Protokoll der Sitzung vom 20.02.2019

Wer will hier Fahrverbote zulassen und wer nicht? – Es sind Gerichte, die urteilen.

Vielleicht geht das irgendwann einmal in Ihren Schädel, und Sie versuchen auch einmal, hier etwas anderes als die populistische Schiene zu fahren. Das scheint Ihnen ja offensichtlich zu gefallen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Wiesbaden hat übrigens tatsächlich eine Minderung der Schadstoffe erreicht. Weswegen? Aufgrund von grüner Verkehrspolitik. Daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen. Also, beherzt in die Verkehrswende, statt alten Zeiten hinterherzujammern, als der Gestank von Benzin und Abgasen noch als der Duft der großen weiten Welt verkauft wurde.

Die Verkehrswende wird neue Arbeitsplätze schaffen, falls die deutsche Automobilindustrie die Wende nicht verpennt.

Mit einer Stärkung des Mobilitätsmixes, mit dem Ausbau des ÖPNV, mit dem Ausbau des Rheinland-Pfalz-Takts, mit der Unterstützung von Städten und Gemeinden beim Erwerb beispielsweise neuer Busse – das haben wir morgen auch noch einmal zu Mainz – und mit der Stärkung des Umweltverbunds, mit diesen Maßnahmen befindet sich Rheinland-Pfalz auf dem richtigen Weg für eine Verkehrswende.

Herr Baldauf, wissen Sie, die Leute sind schon viel weiter als Sie. Wenn Sie nämlich sehen, wie– – –

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Ja! Abg. Christian Baldauf, CDU: Echt?)

Ja, allerdings. Auf dem Fahrrad sogar.

(Zurufe aus dem Hause)

Ja, unglaublich, nicht? Sie sind doch der Fahrradfahrer vor dem Herrn.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ne, ne, ne!)

Aber tatsächlich ist es so, dass gerade die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer der Fahrradinfrastruktur in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Es sind auch die CDUgeführten Kommunen, die die Unterstützung der Landesregierung, die entsprechende Gelder für die Fahrradinfrastruktur bereitstellt, gern in Anspruch nehmen. Unterhalten Sie sich doch einmal mit Ihren kommunalen Freundinnen und Freunden.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor.

Wir kommen zum dritten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Verbindliche und transparente staatliche Tierhaltungskennzeichnung bei Lebensmitteln einführen – Tierwohl ernst nehmen auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/8373 –

Für die antragstellende Fraktion spricht Herr Kollege Hartenfels. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Bundesagrarministerin, Frau Klöckner,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wer?)

hat vor Kurzem ihr geplantes freiwilliges staatliches Tierwohllabel vorgestellt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das wird nichts bringen, glaube ich!)

Um es zunächst einmal freundlich zu formulieren: Bei allen, die im Tierschutzbereich tätig sind, hat sich eine Ernüchterung breitgemacht, weil sie sich eigentlich davon versprochen hatten, dass die nächsten oder überhaupt die ersten Schritte zu mehr Tierwohl eingeleitet werden würden.

Ich könnte es natürlich auch schärfer formulieren nach dem Motto: Es ist üblicherweise zu erwarten gewesen, dass das CDU-geführte Agrarministerium, wie schon in der Vergangenheit, einen Kniefall vor der Agrarlobby macht

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

und wir leider nicht zu mehr Tierwohl kommen.

Wir werden mit diesem Tierwohllabel vor allem wieder Verlierer produzieren. Die Hauptverlierer sind natürlich die Tiere. Die zweite Verlierergruppe sind die Verbraucherinnen und Verbraucher. Die dritte Verlierergruppe sind letztlich die landwirtschaftlichen Betriebe, die eine Perspektive jenseits der Tieragrarfabriken, die wir leider auch in Deutschland haben, entwickeln wollen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Ganz viele in Rheinland-Pfalz! Mein lieber Mann!)

Frau Schneider, ich möchte zunächst einmal auf die erste Verlierergruppe eingehen, nämlich die Tiere. Ich möchte denen, die sich nicht so viel damit beschäftigen, noch einmal in Erinnerung rufen, wie die gesetzlichen Mindeststandards in Deutschland für die Schweinehaltung aussehen.

Ein 110-kg-Mastschwein muss sich mit 0,75 m2 Platz begnügen. Wenn ich dann die Einstiegsstufe der Frau Klöckner nehme mit einem Plus von 20 %, bedeutet das natürlich 20 % mehr von einer niedrigen Stufe. Das bedeutet – auch wieder bildlich gesprochen –, dass wir dann eine Steigerung für dieses 110-kg-Mastschein um die Fläche eines aufgeklappten Pizzakartons haben.

