Protokoll der Sitzung vom 03.11.2018

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie offensichtlich nicht!)

Auch wenn Sie wegschauen, hat der Rhein Niedrigwasser – jetzt Gott sei Dank nicht mehr. Auch wenn Sie wegschauen, kämpfen Wälder mit Borkenkäfern. Auch wenn Sie wegschauen, wollen Eltern Beruf und Familie vereinbaren können.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Eltern sollen Wahlfreiheit haben!)

Probleme löst man nicht, indem man sie entweder ignoriert oder skandalisiert. Politik für alle Menschen im Land zu machen, bedeutet im Übrigen, die Menschen in ihrer Vielfalt ernst zu nehmen; denn sie alle sind von Geburt an in ihren Rechten und in ihrer Würde gleich.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Liebe Kollegen und liebe Kolleginnen, für die Ampelregierung ist klar, wir wollen, dass das Land zuversichtlich und mit Zusammenhalt sicher, sozial gerecht, mit starker Wirtschaft und ökologischer Tatkraft in die nächsten Jahre geht. Das ist die Leitlinie, nach der wir diesen Haushalt aufgestellt haben.

Wenn das Parlament diese Woche den vorliegenden Haushalt verabschiedet, dann freuen wir uns darüber, weil es tatsächlich ein historischer Tag ist. Ich wiederhole das noch einmal sehr gern; denn dies ist der erste Landeshaushalt seit 1969, der ohne neue Schulden auskommt. Herr Baldauf, ich kann Ihnen an der Stelle noch einmal sagen, es ist der erste Haushalt, den wir aufstellen, ohne neue Schulden zu machen, mit Überschuss. Aber auch in den Jahren 2016 und 2017 haben wir im Haushaltsvollzug keine neuen Schulden mehr gehabt, sondern wir haben Schulden zurückgezahlt.

Es ist eben nicht so – wie Sie in der letzten Debatte behaupteten –, dass der Regierung das als Glücksfall einfach passiert wäre, sondern dieser Haushalt ist das Ergebnis von harter Regierungsarbeit. Dieser Haushalt ist zum einen das Ergebnis einer langen und konsequenten Konsolidierungspolitik, mit der wir im Jahr 2011 mit einem strukturellen Defizit von 1,6 Milliarden Euro begonnen haben. Ich mache jede Wette, dass keiner von Ihnen damals geglaubt hat, dass wir das mit der Konsolidierung schaffen. Ich habe auch gar kein Interesse mehr daran, all die Maßnahmen aufzuzählen, zu denen Sie gesagt haben, das machen wir alles nicht mit. –

Eine einzige Maßnahme will ich schon nennen, weil Sie diejenigen waren, die dort draußen demonstriert haben und uns wegen der Erhöhung der Beamtenbesoldung, die wir leider auf 3 x 1 % begrenzen mussten, von morgens

bis abends die Hucke voll gegeben haben. Das war ein bitterer Schritt. Die CDU war immer dagegen. Sie hat draußen reagiert, und sie hat nie einen Vorschlag gemacht, wie sie eigentlich diese großen Summen am Ende einsparen wollte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP – Abg. Christian Baldauf, CDU: Stimmt nicht!)

Heute legen Sie uns Vorschläge vor, bei denen der Löwenanteil der Gegenfinanzierung der CDU-Deckblätter aus den sogenannten Personalverstärkungsmitteln kommt. Die CDU stellt hier einen gigantischen Beitrag so dar, als wäre er im Tresor der Frau Ahnen zu finden – ungenutzt und ohne Sinn und Verstand.

(Abg. Martin Haller, SPD: Gibt es ihn denn jetzt? – Zuruf von der CDU: Also gibt es ihn doch! – Zurufe und Heiterkeit im Hause)

Ich kann dazu nur sagen, dass Sie einer Fehlannahme unterliegen. Die Haushaltsreste werden mit 317,9 Millionen Euro angesetzt. Dabei wird übersehen, dass die Zuteilung der Personalverstärkungsmittel an die Ressorts erst im letzten Drittel des Jahres erfolgt. Nachdem diese nunmehr vorgenommen wurden, reduzieren sich die vorhandenen Mittel auf rund 200 Millionen Euro, die wir brauchen, weil wir in einem Haushalt auch immer dafür sorgen müssen, dass wir eine Abdeckung für Risiken bei den Personalausgaben haben.

