Protokoll der Sitzung vom 20.09.2018

Gibt es hierzu Wortmeldungen? – Herr Abgeordneter Schweitzer für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir könnten jetzt behaupten, gestern war die Generalprobe, jetzt kommt die Hauptaufführung der Debatte über das Thema „Kerosinablass“. Tatsächlich ist mir aber auch über Nacht nicht eingefallen, was ich über das, was ich gestern gesagt habe, hinausgehend noch sagen könnte.

(Heiterkeit des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

Das hält mich allerdings nicht davon ab, von meinem Rederecht Gebrauch zu machen, bevor eine solche Hoffnung in der CDU aufkommt, meine Damen und Herren.

Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, der noch einmal deutlich macht, wo unsere Position liegt, und die Forderungen noch einmal zusammenfasst. Wir haben einen Antrag vorgelegt, der auf die bisherigen Initiativen der Landesregierung hinweist und deutlich macht, dass insbesondere die Bundesratsinitiative unsere Zustimmung erfährt, und der in den inhaltlichen Aussagen klarmacht, es geht zunächst einmal um Transparenz, Information und Aufklärung.

Dazu gehört, wir müssen wissen, was wo passiert, und wir müssen über das Gutachten, das uns im Herbst erreichen wird, hinaus stärker in die Messungen gehen. Darum hier ein klares Bekenntnis: Wir werden am Ende des Tages ohne Messungen in der Region Pfalz – dazu gehören aber nach Definition der Luftverkehrswirtschaft nicht nur die Pfalz, sondern auch der Pfälzerwald und darüber hinausgehende Gebiete – nicht auskommen können.

Ich habe unlängst mit Anke Rehlinger, unserer saarländischen Freundin und stellvertretenden Ministerpräsidentin, darüber gesprochen. Sie sagt, auch bei ihnen sei das ein Thema. Wir wissen, dass das in der Eifel und im Hunsrück ebenfalls ein Thema ist. Ich glaube, wir haben noch nicht intensiv genug mit den Nachbarn über die Grenze des Rheins nach Baden-Württemberg gesprochen. Ich würde sagen, auch dort wird das ein Thema sein und auch sicherlich im Bereich des Elsass.

Deshalb brauchen wir Messungen. Die werden und müssen nach dem Herbstgutachten kommen. Ich sage ganz deutlich, sie müssen in der Verantwortung des Bundes kommen, aber bevor wir hier einen Streit entfachen, der aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn macht, sage ich auch ganz deutlich, immer in Kooperation mit den Landesmesseinrichtungen. Wir müssen gemeinsam vorgehen. Anders wird es nicht möglich sein.

Wir haben uns gestern angehört, dass sich ein Redner, der heute gar nicht anwesend ist, dafür hat abfeiern lassen, dass es jetzt eine Information auf einer Homepage erst der Deutschen Flugsicherung und dann des LuftfahrtBundesamts – ich glaube, so ist es richtig – gibt.

(Vizepräsident Hans-Josef Bracht übernimmt den Vorsitz)

Letztendlich ist das eine gute Gelegenheit, das noch einmal aufzugreifen, weil der Erfolg, über den ich mich eigentlich gerne gefreut hätte, da ich mit dazu beigetragen habe, dass diese Information kommt, ist allenfalls ein halber Erfolg, wenn wir jetzt hören, dass die unmittelbare, die zeitnahe Veröffentlichung der Daten letztendlich innerhalb einer Frist von bis zu 72 Stunden erfolgen soll. Das ist nicht mehr unmittelbar und zeitnah. Das sind bis zu drei Tage. Da habe ich sehr oft den Eindruck, dass das gar nichts hilft.

Wenn Bürgerinnen und Bürger, die aufmerksam sind, das schon eher mitbekommen, als das auf der Homepage der zuständigen Stelle veröffentlicht wird, dann haben wir nicht das erreicht, was wir erreichen wollten, nämlich Transparenz, Information und dadurch auch Vertrauen. Genau darum sage ich, da muss Herr Scheuer noch einmal ran.

