Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es braucht eine umfassende Bahnreform, dass die Züge pünktlich, bezahlbar und für alle nutzbar sind. Mit der Stärkung eines Mobilitätsmixes, mit den Rahmenbedingungen zum Ausbau von E-Ladestationen, mit einer guten Fahrradinfrastruktur von sicheren Abstellmöglichkeiten bis zu Pendlerradrouten, mit dem weiteren Ausbau des Rheinland-Pfalz-Taktes, mit der Reaktivierung von Bahnstrecken – Herr Dr. Wissing, danke an Sie, dass Sie sich vom Gekrittel des Rechnungshofs nicht irre machen lassen –, mit den ÖPNV-Buskonzepten und mit der Stärkung des Umweltverbundes sind wir in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg zu einer Verkehrswende, die Fahrverbote verhindert und soziale Härten meidet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Zu den Grenzwerten: Es gilt das Vorsorgeprinzip, und die Höhe von Schadstoffgrenzen wird regelmäßig überprüft, im Fall von Stickoxid zuletzt im Jahr 2013. Dann ist noch einmal ganz interessant: Österreich und die Schweiz haben ihre nationalen Grenzwerte sogar noch reduziert, und die Welt dort ist nicht untergegangen. Damit erübrigt sich wohl jede weitere aktionistische Diskussion.

Danke schön.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es spricht Abgeordneter Ahnemüller.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und

Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir heute diese Debatte hier zu Fahrverboten führen. Von Anfang an haben wir – meine Partei und ich – uns gegen Fahrverbote ausgesprochen

(Abg. Martin Haller, SPD: Welche Partei denn, die Rechtsaußen-Partei? – Weitere Zurufe aus dem Hause)

und die in einem Unterbindungswettbewerb viel zu niedrig festgelegten Grenzwerte infrage gestellt.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Es ist erfreulich, dass sich hier alle grundsätzlich gegen Fahrverbote aussprechen.

(Zurufe aus dem Hause)

Nun lassen Sie Ihren Worten bitte auch Taten folgen. Mit einer ideologiefreien Sachpolitik sollten wir die Landesregierung dazu bewegen, die Messstationen so zu stationieren, dass die Vorgaben eingehalten und die Messwerte reell erfasst werden, dass die viel zu niedrig angesetzten Grenzwerte infrage gestellt werden und die Landesregierung die sogenannten Umweltzonen abschafft und den überflüssigen Plakettenwahn beendet. Dann brauchen wir eine solche Debatte hier nicht mehr zu führen.

Danke.

(Staatsminister Roger Lewentz: Kein Beifall!)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bedauerlich, dass wir eine solche Situation haben. Die Bürgerinnen und Bürger sind zutiefst verunsichert. Eine ganze Technologie wird in Deutschland infrage gestellt. Die Automotive-Industrie ist in großer Sorge. Wegen Grenzwerten wird über Messstellen diskutiert.

Nicht nur, dass wir eine solch merkwürdige Rechtslage haben, sondern wir haben auch eine Bundesregierung, die für die Rechtslage verantwortlich ist und der Öffentlichkeit erklärt, sie findet das Ganze auch merkwürdig. Ich komme darauf gleich noch einmal zurück.

Wir haben zwei Ebenen. Das eine ist die landespolitische Ebene, mit der ich anfangen möchte. Wir sind hier im rheinland-pfälzischen Landtag. Wir haben drei Städte, die von der Grenzwertproblematik betroffen sind. Das sind Koblenz, die Stadt Mainz und Ludwigshafen. In Koblenz liegen wir knapp unter den Grenzwerten. Bereits in Mainz und in Ludwigshafen liegen wir noch etwas darüber. Wir haben aber in allen drei Städten keine Fahrverbote. Darauf sind wir auch stolz, und als Landesregierung arbeiten wir daran, dass es so bleibt.

Es kommt nicht von nichts, sondern wir haben sofort gehandelt. Wir haben den Städten eine Soforthilfe von jeweils 1 Million Euro zugesagt. Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass die Zusagen des Bundes jetzt erst anlaufen, wo wir mit den Geldern des Landes Sofortmaßnahmen ergreifen konnten. Deswegen sind wir ganz konkret dabei, diese Probleme auch zu lösen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Maßnahmen des Bundes werden den kommunalen Anforderungen auch nicht immer gerecht. Wir konnten allerdings mit unseren Maßnahmen konkret eine Fahrverbotsvermeidung betreiben. Wir haben im Dezember 2018 bereits 45 Busse umgerüstet. Neun Busse neuer Generation sind im Einsatz. Seit Anfang Januar ist der Großteil der insgesamt 105 Dieselbusse mit Filtertechnik umgerüstet und im Liniennetz eingesetzt. Darüber hinaus sind 23 neue Busse seit Januar im Einsatz.

