Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Aber in Ihrem Maßnahmenkatalog, den Sie vorgeschlagen haben, – diese acht oder neun Punkte –, hatten Sie unter anderem eine Tiefenschärfe, dass Sie fast den Verbandsgemeinden, die dafür zuständig sind, schon die Seriennummer des anzuschaffenden Feuerwehrwagens definieren wollten. In diesem Maßnahmenkatalog hat aber das Thema Klimaschutz gar keine Rolle gespielt – ein leichter Widerspruch.

(Beifall bei der SPD – Abg. Martin Haller, SPD: So ist es!)

Wer sagt, das Thema ist wichtig, aber in seinen eigenen Vorschlägen das Thema völlig negiert, der muss sich fragen lassen: Hat er es entweder vergessen, oder ist es dann doch nicht so wichtig? – Ich glaube, die Meinung kann sich jeder bilden. Meine Damen und Herren, ich persönlich habe eine Meinung dazu.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Andreas Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Darum ist es gut, dass wir auf dem Weg der Hochwasserschutzprävention fortgehen und weitergehen. Es ist gut, dass wir unmittelbar den betroffenen Menschen in

den Regionen helfen. Es ist gut, dass wir das mit den Kommunen gemeinsam entwickeln. Es ist gut, dass wir unseren Teil dazu beitragen, dass wir in Rheinland-Pfalz, die wir besonders betroffen sind, auch durch die Topografie am Oberrhein, unserer besonderen Verantwortung gerecht werden, indem wir Klimaschutzpolitik konkret in einer Graswurzelbewegung, in einer Bürgerbewegung, ins Land bringen.

Genau das ist der richtige Strauß an Maßnahmen, den wir brauchen. Meine Damen und Herren, deshalb ist es eine gute Gelegenheit, dass wir die Erklärung der Ministerpräsidentin nutzen, um den vielen Menschen zu danken, die sich engagiert haben, die helfen, die anpacken, die sich unterhaken, den vielen, die sagen, was in Zukunft kommt, und den vielen, die in der politischen Verantwortung vor Ort in der Kommune sind und sagen, gut, dass es die Hochwasserschutzkonzepte mit der Unterstützung der Landesregierung gibt. Wenn aus den 400 ungerade noch ein paar mehr werden, am besten auch flächendeckend in ganz Rheinland-Pfalz, und diese Debatte dazu beigetragen hat, dann ist es ebenfalls gut.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltend Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Junge das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Wochen sind die Bürger in Rheinland-Pfalz, aber auch in den Nachbarländern und in ganz Deutschland durch heftige Unwetter mit Starkregen und den dadurch verursachten Überschwemmungen geschädigt worden. Getroffen wurden nicht nur abgelegene Orte, zum Beispiel in der Eifel oder im Hunsrück, sondern auch Stadtteile in Ballungsgebieten.

Die Starkregen kamen plötzlich und meist nur mit kurzer Vorwarnung. Die Schäden sind offensichtlich, aber noch nicht in Geld wirklich konkret bezifferbar.

Die Feuerwehr und das THW, die Mitarbeiter der Kommunen, die Ehrenamtler – alle schon angesprochen –, auch die Kameraden der Bundeswehr und die Polizei haben an vielen Orten Tag und Nacht gegen die Fluten gekämpft und versucht, das Schlimmste zu verhindern.

Meine Damen und Herren, die AfD-Fraktion möchte allen Einsatzkräften für ihren aufopferungsvollen Dienst zum Schutz der Menschen und ihres Eigentums ganz herzlich danken.

(Beifall der AfD)

Wir gedenken an dieser Stelle auch, Frau Ministerpräsidentin hat das schon getan, dem Todesopfer in dieser Unwettersituation.

Die Landesregierung hat – Achtung, nicht erschrecken, jetzt kommt ein Lob – zügig reagiert und will unbürokratisch helfen, insbesondere durch Finanzhilfen für Härtefälle, in denen die Menschen ihr Hab und Gut verloren haben und jedenfalls vorübergehend keine Wohnung mehr haben.

