Protokoll der Sitzung vom 22.06.2017

(Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was machen Sie denn konkret?)

Ich bin nicht in der Regierung. Ich könnte Ihnen sagen, was ich konkret machen würde. Aber das ist jetzt nicht meine Aufgabe, sondern ich erwidere hier auf die Rede von Frau Klöckner.

Wissen Sie, ich verstehe, dass Sie versuchen, die Dinge,

die außerhalb dieses Parlaments und dieser Fraktion laufen, auch uns vorzuwerfen. Ich stehe für die 14 Menschen dieser Fraktion und stelle mich ganz gerade hin und sage, alle diese Vorwürfe, die Sie machen, treffen auf diese 13 Menschen und mich nicht zu.

(Zurufe aus dem Hause)

Es ist also nicht in Ordnung, wenn Sie hier permanent eine Landtagsdebatte damit überdecken wollen, dass irgendwo irgendjemand irgendetwas gesagt hat.

(Zurufe aus dem Hause)

Lassen Sie mich ganz konkret auf Herrn Gedeon eingehen. Herr Gedeon ist ein echtes Problem in der AfD. Es ist ganz klar: Wenn wir es könnten, wäre er schon längst ausgeschlossen worden. Er ist aus der Fraktion ausgeschlossen worden. Jörg Meuthen hat sich dazu ganz klar geäußert.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau! – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Das wäscht Sie nicht sauber!)

Das hat die Probleme in dieser Fraktion hervorgerufen. Sie könne nicht sagen, dass die AfD das einfach so billigend hingenommen hat. Herr Gedeon ist ein Problem, und es ist auch ganz klar bemaßnahmt worden.

(Beifall der AfD)

Er ist aus der Fraktion ausgeschlossen worden. Sie wissen auch ganz genau, dass Herr Poggenburg sehr schnell eine ganz klare Abmahnung bekommen hat für das, was er gesagt hat. Ich war ganz klar und gehörte zu denen, die gesagt haben, das muss sofort geregelt werden, das geht nicht, diese Äußerungen sind nicht in Ordnung.

Sie setzen sich für jeden ein, der ausgegrenzt und ausgeschlossen wird. Warum aber tun Sie genau das mit diesen 13 Menschen – ich nehme mich einmal aus, ich kann das ab –, die vom Volk gewählt worden sind? Ihnen vorzuwerfen, was Sie der AfD allgemein vorwerfen, ist so nicht in Ordnung.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Sie sind doch Mitglieder einer gesamten Bewegung!)

Sie grenzen aus, Sie beschuldigen,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Sie machen das doch selbst!)

und Sie setzen uns einer Diffamierung aus, die wir natürlich auch von außen erleben. Das ist nicht in Ordnung. Bitte halten Sie sich doch an die Menschen, die dort sitzen, und an mich.

(Zurufe aus dem Hause)

Versuchen Sie das doch nicht ständig. Ich mache es doch auch bei der SPD nicht. Ich halte doch auch der SPD nicht ständig einen Edathy vor, weil ich genau weiß, dass Edathy kein Synonym für die SPD ist. Und so ist es Gedeon nicht für die AfD!

(Starker Beifall der AfD – Abg. Julia Klöckner, CDU: Sie profitieren von Herrn Gauland! – Unruhe im Hause)

Nun erteile ich das Wort der Frau Abgeordneten Lerch von der Fraktion der FDP.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, jetzt hat Frau Lerch das Wort.

(Unruhe im Hause)

So, meine Damen und Herren, jetzt ist genug zwischen den Fraktionen diskutiert worden. Nun hat Frau Lerch das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es macht uns betroffen, dass wir heute über einen Antrag beraten müssen, dessen Thema in Deutschland eigentlich der Vergangenheit angehören sollte. Aber die Realität in Deutschland, im jüngsten Antisemitismusbericht auch deutlich zum Ausdruck gebracht, lehrt uns, dass es notwendig ist, erneut Schritte einzuleiten, den Antisemitismus mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen.

Ich möchte ausdrücklich das bekräftigen, was meine Vorrednerin von der CDU und mein Vorredner Herr Klomann von der SPD gesagt haben. Wir können dies in der vollen Breite unterstützen.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat vor vier Wochen die jüdische Synagoge in Mainz besucht. Alle waren dabei, auch unsere Mitarbeiter, um ein Zeichen zu setzen und Solidarität mit unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zum Ausdruck zu bringen.

Die Landesregierung – Herr Kollege Klomann hat es bereits gesagt – hat als Erste in Deutschland die Institution eines Antisemitismusbeauftragten ins Leben gerufen. Diese Aufgabe wird direkt bei der Ministerpräsidentin angesiedelt sein und dokumentiert damit auch den hohen Stellenwert, den die Landesregierung dieser Aufgabe zuschreibt. Der jetzige Bürgerbeauftragte Burgard wird diese Aufgabe nach Beendigung seiner jetzigen Tätigkeit übernehmen.

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz hat eine lange jüdische Tradition. Herr Burgard wird als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Präventionsarbeit betreiben. Niemand darf aufgrund seiner religiösen Einstellung diskriminiert werden, so fordert es das Grundgesetz. Dennoch nehmen judenfeindliche Delikte zu. Die Dunkelziffer von antisemitisch motivierten Übergriffen sei hoch. So äußert sich zum Beispiel Juliane Wetzel, die Mitglied des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus ist.

Im April 2017 wurde in Berlin dieser Bericht vorgestellt. Auf über 300 Seiten setzt er sich mit aktuellen Entwicklungen auseinander und rückt Fragen nach den Ursprüngen und

nach Prävention in den Vordergrund. Die CDU fordert nun in einem 13 Punkte umfassenden Katalog Einzelmaßnahmen, um dem wachsenden Antisemitismus zu begegnen.

