„Gerade dann, wenn der Staat auf das Schwert des Strafrechts verzichtet und den Schutz des vorgeburtlichen Lebens der Letztverantwortung der Mutter übereignet, bedarf es eines klaren Bewusstseins vom Lebensrecht des Ungeborenen in der Gesellschaft.“
Dieses Zitat finden Sie fast wortwörtlich in der Begründung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Abtreibungsurteil von 1993. Wenn Sie uns – wie so oft – in irgendeiner Weise in eine Ecke drängen, dass wir Probleme mit der Verfassung hätten,
dann stelle ich hier ganz deutlich fest, Sie, die Fraktion der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag, haben bei diesem Thema ein massives Problem mit unserer Verfassung und dem Grundrecht auf Leben, meine Damen und Herren.
Wir nehmen Frauen gerade ernst, und das ist im Kontext dieses Lebensschutzkonzeptes auch ein wesentlicher Baustein des Lebensschutzes.
Ich muss sagen, zum Ernstnehmen eines Menschen, egal, ob Mann oder Frau, gehört eine vernünftige und solide Aufklärung und Information.
Wenn ich eine Entscheidung mit dieser Tragweite treffen soll, ist eine Voraussetzung dafür, dass ich mich intensiv damit beschäftige und gut informiert bin, damit ich diese Entscheidung auch richtig treffen kann.
Diese Information sollte natürlich nicht erst dann ansetzen, wenn sich eine Frau im Konfliktfall befindet; denn wir alle wissen, dass es sehr schwierig ist, in einer extremen Situation Menschen zu erreichen.
Wir wissen auch, dass Frauen sehr oft unter Druck stehen, aus ihrem sozialen Umfeld, von dem Erzeuger des Kindes, aus der Familie, und dass sie dann natürlich für Argumente und vielleicht auch für eine rationale Entscheidung nicht immer besonders zugänglich sind. Das ist doch keine Verurteilung von Frauen, das ist ein vollkommen normaler und realistischer Zustand, in dem sich ein Mensch dann befindet.
Ich sage Ihnen noch eines: Ich habe gerade deshalb in den Schulen immer mit meinen Schülern darüber gesprochen, wenn sie eben noch nicht in der Konfliktsituation waren. Den Fall, den ich soeben geschildert habe, habe ich gerade deshalb geschildert, um das zu illustrieren.
Ich habe mich natürlich in der Schule auch nicht nur an die Frauen gewandt, sondern ausdrücklich auch an die jungen Männer und habe sie in der gleichen Form darüber aufgeklärt und versucht, ihnen bewusst zu machen, welche Verantwortung sie haben, wenn sie Väter werden, und dass sie natürlich auch einen Respekt vor dem ungeborenen Kind haben müssen, und zwar nicht, weil ich das so gern hätte oder weil irgendwelche Lebensschützer das so wollen, sondern weil unsere Verfassung den Respekt vor dem Leben gebietet. Sie sollten in Zukunft vorsichtig sein, wenn Sie von Menschen- und Grundrechten in diesem Parlament sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich gleich feststellen, das von der AfD geforderte Gesetz ist unnötig; denn das Schwangerschaftskonfliktgesetz regelt in § 1 bereits die Aufklärung und die Information. Danach hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung den bundesgesetzlichen Auftrag, sowohl Konzepte zur gesundheitlichen Vorsorge, Vermeidung und Lösung von Schwangerschaftskonflikten zu entwickeln als auch Aufklärungs- und Informationsmaterialien zu erstellen. Dazu gehören ganz ausdrücklich auch Informationsmaterialien zum Leben mit einem geistig und körperlich beeinträchtigten Kind.
All dies wird in Zusammenarbeit mit den Beratungseinrichtungen und mit den Ländern entwickelt. Daher sind weitere Ländergesetze in diesem Bereich unnötig. Was die AfD hier fordert, ist bereits Gesetz.
Zudem gibt es auch in unseren Schulen Information und Aufklärung zu diesem Thema. In der Antwort – Drucksache 17/1910 –, die die AfD ja sogar in ihrem Gesetzentwurf nennt, führt das Bildungsministerium aus, dass die Information und Aufklärung über Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder Teil von Lehrplänen verschiedener Schularten und Schulstufen ist. Aufklärung und Information erfolgen also schon früh.
