Protokoll der Sitzung vom 29.03.2019

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SPD und FDP – Zuruf der Abg. Simone Huth-Haage, CDU)

Politik braucht einen langen Atem. So ist es leider auch beim Wahlalter mit 16 Jahren. Wir werden nicht müde werden, es anzusprechen. Es ist ganz klar, dass es keine rechtlichen Hürden gibt. All diese Diskussionen über Altersgrenzen sind doch nur vorgeschobene Argumente. Die CDU hat sich mit dieser Argumentation in eine Sackgasse bugsiert. So ist es leider.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Aus dieser Sackgasse kommen Sie mit Ihrer Blockade nicht heraus. Ich sage gerade als Grüne, wir hätten Ihnen wirklich sehr gerne eine Brücke gebaut.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Eine „Grünbrücke“!)

Eine „Grünbrücke“, genau.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Bauen Sie erst einmal eine Mittelrheinbrücke!)

Wir haben die politische Bildung in Rheinland-Pfalz massiv ausgebaut. Ich sage ganz ehrlich, für uns war es nie eine Grundvoraussetzung, warum wir das Wahlalter senken würden. Aber nichtsdestotrotz haben wir die politische Bildung gestärkt. Wir werden den Sozialkundeunterricht ausweiten. Das wäre eine Brücke gewesen, über die Sie hätten argumentativ gehen können. Ich verstehe nicht,

warum Sie sich mit dieser Blockadehaltung in Ihre Sackgasse bugsieren.

Wir werden aber so lange und hartnäckig argumentieren, bis Sie aus dieser Sackgasse herauskommen. Das kann ich Ihnen hier an dieser Stelle versprechen.

Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie Angst vor den 16- und 17-Jährigen haben. Ich glaube, eine große Volkspartei könnte sich der Herausforderung stellen und sagen, wir versuchen diese Wählerinnen und Wähler – wenn sie irgendwann Wählerinnen und Wähler sind – zu gewinnen. Es tut doch nicht weh, dass diese Menschen künftig wählen könnten.

(Glocke der Präsidentin)

Das ist ein Aspekt, der sich wirklich geändert hat. Elf andere Bundesländer haben diese Erfahrung gemacht. Nutzen wir diese Erfahrung, und geben wir den jungen Menschen in Rheinland-Pfalz endlich eine Stimme.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatssekretärin Steingaß.

(Abg. Matthias Lammert, CDU: Der Minister spricht heute gar nicht mehr!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gerade in Vorwahlzeiten sind häufig folgende Sätze zu hören: Wer nicht wählen geht, verschenkt seine Stimme und lässt andere für sich entscheiden. – Oder: Aus Protest nicht zu wählen, ist keine Lösung. – Demokratie lebe vom Mitmachen.

Der Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zielt genau darauf ab, nämlich jungen Menschen von 16 und 17 Jahren die Möglichkeit zu geben, ihre Wahlentscheidung bei den Kommunalwahlen zu treffen. Wir sehen doch im Moment ganz deutlich, zum Beispiel beim Pulse of Europe, beim Klimaschutz und bei vielen anderen Themen, dass junge Menschen eine Haltung haben und gehört werden wollen.

Es ist den jungen Menschen nicht egal, in welcher Welt sie leben. Sie sind diejenigen, die den größten Teil ihres Lebens mit den Entscheidungen verbringen, die heute getroffen werden.

Die Interessen und das Engagement der Jugendlichen sind vielfältig. 16- und 17-Jährige interessieren sich nicht nur für die großen Themen. Sie engagieren sich auch ehrenamtlich in ihren Heimatsgemeinden, Sportvereinen, Kirchen und Hilfsorganisationen. Sie engagieren sich in zahlreichen Jugendorganisationen, politischen Parteien und kämpfen in Jugendvertretungen für ihre Überzeugungen.

Sie nehmen dabei zahlreiche Ämter und Funktionen wahr und füllen diese in den allermeisten Fällen mit einem hohen Maß an Engagement aus. In diesen Zusammenhängen müssen sie oftmals widersprüchliche Interessen gegeneinander abwägen. Genau dies ist der Kern unserer Demokratie.

In elf Bundesländern können Jugendliche ab 16 Jahren bei den Kommunalwahlen bereits wählen. In vier Ländern besteht sogar die Möglichkeit, dass Jugendliche ab 16 Jahren an den Landtagswahlen teilnehmen. Ihre Wahlbeteiligung unterscheidet sich dabei nicht wesentlich von der Altersgruppe der 18- bis 23-Jährigen.

