Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Eines muss man auch sagen. Im Planungsrecht gilt: Bürgerbeteiligung – das ist klar – ist die vornehmste Pflicht der politischen Repräsentanten; denn Bürgerbeteiligung ist gerade im Planungsrecht informell. Das gehört dazu. Es wird bis ins kleinste Detail über Dinge informiert. Auch das ist Bürgerbeteiligung und Informationspolitik. Das geschieht in öffentlichen Sitzungen. Es ist wichtig, dass die entsprechenden Ratsmitglieder und Gemeinderäte in die Pflicht genommen werden.

Unsere rechtsstaatliche und freiheitliche Demokratie stellt den Repräsentationsgedanken in den Vordergrund. Das gilt auch für die Rationalität. Für uns ist das wichtig. Kompromisse sind daher nur in einer repräsentativen Demokratie möglich. Deswegen stehen wir hinter diesem Gedanken.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend sage ich Folgendes: Wir können es drehen und wenden wie wir wollen – wir haben es, wie gesagt, schon im Innenausschuss diskutiert –, wir haben den Eindruck, es geht Ihnen vor allem darum, die repräsentative Demokratie zu beschädigen und Missstimmung zu säen. Das werden wir so nicht mitmachen. Deswegen wird die CDU-Fraktion diesen Gesetzentwurf ablehnen.

Danke schön.

(Beifall der CDU und des Abg. Manfred Geis, SPD)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Abgeordneten Frisch das Wort.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz auf drei Punkte eingehen, die Herr Kollege Lammert angesprochen hat. Richtig, es gibt eine umfassende informelle Bürgerbeteiligung. Aber genau dann, wenn sie stattgefunden hat, wenn sich ganz viele Bürger, oft Bürgerinitiativen, innerhalb einer Kommune informiert, sich auseinandergesetzt, Argumente vorgetragen, mit der kommunalen Politik gesprochen haben, gerade dann sollte man am Ende einen Bürgerentscheid durchführen können; denn dann haben wir die Voraussetzung, dass sich die Bürger intensiv mit dem Thema beschäftigt haben.

Was spricht dagegen, diese Bürger, die sich eingebracht und engagiert haben, tatsächlich entscheiden zu lassen? Ich glaube, das Argument wendet sich sogar gegen Ihre eigene Position.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Quatsch!)

Ich komme zum Zweiten. Wenn Sie sagen, wir würden eine Mehrheitsmeinung annehmen, die nicht in den Räten abgebildet ist: Herr Kollege Lammert, das ist Fakt. Ich habe es in Trier erlebt. Es gab eine Stadtratsmehrheit gegen diese Tankstelle. Es gab eine überwältigende Mehrheit der Bürger für diese Tankstelle. Das heißt, es war faktisch so, dass die vor vier Jahren gewählte Bürgervertretung in dem Moment in einer aktuellen Frage, die bei der Wahl noch gar nicht zur Debatte stand, eine andere Position hatte als die große Mehrheit der Trierer Bürger.

Das ist weder verwerflich noch problematisch, sondern ist einfach so. Hier so zu tun, als ob es immer so sei, dass die Ratsmehrheit, die einmal festgestellt worden ist, in Zukunft immer den Mehrheitswillen der Bürger abbildet, ist schlicht lebensfremd.

(Beifall der AfD – Zuruf der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb brauchen wir in einzelnen Fällen Möglichkeiten direktdemokratischer Mitbestimmung.

Interessant ist auch der letzte Punkt, bei dem Sie von Minderheitenschutz reden. Das ist richtig. Ich denke, den Aspekt kann man nicht von der Hand weisen. Aber man muss natürlich die Frage stellen, ob ein solcher Minderheitenschutz immer in einem Rat gegeben ist. Auch hier würde ich sagen, ist es lebensfremd anzunehmen, dass nicht auch partikuläre Interessen, Lobbygruppen und andere Einflussmöglichkeiten innerhalb eines Rates bestehen.

Ich komme zu dem Punkt, den ich ausführlich beschrieben

habe, nämlich zu einer gewissen elitären Haltung, die besagt, gewählte Ratsmitglieder seien eher und besser in der Lage, solche Entscheidungen zu treffen als der normale Bürger.

(Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Sie haben davon gesprochen, repräsentative Demokratie gewährt Rationalität. Das finde ich eine sehr interessante Bemerkung. Gewährt denn ein Entscheid unserer Bürger dem Souverän unseres Staates keine Rationalität? Wenn Sie das so meinen, dann sagen Sie das doch den Bürgern.

(Beifall der AfD – Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Wir sind der Auffassung, dass gewählte Vertreter eine wichtige Aufgabe haben. Ich betone noch einmal, wir wollen es nicht gegeneinander ausspielen.

(Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tun Sie aber!)

Wir sind der Meinung, das ergänzt sich. Aber wir haben absolutes Vertrauen in unsere Bürger, dass sie bei wichtigen Themen, die ihre eigene Lebenswelt betreffen, eine vernünftige und rationale Entscheidung treffen können.

(Zuruf des Abg Dr. Adolf Weiland, CDU)

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sehr gut Michael, saustark! – Abg. Matthias Lammert, CDU: Ich verzichte!)

Vielen Dank, Herr Kollege Lammert.

