Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

Aber bereits bei der Stoffstrombilanz sind wir dann wieder bei einer Exceltabelle angekommen. Jeder Landwirt würde sich wünschen, dass es die gar nicht gäbe, wenn er sich beim stundenlangen Einfüllen von Daten wiederfindet und bei der Auswahl von Werten krampfhaft nach dem passenden, vielleicht auch dem richtigen sucht.

Eine wünschenswerte Innovation aus unserer Sicht wäre deshalb, ein Mittel zu erfinden, um diese Diva Politik, die widerspenstige, zu zähmen und, wie immer und allseits versprochen, die Bürokratie ab- und nicht nur aufzubauen.

Wenn wir schon bei der Digitalisierung sind, so soll auch das Portal regionalmarkt.rlp.de eine Breitseite abbekommen; denn es ist in keiner Weise innovativ. Im Gegenteil, es ist überholt. Staatssekretär Griese hatte auf Nachfrage im Ausschuss auch nichts Konkretes zu bieten. Hier würden wir den Minister bitten, unseren Vorschlag zu einem bundesweiten Portal für regionale Initiativen, Anbieter und regionale Produkte in die Agrarministerkonferenz zu tragen.

Aber Digitalisierung stößt auch an ihre physischen Grenzen, wenn keine Glasfaserkabel liegen und man im Funkloch lebt. Das ist unsere Kampagne. Unsere Vorschläge für eine Digitalisierungsagentur und eine entsprechende Enquete-Kommission sind also so aktuell wie nie.

Doch auch bei kleineren Dingen wie dem Agrarbericht der Landesregierung könnte man innovativer sein. Ich habe mich über dessen Struktur und Aufbau bereits beklagt. Vielleicht ergreift die Landesregierung die Chance, einen Antrag nach § 76 Abs. 4 GOLT in den Agrarausschuss einzubringen und darüber zu berichten, wie dieser Agrarbericht in Zukunft aussehen soll oder – wahlweise – innovativer wird.

Ansonsten ist eine Reihe von weiteren Innovationen dringend vonnöten: ein Konzept zur Sicherung bezahlbarer Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, ein Konzept zur Erreichung auskömmlicher Erzeugerpreise, ein Konzept zur Förderung der regionalen Vermarktung, ein Konzept, wie man mit der GAP nach 2020 umgehen will – beispielhaft sei hier der Vorschlag für einen ELER-Reset aus dem sächsischen Landwirtschaftsministerium genannt –, ein Konzept zur Erhaltung eines wirksamen Pflanzenschutzes, ein Konzept zur Erhaltung gefährdeter Arten wie Zuckerrübe, Raps und ähnliche, ein Konzept zur Erhaltung der

Resilienz unserer Ernährungswirtschaft und ganz im Speziellen beim immer weiter ausgebauten Ökolandbau, zum guten Schluss natürlich auch ein Konzept zur Erhaltung der ländlichen Räume und der Erhaltung attraktiver Lebensbedingungen in diesen.

Dabei kann natürlich eine bessere, realitätsnahe Darstellung der Landwirtschaft in Politik und Gesellschaft einen wohltuenden Rahmen bilden; denn nichts ist für den landwirtschaftlichen Berufsstand schlimmer, als für ideologische Spiele benutzt zu werden.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt!)

Die Wertschätzung grüner Berufe sollte im Vordergrund stehen, meine Damen und Herren.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vorab freue ich mich natürlich, dass Rheinland-Pfalz in diesem Jahr den Vorsitz der Agrarministerkonferenz innehat.

Ich bin davon überzeugt, dass die Impulse, die von der Führung der Agrarministerkonferenz ausgehen, um ein Vielfaches nachhaltiger und wirkungsvoller sind als das, was die Bundeslandwirtschaftsministerin im Moment in Berlin abzieht.

Die Herausforderungen, vor denen unsere Landwirtschaft steht, sind enorm.

(Unruhe bei der CDU – Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Das hat jetzt aber lange gedauert.

Ein Land wie Rheinland-Pfalz zeigt schon seit Jahren, dass es unser aller Ziel sein muss, eine kleinteilige und bäuerliche Landwirtschaft zu erhalten und dabei auch auf die biologischen Anbaumethoden und das Tierwohl zu setzen.

Ich denke, wir können gerade jetzt in diesen Zeiten, in denen sich vieles in der Landwirtschaft im Umbruch befindet, mit dem Vorsitz einen Beitrag dazu leisten, eine gute, tiergerechte, bäuerliche und ökologische Landwirtschaft zu erhalten und voranzubringen.

Jedes Jahr demonstrieren Zehntausende Menschen in Berlin für mehr Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtschaft. Sie demonstrieren gegen eine Agrarindustrie. Ich sage ausdrücklich: Gott sei Dank haben wir hier in RheinlandPfalz keine Agrarfabriken. Wir haben hier noch das, was wir

unter bäuerlicher Landwirtschaft verstehen. Genau deswegen ist es so wichtig, dass Rheinland-Pfalz mit dem Vorsitz der Agrarministerkonferenz ein gutes Beispiel gibt.