Der allerwichtigste Punkt ist, dass die CDU – ich kann mir nicht vorstellen, dass das Absicht war, ich weiß es aber nicht genau, ich frage Sie – nur Mittel für die 2 x 2 % zusätzlich bei den Beamten vorsieht, aber keinerlei Tarifsteigerungen für die Angestellten oder die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Angestellten. Ich sage Ihnen, entweder Sie machen jetzt eine neue Politik hintenherum, sodass es keiner merkt, oder Sie haben es nicht gemerkt, und dann können Sie es auch sagen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Sie merken doch sonst alles!)

Wir haben in unserem Haushalt Vorsorge getroffen, dass wir die Beamtenbesoldung um 2 x 2 % erhöhen und wir die Tarifsteigerungen, auch für die Beamtinnen und Beamten, übernehmen. Das entgeht Ihnen in Ihren Vorschlägen. Ich sage es sehr deutlich: Als wir damals hart gespart haben, haben wir immer auch versprochen, den Beamten und Beamtinnen wieder mehr Geld zu geben, wenn wir im Land dazu in der Lage sind. Genau das setzen wir jetzt mit diesem Haushalt um. Da sind wir ehrlich. Wir haben aber auch Standvermögen in dieser Sache.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, keiner bestreitet – das will ich noch dazu sagen –, dass es nicht nur die Konsolidierung ist. Natürlich sind auch die Steuereinnahmen zurzeit sehr gut. Das hat auch die Finanzministerin bei der Einbringung gesagt. Natürlich hilft uns das alles, den Haushalt zu konsolidieren. Aber auch diese Steuereinnahmen

verdanken wir einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land. Sie wird von innovativen Unternehmern und Unternehmerinnen und engagierten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen getragen. Darauf dürfen wir alle stolz sein.

Aber auch diese gute wirtschaftliche Entwicklung fällt nicht einfach so vom Himmel. Das ist mir noch einmal wichtig zu sagen. Die Regierung ist dafür da, gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen. Das tun wir. Es ist zum Beispiel Ergebnis guter Regierungsarbeit, wenn man einmal zurückblickt, dass wir damals, als wir von der Konversion betroffen waren, daraus neue starke innovative Regionen entwickelt haben, die heute sehr gut dastehen.

Heute und seit den 1990-Jahren sorgen wir in Zeiten des digitalen Wandels dafür, dass unsere Unternehmen diesen Wandel wieder positiv gehen können, wir erfolgreich in der Wirtschaftspolitik sind und am Ende unsere Menschen in unserem Land wissen, wir begleiten sie bei diesem Wandel.

Deshalb ist es zwar immer gut, wenn man reist und neue Eindrücke erhält, Herr Baldauf. Aber ich sage Ihnen auch ganz deutlich nach Ihren Ausführungen, Sie hätten nicht nach Finnland zu fahren brauchen, Sie hätten einfach vielleicht einmal nach Eisenberg und Göllheim fahren können oder nach Betzdorf oder vielleicht auch nach Kaiserslautern.

(Zurufe der Abg. Christian Baldauf und Dr. Adolf Weiland, CDU)

In diesen Dörfern, in Eisenberg und in Göllheim, können Sie die digitalen Dörfer besuchen. Dort können Sie sehen, was wir mit Fraunhofer zusammen machen, wie man die digitale Welt heute nutzen kann, um das Leben auf dem Dorf noch besser, noch günstiger und noch vernetzter zu machen.

Wenn Sie sich in Kaiserslautern vielleicht einfach einmal einen halben Tag Zeit nehmen und mit allen Anwendungen und Grundlagenforschungen beschäftigen, die dort seit 60 Jahren getätigt werden, dann erkennen Sie auch, dass Ihr Antrag auf eine weitere Professur für die TU Kaiserslautern, den ich schon in der Einbringungsrede kommentiert habe, wirklich nebendran ist. Ich sage das noch einmal in ganz großem Ernst.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Sie finden an der TU Kaiserslautern allein 20 Professuren im Bereich Elektrotechnik und zwölf Professuren für Informationstechnologie. Alle fünf Fachbereichsleiter vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sind auch Professoren an der TU. Einer von diesen managt seit 2014 das DFKI SmartCity Living Lab. Schauen Sie es sich einfach an,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ich kenne das!)

dann wissen Sie, dass sich unsere Hochschulen, unser DFKI und unsere Institute mit KI, mit Digitalisierung, mit Smart Cities, mit Smart Rural Areas sehr, sehr intensiv beschäftigen und wirklich Vorreiter in ganz Deutschland

sind.