Das zeigt, dass diese Bundesregierung letztlich wieder die Debatte um einen ernsthaften Tierschutz verweigert, der eigentlich schon bei den Mindeststandards ansetzen müsste, damit wir zu mehr Tierwohl gelangen. Wir müssen leider feststellen, dass in Verbindung mit der Agrarlobby eine Beruhigungspille produziert worden ist und wir leider nicht zu den Verbesserungen kommen, die sich vor allen Dingen die breite Masse der Verbraucherinnen und Verbraucher hier in diesem Land wünscht.

Damit bin ich bei der zweiten Gruppe der Verlierer: die Verbraucherinnen und Verbraucher. Es ist schon länger bekannt – das muss auch der Bundesregierung bekannt sein –, dass große Teile der Bevölkerung bereit wären, deutlich höhere Preise für mehr Tierwohl zu bezahlen,

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

wenn wir eine vernünftige Kennzeichnung hätten. Diese vernünftige Kennzeichnung wird aber leider vonseiten der

Bundesregierung nach wie vor verweigert.

Wir bekommen ein unübersichtliches Label, das unverbindlich ist. Es wird freiwillig eingeführt, und vor allen Dingen orientiert es sich nicht an Vorbildern, die eigentlich schon entwickelt worden sind. Ich möchte hier ganz bewusst an die Kennzeichnung erinnern, die wir im Eierbereich schon seit 2004 entwickelt haben: eine einfache Kennzeichnung von 0 bis 3 im Frischeierbereich mit klaren Kennzeichnungen, was der Mindeststandard ist und welche Produkte, bezogen auf das Tierwohl, die besseren sind.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben sich von dem Zeitpunkt an, zu dem diese verbindliche Kennzeichnung eingeführt worden ist, eindeutig entschieden. Das Käfigei ist in diesem Bereich verschwunden.

(Zuruf von der CDU: Aus Deutschland?)

Wir haben einen deutlich höheren Zugriff auf die Produkte, die in Richtung Bodenhaltung, Freilandhaltung und letztlich auch in den Ökobereich gehen. Das ist ein einfaches Vorbild. Das ist das Vorbild, das wir im Bereich des Tierwohllabels hätten benutzen können.

Frau Klöckner hat sich für ein Tierwohllabel entschieden, das freiwillig und sehr undurchsichtig ist, und versucht, eine Vielfalt von Kriterien miteinander zu kombinieren, sodass keine Verbraucherin und kein Verbraucher mehr an der Theke wirklich durchblickt. Das ist letztlich kontraproduktiv für das, was wir eigentlich alle wollen, nämlich mehr Tierwohl in den Ställen unserer Landwirtschaften.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Damit komme ich zu der dritten wichtigen Gruppe, die auch Verlierer sein wird: Das sind die landwirtschaftlichen Betriebe, die nicht als Perspektive vom Staat angeboten haben wollen, in Richtung Tierfabrik zu gehen. Die Betriebe in Rheinland-Pfalz, die eine echte Perspektive haben wollen, wollen vor allen Dingen vom Preis ihrer Produkte leben.

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Wenn ich an meine Sommertour im vergangenen Jahr denke, habe ich als Politiker von tierhaltenden Betrieben, egal ob bio oder konventionell, immer die gleiche Botschaft gehört: Sorgt bitte dafür, dass wir von den Preisen unserer Produkte leben können und nicht am öffentlichen Tropf hängen.

Die Grundvoraussetzung, um von den Preisen der Produkte leben zu können, ist gerade im Tierschutzbereich, dass die Produkte über ein vernünftiges Kennzeichen tatsächlich zu höheren Preisen an den Theken vermarktet werden können. Das muss miteinander gekoppelt werden. Dazu bräuchten wir eigentlich auch eine ehrliche Debatte. Ein solches Tierwohllabel muss von deutlichen Förderprogrammen und einem deutlichen Griff in öffentliche Mittel begleitet werden,

(Glocke der Präsidentin)

wenn es darum geht, die Landwirte dabei zu unterstützen,

auch ihre Stallungen im Sinne eines größeren Tierwohls umzugestalten. Dazu sind wir auch verpflichtet. Da müsste eine Bundesregierung noch liefern. – Das mache ich alles in der zweiten Runde.

Vielen Dank.