Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Die meisten Petitionen – das wurde schon gesagt – stammen in diesem Jahr wieder aus dem Bereich Justizvollzug und gleich gefolgt vom Bereich Soziales. Dazu gehören Probleme im Krankenversicherungsrecht, die bei der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Bürgerbeauftragten angesprochen wurden. Die Themen „Beitragsschulden“ und „Notversorgung“ nehmen dabei einen immer bedeutenderen Raum ein.

24 Außensprechtage wurden im ganzen Land angeboten, ein niedrigschwelliges Angebot, das Bürgernähe garantiert. Dabei musste aufgrund der hohen Nachfrage in der JVA Wittlich sogar außerplanmäßig ein zweiter Sprechtag angeboten werden.

Die Personalsituation in den Justizvollzugsanstalten wird im Berichtsjahr als kritisch eingestuft. Das ist keine neue Entwicklung und fiel auch in den vergangenen Jahren negativ auf. Allein Abhilfe geschaffen wurde hier seitens der Landesregierung nicht.

Die Bürgerbeauftragte merkt in ihrem Bericht an, dass sie die Entwicklung aufmerksam verfolge und dem Justizministerium die ihr geschilderten Umstände spiegele. Zu einer Verbesserung hat das bisher leider nicht geführt. Eine Arbeitsatmosphäre, die durch permanente Überbelastung der Bediensteten geprägt ist, widerspricht dem Grundsatz der Fürsorgepflicht des Landes als Dienstherr. Deshalb fragen wir uns, wie lange die Landesregierung diese Situation noch auf dem Rücken der Bediensteten aussitzen will.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heribert Friedmann, AfD)

Die Bürgerbeauftragte stellt fest, die hohe Arbeitsbelastung zur Kompensation der Ausfälle sei den Bediensteten anzumerken, wie sich an den steigenden Krankheitszahlen widerspiegele.

Hohe Krankenzahlen bedeuten aber wieder zusätzliche Ausfälle, die es durch eine hohe Übernahme von Zusatzdiensten auszugleichen gilt. Gleiches gilt übrigens auch für die Staatsanwaltschaften, die es kaum schaffen, die anliegenden Fälle abzuarbeiten. Das führt natürlich auch dazu, dass teilweise kleinere Verfahren eingestellt werden. Die Geschädigten können das meist überhaupt nicht nachvollziehen. Wir fordern deshalb auch in diesem Jahr die Landesregierung auf, den Bericht der Bürgerbeauftragten zum Anlass zu nehmen, den Justizdienst und die Staatsanwaltschaften so auszustatten, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können, ohne dass dazu immense Über

stunden anfallen.

(Beifall der CDU)

Auch in diesem Jahr möchte ich besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz und des Justizvollzugs danken. Sie üben keine leichte Tätigkeit aus und versehen jeden Tag unter schwierigen Bedingungen ihren Dienst.

(Beifall der CDU)

Interessant sind auch die Eingaben aus dem Bereich Steuern und Abgaben. Bei vielen Fragen geht es um die Beitragspflicht von Grundstücken bei der Erhebung von Ausbaubeiträgen.

(Abg. Thomas Weiner, CDU: Hört, hört!)

In einem von der Bürgerbeauftragten geschilderten Fall ging es um eine nur wenige 100 m lange Straße, an der 17 teilweise unbebaute und schwer verkäufliche Grundstücke lagen. Die Grundstückseigentümer waren hauptsächlich Rentner und junge Familien, die die großen Summen nicht aufbringen konnten, die im Vorfeld errechnet wurden.

Im Gespräch mit dem zuständigen Bürgermeister konnte in diesem konkreten Fall eine Lösung gefunden werden, indem die Maßnahme abgespeckt wurde. Aber es gibt in Rheinland-Pfalz eine Vielzahl von anderen, ähnlich gelagerten Fällen, die nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen. Im Eigenheim zu wohnen heißt nicht automatisch, dass man ein hohes Einkommen hat. Tatsache ist, dass viele Personen mit geringem Einkommen zur Zahlung der Ausbaubeiträge herangezogen werden.

Im Bereich von Leistungen von Hartz IV und Sozialhilfe nahmen die Kosten der Unterkunft und Heizung einen besonderen Raum ein. Auch die Petitionen wegen der Erteilung des Merkzeichens „aG“, einer „außergewöhnlichen Gehbehinderung“, fallen in diesen Bereich. Die subjektiven Wahrnehmungen der Petenten ist meist eine völlig andere als die objektive Bewertung der Behörde, die eben keine anderen Kriterien anlegen kann als die objektiven. Das Feld Hartz IV und die Grundsicherung bleiben ein schwieriges Problemfeld. Die vorhandenen Regelungen sind vielfach kompliziert und daher kaum ohne weitere Erklärung zu verstehen oder nachzuvollziehen.

