Protokoll der Sitzung vom 20.02.2019

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Das ist der Jargon der ARD. Bürger, Kritiker des öffentlichrechtlichen Rundfunks werden kriminalisiert. Das Ganze gipfelt in drei Zuschreibungen: Wir, die ARD, sind „die Gesellschaft“. – Wir wollen lieber „kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will“.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wer hat den Boykott angekündigt? Herr Paul, haben Sie den Boykott angekündigt? – Abg. Alexander Schweitzer, SPD Sie reden ab jetzt in eigener Sache!)

Und: Es ist stets moralisch statt sachlich zu argumentieren. – Das gibt das Framing-Handbuch den Mitarbeitern auf den Weg. Man fragt sich, ist das Orwells „1984“, oder ist das eine Publikation, die aus Gebührengeldern bezahlt wird, von denen keiner Abstand nehmen kann, weil sie per Zwang erhoben werden?

(Beifall der AfD)

Wir haben das Thema auf die Ausschusssitzung des Medienausschusses gesetzt. Wir fordern personelle Konsequenzen. Die Menschen, die Mitarbeiter der ARD, die an diesem Framing-Handbuch beteiligt waren, sind fehl am Platze. Das sagen wir ganz klar.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, ja!)

Es wird nur der erste Schritt zu einer parlamentarischen Aufarbeitung sein.

Drei Punkte des Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag möchte ich herausheben. Erstens: die Konkretisierung des Verbots der sogenannten Presseähnlichkeit von Onlineangeboten der Öffentlich-Rechtlichen. Bisher waren presseähnliche Angebote untersagt. Das soll der Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag nun ändern. Die getroffenen Regelungen sind allerdings nicht präzise. Der Text dürfe „nicht im Vordergrund stehen“. Allerdings bleiben unter anderem Texte, „die der Aufbereitung von Inhalten einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen“, von dieser Regelung ausgenommen. Das ist schwerwiegend.

Schon heute wird in den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF rituell auf das entsprechende Onlinetextangebot hingewiesen. Das steht in Konkurrenz zu den privaten Medien.

Es soll nun eine Schlichtungsstelle geben, die bei Streitfällen zwischen ARD, ZDF und Deutschlandfunk und den Privaten vermittelt. Jedoch gibt es zur Ausgestaltung dieser Schlichtungsstelle kaum nähere Angaben; das ist ein blinder Fleck.

Fazit: Die Öffentlich-Rechtlichen werden also nach wie vor Textinhalte im Netz publizieren. Ihrem Wunsch nach Ausdehnung ins Netz kommt die Altparteienpolitik natürlich nach – wie üblich.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das war ja auch vorher so, aber das haben Sie nicht verstanden, das ist das große Problem!)

Zweitens: Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag trifft Regelungen zur sogenannten Verweildauer von Onlineinhalten. Bisher durften Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen nur bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung online zur Verfügung stehen. Künftig sollen es 30 Tage sein.

Das geschieht insbesondere zulasten jener Filmemacher, die ihre Werke einmal an die Öffentlich-Rechtlichen verkauft haben.

(Abg. Martin Haller, SPD: Spielfilme! Das ist abhängig von der filmischen Situation! Sie haben das Ding doch gar nicht gelesen, Sie erzählen hier einfach irgendetwas! Das ist ja erschreckend!)

Ewig abrufbar verlieren sie nachhaltig an Wert. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk scheint das nicht besonders gravierend zu sein.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sie müssen mit Ihren Leuten reden, die müssen Ihnen das Richtige abschreiben, nicht irgendetwas, meine Güte!)

Im Jahr 2015 sendete das ZDF weniger als zehn Dokumentarfilme in Erstausstrahlung, keinen davon in der Primetime.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist doch schon wieder etwas anderes!)

In der ARD wurden im Berichtsjahr zwölf lange Dokumentarfilme gezeigt, so die Arbeitsgemeinschaft Dokumentar

film. Das nennt man „Grundversorgung“?

(Abg. Martin Haller, SPD: Sie werfen alles durcheinander!)

Im Gegensatz dazu sehen wir viele, unzählige Kochshows und anderen Fernsehnippes, den wir zahlen müssen, obwohl wir ihn gar nicht konsumieren wollen.

