Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Dass ausgerechnet ein schwerfälliges und teures System mit Bestandsgarantie jetzt zu Google aufholen soll, ist schwer vorstellbar. 9 Milliarden Euro – wenn wir den Industrie- und Medienstandort Deutschland zukunftsfähig ausbauen sollen, dann müssen jetzt Maßnahmen getroffen werden. Das sind ganz andere.

Wir brauchen ein Sonderprogramm für schnelles Internet, das mehr als die bereits überholten 50 bis 100 Mbit/s schnell realisiert.

(Beifall der AfD)

In unserem Land gibt es aktuell viel zu wenig Landstriche mit Glasfaserversorgung. Außerdem muss das Geld in die Erforschung der nächsten großen Zukunftstechnologie fließen – diese müssen wir fördern –, der künstlichen Intelligenz. Auf diesem Gebiet droht uns nämlich Google, bereits ein zweites Mal einzuholen und abzuhängen.

9 Milliarden Euro – darum geht es. Aller Hysterie zum Trotz: Wir müssen uns doch nur von Programmballast trennen. Die Lösung ist ein schlankes Heimatfernsehen, ein Schaufenster der Regionen. Wie kommen wir dahin?

Erstens, Ausstieg aus dem GEZ-Zwangssystem, das bei weiteren Beitragserhöhungen ohnehin an Akzeptanz verlieren wird. Es erfordert schon heute einen gigantischen Verwaltungsaufwand.

Zweitens, Grundversorgung statt Senderdschungel. Das Programmangebot soll sich auf Regionales, Kultur und Politik konzentrieren. Weder müssen Studios in den Regionen geschlossen werden noch verschwinden Fernsehspiele; denn Regionales, Unterhaltung mit Anspruch, guter Journalismus und Dokumentationen stehen endlich im Zentrum. Dafür sind in Zeiten der Medienkonvergenz keine 9 Milliarden Euro möglich.

Drittens, mehr Demokratie wagen, Staats- und Politikferne durch Strukturreformen endlich verwirklichen, indem man Formen der Zuschauermitbestimmung etabliert. Die in den Staatsverträgen vorgesehenen Kündigungsfristen von zwei Jahren lassen ausreichend Zeit für einen ernsthaften und rückhaltlosen Diskurs. Die grauen Eminenzen dürfen ihn nicht länger verschleppen.

Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. Ich beantrage gleichzeitig die Überweisung an den Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schäffner von der SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf sechs Seiten trägt die AfD in ihrem Antrag zusammen, was sie schon immer einmal über den – ich will es einmal ganz vorsichtig formulieren – von ihr nicht wirklich geliebten öffentlich-rechtlichen Rundfunk sagen wollte.

Bei Herrn Paul kann man heute durchaus nach seiner Rede von einer Ideologie sprechen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um aber eines vorwegzunehmen: Falsches wird nicht richtiger, nur weil man es andauernd wiederholt, und aus Behauptungen werden noch lange keine Fakten, nur weil man sie ständig wiederbringt.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ halten wir für richtig und notwendig. Hier spielt auch das Thema „Beitragsstabilität“ eine Rolle.

Wir sind daher froh, dass die Federführung dazu bei der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei liegt, und unterstützen diesen Prozess ausdrücklich. Uns ist dabei aber ein Konsens wichtig, der auf die Zukunft gerichtet ist. Die Möglichkeiten der positiven Entwicklung des bewährten und ob seiner Qualität der Inhalte geschätzten öffentlichrechtlichen Rundfunks halten wir dabei für sehr wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einige Punkte ganz konkret ansprechen. Beginnen wir einmal am Ende des Antrags, also an dem Punkt, an dem eigentlich das Alternativkonzept stehen sollte. Schließlich wird das Aufkündigen sämtlicher Medienstaatsverträge gefordert.

Aber weit gefehlt. Wenn es konkret wird, ändert sich die Ausdrucksweise schlagartig. Es wird davon gesprochen, wie das Ergebnis einer Neuausrichtung aussehen könnte. Es werden nur Wesensmerkmale des schlanken Heimatfernsehens angedeutet, mehr nicht. Noch wichtiger: Es geht um das liebe Geld. – Es wird auf die Finanzierung einfach nicht eingegangen. Sie schließen lediglich die kommerzielle Werbung aus.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Billiger wird es auf jeden Fall!)

Außerdem fordern Sie, Staatsferne und Politikferne durch Strukturreformen endlich zu verwirklichen. Ich weiß wirklich nicht, was man dazu noch sagen soll. In Deutschland gibt es höchstrichterliche Urteile zur Ausgestaltung der Politikferne beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Diese wurden staatsvertraglich umgesetzt und werden eingehalten. Wenn man damit ein Problem hat, dann muss man

wohl auch einmal seine persönliche Haltung zur Rechtsprechung in unserem Land hinterfragen.

Es bleibt festzuhalten: Sie geben keine Antworten darauf, wie es denn in Zukunft aussehen soll. Sie machen nur vage Andeutungen und benennen das, was nicht mehr gehen soll. So sieht keine seriöse Alternative aus.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch einmal etwas Alltagsempirie wagen. Wenn in diesem Antrag zum Ausdruck gebracht wird, dass es für Bürger nicht nachvollziehbar sei, worin sich der öffentlichrechtliche Rundfunk und private Sender im Programm unterscheiden, dann wundert mich das durchaus.

