Protokoll der Sitzung vom 24.05.2018

Aber ich muss ganz ehrlich sagen, das Fastenverbot ist doch ein Eingriff: Wie wollen Sie den kontrollieren? Das haben wir natürlich auch einmal überlegt,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: In der Schule, Kollege!)

aber ich denke, wir sollten darüber im Ausschuss näher und deutlicher sprechen und die Dinge etwas genauer überprüfen, weil ich glaube, ein Fastenverbot ist so einfach nicht durchsetzbar. Wie wollen Sie es denn machen? Insofern finde ich es schon etwas seltsam, dass Sie das noch einmal ergänzen.

Es wäre doch viel einfacher gewesen, wir hätten das Kopftuchverbot gemeinsam beantragt, hier eingebracht und gemeinsam abgestimmt. Das ist doch das Ziel unseres Antrags. Das jetzt noch einmal um das Fastenverbot zu ergänzen, macht die Sache deutlich schwieriger.

Ich plädiere also dafür, wir bringen das Ganze im Ausschuss ein. Wir haben dazu bereits einen Berichtsantrag im Bildungsausschuss und im Integrationsausschuss vor mehreren Stunden eingebracht. Ich denke, da kann man dann in Ruhe darüber sprechen.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Zu einer Erwiderung auf die Kurzintervention erteile ich Herrn Abgeordneten Kessel von der Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrter Herr Junge, ich denke, was unseren Antrag von Ihrem Antrag unterscheidet, ist die Vorgehensweise und Zielrichtung. Ihre Zielrichtung ist, ein Verbot zu manifestieren, dies unter Strafe, oder ich weiß nicht, wie das Verbot auch umgesetzt werden soll. Unsere Zielrichtung ist es, mit den Eltern in der Schulgemeinschaft zu sprechen

(Abg. Michael Frisch, AfD: Und ein Verbot!)

und zu überzeugen, dass es nicht gut ist, dies zu tun und es damit zu erreichen, dass die Kinder nicht mehr Kopftücher tragen müssen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Das steht in enger Verbindung, und auch da bedarf es der Einsicht der Eltern, dass man die Kinder vom Fasten freistellt und es ihnen nicht aufbürdet, in dieser Zeit fasten zu müssen. Der Islam sieht ausdrücklich vor, dass Kinder von der Fastenpflicht ausgenommen sind.

Das unterscheidet unseren Antrag von Ihrem Antrag. Unser Antrag geht in die Richtung zu überzeugen, mit den Eltern zu reden und damit das Ziel zu erreichen.

(Beifall der CDU – Abg. Uwe Junge, AfD: Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!)

Nun darf ich für die Landesregierung Frau Staatsministerin Dr. Hubig das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. – Das sagt der französische Staatstheoretiker Montesquieu.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage ist: Was sollen wir regeln? Welche Fälle gibt es? Welche konkreten Fälle gibt es, in denen Mädchen mit dem Kopftuch in die Grundschule gehen und das schulische Verhältnis und die Schulgemeinschaft gestört ist? – Uns sind keine Fälle bekannt. Wir kennen keine Fälle, dass es vor Ort durch das Tragen von Kopftüchern gehäuft zu Problemen in den Grundschulen kommt.

Auch die Anträge der AfD und der CDU benennen keine konkreten Fälle. Genauso wenig konnten konkrete Fälle auf Anfragen der AfD genannt werden. Das Ganze sind Vermutungen und Unterstellungen. Die Anträge sind auch deshalb im Konjunktiv der AfD formuliert, weil es keine konkreten Fälle gibt.

Aber selbst wenn es solche Fälle geben würde und vielleicht den einen oder anderen Fall geben mag, von dem wir nichts wissen, dann erreicht der Antrag der AfD doch nur eines: Die Mädchen und auch die Jungen erleben den Staat gerade nicht als Schutzraum der eigenen Freiheit, in dem sie selbstbestimmt und im Kontext der Gesellschaft, in der sie leben, ein Verhältnis zur eigenen Religiosität entwickeln dürfen, das auch ein anderes als zu Hause sein kann.

Die Kinder würden stattdessen Verbote erleben, die überhaupt nicht nach eigenen Beweggründen fragen und keine Reflexion von Religiosität anstreben, auch der eigenen nicht. Die können Kinder in der 3. oder 4. Klasse durchaus haben.

Was soll eigentlich die Konsequenz eines solchen Verbots sein? Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Schulgemeinschaft komme in ein Spannungsfeld. Nicht die Schulgemeinschaft wird in ein Spannungsfeld kommen, sondern die Mädchen und Jungen, und zwar zwischen den Eltern oder der eigenen Religiosität und Überzeugung auf der einen Seite und dem Verbot, das natürlich dann auch in der Schule durchgesetzt werden muss, auf der anderen Seite.

Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Sollen die Mädchen in der Schule gezwungen werden, das Kopftuch abzunehmen? Sollen die Kinder zwangsweise ernährt werden? Sollen sie von der Schule ausgeschlossen werden, wenn sie das nicht tun? Soll so Integration klappen?

Genau das Gegenteil wird passieren, und zwar eine Ausgrenzung und Separation der Kinder in der Grundschule. Die Kinder können sich gerade nicht frei entfalten und unbeschwert und unbesorgt in die Schule gehen. Sie werden Angst haben und nicht lernen, was Freiheit und gegenseitiger Respekt bedeutet, auch wenn man unterschiedlich ist.

Die Haltung, das Teilen von Werten und die Integration lassen sich nicht verordnen. Haltung und Wertung zu vermitteln – darum geht es in der Schule. Das geht nur miteinander, nicht übereinander und schon gar nicht gegeneinander oder gar mit Zwang.