Die Ministerpräsidentin und der Innenminister haben dieses Nothilfeprogramm vorgestellt, mit dem den Geschädigten geholfen werden soll, und erste Maßnahmen zur Vorsorge getroffen. Die AfD begrüßt ausdrücklich die beschlossenen Nothilfen und geht davon aus, dass diese tatsächlich schnell und unbürokratisch geleistet werden.

Die Unwetter und den Unmut oder die Unkenrufe von Herrn Baldauf verstehe ich; dennoch sollten wir durchaus der Regierung und den Kommunen vor Ort die Chance geben, ihr Versprechen auch einzuhalten.

Wir haben allerdings Bedenken, ob der vorgesehene Rahmen von 3,5 Millionen Euro ausreichen wird. Die Finanzhilfen des Landes werden gemäß der Verwaltungsvorschrift – ich zitiere – „zur Gewährung von Finanzhilfen bei Elementarschäden“ vom Dezember 2017 von der Landesregierung gewährt.

Ein Blick in diese Vorschrift zeigt jedoch, dass diese sehr restriktiv ist. Sie gilt für außergewöhnliche Schadensereignisse von überörtlicher Bedeutung. Das ist sehr dehnbar und wird der aktuellen Sachlage aus unserer Sicht nicht zweifelsfrei gerecht. Es leuchtet ein, dass zum Beispiel ein Dorf mit einigen schwer Geschädigten keine Hilfe erhält, weil das oder dies gegebenenfalls keine überörtliche Bedeutung haben könnte. Wir bitten um großzügige Bewertung im Sinne der Betroffenen.

Die AfD befürwortet eine unverzügliche Überarbeitung dieser Verwaltungsvorschrift, um sie für die geschädigten Bürger und Kommunen verständlicher zu machen. Ein Beispiel für die Unverständlichkeit: Zu Anfang der Richtlinien werden drei Artikel des Haushaltsrechts genannt, die dem normalen Bürger nicht bekannt sind.

Daneben wird die Gewährung von Beihilfen von der Einhaltung komplexer Vorgaben der Europäischen Union abhängig gemacht. Wer kennt schon den Text oder die Bedeutung des Artikels 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union? Eine für den unter besonderem psychischen Druck stehenden und Hilfe suchenden Normalbürger verständliche Fassung dieser Verwaltungsvorschrift würde die Beantragung deutlich erleichtern.

Darüber hinaus müsste nach erster Einschätzung der AfDFraktion schon heute der finanzielle Rahmen zumindest angepasst, aber flexibel gehandhabt werden. Nicht nur aus den betroffenen Orten, sondern auch aus der Landwirtschaft wird von schlimmen Schäden berichtet. Feldfrüchte wurden vernichtet, ganze Felder durch Erosion über Jahre hinaus beschädigt und Drainagegräben durch Verschlammungen blockiert. Darüber hinaus wurden Tierhaltungen geschädigt und Gebäude unbrauchbar gemacht.

Die FDP-Fraktion hatte im Landwirtschaftsausschuss das Thema Extremwetterereignisse bereits auf die Tagesordnung im Mai gesetzt. Diese Initiative wird von der AfD

befürwortet.

Zu beachten ist, dass es für die Rahmenrichtlinie zur „Bewältigung von Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verursacht durch Naturkatastrophen oder widrige Witterungsverhältnisse“ eine weitere nationale Rahmenrichtlinie gibt, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erlassen wurde und aus Agrarmitteln finanziert wird. Landespolitisch hätten die geschädigten Landwirte also Zugriff auf zwei unterschiedliche Hilfsprogramme. Da wird doch auch mit Frau Klöckner zu reden sein.

Die besondere Bedeutung ist aber auch, dass die Starkregen die Anlagen zur Regulierung der Gewässer und zur Ableitung der Abwässer geschädigt haben. Die Wasserwirtschaftsverwaltung hat gerade in diesem Jahr erhebliche Schäden an solchen Anlagen gemeldet. Die Reparatur dieser Schäden sollte auch bei der Planung für die finanziellen Folgen der Starkregen berücksichtigt werden.