(Beifall der AfD)

Drittens: Den Öffentlich-Rechtlichen soll gewährt werden, ihre Inhalte auch außerhalb des dafür jeweils eingerichteten eigenen Portals anzubieten, sofern dies „zur Erreichung der Zielgruppe (...) geboten ist“. Unsere Rundfunkgebühren helfen also zurzeit kräftig mit,

(Abg. Martin Haller, SPD: Es sind Rundfunkbeiträge! Beiträge, seit mehreren Jahren reden wir von Beiträgen, keinen Gebühren!)

die Reichweiten und Marktanteile von YouTube zu vergrößern. Wie das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen auf YouTube aussieht, können wir bei funk bewundern. Dazu habe ich bereits gesprochen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Die machen gute Arbeit! Gute Arbeit!)

Ich fasse zusammen: Die AfD-Fraktion sieht die Ausdehnung der Öffentlich-Rechtlichen, der Nimmersatten, kritisch. Wir wollen einen schlanken Heimatfunk,

(Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Hüttner, SPD: Das ist ja nur lächerlich!)

der das sendet, was die Privaten nicht können oder wollen. Die Zwangsbeiträge sind ersatzlos abzuschaffen.

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Und Sie wollen mitreden, was gesendet und geschrieben wird, das haben Sie schon einmal gesagt!)

Natürlich ist es richtig, dass das ZDF diesen Kulturraum, diese Mediathek errichtet. Aber dazu braucht man nicht 8 Milliarden Euro. Das geht mit einem schlanken Heimatfunk,

(Beifall der AfD)

der sich auf Information, Dokumentation und Kultur konzentriert und in die Medienlandschaft unseres Jahrhunderts passt.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ach ja!)

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Wink das Wort.

(Abg. Martin Haller, SPD: Da war so viel falsch in dieser Rede, erschreckend! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich finde es immer aufschlussreich, so einen Fanatiker mal live zu hören! Ahnungslos, aber fanatisch!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für uns zeichnet sich gute Medienpolitik vor allen Dingen durch drei Punkte aus: die Sicherung der Meinungsvielfalt, die größtmögliche Freiheit für Unternehmen, Konsumentinnen und Konsumenten sowie eine zeitgemäße Gesetzgebung.

Der Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird diesen Grundsätzen gerecht. Die Digitalisierung hat die Medienwelt von Grund auf verändert. Intermediäre erweitern nicht nur Angebot, Kommunikation und Information, sondern schaffen auch neue Herausforderungen.

Was faktenbasierte Berichterstattung, populistische Meinungsmache, dem Framing unterworfene Inhalte oder werbende, presseähnliche Texte sind, ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher immer schwieriger zu unterscheiden.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Ja eben! – Abg. Michael Frisch, AfD: Framing halt!)

Deshalb bedarf es in diesen Zeiten klarer Regelungen.

Es bestehen klare Grenzen. Der Auftrag der ÖffentlichRechtlichen endet dort, wo es nicht mehr um das Erreichen einer Zielgruppe aus journalistisch-redaktionellen Gründen geht. Die Novelle des Staatsvertrags schafft damit auch eine klare Trennung zwischen den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den Produkten der Privaten.

Besonders prominent wurde in diesem Zusammenhang über das Verbot der Presseähnlichkeit diskutiert. Ich glaube, dass für die Öffentlich-Rechtlichen und für die Verlage ein guter Kompromiss gefunden werden konnte.

Der Gestaltungsschwerpunkt im Bewegtbild und Ton sowie der Sendungsbezug werden im Staatsvertrag künftig sicherer und klarer zum Ausdruck gebracht sein. Eine gemeinsame Schlichtungsstelle zwischen Presseverlagen und Rundfunkanstalten lässt den Dialog zwischen den Beteiligten über die jetzigen vertraglichen Änderungen hinaus fortbestehen. Dies ist auch ein Signal, dass es künftig um den konstruktiven und vertraulichen Dialog gehen soll.

Die Neuregelung im Bereich der Mediatheken begrüßen wir Freien Demokraten ebenso wie die Konkretisierung im Kulturauftrag. Wir freuen uns deshalb auf vertiefende Diskussionen im Ausschuss und darüber, dass mit dem vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsvertrag Meinungsvielfalt gesichert, Freiheit gewährt und zeitgemäß gehandelt wird.

Vielen Dank.