Nach meiner Wahrnehmung finden Sie im privaten Rundfunk kaum Sendungen, die sich dazu eignen, einen gemütlichen Samstagabend mit der ganzen Familie vor dem Fernseher zu verbringen. Ein anderes Beispiel: Auch wenn ich eine persönliche Meinung zur Fülle der angebotenen Polittalk-Formate bei den Öffentlich-Rechtlichen habe, finde ich diese auch kaum bei den Privaten. Wie sieht es denn mit deutschen Filmen und Produktionen aus? Ich sehe diese hauptsächlich bei der ARD, dem ZDF und den Dritten.

In diesem Zusammenhang muss auch die Frage nach der Wertschöpfung und den Arbeitsplätzen gestattet sein. Sie sprechen in diesem Zusammenhang auch die Kosten zur Erreichung eines Prozentpunktes Marktanteil an. ProSieben, SAT.1 und RTL würden das günstiger als ARD und ZDF erreichen. Dabei bringen Sie diesen Gedanken aber nicht zu Ende. Oder ist es etwa Ihr Ziel, dass wir noch mehr Fiktion und Comedy im Fernsehen zu sehen bekommen?

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Ganz nebenbei bemerkt: Natürlich werden diese zum Großteil im Ausland produziert, ohne dass die ansässige Branche davon profitiert. Gerade in Rheinland-Pfalz verfügen wir über eine ausgeprägte Medienvielfalt. Maßgeblichen Anteil daran hat das duale System aus privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk. Laut Statistischem Landesamt sind heute in Rheinland-Pfalz fast 30.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Medienbranche tätig. Wer verantwortungsvolle Politik machen will, der muss auch diese Menschen im Blick haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es ist deutlich geworden, wie die Koalitionsfraktionen mit dem vorliegenden Antrag umgehen werden.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Zu einer Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Paul das Wort.

Liebe Kollegen, sehr verehrtes Präsidium! Ich bin schon etwas fassungslos, dass die Forderung für eine Strukturreform als Ideologie abgetan wird. Ich erlebe es doch im Medienausschuss, dass dort eigentlich kein offener Diskurs und noch nicht einmal der Gedanke an eine Strukturreform verschwendet wird, sondern alles beherrschend ist das Weiter so, Weiter so, Weiter so. Selbst der Antrag auf Besprechung von Forderungen nach einer Strukturkommission wird abgetan. Das ist eine Forderung, die von einer Frau von RTL kommt. Was soll das?

Sie sehen das doch bei allen europäischen Nachbarn. Sie sehen doch in der Schweiz die Diskussion um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dort noch eine ganz andere Rolle hat. Wir sehen die Diskussion in Frankreich. Wir sehen die Diskussion in Dänemark, minus 20 %. Ein Haircut hat die Regierung dem Staatsfunk dort verordnet und hat auch die Finanzierung umgestellt. Diese Debatten finden überall statt, nur nicht im Medienausschuss und nur nicht in den Öffentlich-Rechtlichen selbst und vor allen Dingen nicht in den Gremien der Altparteien. Da muss man doch fragen: Warum?

(Beifall der AfD – Zurufe aus dem Hause – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich glaube, der Ausschuss braucht einen anderen Vorsitzenden! Wir nehmen Ihren Rücktritt zur Kenntnis! – Zurufe von der AfD)

Die Diskussion führen wir nicht hier. Herr Kollege Schäffner hat die Möglichkeit zur Erwiderung.

Herr Ausschussvorsitzender Paul, das Thema Ideologie bezieht sich auf Ihr Verhältnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Beifall der SPD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Das Thema Ideologie bezieht sich insbesondere auf Ihr stetiges Verhältnis zu „funk“. Ich erinnere mich an die Ausschusssitzung, als der Programmgeschäftsführer bei uns im Ausschuss war und Sie danach gefragt haben, ob denn genug junge Menschen mit einem rechten Lebensbild dort vorkämen. Ich habe das Zitat nur noch im Hinterkopf. Es war inhaltlich so richtig. In dieser Hinsicht ist das eine Ideologie, die Sie mit den Öffentlich-Rechtlichen und insbesondere mit „funk“ verbinden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Weiland das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich in aller Ruhe den Antrag der AfD anschaut, dann stellt man zunächst einmal fest, dass auf Seite 1 die Abschaffung von ARD, ZDF und Deutschlandfunk gefordert wird, und zwar so schnell wie möglich, und darin eingeschlossen die Abschaffung des Südwestrundfunks. Das steht auf Seite 1. Auf Seite 4 des Antrages steht dann – ich zitiere –: „Ziel des vorliegenden Antrages ist nicht die sofortige Abschaffung des derzeitigen öffentlichrechtlichen Rundfunksystems“. Ja, was denn sonst?

(Abg. Joachim Paul, AfD: Im Grundgesetz steht doch nicht ARD und ZDF!)

Das ist typisch AfD, zunächst einmal brutalstmöglich draufhauen und sich dann durch das Hintertürchen wieder aus dem Staub machen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So erleben wir das bei Ihren Diskussionen ständig, vom „Vogelschiss“ über alle möglichen anderen Provokationen, die Sie bringen. Sie halten das vielleicht für eine raffinierte Taktik. Ich sage, das ist unredlich und feige. Bekennen Sie sich zu dem, was sie wollen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der nächste Blick auf diesen Antrag zeigt, nachdem der öffentliche Rundfunk abgeschafft ist, soll ein Heimatfernsehen eingeführt werden.

(Zuruf von der SPD: Heidi!)