Die AfD-Fraktion würde es begrüßen, wenn über die unterschiedlichen Schäden und verschiedenen Hilfsprogramme weiterhin in den Ausschüssen für Umwelt, für Landwirtschaft sowie im Innen- und im Finanzausschuss kontinuierlich berichtet werden würde, damit für die Betroffenen, aber auch für uns als Parlamentarier nicht der Eindruck entsteht, die Angelegenheit sei nach der heutigen Debatte irgendwie politisch abgeschlossen.

Die harten Unwetter und ihre Folgen sollten noch Anlass sein, die Sicherheit der Stromversorgung insgesamt zu überdenken. Kollegen, denken wir noch einen Moment darüber nach, was passiert, wenn über einen längeren Zeitraum das Netz ausfällt: genau, es passiert nichts mehr.

Viele von uns erinnern sich noch gut an die Zeit vor 1989, als wir im Rahmen des Katastrophenschutzes und zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft überlebenswichtige Anlagen und eine Vielzahl an mobilen Notstromaggregaten vorgehalten und permanent gewartet haben. Ja, das war teuer, und es war ganz sicher anstrengend. Aber die Pflicht zur Vorhaltung solcher Aggregate muss deutlich ausgebaut werden.

Darüber hinaus müssen die Feuerwehren zur Erhaltung der eigenen Einsatzbereitschaft und zur Notversorgung von wichtigen Einrichtungen vor Ort ausreichend mobile Stromerzeugeraggregate erhalten. Die allermeisten werden im Übrigen – sage ich einmal so süffisant – mit zuverlässigen und sparsamen Dieselmotoren betrieben.

Die Landesregierung hält auch nach den jüngsten Schadensereignissen Vorsorgekonzepte der Kommunen für erforderlich. Diese werden aus Landesmitteln finanziell gefördert. Die AfD-Fraktion schließt sich dieser Vorsorgepolitik ausdrücklich an. Sie begrüßt, dass es hierfür einen sehr nützlichen Leitfaden mit dem Titel „Starkregen. Was können Kommunen tun?“ gibt, der von den Umweltministerien unseres Landes und von Baden-Württemberg getragen wird.

Angesichts der Tatsache, dass Starkregen jede Gemeinde treffen kann und die Vorwarnzeiten extrem kurz sind, sollten alle Gemeinden solche Vorsorgekonzepte entwickeln und diese von den Aufsichtsbehörden regelmäßig über

prüft werden. Frau Ministerpräsidentin, das haben Sie in Ihrer Regierungserklärung auch betont.

Wir würden eine Erhöhung der Zuschussmittel für die Erstellung solcher Konzepte sehr begrüßen. Es gibt in Rheinland-Pfalz auch eine ganze Reihe von heimischen Ingenieurfirmen, die dafür gut qualifiziert sind und unterstützen können.

Die wesentlichen Elemente solcher Hochwasserkonzepte sind Überprüfung der Bebauungspläne, Verbesserung der Wasserrückhaltung durch technische Maßnahmen, Förderung des natürlichen Wasserrückhalts durch landwirtschaftliche Verfahren und durch Anlage von Retentionsräumen, Freilegung und Erweiterung der Abflüsse, Schutzbauten gegen Überschwemmungen, anlagenbezogene Maßnahmen zum Hochwasserschutz an Häusern und Gewerbegebieten, Sicherung der Versorgung mit Strom und Wasser usw.

Die Verstärkung und Verbesserung der Ausbildung und Ausstattung der örtlichen Feuerwehren möchte ich ganz besonders betonen, weil das morgen noch einmal Thema im Plenum sein wird. Meine Damen und Herren, das sind die Männer und Frauen, die als Erste am Geschehen und am Ort sind. Sie müssen immer besser ausgestattet und ausgebildet werden.

(Beifall der AfD)

An der Stelle möchte ich durchaus an den, wie ich fand, alarmierenden Vortrag der Freiwilligen Feuerwehr nach der letzten Innenausschusssitzung zum Thema Katastrophenschutzschule in Koblenz erinnern, die bald nach Ihrer Auffassung die Arbeit aufgeben muss. Wer nicht genug ausgebildet und wer nicht gut ausgebildet ist, kann in krisenhaften Lagen auch nicht sachgerecht und gut helfen. Das ist für unsere ehrenamtlichen Feuerwehrleute eine Bringschuld des Landes – nicht umgekehrt. Das Land darf es aber nicht bei der Finanzierungshilfe belassen, sondern muss die Erarbeitung von Vorsorgekonzepten administrativ fordernd durchsetzen.