Damit leistet die Landesregierung mit ihrem Aktionsprogramm „Saubere Mobilität“ im Gegensatz zum Bund den betroffenen Kommunen rasch und unbürokratisch die notwendige Sofortunterstützung. Ich bitte, dass alle daran mitwirken, dass der Bund jetzt auch aktiv wird und ein auf die kommunalen Bedürfnisse zugeschnittenes Programm aktiviert; denn nur vom Reden allein lassen sich Fahrverbote eben nicht vermeiden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit komme ich zur Bundespolitik und zu den Diskussionen, wie die Grenzwerte und die Messstationen aufzustellen sind. All diese Vorschriften können nicht im rheinlandpfälzischen Landtag bestimmt werden und diese kann auch die Landesregierung nicht auf dem Verordnungswege auf den Weg bringen oder ändern.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie haben einen Spielraum!)

Liebe Union, Sie stellen seit 2009 den Bundesverkehrsminister. Die Bundeskanzlerin erklärt der Öffentlichkeit permanent, dass sie die Dinge in Europa regelt. Die Regelungen, mit denen wir es hier zu tun haben, sind aber nicht zufriedenstellend. Sie sind schon deshalb nicht zufriedenstellend, weil der Bundesverkehrsminister selbst erklärt, er hält sie für falsch. Ich glaube, diese Situation ist niemandem zu vermitteln. Wir nehmen hier Millionen Euro in die Hand, um Fahrverbote auf der Grundlage der Regeln zu vermeiden, die die Bundesregierung selbst infrage stellt.

Ich kann als Verkehrsminister des Landes Rheinland-Pfalz diese Debatte nicht führen. Ob die Lungenärzte recht haben oder andere Gutachter recht haben, liegt auch nicht in unserem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich. Wir müssen geltendes Recht umsetzen, und wir arbeiten daran, dass wir es so umsetzen können, dass den Menschen in ihrem Alltag kein Schaden entsteht.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist schon einigermaßen grotesk, wenn die Bundesre

gierung, die für die bundesweiten Regeln zuständig ist – ich sage es noch einmal: Regeln, die uns ebenfalls vor große Herausforderungen stellen –, der Öffentlichkeit erklärt, dass sie diese Regeln selbst infrage stellt. Dann würde ich erwarten, dass sie diese dann auch so ändert, wie sie es für richtig hält.

Wir werden sie dann in der Form in Rheinland-Pfalz umsetzen und uns bemühen, dass es nicht zu Dieselfahrverboten kommt, weil wir genau das teilen, was Sie gesagt haben. Das führt zu unsozialen Ergebnissen, das behindert das Handwerk und die Wirtschaft. Es ist unfair, wenn jemand ein Auto kauft, das legal verkauft und unter Aufsicht der Bundesregierung getestet worden ist, dies nach den Regeln der Bundesregierung plötzlich nicht mehr fahren darf, und dann von der Bundesregierung gesagt bekommt: Ich finde das auch sehr ungerecht.

Der Bürger muss sich doch die Frage stellen, wenn Sie das kritisieren, wer soll denn nach Ihrer Meinung

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Die Umweltministerin! Das ist Eure!)

den Bundesverkehrsminister stellen, damit die Regeln so gestaltet werden, dass sie entsprechend angewendet werden?

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, deswegen finde ich, sollte die Bundesregierung – insbesondere der von der Union gestellte Bundesverkehrsminister – so schnell wie möglich Klarheit schaffen. Ich komme mir als Verkehrsminister des Landes Rheinland-Pfalz, der sich mit der Aktion „Saubere Mobilität“ bemüht, nach geltendem Recht Fahrverbote zu vermeiden, schon etwas merkwürdig vor, wenn der Bundesverkehrsminister sagt: Ich halte die Regeln, die Euch so viele Schwierigkeiten in der Umsetzung machen, selbst für problematisch. –

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die Messstationen kann das Land umstellen! Für die Messstationen ist das Land verantwortlich!)

Dann ändert sie bitte, schafft Klarheit! Wir sind in Deutschland vom Automotive-Sektor abhängig, wir können uns eine solche Hängepartie nicht leisten. Man muss erwarten können, dass eine Bundesregierung weiß, was sie tut.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Baldauf.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Wer so glatt argumentiert, der kann übers Wasser gehen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Wissing!

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der kann nur untergehen!)

Zum einen darf ich festhalten: Es ist ein bisschen zu leicht zu sagen, Sie hätten keine Zuständigkeit. Sie haben ja auch eine Meinung zum Soli und zu vielen anderen Themen.

(Abg. Monika Becker, FDP: Da kommen wir noch zu! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Weitere Zurufe von der FDP)

Ich höre ganz viel von Ihnen über Bundesthemen, also kümmern Sie sich doch bitte auch um dieses Thema.

Zweitens sollten wir, wenn wir schon über das Thema sprechen, darauf zurückkommen, worum es eigentlich geht. Es geht nämlich um die ganz entscheidende Frage – da sind wir uns im Übrigen einig, und ich bin froh, dass Sie einiges richtig gezogen haben gegenüber dem Kollegen Wink, der da falsch lag,

(Abg. Monika Becker, FDP: Was?)