Auch wählen sie nicht häufiger extreme Parteien als ältere Wahlberechtigte. Kurzum, auch den rheinland-pfälzischen 16- und 17-Jährigen ist die Wahlentscheidung durchaus zuzutrauen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Entscheidung ist den Jugendlichen nicht nur zuzutrauen, sondern ihre Wahlbeteiligung ist auch für unsere Demokratie – also für uns alle – von großer Bedeutung; denn das politische Interesse der Jugendlichen muss so früh wie möglich geweckt werden, um einer langfristigen Politikverdrossenheit vorzubeugen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wer an Wahlen teilnehmen darf, ist nicht in Stein gemeißelt. Erst vor gut 100 Jahren wurde das allgemeine Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt. Vor dem Juni 1972 lag das Wahlalter bei Bundestagswahlen noch bei 21 Jahren. Das passive Wahlrecht erlangte man sogar erst mit 25 Jahren. Niemand hier wird bestreiten können, dass sich seit 1972 unsere Gesellschaft, unsere Gesetze und die Verfassung weiterentwickelt haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich danke den Koalitionsfraktionen für ihren erneuten Vorstoß, das Wahlalter bei Kommunalwahlen abzusenken.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gerne!)

Danke schön.

Die Landesregierung schließt sich den vorgetragenen Argumenten uneingeschränkt an. Wir bedauern es, dass die 16- und 17-Jährigen nach heutigem Stand an den Kommunalwahlen im Mai nicht teilnehmen können.

Es ist notwendig, dass wir das Wahlrecht ein weiteres Mal an die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen und den jungen Menschen zwischen 16 und 18 Jahren ihre Stimme bei den Kommunalwahlen lassen. Dies wäre ein Ausdruck von Respekt und Wertschätzung, und es wäre an der Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die antragstellenden Fraktionen haben die Ausschussüberweisung beantragt, und zwar an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz. Wir diesem Vorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke.

(Zurufe von der SPD)

Moment, dann machen wir das noch einmal.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich möchte ein eindeutiges Bild haben. Wer der Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD beschlossen.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

Polizeiliche Kriminalstatistik optimieren – Transparenz fördern Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/8670 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Für die AfD-Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Junge.

Frau Präsidentin, meine Kolleginnen und Kollegen! Wesentlicher Bestandteil einer stabilen Inneren Sicherheit ist eine gut aufgestellte Landespolizei, die sowohl in der repressiven wie auch in der präventiven Kriminalitätsbekämpfung auf umfassende Informationsquellen zurückgreifen kann. Eine der wichtigsten Informationsquellen ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Diese wird sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene geführt. Während die Bundes-PKS einheitlichen Erfassungs- und Qualitätskriterien unterliegt, haben die Länder einen gewissen Spielraum, ihre Statistiken inhaltlich zu erweitern, oder auch nicht.

Auch die rheinland-pfälzische PKS macht von diesem Spielraum Gebrauch, indem sie beispielsweise zusätzliche Auswertungen im Bereich der Beziehungsstraftaten oder Straftaten im Zusammenhang mit Schulen aufführt und auswertet. Dabei belegen wir aber im Ländervergleich noch lange keinen Spitzenplatz, sondern bewegen uns eher im Mittelfeld.

Nicht berücksichtigt werden in dieser PKS beispielsweise die Jugendgruppenkriminalität, politisch motivierte Straftaten und eine Erfassung des Tatmittels Messer. In anderen Länderstatistiken sind die Phänomenbereiche Rauschgiftkriminalität, Waffenkriminalität, der Mehrfachtäter oder

auch der nichtdeutschen Tatverdächtigen viel detaillierter dargestellt.

Was hält uns davon ab, hier deutlich nachzubessern? Interessieren uns diese Phänomenbereiche nicht? Ist es für unsere Innere Sicherheit weniger oder gar nicht relevant, wie ausgeprägt die politische Kriminalität, die Jugendgewalt ist und wie viele Menschen durch Messerangriffe zu Schaden kommen? Ich denke schon.

Wer mit Informationsvorbehalt arbeitet, hat meist etwas zu verbergen. Wird hier die Statistik nicht etwa als Abbild der realistischen Fakten verstanden, sondern als Instrument politischer Indoktrination, wenn unliebsame Tatsachen verschleiert werden?

Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität kommt einem natürlich der Gedanke, dass die mit Linksextremisten sympathisierenden Kollegen von SPD und Grünen gar kein besonderes Interesse daran haben, ihre ideologischen Mitstreiter und Mithelfer durch die PKS entlarvt zu sehen.

(Beifall der AfD)