Protokoll der Sitzung vom 23.10.2018

Der Ihnen vorliegende Haushaltsentwurf kommt ohne neue Schulden aus – und das bereits ab dem Jahr 2019. Zum ersten Mal seit der Finanzreform im Jahr 1969 ist keine Nettokreditaufnahme im Haushaltsplan enthalten. Wir werden planmäßig Schulden tilgen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir schaffen mit diesem Haushalt noch mehr als das: der Haushalt ist auch strukturell ausgeglichen, wir planen bewusst Überschüsse ein, und wir sichern künftige Ausgaben über Rücklagen ab.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir legen Ihnen heute einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vor.

Damit erreichen wir in der haushaltspolitischen Entwicklung unseres Landes einen Meilenstein. Hierauf haben wir seit langer Zeit konsequent hingearbeitet.

Dieser Haushalt steht für mehr als die schwarze Null. Er enthält einen strukturellen Überschuss von 111 Millionen Euro im Jahr 2019 und 229 Millionen Euro im Jahr 2020.

Der strukturelle Überschuss ist für die Haushaltsplanung von zentraler Bedeutung, weil er die um Konjunkturschwankungen bereinigte Größe ist. Wir orientieren uns an einem strukturellen Einnahmepfad, dem die tatsächliche Entwicklung der letzten acht Jahre zugrunde liegt. Wir sehen dies als einen wichtigen Beitrag für eine langfristig tragfähige, nachhaltige Finanzpolitik.

Wir haben auch einen deutlichen Sicherheitsabstand zur verfassungsrechtlichen Schuldenbremse eingeplant – und das in beiden Jahren.

Wir haben ganz bewusst die politische Entscheidung getroffen, Überschüsse einzuplanen. Damit nutzen wir die aktuell wirtschaftlich guten Rahmenbedingungen, um für die Zukunft vorzusorgen. Der Sicherheitsabstand zur neuen Schuldenbremse beträgt über 100 Millionen Euro und die bis 2019 verbindliche bisherige Verschuldungsgrenze erfüllen wir mit noch viel größerem Abstand.

Wir sichern den Haushalt zusätzlich für die Zukunft auch über Rücklagen ab.

Wir steigen damit kraftvoll ein. Insgesamt wird die Absicherung 350 Millionen Euro umfassen. Davon entfallen 100 Millionen Euro jährlich auf die Haushaltssicherungsrücklage und 50 Millionen Euro jährlich auf die Rücklage für den Gigabit-Ausbau. Zudem werden 50 Millionen Euro der Kanther-Rücklage für steigende Pensionsausgaben zugeführt.

Der ausgeglichene Haushalt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wegweisend. Haushaltspolitik muss finanziell erfolgreich sein. Sie muss aber auch inhaltlich erfolgreich sein – politische Entwürfe und Umsetzungen ermöglichen, um die Zukunft unserer Gesellschaft aktiv zu gestalten. Genau das erreichen wir mit dem Doppelhaushalt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass wir heute einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, hat viele Jahre lang starke Anstrengungen gefordert. Aber der heutige Tag zeigt, es hat sich gelohnt, dass wir unseren ehrgeizigen Konsolidierungspfad konsequent verfolgt haben.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So sieht es aus!)

Im Jahr 2011 lag das strukturelle Defizit im Haushaltsplan infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise bei 1,6 Milliarden Euro. Wir haben eine Konsolidierungsplanung erstellt, weitreichende Konsolidierungsbeschlüsse verabschiedet und diese Schritt für Schritt konsequent umgesetzt. Ich kann mich an viele Debatten hier im Hause erinnern, in denen wir politisch sehr schwierige, aber finanziell notwendige Maßnahmen – in der Regel, Sie gestatten mir, ohne Unterstützung und mit heftiger Kritik der Opposition – beschlossen haben.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Zu Recht!)

Ich kann mich auch an Stimmen erinnern, Herr Weiland, die unsere Konsolidierungsplanung als haltloses Versprechen abtun wollten. Wir hatten die Kraft, diesen Weg zu gehen, und das war gut so.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein paar Beispiele muss ich nennen. Ich erinnere an das Wasserentnahmeentgelt,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Am Abend werden die Hühner gezählt!)

die Strukturveränderungen bei den Vermessungs- und

Katasterämtern oder die Begrenzung der Besoldungserhöhungen in den Jahren 2012 bis 2014 auf jeweils 1 %. Ich darf auch an andere Maßnahmen erinnern, zum Beispiel die Zuschussreduzierung an das Polen-Institut. Alles war umstritten,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Pensionsfonds!)

alles wurde kritisiert,

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Zu Recht!)

aber belastbare Alternativvorschläge blieben in der Regel aus.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben auch in vielen anderen Bereichen die Ausgabensteigerungen begrenzt. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zur Konsolidierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Konsolidierungsschwerpunkte früh gesetzt. Das kommt uns heute zugute. Wir haben in unserer Konsolidierungsplanung realistische Schritte vorgegeben und solide geplant. Wir haben uns angestrengt, und wir waren damit erfolgreich.