Aber wir erleben in anderen Teilen Deutschlands eine Agrarindustrie, die unsere Lebensgrundlagen bedroht.

(Abg. Johannes Zehfuß, CDU: Oder sichert!)

Eine Landwirtschaft, so wie wir sie wollen, die im Einklang mit der Natur und den Menschen wirtschaftet, ist und sollte unser aller Ziel sein.

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Schauen wir nach Bayern. In Bayern erleben wir gerade das bisher erfolgreichste Volksbegehren. Ich sage einmal, in diesem Hause gibt es durchaus Fraktionen, die sich das Volk besonders auf die Fahne geschrieben haben. Die sollten jetzt vielleicht einmal zuhören. 18,4 % der Wahlberechtigten – das ist ein enorm hoher Prozentsatz – haben das Anliegen des Volksbegehrens unterstützt.

Dieses Volksbegehren fordert wichtige Punkte, die auch für unsere heutige Debatte relevant sind: deutlich mehr biologische Landwirtschaft, weniger Spritzmittel in der Landwirtschaft, eine bessere Gewässerqualität und mehr Blühwiesen,

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

um nur einige wenige Punkte zu nennen. Ich weiß, dass Rheinland-Pfalz gerade in diesen Sektoren schon auf einem guten Weg ist.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Diese wichtigen Forderungen unterstützen nicht nur wir Grünen, sondern das ist selbstverständlich ein gemeinsames Anliegen der Ampel-Regierung.

Wie wird die GAP nach 2020 aufgebaut werden? Darüber wird entschieden, ob und welche Vorschläge auch mit finanziellen Mitteln der EU unterfüttert werden können. Das ist für uns enorm wichtig.

Ich will noch einmal das Beispiel der Ökolandwirtschaft anführen, andere haben schon andere Beispiele genannt. Im Jahr 2017 wurden in Deutschland über 10 Milliarden Euro mit ökologisch produzierten Lebensmitteln umgesetzt. Das ist bisher Rekord.

Wir können aber nur die Hälfte unseres Bedarfs an Bioprodukten mit einheimischen Produkten befriedigen. Es kann doch nicht das Ziel sein, biologisch oder ökologisch angebaute Produkte durch die halbe Welt schiffen oder, noch schlimmer, fliegen zu lassen, um den Bedarf, den das eigene Volk hat, zu befriedigen. Also muss es doch unser Ziel sein, gute Wege zu finden, damit wir auch in Deutschland und Rheinland-Pfalz die Nachfrage auf dem Markt befriedigen können.

Die ökologische Landwirtschaft hat natürlich auch konkrete Vorteile, beispielsweise im Gewässerschutz. So verringert

laut Thünen-Institut die ökologische Bewirtschaftung die Stickstoffausträge im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft um rund 28 %. Mir geht es nicht darum, das eine gegen das andere aufzurechnen. Aber die Welt ändert sich, und wenn wir

(Glocke der Präsidentin)

unseren Kindern und Enkelkindern wirklich das, was wir alle wollen, nämlich gute, gesunde Böden und ein gutes Einkommen als Landwirte, zurücklassen wollen, dann müssen wir jetzt handeln.

Mehr in der zweiten Runde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Bevor ich der Landesregierung des Wort erteile, freut es mich, dass wir weitere Besucherinnen und Besucher bei uns begrüßen dürfen. Das sind zum einen die Vertreterinnen und Vertreter der Ortsbeiräte und Gemeinderäte aus dem Wahlkreis 42 – Neustadt an der Weinstraße. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Zum anderen freut es mich, dass wir Vertreterinnen und Vertreter des Mehrgenerationenhauses Frankenthal begrüßen können. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung erteile ich Staatsminister Dr. Wissing das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über diese Aktuelle Debatte. Die Landwirtschaft ist in ganz Europa, in unserem Nachbarland Frankreich, aber auch in Deutschland in keiner einfachen Situation. Wir erleben einen enormen Strukturwandel und haben öffentliche Debatten, die zum Teil an den Problemen der Landwirtschaft vorbeigehen.

Deswegen ist es wichtig, dass Rheinland-Pfalz die Agrarministerkonferenz 2019 nutzen wird, um die Dinge auf den Punkt zu bringen und Konkretes anzusprechen. Wir müssen den schwierigen Aufgaben, die sich für die Landwirtschaft stellen, ins Auge sehen, sie angehen und lösen. Dazu gehört auch, dass man Entscheidungen trifft.

Frau Kollegin Schneider, diese Entscheidungen können nicht alle auf Landesebene getroffen werden.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Stimmt! Deswegen habe ich differenziert argumentiert!)

Viele Rahmenbedingungen müssen auf europäischer Ebene und insbesondere auf Bundesebene geschaffen werden. Es hilft nichts, wenn Sie sich hinstellen und sagen,