Es war schon erstaunlich, aber auch enttäuschend, dass Sie mit diesem wichtigen Thema so undifferenziert umgegangen sind.
Ich weiß nicht, wie gut Sie mit den Weingütern und vor allem mit den sehr renommierten Weingütern hier in Rheinland-Pfalz bekannt sind. Ich nenne einmal als ein Qualitätsmerkmal die VDP-Weingüter. Sie wissen es offensichtlich nicht, dass VDP-Weingüter praktisch ausschließlich auf Ökoanbau umgestiegen sind.
Ich vermute einmal, dass es unter den renommierten VDPWeingütern eher weniger grüne Mitglieder gibt als vielleicht Mitglieder, die konservativ sind.
Aber genau das ist der Weg, eine Landwirtschaft und auch Weinbau zu betreiben, die zukunftsfähig sind. Das hat auch damit zu tun, dass sich erwiesen hat, dass ein rein konventioneller Anbau, wie wir ihn über Jahrzehnte geführt haben, auch seine Schattenseiten hat, nicht nur im Weinbau, auch in der Landwirtschaft. Sehen Sie sich doch die Folgen der jetzigen Wetterkatastrophen an.
Ich bin davon überzeugt, dass das, was schon ganz viele konventionelle Winzer und Bauern machen, einen modernen und integrierten Anbau zu verfolgen, der richtige Weg ist; denn das heißt weniger Verdichtung der Böden, wodurch der Ertrag über die Dauer gesehen besser wird.
Ich will noch etwas zu den Risiken sagen, die mit der Nutzung von konventionellen Anbaumethoden und dem Ausbringen von Düngern und Pflanzenschutzmitteln einhergehen. Eine Folge davon ist, dass wir an der Mosel über Jahre große Probleme mit Nitrat im Trinkwasser hatten. Die Brunnen mussten geschlossen werden. Das ist doch eine Folge eines lange verfehlten Anbauverfahrens. Daraus haben wir gelernt.
(Abg. Johannes Zehfuß, CDU: Sie offensichtlich nicht! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie nicht!)
Ich denke, angesichts der Wetterkatastrophen – das kann man schon so sagen –, die punktuell über unserem Land heruntergekommen sind – nicht nur über Rheinland-Pfalz, sondern auch über andere Teile von Deutschland –, muss
man sehen, dass man jetzt Hilfe pragmatisch angeht, wie sie gefordert ist. Deshalb danke ich der Landesregierung, insbesondere dem Landwirtschaftsminister Wissing und der Umweltministerin Höfken, weil sie so schnell reagiert haben.
Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum die EU nun ein Pflanzenschutzmittel, das man durchaus als unbedenklich bezeichnen kann, auch für den Ökoweinbau und -landbau, verbietet.
Ich bin immer wieder amüsiert und erstaunt, wenn es heißt, das seid ihr Grünen in der EU gewesen. Ich sage einmal, dort ist unsere absolute Mehrheit noch nicht gegeben, es kann also nicht nur daran liegen.
Ich glaube, das sind wir den Winzerinnen und Winzern schuldig, jetzt nicht auf dem Rücken des einen oder des anderen Winzers eine Debatte zu führen, da sie ihnen vor Ort überhaupt nicht hilft. Es kommt jetzt darauf an – da ist die Landesregierung auf dem richtigen Weg –, unkonventionell Hilfe zu leisten für alle diejenigen, die es brauchen.
Herr Gies, Entschuldigung, die Regierung möchte zuvor reden. Dann erteile ich Herrn Minister Dr. Wissing das Wort. – Bitte schön, Herr Minister.
Vielen Dank. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst einmal betonen, dass nicht nur der Weinbau betroffen ist. Wir hatten massive Starkregenund Unwetterereignisse, die die gesamte Landwirtschaft und darüber hinaus, also viele in Rheinland-Pfalz betroffen haben. Die Landesregierung hat deswegen ein ganzes Maßnahmenbündel im Ministerrat beschlossen, um den
Menschen zu helfen. Wir sind sofort vor Ort gewesen und haben den Kontakt zu den Betroffenen gesucht, um zu zeigen, wir wollen unbürokratisch und schnell Hilfe leisten.