Dabei ist auch klar – das würde ich niemals leugnen –, dass wir während der Konsolidierung Rückenwind durch die anhaltend gute Wirtschaftsentwicklung und die niedrigen Zinsen bekommen haben.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ach, doch!)

Diese für die öffentlichen Haushalte günstigen Einflüsse haben wir für die konsequente Konsolidierung und für den Haushaltsausgleich genutzt.

Für den ausgeglichenen Haushalt waren darüber hinaus weitere deutliche Konsolidierungsanstrengungen notwendig und werden es auch weiterhin sein. Wir planen weiterhin vorsichtig und wirtschaften umsichtig. Das ist unsere eigene politische Leistung.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch im Ländervergleich zeigt sich ganz klar, dass die Sparmaßnahmen des Landes viel zur Haushaltskonsolidierung beigetragen haben:

Der strukturelle Saldo – in Abgrenzung des Stabilitätsrates – hat sich beim Land Rheinland-Pfalz im Zeitraum von 2011 bis 2017 doppelt so stark verbessert wie im Durchschnitt der westlichen Flächenländer.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Hört, hört!)

Dies liegt insbesondere daran, dass wir die Ausgaben erfolgreich begrenzt haben.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im vorliegenden Haushalt wirken sich umfangreiche Entlastungen durch bisherige Konsolidierungsmaßnahmen weiterhin aus. Darüber hinaus sind weitere aktuelle Einsparungen enthalten, darunter vor allem die weitere Umsetzung des Abbaus von 2.000 Stellen, die möglichen Reduzierungen bei den Erstaufnahmeeinrichtungen und die Übertragung der Landesfamilienkasse an die Bundesagentur für Arbeit, als erstes Bundesland, um nur einige Beispiele zu nennen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin allen dankbar, die den nicht immer leichten Konsolidierungskurs der Landesregierung mittragen und unterstützen. Unser gemeinsamer Erfolg trägt ein gutes Stück dazu bei, dass wir den kommenden Doppelhaushalt so zuversichtlich aufstellen können, wie es der Regierungsentwurf vorsieht.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu der Zuversicht trägt auch die aktuelle gesamtwirtschaftliche Situation bei: Die deutsche Wirtschaft befindet sich derzeit in einer außergewöhnlich günstigen Lage. Der lang anhaltende Aufschwung setzt sich mittlerweile im neunten Jahr fort. Man muss allerdings auch sagen, die Anzeichen mehren sich, dass die Spitze des Aufschwungs erreicht ist. Für die nächsten beiden Jahre ist zwar auch ein solides reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zu erwarten, aber nicht mehr die starke Dynamik der vergangenen drei Jahre.

Erfreulich ist die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, von der die Menschen im Land, aber natürlich auch die öffentlichen Haushalte profitieren. Im September 2018 ist die Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz auf ein neues Rekordtief von 4,2 % gesunken.

Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass sich der Aufschwung – anders als in der Vergangenheit – insbesondere auf die Entwicklung im Inland stützt. Aus meiner Sicht zeigt sich dabei, dass faire Lohnerhöhungen, das heißt eine angemessene Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Wirtschaftswachstum, ebenfalls der Wirtschaftsentwicklung im eigenen Land zugutekommen.

Das Wachstum hat sich in den Jahren 2016 und 2017 aber auch deshalb merklich beschleunigt, weil sich auch in vielen anderen europäischen Staaten die wirtschaftliche Lage deutlich verbessert hat.

Trotz der günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist es wichtig, dass wir bestehende Risiken im Blick behalten.

Ich betone dies an dieser Stelle ganz bewusst und möchte daran erinnern, dass die Weltwirtschaft vor genau zehn Jahren in den Abgrund geschaut hat. Damals gipfelte die bereits schwelende Finanzmarktkrise in der Insolvenz von Lehman Brothers in den Vereinigten Staaten. Diese entwickelte sich in kürzester Zeit zu einer fast weltweiten Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise. So erlebte Deutschland im Jahr 2009 den schlimmsten Konjunktureinbruch der Nachkriegsgeschichte. Das Bruttoinlandsprodukt ging real um 5,6 % zurück.

Heute, ein Jahrzehnt später, haben sich die Steuereinnahmen nicht nur normalisiert. Dank des lang anhaltenden Aufschwungs sind sie deutlich gestiegen. Auch in der Absicherung gegen eine neue Finanzmarktkrise wurde vieles erreicht. Gleichwohl sind die Probleme und Folgen der Krise auch heute noch nicht vollständig überwunden.

Der Rückblick auf die erst zehn Jahre zurückliegende ernste Krise soll uns demütig und vorsichtig machen. Er zeigt, wie wichtig es ist, auch in guten Zeiten einen realistischen Blick für bestehende Risiken zu haben. Derzeit gibt es Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung gerade auch im außenwirtschaftlichen Bereich. Zu nennen sind insbesondere die schwelenden Handelskonflikte, der Brexit, aber auch die anhaltend hohe Verschuldung in einigen europäischen Staaten und in China. Das untermauert, wie wichtig es ist, in guten Zeiten Überschüsse einzuplanen und Haushalte für die Zukunft abzusichern!