auf Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 17/5171 –

Für die FDP-Fraktion hat ihre Vorsitzende, Frau WilliusSenzer, das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen feiern wir das 55-jährige Jubiläum des Élysée-Vertrages. 55 Jahre sind zwar kein echtes Jubiläum, aber wir tun gut daran, dieses Ereignisses zu gedenken und es zu feiern.

Es ist ein Vertrag der Freundschaft zwischen uns und unseren Nachbarn, eine Freundschaft und Kooperation, die über Jahrzehnte gewachsen ist und tiefer wurde.

Als Adenauer und de Gaulle den überhaupt ersten Freundschaftsvertrag im Januar 1963 im Élysée-Palast in Paris unterzeichneten, war diese Entwicklung der Freundschaft so nicht absehbar. Er besiegelte jedoch eine Zeitenwende in der beiderseitigen Beziehung und bildet eine tragende Säule im europäischen Einigungsprozess.

Viele Jahre der gegenseitigen Ablehnung, der Feindschaft und des Blutvergießens haben das Verhältnis der Franzosen und der Deutschen zueinander geprägt. Gar von einer Erbfeindschaft wurde damals gesprochen. Vor diesem Hintergrund kann der Wert dieser Vereinbarung nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Für uns in Rheinland-Pfalz als direkte Nachbarn gilt dies in besonderem Maße. Es ist daher unsere Pflicht, den Geist dieses Vertrages zu leben und in unserem Bemühen um gegenseitiges Vertrauen und Freundschaft nie nachzulassen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ERASMUS-Programme, der Austausch von Dienstleistungen und Partnerschaftsprogramme haben die Menschen, deren Vorfahren einst Feinde waren, zusammengebracht. Deutsch-französische Ehen, deutsch-französische Kinder, die bilingual aufwachsen, sind schon längst keine Seltenheit mehr. Die deutschen Fußballfans haben Franck Ribéry längst in den Heldenstatus erhoben, und junge Franzosen begeistern sich für unsere Bundeshauptstadt wie für keine andere Stadt in Europa.

Das Verständnis, das unsere Völker füreinander entwickelt haben, ist einzigartig und darf nie mehr erschüttert werden.

Diese Beziehung prägt aber auch unsere Wirtschaft. Handelte es sich ursprünglich überwiegend um ein außenpolitisches Projekt, wurden im Laufe der Zeit alle Politikbereiche mit einbezogen, so auch die Wirtschaftspolitik. Diese hat für uns Rheinland-Pfalz eine erhebliche Bedeutung. Frankreich ist seit vielen Jahren unser bedeutendster Wirtschafts- und Handelspartner.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Handelsvolumen betrug in 2016 8,3 Milliarden Euro

mit stetig steigender Tendenz. Als Grenzregion sind diese Beziehungen vielfältig und haben Auswirkungen auf alle Wirtschaftsbereiche, vom kleinen Handwerksbetrieb bis zu den großen Industrieunternehmen in unserem Lande. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zunehmend besser über die Grenze pendeln. So werden die ÖPNV-Verbindungen stetig verbessert und an die Bedarfe angepasst.

Auch das grenzüberschreitende Straßennetz soll weiterentwickelt werden. Das gemeinsame Mobilitätskonzept ist ein Beleg dafür.

Auch die Fachkräfteförderung läuft gemeinsam. So werden neben der Mobilität auch Praktika und Infoveranstaltungen zur Berufsausbildung im Nachbarland gefördert.

Wir Freien Demokraten halten diese Projekte für besonders wichtig, da auch die kommenden Generationen im Geiste der tiefen Freundschaft mit unseren französischen Nachbarn aufwachsen. Unsere Freundschaft mit dem Haus Burgund ist bedeutend und ein Erfolgsthema seit vielen Jahren. Bei unseren Feiern in Dijon sind ungefähr 3.000 bis 4.000 Gäste anwesend, die die deutschfranzösische Freundschaft leben und feiern.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Herausforderungen, die vor uns stehen, lassen sich nur durch ein geeintes starkes Europa lösen. Vive l’amitié franco-allemande, vive l’europe!

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Schweitzer.

Monsieur le Président – damit hat es sich aber auch schon –,

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

vielen Dank für die Möglichkeit, dass wir uns in dieser Debatte über den Stand der deutsch-französischen Freundschaft austauschen können.

Unsere Kollegin Frau Willius-Senzer hat auf den 22. Januar 1963 verwiesen, ich möchte ebenfalls den 22. Januar anführen, aber ein paar Tage weiter in die Vergangenheit gehen, nämlich 225 Jahre zurück. Am 22. Januar 1793 beschlossen die Gemeinden rund um Bergzabern, südpfälzische Gemeinden, bis sie in die französische Nation aufgenommen werden, Bergzaberner Republik zu sein, südpfälzische Republik zu sein. Meine Damen und Herren, deshalb will ich dann auch darauf hinweisen, dass die erste Republikgründung auf deutschem Boden tatsächlich in der Südpfalz stattfand, eng angelehnt an das französische Vorbild. Einige Wochen später – das will ich gar nicht abstreiten – trat dann auch die Mainzer Initiative zutage,

aber die erste Republik nach französischem Vorbild gab es damals in der Südpfalz, meine Damen und Herren.