Neu eingerichtet wurde bei der Bürgerbeauftragten die Stelle einer Ombudsschaft für die Kinder- und Jugendhilfe. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, sich niedrigschwellig an eine Stelle wenden zu können, die bei Problemen helfen kann. Es muss abgewartet werden, wie sich die Fallzahlen gestalten. Insofern können wir schon auf den Bericht der Bürgerbeauftragten im kommenden Jahr gespannt sein.

Neben all den Themen, die angesprochen wurden, bei denen es aber die Zeit nicht zulässt, dass man sie im Einzelnen aufgreift, bleibt zusammenfassend festzustellen, dass die Bürgerbeauftragte auch weiterhin die wichtige Aufgabe wahrnimmt, Bürgerinnen und Bürgern außerhalb der Verwaltung Rat und Hilfe anzubieten. Im Namen der CDU-Fraktion bedanke ich mich für die konstruktive und

sachorientierte Zusammenarbeit mit Ihnen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ich habe es bereits erwähnt. Danken möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen aus dem Petitionsausschuss und der Strafvollzugskommission, selbstverständlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung. Auch das wurde vorhin schon angesprochen.

Zum Schluss geht ein ganz besonderer Dank an Fredi Winter, der uns nächsten Monat verlassen wird. Wir haben noch eine auswärtige Sitzung und insofern auch noch die Möglichkeit, dort Abschiedstränen zu vergießen. Sein kollegialer Leitungsstil, der stets an der Sache orientiert war, die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit und nicht zuletzt sein Humor werden uns fehlen.

Für den neuen Lebensabschnitt wünschen wir Dir alles Gute, bleib gesund und genieße die neue Freiheit ohne verpflichtende Termine und mehr Zeit mit Deinen Lieben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Nächster Redner in der Aussprache ist der Abgeordnete Denninghoff von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Schleicher-Rothmund! Ich hatte auch in den letzten beiden Jahren schon die Gelegenheit, im Plenum anlässlich des Jahresberichts d e s Bürgerbeauftragten zu sprechen, und das ist mir auch in diesem Jahr wieder eine große Freude. Es ist mir sogar eine besondere Freude, dass nun, nach über vier Jahrzehnten, zum ersten Mal eine Frau die Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz ist.

Ganz besonders freue ich mich, dass unsere geschätzte Kollegin Barbara Schleicher-Rothmund dieses Amt bekleidet, die als erfahrene Parlamentarierin und langjähriges Mitglied im Petitionsausschuss für diese Aufgabe gut gerüstet ist und sie mit ihrem Team unter tatkräftiger Unterstützung ihres Stellvertreters Hermann Linn erfolgreich ausführt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nun erschienene erste Jahresbericht d e r Bürgerbeauftragten liegt vor, und ich möchte heute auf einen besonderen Fall eingehen. Es handelt sich um eine schwierige Thematik: Kindeswohl und Strafvollzug.

Unbestritten ist, dass Kinder immer auch unter der Haftstrafe eines Elternteils leiden, sei es, dass Papa oder Mama aus ihrem Familienalltag verschwinden, sie bei nahen Verwandten aufwachsen oder in einer Pflegefamilie untergebracht werden, oder, wenn sie noch Kleinkinder sind, sie mit ihren verurteilten Müttern im Mutter-Kind-Vollzug leben.

Im vorliegenden Fall war eine Frau mit ihrem Kleinkind im offenen Mutter-Kind-Vollzug in der JVA Frankfurt. Dort arbeitete sie tagsüber, das Kind konnte den Kindergarten besuchen. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes beantragte die Mutter den sogenannten Hausfrauenvollzug. Bei diesem leben die Kinder nicht mit der Mutter in der Haftanstalt, sondern die Mutter kann die Kinder tagsüber zu Hause betreuen, und abends kehrt sie in die JVA zurück. Hierfür sollte die Frau in eine heimatnahe Einrichtung verlegt werden. Dieses Anliegen wurde seitens der Behörden durchaus wohlwollend gesehen, die Gefangene wurde als hierfür geeignet beurteilt.

Nun ereigneten sich jedoch mehrere Dinge vor dem Antritt des genehmigten offenen Vollzugs. Die Eheleute trennten sich, die Familie erhielt eine Räumungsklage für die Wohnung, und es kamen mehrere gesundheitliche Problemstellungen hinzu. Dies führte dazu, dass die Mutter einer vereinbarten Ratenzahlung zu spät nachkam. Dadurch wurde eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe widerrufen, und der Haftantritt drohte.