Über die Konfliktberatung wird jede einzelne Frau erreicht, die über einen Abbruch nachdenkt, und zwar auch genau in dieser Situation, in der sie diese Informationen braucht. Über die allgemeine Aufklärung durch Materialien, aber auch an den Schulen werden ungewollte Schwangerschaften durch die Sexualaufklärung an den Schulen verhindert, und es wird auch ein allgemeines Bewusstsein geschaffen.
Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält leider Unterstellungen, die ich korrigieren möchte. So wird behauptet, dass die Frage nach dem Status des ungeborenen Kindes bei Entscheidungsprozessen außen vor bleibe. Das ist eine Unterstellung; denn die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Sie soll ermutigen und Verständnis wecken. Das ist die gesetzliche Aufgabe des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, und das wird von den Beratungsstellen auch entsprechend gehandhabt.
Zudem spricht der Gesetzesantrag von der seit Jahren konstant hohen Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen. Das ist falsch. Richtig ist vielmehr, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Rheinland-Pfalz zurückgegangen ist. Waren es im Jahr 1998 noch 4.716 Abbrüche, so sind es im Jahr 2018 insgesamt 3.759 Abbrüche. Das sind fast 1.000 Abbrüche weniger.
Wichtig ist mir auch herauszustellen, im Vergleich der Bundesländer hat Rheinland-Pfalz nach Bayern und BadenWürttemberg die niedrigste Quote, was die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche pro lebend geborenem Kind
Nicht nur Schwangerenkonfliktberatungsstellen, sondern alle familienunterstützenden Maßnahmen von Familienbildungseinrichtungen bis hin zu Netzwerken nach dem Landeskinderschutzgesetz wirken präventiv weit über die reinen Informations- und Aufklärungsmaterialien hinaus und sind wesentlich effektiver.
Meine Damen und Herren, wichtig ist außerdem, sich immer wieder klarzumachen, Schutzauftrag und Beratung gehen nur mit der Frau, nicht gegen sie.
Alle Informations- und Aufklärungsmaßnahmen müssen in angemessener Weise mit professionellen Materialien erfolgen. Reißerische Embryo-Verteilaktionen, wie sie die Aktion Lebensrecht für Alle e. V. in Trier durchgeführt hat, verunsichern nur und schockieren die Frauen, die damit konfrontiert werden, die sich auf ihr Baby freuen oder im schlimmsten Fall ihr Baby gerade verloren haben. Wenn ich mir vorstelle, dass eine solche Aktion auf eine Frau nach einer Fehlgeburt trifft, und wenn man die Quote der Abgänge in den ersten zwölf Wochen kennt – das sind ganz schön viele, ich kenne allein in meinem Umfeld sehr viele Frauen, denen das passiert ist –, und wenn ich mir vorstelle, in einer solchen Situation einen Brief geschickt zu bekommen, aus dem ein Embryo herausfällt, dann ist das schlichtweg grausam.
Ich möchte ganz sicher nicht, dass so etwas mit Landesmitteln finanziert wird. Was wir brauchen, ist eine faktenbasierte und seriöse Information, die die Frauen ernst nimmt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet eine solche Information.
Die von der AfD in ihrem Gesetzentwurf geforderte Aufklärung und Information ist also bereits Alltag in RheinlandPfalz, und zwar ohne dabei Frauen zu bevormunden, zu ängstigen oder zu schockieren. Der Gesetzentwurf ist unnötig, und daher lehnt ihn die Landesregierung ab.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zunächst Gäste bei uns willkommen heißen. Ich begrüße Mitglieder des Schuljahrgangs 1941 aus Ingelheim, ver.di-Seniorinnen und Senioren und weitere Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 24, Trier/Schweich, und den Bürgerverein Wonnegau. Herzlich willkommen im Landtag!
Aufgrund der Redezeit der Landesregierung hätte jede Fraktion noch eine Minute Redezeit. Ich sehe allerdings keine Wortmeldungen. Somit kämen wir zur Entscheidung über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD. Ein Überweisungsantrag ist nicht gestellt.
Sie stellen also den Antrag auf Überweisung – ich nehme an, an den Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz – federführend – und an den Rechtsausschuss.
Wer stimmt diesem Überweisungsantrag zu? – Gegenstimmen? – Damit ist der Überweisungsantrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.