Sie waren selbst bei „30 Jahre DFKI“ in Berlin gewesen, wenn ich mich richtig erinnere. Es war eine tolle Feier. Dort konnte man sehen, das DFKI hat seinen Stammsitz in Kaiserslautern, es beschäftigt sich mit Künstlicher Intelligenz, und zwar auf eine Art und Weise, dass es einfach fortschrittlich für unser Land ist.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Wir kennen die Uni! Die haben wir gegründet!)

Darauf können wir stolz sein. Ich glaube nicht, dass eine Professorenstelle mehr, die Sie hier beantragen, wirklich Hand und Fuß hat und Sinn ergibt. Wir sind sehr gut ausgestattet, und wir werden auch in Zukunft auf unsere Hochschulen und außeruniversitären Institute vertrauen können.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das alles ist auch Ergebnis einer vorausschauenden und verlässlichen Politik. Ich möchte an der Stelle noch einmal ansprechen, zur vorausschauenden Politik gehört, dass man sich ab und an einmal Gedanken über die Frage macht: Ist eigentlich unsere kommunale Verwaltungsstruktur noch richtig aufgestellt, damit unser Land auch wirklich zukunftsfähig ist?

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Da haben Sie ja Chaos angerichtet!)

Herr Dr. Weiland, dazu sage ich jetzt sofort etwas.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Da haben Sie ja Chaos angerichtet!)

Ich habe Sie verstanden.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Sagen Sie mal was dazu!)

Das mache ich ja gerade, wenn Sie mich ausreden lassen. Ich rate zu etwas mehr Gelassenheit.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Es war in „keiner Manns und Fraus“ Sinne, dass dieses Gutachten irgendwie auf einem anderen Weg veröffentlicht wird, als wir das geplant hatten. Aber ich sage auch sehr klar: Seit Jahren haben wir – auch in Absprache mit der CDU und den kommunalen Spitzenverbänden – jeden Schritt dieser Studien und Gutachten miteinander geplant. Herr Schweitzer hat schon dargelegt, dass es Workshops gegeben hat. Es hat viele Runden gegeben, in denen wir miteinander zusammengesessen haben. Ich war nicht immer dabei, aber andere. Es gibt genug Personen, die dabei waren, die das immer wieder bestätigen und auch können.

Ich sage ganz klar, wir sind eigentlich auf einem guten Weg. Die Gutachten sind jetzt vorgestellt. Wir sollten sie mit Gelassenheit diskutieren. Wir sollten aufhören, uns gegenseitig Vorwürfe zu machen. Ich beanspruche das auch für den Innenminister. Der Innenminister hat in Absprache mit Ihnen – mit allen Fraktionen und den kommunalen Spitzenverbänden – ganz klar genau das umgesetzt, was

verabredet worden ist. Ich lasse es als Ministerpräsidentin nicht zu, dass Sie sagen, der Innenminister muss anders steuern. Er hat sich an die Verabredung gehalten.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb möchte ich zum Inhalt sagen: Worum geht es eigentlich? – Es geht um die Frage, wie unser Land und wie unsere Verwaltungen zukunftsfähig sein können. Keiner will irgendeine Lösung irgendwann machen, die nicht zu unserem Land passt. Wir wollen, dass das Ehrenamt stark ist. Wir wollen, dass die Bürger einen guten Service haben. Wir wollen auch, dass es am Ende funktioniert. Lassen Sie uns auf der Grundlage der Gutachten, so wie wir es besprochen haben, auch durch die Beauftragung eines weiteren Gutachtens danach gemeinsam weiter diskutieren und überlegen, wie es weitergeht.

Diese Zeit sollten wir uns nach diesem langen, langen Vorlauf wirklich auch gönnen, ohne dass wir uns in der Öffentlichkeit ständig genötigt sehen, uns dazu irgendwie inhaltlich zu positionieren. Ich glaube, der Weg, den wir gegangen sind, war richtig, und wir sollten ihn auch in Zukunft konstruktiv miteinander gehen. Es geht um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, und es geht nicht darum, den Menschen irgendetwas überzustülpen, was gar nicht zu unserem Land passt. Darin sind wir uns doch eigentlich alle einig, meine lieben Damen und Herren.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Land ist immer wieder Vorreiter für andere Länder, das ist an vielen Stellen schon gesagt worden. Die Gemeindeschwesterplus, das Budget für Arbeit, die gebührenfreie Bildung, das FSJ Digital will ich nennen, das G9Gymnasium will ich nennen, und ich habe mir auch die Landesagentur für Energie aufgeschrieben, die jetzt in Bayern eingeführt wird. Aber natürlich gehören wir auch zur Spitze der Industrieländer und haben eine weit überdurchschnittliche Exportquote in unserem Land.