Protokoll der Sitzung vom 29.03.2019

Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Wieland das Wort.

Das ist eine schöne Diskussion, weil endlich einmal grundsätzliche Unterschiede deutlich werden. Im Unterschied zur SPD ist unser Fokus nicht zuerst auf die Verteilung gerichtet. Bevor etwas verteilt werden kann, muss die Industrie dafür sorgen, dass es erwirtschaftet wird.

(Beifall der CDU und des Abg. Jürgen Klein, AfD – Abg. Alexander Licht, CDU: Das sagt auch Herr Wissing!)

Das ist ein Kern. Die Diagnose ist Voraussetzung, sie ist Grundlage und unabdingbar, aber dabei bleibt es nicht. Wir haben schon gehört, was die Kernpunkte sind und in welche Richtung sie gehen. Das freie Spiel der Kräfte gibt es nie, selbst Friedrich Engelhorn ist nicht durch Zufall in Ludwigshafen gelandet, sondern weil er in Mannheim abgelehnt wurde. Auch das ist ein Eingriff.

(Beifall der CDU)

Das Internet wäre ohne staatlichen Eingriff nicht entstanden, wenn im Jahr 1966 der Chef der Forschungsabteilung des amerikanischen Verteidigungsministeriums nicht 1 Million US-Dollar hätte lockermachen können. Ähnliches gilt für GPS, für Siri, für Touchscreens. Ja, es gibt solche Augenblicke und Schlüsseltechnologien, bei denen zusätzliche Finanzspritzen nötig sind. Ja, meiner Meinung nach ist auch die Künstliche Intelligenz ein solcher Punkt. Wir sind bei dieser seitens der Forschung in Deutschland und insbesondere in Rheinland-Pfalz sehr gut aufgestellt, aber es hapert an der Umsetzung.

Ein Beispiel ist die Firma iTAC, die an der Smart Factory beteiligt ist und wesentliche Grundlagen für die Anwendung von Industrie 4.0 erforscht und wissenschaftlich aufgearbeitet hat. Sie hatte große Probleme, einen Testfall in der Industrie zu finden. Sie hat diesen jetzt gefunden, allerdings leider in Hessen. Dort wäre vielleicht ein kleiner Eingriff sinnvoll gewesen, um einen Partner in RheinlandPfalz zu finden.

(Beifall der CDU)

Eine kurze Anmerkung noch zum Thema „Vielfalt“. Vielfalt hat auch etwas mit unterschiedlichen Größen zu tun.

(Glocke des Präsidenten)

Rheinland-Pfalz lebt von diesen unterschiedlichen Größen der Unternehmen. Wir brauchen auch unsere Großunternehmen; unsere Aufgabe ist es auch, die Zukunft der Großunternehmen zu sichern. Gerade die BASF als unser größtes Unternehmen liegt genau im Fokus des Bundeswirtschaftsministers. Die Batteriezellenproduktion hat viel mit der BASF zu tun.

(Glocke des Präsidenten)

Diskutieren wir mit der BASF und mit dem Wirtschaftsministerium.

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das ist wichtig!)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Joa.

Geehrter Präsident, liebe Kollegen! Ich möchte noch ein anderes Argument in die Debatte einbringen, nämlich das Thema der Mentalität, die in Deutschland und Europa mittlerweile herrscht.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ideologie!)

Viele Parteien und Teile der Bürger haben eine Art – wie soll ich es ausdrücken? – passive Versorgungsmentalität. Wir müssen klarstellen, dass der Staat nicht allmächtig und nicht für den Einzelnen zuständig ist, sondern dass Leistung zählt.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gebt das mal an Eure Wähler weiter!)

Herr Dr. Wissing, die soziale Marktwirtschaft ist ein Erfolgsmodell, aber es muss auch klar sein, dass Werte erst einmal geschaffen werden müssen: Mehrwerte, der Wettstreit der Ideen, neue und erfolgreiche Geschäftsmodelle.

Wir müssen natürlich eines sehen: Der Zeitfaktor spielt eine Rolle. Wenn Sie sich ansehen, was beispielsweise gerade im Technologiebereich, gerade im Bereich der Startups, in den USA oder China mittlerweile entstanden ist, dann muss man leider konstatieren, dass wir ein Stück weit den Anschluss verloren haben.

Microsoft wurde damals in einer Garage gegründet, genauso wie Apple und Amazon. Wenn man einmal rein auf die Börsenkapitalisierung blickt, dann zeigt das schon eine erste Indikation, wohin die Reise aktuell geht: Microsoft hat einen Börsenwert von 794 Milliarden US-Dollar, Apple von 788 Milliarden US-Dollar, Amazon von 769 Milliarden USDollar. Das sind alles Firmen, die vor 10, 15 oder 20 Jahren noch gar nicht existierten.

Zum Vergleich: BASF hat einen Börsenwert von 60 Milliarden Euro, Daimler von 54 Milliarden Euro, RWE von 14 Milliarden Euro und SAP, der nationale Spitzenreiter, von 124 Milliarden Euro. Allein die Barreserven der großen US-Techs würden ausreichen, um mehr als den halben DAX auf einmal zu kaufen.