Es würde unsere Zeit heute im Plenum sprengen, wenn ich auf alle 13 Punkte im Einzelnen eingehen würde. Deshalb schlagen wir vor, diesen Antrag an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zu überweisen, um gemeinsam noch einmal im Detail zu beraten.

Dennoch lassen Sie mich unterstreichen, dass wir die Forderung nach Antisemitismusprävention zum Beispiel in politischer Bildungsarbeit uneingeschränkt unterstützen. Auch die in Punkt 12 und 13 thematisierte Gedenkstättenarbeit, die wir heute schon einmal zum Thema hatten, unterstützen wir vorbehaltlos.

Meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz gibt es sehr viele ehrenamtliche Projekte und viele Ehrenamtliche, die tätig sind, um im Sinne unserer Aufarbeitung der Geschichte tätig zu werden. Diese Projekte befassen sich mit jüdischem Leben in unserem Bundesland. Auch die Aktivitäten der SchUM-Städte gehen in die gleiche Richtung und erhalten auch im Koalitionsvertrag eine besondere Würdigung.

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass wir parteiübergreifend – das sage ich sehr deutlich – in dieser wichtigen Frage, dem Antisemitismus in Rheinland-Pfalz entgegenzuwirken, Antworten finden werden.

Zum Schluss noch ein Blick in die Geschichte Europas und darüber hinaus. Es gab auf der iberischen Halbinsel über viele Jahrhunderte lang ein vorbildliches Zusammenwirken der großen Religionen auf diesem Kontinent. Das Ende ist uns bekannt. Es sollte uns aber nicht davon abhalten, in diesem Sinne weiterzuarbeiten.

Ich habe um die Jahreswende herum ein Schreiben an die großen Kirchen in Rheinland-Pfalz, die Landeszentrale für politische Bildung und das Weiterbildungszentrum in Ingelheim mit der Bitte gerichtet, Projekte auszuarbeiten, um das Zusammenwirken der großen Religionen in unserem Land möglich zu machen.

Ich habe schon Antwort bekommen und bin mir sicher, dass wir auch auf diesem Weg Schritt für Schritt vorankommen werden, um das in unserem Land möglich zu machen, was wir uns alle wünschen, nämlich ein friedliches Zusammenleben der Religionen und gegen den Antisemitismus.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD, der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binz von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist heute das zweite Mal innerhalb von zwei

Monaten, dass sich der Landtag mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzt. Ich halte das für richtig und kann es nur begrüßen, dass die CDU-Fraktion nun nach der Aktuellen Debatte im Dezember das Thema auch heute noch einmal mit einem Antrag auf die Tagesordnung gesetzt hat.

Die intensive Beschäftigung mit dem Phänomen des Antisemitismus ist wichtig; denn wir verzeichnen in den letzten Jahren leider einen Anstieg an antisemitisch motivierten Übergriffen auf Jüdinnen und Juden in Deutschland. Dabei ist es wichtig, neben diesen Übergriffen aber auch antisemitische Äußerungen und Denkmuster in all ihren Ausprägungen ins Auge zu fassen und ihnen entschlossen entgegenzutreten.

Dazu gehört für uns auch der sekundäre Antisemitismus, den wir in Diskussionen um die Erinnerungs- und Gedenkkultur in unserem Land verstärkt erleben. Der Antisemitismusbericht des Unabhängigen Expertenkreises beschreibt diesen sekundären Antisemitismus wie folgt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –: Die zentrale Grundlage des sekundären Antisemitismus ist die Unterstellung, dass die öffentliche Auseinandersetzung mit der massenhaften Ermordung der Juden im Nationalsozialismus nur der Diffamierung der nationalen Identität der Deutschen diene. –

Auch für meine Fraktion ist klar: Wir treten jeder Art von Antisemitismus entgegen, egal welcher politischen Prägung und aus welcher Richtung. Wir treten aber auch besonders entschlossen diesem sekundären Antisemitismus entgegen; denn unsere Verpflichtung, gegen Judenhass einzutreten, umfasst auch das Gedenken und die Aufarbeitung der Schoah, und sie umfasst auch das ganz klare Bekenntnis zum Existenzrecht Israels.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und FDP)

Der Antrag der CDU-Fraktion lehnt sich in Teilen dem Beschluss des Deutschen Bundestags vom 18. Januar an, was sehr gut ist; denn das ist ein fraktionsübergreifend getragener sehr guter Beschluss, der sich sehr ausführlich mit den Inhalten des bereits erwähnten Antisemitismusberichts auseinandersetzt und dessen Empfehlungen aufgreift.

Der Beschluss geht zurück auf den Antrag der grünen Bundestagsfraktion, einen Antisemitismusbeauftragten zu berufen. Er wurde an den Innenausschuss des Bundestags überwiesen und dort zu dieser fraktionsübergreifenden breit getragenen Initiative weiterentwickelt.

Der uns heute vorliegende CDU-Antrag lehnt sich, wie gesagt, stark an diesen Beschluss an. Er greift einige Gedanken und Forderungen auf. Andere lässt er hingegen weg. Er ist für uns damit ein Ansatzpunkt für die Beschäftigung des Landtags mit dem Thema und unseren Anforderungen, wie wir dem Antisemitismus in Rheinland-Pfalz begegnen sollten. Er kann aus unserer Perspektive aber eben noch nicht als ausreichend angesehen werden, weswegen auch wir gern den Antrag an den Ausschuss überweisen würden, um dort weiter zu diskutieren.