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Stich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben es bei der ersten Lesung und im Innenausschuss schon ausgeführt. Wir sehen seitens der Landesregierung bei dem vorliegenden Gesetzentwurf keinen Änderungsbedarf der Gemeinderordnung – zumindest derzeit.

Durch das Landesgesetz zur Verbesserung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene hat der Landesgesetzgeber – das kommt mir in der Diskussion deutlich zu kurz – gute Rahmenbedingungen für das bürgerschaftliche Engagement gerade im kommunalen Bereich geschaffen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Guter Schnitt, aber nicht weit genug!)

Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen geben den Bürgerinnen und Bürgern heute vielfältige Möglichkeiten der Partizipation gerade auch bei den gemeindlichen Entscheidungsprozessen. Das gilt auch für den wichtigen Bereich der Bauleitplanung. Wir haben Beteiligungsmöglichkeiten, die reichen – das wurde schon erwähnt – von informellen Instrumenten wie Bürgerforen, Planungszellen, Werkstattgesprächen bis hin zu förmlichen Beteiligungsverfahren, die das Baugesetzbuch vorsieht.

Im Bauplanungsrecht haben wir eine komplexe und vielschichtige Materie. Wir müssen sehen, dass Bürgerbegehren und Bürgerentscheide nicht ohne Weiteres im gleichen Umfang geöffnet werden können, wie es in anderen Verfahren der Fall ist.

Planungsverfahren sind im Gegensatz zu vielen anderen kommunalen Verfahren auf einen längeren Zeitraum angelegt. Diese müssen über einen längeren Zeitraum unterschiedlichste Interessen gegeneinander gewichten und eine umfassende Abwägung gewährleisten. Die punktuelle und einen Ratsbeschluss ersetzende Entscheidung durch einen Bürgerentscheid kann das nicht immer – das sage ich bewusst – gewährleisten und wird dem oft nur eingeschränkt gerecht werden.

Das Verfahren eines Bürgerbegehrens mit einem sich daran anschließenden Bürgerentscheid ist grundsätzlich nicht gleich wie ein Ratsverfahren auf einen langfristigen Planungsprozess ausgerichtet. Das muss bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Bei Änderungen in dem Bereich müssen wir deswegen sensibel und behutsam vorgehen.

Auch die Erfahrungen aus anderen Bundesländern sollten hier eine Rolle spielen und in den Blick genommen werden. Des Weiteren – das haben meine Vorredner schon gesagt – müssen die Auswirkungen auf den Bereich der repräsentativen Demokratie berücksichtigt werden.

An der Stelle muss ich eines ganz klar herausstellen: Die Instrumente der direkten Bürgerbeteiligung – das war immer Sichtweise der Enquete-Kommission, wie ich sie verstanden habe – sollen die repräsentativen kommunalen Strukturen nur ergänzen, nicht ersetzen. Dementsprechend muss die Abwägung durchgeführt werden.

(Zurufe der Abg. Martin Haller, SPD, und Uwe Junge, AfD)

Noch ein ganz anderer Grund spricht gegen eine Öffnung der Bauleitplanung für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zum jetzigen Zeitpunkt. Frau Abgeordnete Schellhammer hat schon darauf hingewiesen. Durch das bereits mehrfach angesprochene Landesgesetz wurden die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in ihren Gemeinden ganz erheblich erleichtert, sie wurden erheblich ausgeweitet und punktuell sehr stark geschärft.

Das Gesetz ist zum 1. Juli 2016 in Kraft getreten. Es gilt, erst einmal abzuwarten, bevor wir weitere Reformen in diesem Bereich anstoßen. Es ist nicht zielführend, gerade im Bereich der Bürgerbeteiligung alle paar Jahre Veränderungen herbeizuführen, ohne im Vorfeld die Auswirkungen der vorangegangenen Gesetzesänderungen geprüft und

praktische Erfahrungen aus dem kommunalen Bereich gewürdigt zu haben. Genau das fehlt an dieser Stelle noch.

Ich habe es schon in der ersten Lesung gesagt und kann es heute nur wiederholen, weil es nach wie vor gilt: Der Gemeinde- und Städtebund lehnt die mit dem Gesetzentwurf angestrebten Änderungen der Gemeindeordnung ausdrücklich ab. Das müssen wir sehen und ausdrücklich betonen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich Sie noch über das bisherige Ausschussverfahren informieren. Wir hatten die erste Beratung in der 79. Plenarsitzung am 29. März 2019. Das Gesetz wurde federführend an den Innenausschuss und mitberatend an den Rechtsausschuss überwiesen. Die Ausschussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Wir kommen nun zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 17/8669 –. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Danke schön, Enthaltungen liegen nicht vor. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zum Erlass eines Körperschaftsstatusgesetzes sowie zur Änderung des Landesgesetzes über den Austritt aus Religionsgemeinschaften, des Kirchensteuergesetzes und des Hochschulgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/8964 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die Landesregierung bitte ich zunächst Herrn Minister Wolf um die Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land greift mit dem Entwurf eines Landesgesetzes zum Erlass eines Körperschaftsstatusgesetzes die Entwicklung im Religionsverfassungsrecht zeitgemäß auf.

Das Interesse von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an der Verleihung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus ist in der letzten Zeit deutlich gestiegen. Angesichts der zunehmenden Vielfalt von Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften ist es unerlässlich,