Nachdem Herr Baldauf schon so viele Briefe an ihn geschrieben hat, soll er nächste Woche doch noch einmal einen schreiben. Ich unterstütze ihn gerne dabei. Nicht beim Schreiben, sondern dabei, das Anliegen auf den Weg zu bringen, indem er sagt: Also so haben wir nicht gewettet, lieber Herr Bundesverkehrsminister. Unmittelbar und zeitnah heißt, innerhalb von wenigen Stunden. – Mir soll keiner erklären, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in der Verantwortung stehen, Tag und Nacht den Luftraum über Deutschland zu kontrollieren und im engen Dialog mit dem Cockpit stehen, nicht innerhalb von wenigen Stunden die Information, wann hat wer in welchem Korridor abgelassen, veröffentlichen können. Das ist nicht mehr nachvollziehbar, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer jetzt sieht, wie viele Menschen bei diesem Thema unterwegs sind und wie viel Besorgnis in Rheinland-Pfalz unterwegs ist, der muss doch gerade in diesen Tagen alles, was er kann, dazu beitragen, damit Vertrauen nicht zerstört wird. Die drei Tage halte ich wirklich für problematisch. Sie sind nicht hilfreich. Darum ist das kein Erfolg, sondern allenfalls ein halber Erfolg. Der Weg und die Richtung stimmen, aber es muss noch ein bisschen weiter gehen.

Das ist das, was mir in der ersten Runde wichtig ist. Ansonsten haben Sie sicherlich mit großer Aufmerksamkeit unseren Antrag gelesen. Ich halte ihn für einen sehr zielführenden Antrag. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass sich auch die anderen Fraktionen damit beschäftigt und Anträge formuliert haben. Ich glaube aber dennoch, dass unserer der ist, der inhaltlich am weitesten nach vorne geht. Ich bitte Sie deshalb, wie ich es auch schon öffentlich getan habe, um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Weiner von der

Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schweitzer, inhaltlich sind wir nahe beieinander, nur in dem Punkt, dass Ihr Antrag der weitergehendere ist, irren Sie sich. Das werden Sie im Laufe meiner Ausführungen noch erfahren.

(Beifall des Abg. Martin Brandl, CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut Martin, zieh’s durch! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Der einsame Klatscher!)

Herr Schweitzer, ich habe Ihnen gestern bereits im Anschluss an die Aktuelle Debatte angeboten, dass wir einen gemeinsamen Antrag machen, weil wir inhaltlich in vielen Punkten übereinstimmen. Diesen Antrag haben wir heute eingebracht. Wir haben dabei bewusst die Gemeinsamkeiten betont. Zum Beispiel haben Sie den Vorspann sehr ausführlich gestaltet, dem wir uns voll anschließen können. Darüber sind wir uns einig.

Wenn wir der mächtigen Lobby der militärischen und zivilen Luftfahrt gegenüberstehen, die sich über Jahrzehnte gewisse Praktiken angewöhnt hat,

(Abg. Joachim Paul, AfD: Die sorgt für viele, viele Arbeitsplätze! Ihre Lobby!)

und ihr Zugeständnisse abringen wollen, dann sollten wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam handeln, sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau, gegen Arbeitsplätze! So ein Schwachsinn!)

Auch wenn wir uns im Analyseteil einig sind, so gibt es doch in mehreren Punkten Unterschiede, die wir besprechen sollten.

Erstens: Während sich der Koalitionsantrag darauf beschränkt, nur vom Bund Aktivitäten zu fordern, ist unser Antrag breiter aufgestellt. Wir schauen auch darauf, was das Land tun kann,

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir ja auch!)

stellen Forderungen an Flugzeughersteller und Fluggesellschaften und sehen in einigen Fragen auch die Notwendigkeit, europäische und internationale Regelungen zu ändern.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Es gibt viele Ebenen, die handeln müssen, nicht nur der Bund, sondern auch das Land. Meine Damen und Herren, unsere Empfehlungen sind detaillierter und weitergehender. Ich gebe Ihnen dazu ein paar Beispiele.