Deshalb gehen wir in Rheinland-Pfalz einen anderen Weg. Die Schulen suchen den Dialog. Die Lehrerinnen und Lehrer sprechen mit den Eltern. Sie suchen ernsthaft nach gemeinsamen Lösungen, und sie machen auf die Gefahren aufmerksam, die frühes Fasten bedeuten würden. Das gelingt auch. Wir unterstützen die Schulen dabei.

Übrigens unterstützen wir sie mit einer Handlungsempfehlung, einem Leitfaden, dabei, in dem ganz deutlich steht, dass Kinder vor der Pubertät nicht zum Fasten nach dem Koran verpflichtet sind, sondern erst mit dem Eintreten der Pubertät. Das haben die Lehrer. Sie haben Orientierung, Information und Empfehlungen.

Schließlich – das ist auch nicht ganz unwichtig – muss ein Gesetz auch unserer Verfassung gerecht werden. Es muss verfassungsgemäß sein. Das wird bei einem solchen Gesetz nicht gelingen. Das Grundrecht der Religionsfreiheit ist ein hohes Gut. Die allgemeine Handlungsfreiheit, die in Artikel 2 unseres Grundgesetzes festgelegt wird, ist es auch. Beides steht auch Kindern zu.

Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht immer ganz klar entschieden, unter welchen sehr engen Voraussetzungen es überhaupt eingeschränkt werden kann. An diesem Grundgesetz, einer Verfassung, auf die wir stolz sein können, würde ein solches Verbot definitiv nicht vorbeikommen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir nicht mehr vor. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist Ausschussüberweisung beantragt. Wer der Überweisung der Anträge an den Ausschuss für Bildung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Die Ausschussüberweisung ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/6253 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD

abgelehnt.

Wer dem Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6297 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Der Alternativantrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Schafhaltung mit Naturschutzweidetierprämie unterstützen Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/6244 –

dazu: Mehr Schutz für alle Weidetiere Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/6314 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. Ich darf zunächst der antragstellenden Fraktion das Wort zur Begründung des Antrags erteilen.

Herr Steinbach, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Wir beraten über den Antrag „Schafhaltung mit Naturschutzweidetierprämie unterstützen“. Ausschlaggebend dafür ist, dass sich der Bundesverband der Berufsschäfer im April dieses Jahres mit einer Petition an die Länderparlamente in Deutschland gewandt hat, um auf die schwierige wirtschaftliche Situation ihres Berufsstandes aufmerksam zu machen, die immer mehr Schäferinnen und Schäfer zur Betriebsaufgabe zwingt. Die Gründe liegen hier vor allem in den rückläufigen Preisen für Wolle und Fleisch.

Die Schäferei ist einer der letzten weitestgehend artgerechten Nutztierhaltungen in Deutschland. Auf den Sommerweiden leisten die Schäferinnen und Schäfer durch die Pflege selten gewordener Biotope einen unschätzbaren Wert für die Biodiversität. Die Beweidung auch zum Beispiel von Deichen ist eine schonende und naturnahe Form des Hochwasserschutzes.

Die Schäferei ist einer der ältesten und traditionsreichsten Berufe, die es noch gibt, und trotzdem eine hochaktuelle Form der Landwirtschaft, der es gelingt, Tierwohl, Naturschutz und die landwirtschaftliche Produktion weitestgehend miteinander zu verbinden.

Um die Schäferinnen und Schäfer zu unterstützen, hat Rheinland-Pfalz in der laufenden Förderperiode bereits auf Bundes- und Landesebene sehr viele Maßnahmen zu deren Unterstützung umgesetzt. Ich erwähne nur beispielhaft die Möglichkeit, dass auch auf Flächen mit Zwischenfrüchten, die als ökologische Vorrangflächen angemeldet

werden, die Beweidung zulässig ist. Ferner darf der Aufwuchs von ökologischen Vorrangflächen und angemeldeten Brachflächen ab dem 1. August eines Jahres beweidet werden.

Diese und viele andere Verbesserungen, wie zum Beispiel auch die in dieser Förderperiode umgesetzte Unterstützung der extensiven Tierhalter, sprich Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhaltung, in der zweiten Säule der GAP im Entwicklungsprogramm EULLE durch eine Anhebung der Prämie für eine umweltschonende Bewirtschaftung im Grünland von 85 Euro auf 110 Euro, seien ebenso wie viele weitere Maßnahmen stellvertretend genannt.

Ich möchte aber trotzdem insbesondere auf die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie der neuen Landesregierung und des neuen landesweiten Programms „Aktion Grün“ hinweisen. Auch hier wurden positive Anreize zur Kooperation von Naturschutz und Landwirtschaft über den Vertragsnaturschutz geschaffen.

Ein Instrument ist zum Beispiel der „Partnerbetrieb Naturschutz“. Im Mittelpunkt stehen biodiversitätserhaltende Produktionsformen, zum Beispiel der Grünlanderhalt, die Beweidung sowie die traditionelle Form der Landnutzung durch Wanderschafe oder aber auch Streuobstwiesen.

Ja, die Schäferei hat dadurch viele direkte und indirekte Hilfestellungen erfahren. Aber sie steht natürlich immer wieder, auch insbesondere durch die angesprochenen Marktherausforderungen, vor besonderen Hürden. Nicht zuletzt ist die vielbesagte Rückkehr des Wolfes eine weitere Herausforderung. Deshalb ist in unserem Land der Wolfsmanagementplan durch das Umweltministerium gemeinsam mit den Naturschutzverbänden, der Landwirtschaftskammer, dem Landesverband der Schaf- und Ziegenhalter, aber auch den Jagdverbänden, dem Landesjagdverband sehr tragfähig und pragmatisch umgesetzt worden.