Für die Kommunen ist das Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge eine durchaus geeignete erste Anlaufstelle. Viele der durch Starkregen verursachten Schäden sind versichert. Alle Vorredner haben dieses Problem bereits angesprochen. Ich möchte es auch tun. Diese Schäden sind versichert oder eben nicht versichert und können deshalb nach Maßgabe der Verträge weitgehend ausgeglichen werden, aber nur weitgehend.

Allerdings ist auch festzustellen, dass Starkregen und die dadurch verursachten Überschwemmungen als Elementarschäden eingestuft werden, für die oft keine Versicherung vorliegt und für gewisse hochwassergefährdete Regionen auch gar nicht angeboten werden.

Nach den Unwetterschäden in 2016 hatte die AfD die Einführung einer Pflicht zur Elementarschadenversicherung gefordert. Eine Initiative der Landesregierung im Jahr 2016 hat zu einer Beratung in der Justizministerkonferenz geführt. Im Jahr 2017 hatte die Konferenz allerdings verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung einer solchen Pflicht geltend gemacht, ohne allerdings die Art

der Bedenken und die relevanten Artikel des Grundgesetzes zu benennen.

Die AfD-Fraktion bittet daher Herrn Staatsminister Mertin, der im Jahr 2017 im Übrigen den Vorsitz der Justizministerkonferenz innehatte, die Bedenken zu erläutern und einen gangbaren Weg aus diesem Dilemma aufzuzeigen.

Die Versicherungswirtschaft bietet Elementarschadenversicherungen durchaus an, in Risikofällen allerdings zu exorbitant hohen Kosten.

Die Grundlagen für die Einführung einer Elementarversicherung hat die Versicherungswirtschaft mit einem Zonierungssystem mit vier Gewässern und Gefährdungsklassen gelegt, um das Risiko für die jeweilige Region besser einschätzen zu können. In der Fachwelt ist dieses Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen unter dem Kürzel „ZÜRS Geo“ bekannt. An dieser Stelle frage ich die Landesregierung, ob sie die Pflicht zur Elementarversicherung einführen will und ob die hohen Prämien gegebenenfalls durch Zuschüsse des Landes gemildert werden sollen.

Meine Damen und Herren, ein Rückblick auf die Wetteraufzeichnungen der letzten 60 Jahre zeigt, dass es immer wieder Starkregen gegeben hat, und dass das Auftreten nicht vorhersehbar und vermutlich auch zukünftig nicht vorhersehbar sein wird. Durch technische Entwicklungen ist es allerdings gelungen, die Vorwarnzeiten etwas zu verlängern und die Warnungen über moderne Kommunikationssysteme schnell zu verbreiten. Diese Entwicklungen sind dankenswerterweise durch den Deutschen Wetterdienst und das Landesamt für Umwelt vorangetrieben worden.

Es bleibt daher bei der Notwendigkeit, dass die Gemeinden und Unternehmen sich flächendeckend auf solche Ereignisse vorbereiten und die Pflicht zur Elementarschadenversicherung durchgesetzt wird.

Entscheidend ist auch ein weiterer Ausbau der Kapazitäten der Feuerwehr, die leider schon jetzt ihre personelle und materielle Einsatzbereitschaft nur mit größter Mühe aufrechterhalten kann. Die Feuerwehren haben gerade bei Unwettern mit kurzen Vorwarnzeiten den Vorteil der genauen Kenntnisse der Einsatzorte und der örtlichen Gegebenheiten. Sie sind die wichtigsten Träger der Soforthilfe.

Meine Damen und Herren, sie müssen natürlich auch bei der Erstellung der dringend notwendigen Starkregenvorsorgekonzepte beteiligt werden. Sie haben Fachkenntnisse, die sich über Jahre angehäuft haben.