Protokoll der Sitzung vom 29.03.2019

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Nein, das ist es nicht, nein!)

obwohl Sie natürlich ganz genau wissen, dass Ihre Forderung für die anstehende Wahl schon zeitlich gar nicht mehr umsetzbar wäre.

(Zurufe der Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU, und Martin Haller, SPD)

Meine Damen und Herren von der Ampel, durch dieses Timing wird Ihr Vorgehen allzu durchschaubar und leider auch ein Stück weit unglaubwürdig.

(Beifall der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ist eine Unverschämtheit! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Nein, das ist die Wahrheit! – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das ist die reine Wahrheit!)

Wir werben dagegen für ein Mehr an Sachlichkeit und eine differenzierte Sichtweise, die die Einzelentscheidung in einen größeren Rahmen einordnet.

In Rheinland-Pfalz ist auch für Kommunalwahlen das Wahlalter auf 18 Jahre festgelegt worden, und zwar durch die Verfassung. Das ist eine Besonderheit; damit soll das Wahlalter wie die anderen Wahlgrundsätze aus dem Parteienstreit herausgehalten werden, weil eine Änderung nur im breiten Konsens möglich ist.

Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben mit dieser Festschreibung und der herausgehobenen Stellung als Verfassungsnorm den hohen Rang des Wahlrechts in unserer repräsentativen Demokratie gewürdigt; denn das Wahlrecht ist, um es mit dem Bundesverfassungsgericht zu sagen, das „vornehmste Recht“ der Bürgerinnen und Bürger im demokratischen Staat. Für uns als CDU-Fraktion gilt das uneingeschränkt auf allen Ebenen, also im Bund, im Land und in den Kommunen.

Nun werden die unter 18-Jährigen in unserer Rechtsordnung durchgängig besonders geschützt. Das klang eben bereits an, zum Beispiel bei der Geschäftsfähigkeit, bei der

persönlichen Schadensersatzhaftung und im Strafrecht. Ich frage Sie: Wollen Sie an diesem System etwas ändern? Wollen Sie dieses System, das die Jugendlichen schützt, wirklich abschaffen? Wir als CDU-Fraktion wollen das nicht.

(Beifall der CDU)

Wir gehen davon aus, dass sich die Rechtsordnung etwas dabei gedacht hat. Da sich vorhin von Ihnen niemand gemeldet hat, unterstelle ich einmal, Sie wollen dieses Schutzsystem auch nicht grundsätzlich ändern.

Sie müssen dann aber auch begründen, warum jugendliche Minderjährige in besonderer Weise geschützt oder in manchem, das sie tun und lassen wollen, eingeschränkt werden. Alle, die dafür sind, dieses Schutzsystem beizubehalten – das ist auch die Begründung der Rechtsordnung – sehen es also so, dass Minderjährige noch nicht immer in gleicher Weise wie Erwachsene die Folgen ihres Tuns überblicken können und vielleicht auch leichter beeinflussbar sind.

Das ändert überhaupt nichts an dem Respekt, den jene, die das so einschätzen – also unsere Rechtsordnung –, allen Jugendlichen zollen, die sich mit viel Schwung und Herzblut für ein Thema einsetzen, beispielsweise bei den Freitagsdemonstrationen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun. Es ist aber diese Erkenntnis, wonach Minderjährige besonders schutzwürdig sind. Dem stellen wir uns.

(Beifall der CDU)

Wenn es so ist, dass wir eigentlich einen Konsens darüber haben, dass die Jugendlichen die Tragweite ihres Tuns nicht immer so gut einschätzen können wie Erwachsene, dann wäre es doch ein Wertungswiderspruch, wenn wir auf der anderen Seite gleichzeitig diesen, von uns als besonders schutzwürdig erachteten Minderjährigen, das vornehmste Recht in der Demokratie zur Ausübung überlassen. Das passt nicht zusammen, zumindest dann nicht, wenn man das Wahlrecht auf kommunaler Ebene ernst nimmt.

(Abg. Steven Wink, FDP: Falsch!)

Nun kommt der nächste Punkt. Ihnen geht es doch eigentlich gar nicht nur um das Wahlalter bei Kommunalwahlen. Sie wollen in Wirklichkeit auch bei Landtagswahlen das Wahlalter senken. So steht es in Ihrem Koalitionsvertrag, und so hat es die Kollegin Schellhammer in ihrer Kleinen Anfrage deutlich bestätigt.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Wahrscheinlich aus Sorge vor zu viel Gegenwind schneiden Sie jetzt lieber eine dünnere Salamischeibe; denn vom Timing her wäre es völlig in Ordnung gewesen, auch das andere zu fordern.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wir wollen Euch entgegenkommen, wir wissen, Ihr seid schnell überfordert!)