Da somit die Verlegung in den offenen Vollzug gefährdet war, wendete sich die Frau an das Büro der Bürgerbeauftragten. Die Mutter hatte sich inzwischen um eine neue Wohnung und eine Teilzeitarbeit gekümmert; außerdem trug eine Familienhilfe zur Besserung der Situation bei. Durch den Einsatz der Bürgerbeauftragten konnte tatsächlich erreicht werden, dass die Mutter eine Woche nach Strafantritt in die heimatnahe JVA verlegt wurde und ihre beiden Kinder im sogenannten Hausfrauenvollzug betreuen konnte.

Warum trage ich Ihnen diesen Fall heute vor? – Weil er für mich zeigt, wie Resozialisierung funktionieren kann und das Kindeswohl seinen hohen Stellenwert auch im Strafvollzug behält.

Schließlich noch eine Anmerkung zu Frau Kollegin Meurer: Die Ausbildung und die Besetzung der Stellen dauert ihre Zeit. Wir sind auf einem guten Weg. Ihren Pessimismus teile ich nicht.

(Abg. Elfriede Meurer, CDU: Aber es dauert zu lange!)

Dies war nur ein einzelner Fall, der an das Büro der Bürgerbeauftragten herangetragen wurde. Ich möchte mich nicht nur für den Einsatz bei diesem Fall, sondern für den Einsatz bei allen anderen der über 1.800 Anliegen bei Dir, liebe Barbara, und Deinem Team bedanken. Das erste Amtsjahr als Bürgerbeauftragte liegt hinter Dir; aber ich bin mir sicher, dass sich in diesem und auch in den nächsten Jahren viele Menschen vertrauensvoll an sie wenden werden.

Nicht nur bei der Bürgerbeauftragten und ihrem Team möchte ich mich bedanken, sondern auch bei allen anderen, die am Gelingen dieser Aufgaben beteiligt sind: bei der Landtagsverwaltung sowie den Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss.

Meine Damen und Herren, auch in diesem Jahr steht wieder ein Wechsel an. Wie der Abgeordnete Fredi Winter schon in seinem Bericht angekündigt hat, war dies sein

letzter Bericht als Vorsitzender des Petitionsausschusses in diesem Hause. Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen und Dir danken. Lieber Fredi, vielen Dank für Deine kollegiale Führung des Petitionsausschusses.

(Beifall im Hause)

Du hast für ein harmonisches Miteinander gesorgt. Immer stand für Dich der Mensch im Mittelpunkt. Jeden Fall und jedes Anliegen nahmst Du ernst, und doch konntest Du mit Deiner auflockernden Art Spannungen beseitigen und Lösungen finden. Auch wir als SPD-Fraktion blicken auf viele gute gemeinsame Jahre. Ich gönne Dir Deinen wohlverdienten Ruhestand, aber im Parlament und im Petitionsausschuss wirst Du uns fehlen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Friedmann von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen – und nicht zuletzt, sehr geehrte Frau SchleicherRothmund! Ich bin erst seit Ende letzten Jahres für meine Fraktion in den Petitionsausschuss gekommen. Sehr überrascht hat mich bis heute, wie interessant dieser Ausschuss ist und wie dort gearbeitet wird. Mit „interessant“ meine ich die Vielfältigkeit der Themen, die dort behandelt werden.

Wenn ich mich mit den einzelnen Petitionen befasse und dementsprechend Gesetze und andere Vorlagen nachschlage, stelle ich immer wieder fest, dass es doch noch einiges gibt, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, aber als Sorgen und Nöte von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen wird.

Allein deshalb ist es sehr wichtig, dass es diese Einrichtung gibt, und vor allem, dass durch das Amt der Bürgerbeauftragten den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, was auch ein demokratisches Instrument ist, nachgegangen wird.

Auch die Zusammenarbeit im Petitionsausschuss läuft meines Erachtens hervorragend, und ich werde das Gefühl nicht los, dass gerade in diesem Ausschuss keine Fraktionen debattieren, sondern Mitglieder des Parlaments sich zusammen um die Belange der Bürgerinnen und Bürger kümmern.

Zum eigentlichen Bericht ist nicht mehr viel zu sagen; denn die dort eingebrachten Zahlen und Tätigkeiten wurden bereits erwähnt, und ich möchte das nicht wiederholen. Bemerken möchte ich jedoch, dass der Bericht sehr gut zu lesen ist und trotz der 134 Seiten alles sehr fundiert ist und keine Langeweile aufkommt.

Aber auch ich möchte darauf hinweisen, dass die überwie

gende Zahl der Petitionen aus dem Bereich Justizvollzug verringert werden könnte, wenn es genügend Stellen in den Justizvollzugsanstalten gäbe. Schon seit Jahren taucht dieses Problem in den Berichten auf, und dieses Problem muss von der Landesregierung ernsthaft angegangen werden.