Wir sind ganz entschieden der Meinung, dass schon jetzt im Land die Voraussetzungen geschaffen werden sollten,

um die vorhandenen landeseigenen Messstationen umrüsten zu können. Hier ist seit der Anhörung, die vor fast einem Jahr stattgefunden hat, leider nichts geschehen.

(Beifall der CDU – Abg. Hedi Thelen, CDU: Das ist schon traurig!)

Die Voraussetzungen, um die Messstationen anzupassen, bestehen darin, dass wir eine Analyse brauchen, aus was sich dieser Treibstoff zusammensetzt. Die Landesregierung kann sich sehr wohl darum bemühen, die Inhaltsstoffe des Flugbenzins

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Selbst zu schmecken!)

zu erfragen oder eine entsprechende Analyse in Auftrag zu geben. Nur so können die Messstationen des Landes auf die darin enthaltenen Problemstoffe gezielt ausgelegt werden.

Zweitens: Es ist bekannt, dass das im Kerosin enthaltene Benzol nur in den ersten zwei Tagen nachweisbar ist. Das hat uns der Toxikologe bei der Demo am Totenkopf bestätigt.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Vor diesem Hintergrund ist eine Veröffentlichung drei Tage nach einem Fuel Dumping – da stimmen wir auch überein – nicht ausreichend. Die Meldung muss am gleichen Tag kommen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Nur dann, da waren wir uns bei der Anhörung schon einig, können mobile Messstationen rechtzeitig in das entsprechende Gebiet gebracht werden, um aussagekräftige Analysen durchführen zu können. Durch ein abgestimmtes Vorgehen mit dem Bund und den Nachbarbundesländern sowie gegebenenfalls auch den Nachbarstaaten kann dann durch eine Messreihe festgestellt werden, wie sich Kerosinablässe, die es auch künftig noch eine Zeit lang geben wird, in Abhängigkeit von verschiedenen Ablasshöhen und Witterungen verhalten.

Meine Damen und Herren, mit diesen Maßnahmen lösen wir leider noch nicht das Grundproblem, dass es überhaupt solche Ablässe und in diesem Umfang gibt.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Jawohl!)

Drittens: Deshalb schlagen wir weiter vor, auch nach Wegen zu suchen, um die Zahl und Menge der technisch bedingten Ablässe zu reduzieren. Ein Weg wäre, eine nach Menge, Flughöhe und Inhaltsstoffe gestaffelte Gebühr für jeden Kerosinablass über unserem Land zu erheben. Die rheinland-pfälzische Landesregierung soll und kann prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt und die entsprechenden Schritte einleiten. Bereits die Ankündigung einer solchen Maßnahme könnte durchaus bei einigen Entscheidern in der Luftfahrt ein Umdenken beschleunigen helfen.

(Beifall der CDU)

Als letzten Punkt will ich einen noch sehr viel wirksameren Vorschlag nennen. Gerade weil es nur rund 20 Fälle jährlich sind, wäre es ein Leichtes, in jedem dieser Fälle eine amtliche Untersuchung über die Ursachen des technischen Problems durchzuführen.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Jawohl!)

Nur so wird öffentlich, ob es bei bestimmten Flugzeugmodellen mehrfach Probleme mit bestimmten Bauteilen gibt, ob schlechte Wartung oder vielleicht sogar der Einbau von nicht originalen Ersatzteilen, der damals bei der ICEKatastrophe das Unheil gebracht hat, ursächlich waren. Jede Firma lebt von ihrem guten Ruf. Wenn im eigenen Hangar nichts mehr unter den Teppich gekehrt werden kann, dann wird diese amtliche Untersuchung dazu beitragen, dass die Gesellschaften im eigenen Interesse vielleicht ihre Wartungsintervalle weiter verbessern.