Man sieht, Innovation und Leistungsorientierung zahlen sich aus. Bei den Problemen, die wir im Land haben,

(Glocke des Präsidenten)

ich komme zum Ende – müssen wir ein Stück weit die Mentalität anpassen. Wir haben zu hohe Steuern, wir ha

ben eine ausufernde Bürokratie, und es muss schon in den Schulen klar sein: Der Staat sorgt nicht für mich, sondern ich muss auf eigenen Beinen stehen. Setzen wir also attraktive Rahmenbedingungen, und verlassen wir die Komfortzone.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Dr. Braun das Wort.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Er verlässt jetzt auch die „Komfortzone“!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rheinland-Pfalz ist das Land des Mittelstands und der Innovation. Darauf sind wir stolz. Ich glaube, das tragen wir alle gemeinsam mit. Das ist die Grundlage, auf der unsere Wirtschaftspolitik stattfindet.

Ich glaube aber, heutzutage können wir nicht mehr sagen, wir wissen nicht, wohin sich die Welt und die Wirtschaft entwickeln. Das muss die Wirtschaft alleine sagen. Man muss tatsächlich ergänzen – das kam jetzt ein wenig zu kurz –, dass wir genau wissen, dass wir dann, wenn wir so weiterwirtschaften wie bisher – wir stehen kurz vor der Wand –, mit hoher Geschwindigkeit an die Wand fahren, nicht allein sozial, aber eben auch ökologisch. Der Klimawandel und die Klimakatastrophe, die uns bevorsteht, brauchen natürlich Rahmenbedingungen. Wir können nicht mehr sagen, die Wirtschaft wird es schon regeln. Das wird nicht gehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Ich habe gestern das Angebot der CDU so verstanden, dass sie – so hoffe ich es – jetzt auch ökologische und nachhaltige Rahmenbedingungen in der Wirtschaft haben möchte. Wir haben in Rheinland-Pfalz natürlich einen Großkonzern, der jetzt selbst sagt, er will Wachstum ohne CO2-Wachstum haben. Das ist richtig und wichtig. Wir haben aber beispielsweise gestern gehört, es gibt Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene. Da muss es stattfinden.

Das Einwegplastikverbot auf europäischer Ebene ist nicht nichts. Das muss man regeln. Es müssen sowohl kleine als auch große Unternehmen wissen, unter welchen Rahmenbedingungen wir uns in diesen Tagen in der Wirtschaft entwickeln. Dann muss ich wissen, dass es kein Zukunftsweg ist, Plastikeinweggeschirr zu produzieren, sondern das wird nicht weitergehen. Es ist richtig so, dass wir solche Schranken, Barrieren und Leitplanken in der Wirtschaft setzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und CDU)

Dafür stehen wir alle ein. In diesen europäischen und hof

fentlich auch weltweiten Schranken darf und muss dann die Innovation frei stattfinden. Da finde ich auch, es ist nicht richtig, große Konzerne wie BASF besonders zu beglücken, weil sie 4 Milliarden Euro Gewinn im Jahr machen und tatsächlich die Forschung auch selbst zahlen können. Es ist gut, wenn wir die Freiheit für die Forschung eröffnen,

(Glocke des Präsidenten)

aber finanziell müssen wir sie garantiert nicht unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist der erste Teil der Aktuellen Debatte beendet.

Wir kommen zum zweiten Thema der

AKTUELLEN DEBATTE

Klimaschutz konsequent voranbringen – der jungen Generation eine Zukunft geben auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/8701 –

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hartenfels das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir sind in der Situation, dass unsere junge Generation zurzeit massiv auf die Straße geht, weil sie vor dem Hintergrund des Klimawandels ihre Zukunft bedroht sieht. Sie demonstrieren mit dem Ruf: „Wir sind jung, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“ Aus dieser Bewegung ist eine weltweite Bewegung geworden, was bei dem Thema nicht wundert. Das haben wir zum Anlass genommen, diese Aktuelle Debatte zu beantragen, weil wir im politischen Raum innehalten und prüfen sollten, wo wir stehen. Ist diese Forderung, ist diese Angst berechtigt? Wo müssen wir an welchen Stellen nachlegen?

Wenn ich mir die Bundesebene anschaue, so müssen wir leider konstatieren, dass Frau Merkel an vielen Stellen der Energiewende Stillstand verordnet hat. Ich möchte einige Beispiele nennen. Beispiel Photovoltaik und Solarenergie: Schon im Jahr 2014 wurde durch die Änderung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz die Photovoltaikbranche in die Krise getrieben. Wir hatten stark rückläufige Ausbauzahlen. Erst jetzt erholt sich die Branche ein wenig, und wir können ein Stück weit wieder aufholen.

Beispiel Windkraft: Die Umstellung hin zum Ausschreibungssystem hat dazu geführt und wird weiter dazu führen, dass die Windkraft in den Ausbauzahlen stark zurückgeht, sich vor allem falsch regional verteilt. Wir brauchen Windkraft nämlich nicht zuallererst in den nördlichen Bundeslän