Das hätte Sie dann aber genau zu diesem Problem ge

führt, nämlich sagen zu müssen: Warum kann jetzt auf einmal der Minderjährige wählen? Ist das so einfach? Bedarf diese Entscheidung bei einer Landtagswahl weniger Einsichtsfähigkeit als bei einem Handyvertrag? – Das hätten Sie beantworten müssen.

Noch ein Punkt zu Greta: Bei den Freitagsdemonstrationen marschieren oder laufen auch Jugendliche mit, die vielleicht jünger als 16 Jahre sind.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Heute marschieren sie nicht mehr, das ist gut so!)

Die Frage ist doch, warum gerade 16? – Vorhin sprach der Kollege Ruland die Religionsmündigkeit mit 14 an. Warum nicht 14? – Meine Damen und Herren, wenn Sie für das Wahlalter von einem anderen Alter als der Volljährigkeit ausgehen, wird alles andere willkürlich. Das wollen wir nicht machen.

(Beifall der CDU und der AfD – Abg. Michael Hüttner, SPD: Das haben Sie damals schon gesagt, als das Wahlalter auf 18 gesenkt wurde!)

Deswegen sage ich: Selbst wenn es politisch jetzt vielleicht bequem wäre, es wäre nicht richtig, Ihrem Vorschlag aus den genannten Gründen zu folgen. Es wäre nicht richtig.

(Glocke der Präsidentin)

Hören Sie auf die Jugendlichen, auch in den vielen Schülergruppen; vorhin kamen die Beispiele. Fragen Sie sie. Sie werden erleben, viele Minderjährige sehen das wie wir.

(Abg. Steven Wink, FDP: Falsch! Falsch!)

Ich fordere Sie auf: Vertrauen Sie doch einmal diesen kritischen Jugendlichen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und der AfD – Zuruf aus dem Hause: Das war mal!)

Zu einer Kurzintervention auf diesen Redebeitrag hat sich der Abgeordnete Ruland gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Lieber Kollege Dr. Martin, ich schätze Sie wirklich sehr als Kollegen, das wissen Sie. Allerdings muss ich einige Ihrer Ausführungen geraderücken und klarstellen.

Erstens: Es ist schön, dass die Junge Union eine klare Positionierung hat. Die Mehrheit der jungen Menschen wird in diesem Land vom Landesjugendring vertreten, der sich einstimmig für ein kommunales Wahlalter ab 16 ausgesprochen hat.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Der Landesjugendring! Darin sitzt die DITIB! – Zurufe von der CDU)

Das wäre die erste Botschaft.

Die zweite Botschaft ist: Sie mögen sich in Ihrer – verzeihen Sie den Ausdruck – Sonntagsrede, in Ihrem Elfenbeinturm weiter einmauern, aber Folgendes ist Fakt: Die Ampelkoalition hat der Union im letzten Herbst mit einem Schreiben ein Angebot gemacht, über diese Frage außerparlamentarisch zu sprechen.

(Abg. Martin Haller, SPD: So sieht es aus! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Hört, hört!)

Wir mussten mehrfach bei Ihnen nachfragen, damit Sie überhaupt zum Gespräch erschienen sind, Herr Kollege Baldauf.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist eine Frechheit! Ich habe einen Antrag bekommen! Was soll der Blödsinn? – Unruhe bei der CDU)

Nein, das stimmt nicht. Das ist nicht wahr.

(Abg. Martin Haller, SPD: Genau so war es! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ich weigere mich nie bei Terminen! Nehmen Sie das zurück! Eine Anfrage!)

Nein, wir haben Ihnen im Herbst ein Schreiben geschickt.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Euch geht’s zu gut! Ihr seid doch nicht ganz frisch! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Vorsicht! – Weitere Zurufe von CDU und SPD)

Es tut mir leid, wenn Sie sich aufregen, aber das ist eben die Wahrheit. Wir haben Ihnen im Herbst dazu ein Schreiben geschickt.

(Unruhe im Hause – Glocke der Präsidentin)

Einen kleinen Moment bitte, Herr Abgeordneter Ruland.

Wir mäßigen uns im Sprachgebrauch. Danke schön.