Zu den Maßnahmen gehören viele Dinge, Dokumentation von Ernteschäden durch Drohnen auf moderne Art und Weise, Stundungen, Hilfen von den Finanzbehörden, wo immer es möglich ist. Wir haben Beratungsstellen eingerichtet. Wir machen Erleichterungen bei der bürokratischen Abwicklung von Hilfen. Es gibt Gespräche zwischen den Betroffenen mit dem Landwirtschaftsminister, der Umweltministerin und dem Innenminister. Wir tun, was wir können, um nah bei den Menschen mit Hilfen zu sein; denn sie sind in Rheinland-Pfalz hart getroffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon angesprochen worden, dort macht insbesondere der Pilz Peronospora erhebliche Probleme. Das gilt nicht nur für den ökologischen Weinbau, sondern auch für den konventionellen. Die Kollegen haben es schon angesprochen, es ist so, dass im konventionellen Weinbau Kaliumphosphonat eine gute Hilfe bietet. Dieses Mittel ist bedauerlicherweise im ökologischen Weinbau nicht mehr zugelassen. Das war bis 2013 anders.
Ich will nicht verhehlen, dass auf europäischer Ebene mit der Zulassung von solchen Mitteln, die vor allen Dingen in den nördlichen Anbaugebieten besonders wichtig sind, Wettbewerbspolitik der weinbautreibenden Staaten innerhalb der EU betrieben wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten deswegen geschlossen für die Winzerinnen und Winzer in Deutschland eintreten und uns nicht auseinanderdividieren. Wir haben einheitliche Interessen zu vertreten.
Die Landesregierung hat – weil hier immer wieder Zwischentöne kommen, dass Zuständigkeitsfragen ungeklärt sind – ihre Zuständigkeitsfragen so gut geklärt, dass sie als Regierung von allen Regierungen in Deutschland am schnellsten handeln konnte.
Wir haben einen Großversuch ausgerufen, dem sich jetzt andere Bundesländer anschließen. Wir wollen schnelle, unbürokratische Hilfe leisten, um nah bei den Menschen zu sein.
Wir wollen über die bürokratischen Dinge hinaus denken. Das zeichnet die Landesregierung aus. So wollen wir den Menschen helfen.
Wir haben diesen Großversuch ausgerufen, um – das hat Herr Kollege Gies angesprochen – den Betrieben eine Chance zu geben, von den massiven Wirkungen des Einsatzes von Kaliumphosphonat im ökologischen Weinbau
verschont zu bleiben. Garantieren können wir es nicht, weil der Großversuch zunächst einmal von der EU anerkannt werden muss. Wenn dies der Fall ist, dann wird nur für das Erntejahr 2016 der Wein nicht als ökologischer Wein in Verkehr gebracht werden können, in den Folgejahren wieder. Das können wir auf landespolitischer Ebene nicht entscheiden.
Was wir allerdings tun können – das haben wir getan – ist, den Betrieben diese Möglichkeit zu eröffnen, ihnen diese Chance zu geben. Ich habe den Großversuch bei der Staatsdomäne angeordnet und den Betrieben die Möglichkeit gegeben, sich anzuschließen. Das zeigt, dass wir unkonventionell denken und alles ausschöpfen, was in unserer Hand liegt, um die Schäden für die Betroffenen so gering wie möglich zu halten.
Gleichzeitig muss ich natürlich betonen, dass die Entscheidung, Kaliumphosphonat auszubringen oder nicht, immer in der Verantwortung des jeweiligen Betriebes liegt.
Es ist angesprochen worden, ob ich nicht Rechtssicherheit schaffen kann. Das kann ich deswegen nicht, weil wir nicht EU-Gesetzgeber sind. Das ist Ihnen bekannt. Wir können Rechtssicherheit immer nur im Rahmen unserer landespolitischen Zuständigkeit schaffen. Das tun wir, wo immer es möglich ist.