Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

(Beifall im Hause)

Ich rufe die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marion Schneid und Christof Reichert (CDU), Unterfinanzierung der rheinland-pfälzischen Hochschulen – Nummer 2 der Drucksache 17/9204 – betreffend, auf.

Wer trägt vor? – Frau Abgeordnete Schneid, bitte.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Wettbewerbsfähigkeit der rheinland-pfälzischen Universitäten, wenn zwischen dem finanzstärksten und dem finanzschwächsten Mitglied – die Universität Mainz – ein Finanzierungsunterschied von 40 % besteht?

2. Wie viele Stellen an den rheinland-pfälzischen Hochschulen sind bereits länger als 12 Monate vakant?

3. Wie haben sich die Preissteigerungen bei Büchern, Zeitschriften, Forschungsgeräten, im Energiebereich und bei der Digitalisierung im Vergleich zum Aufwuchs der Sachkostenansätze im Haushalt der Hochschulen in den vergangenen 15 Jahren entwickelt?

4. Aus welchen Gründen trifft die Landesregierung bislang keine Festlegung zum künftigen Landesanteil am Hochschulpakt?

Für die Landesregierung antwortet Staatsminister Professor Dr. Wolf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Schneid und Reichert beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1: Die rheinland-pfälzischen Universitäten sind wettbewerbsfähig und leistungsstark. Sie haben sich in den letzten Jahren hervorragend entwickelt. Die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit lässt sich beispielsweise dadurch belegen, dass sich die Drittmitteleinnahmen der Hochschulen in Rheinland-Pfalz in den letzten zehn Jahren auf 234,8 Millionen Euro im Jahr 2018 fast verdoppelt haben.

Im aktuellen Förderatlas der Deutschen Forschungsgemeinschaft belegt die Johannes Gutenberg-Universität in den Naturwissenschaften Platz 1, die Ingenieurwissen

schaften der Technischen Universität Kaiserslautern liegen bundesweit auf Platz 16. Dies als weiteres Beispiel.

Nicht zuletzt ist auch der Erfolg der Johannes GutenbergUniversität mit der Förderung des Exzellenzclusters PRISMAplus in der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern Ausweis der Forschungsstärke des Landes.

Zu Frage 2: Die Bewirtschaftung der Stellenpläne erfolgt durch die Hochschulen. Dabei bestehen Möglichkeiten der Umschichtungen zwischen den stellenplangebundenen und nicht stellenplangebundenen Budgets, sodass es keine aussagekräftige laufende Berichterstattung zu Vakanzen gibt. Dem Ministerium liegen weder Zahlen vor, wie viele Stellen über welche Zeiträume an den Hochschulen unbesetzt bleiben, noch können Aussagen darüber getroffen werden, aus welchen Gründen Stellen vakant bleiben.

Letztlich gibt es zahlreiche und höchst unterschiedliche Gründe, warum Stellen nicht zeitnah wiederbesetzt werden.

Zu Frage 3: In den letzten zehn Jahren sind die Zuführungen für Sachausgaben an die Globalhaushalte um 16,1 % von 42,3 auf 49,1 Millionen Euro gestiegen. Im gleichen Zeitraum stieg der Index der Verbraucherpreise um 12,6 %.

Natürlich gibt es im Warenkorb der Hochschulen einige spezifische Preisentwicklungen, beispielsweise die Energiekosten, die etwa aufgrund ihrer technischen Anlagen einige Hochschulen besonders betreffen, oder auch die Preise für E-Books oder Fachzeitschriften.

Selbstverständlich bleibt die Verbesserung der Finanzausstattung der Hochschulen ein langfristiges Ziel der Landesregierung.

Zu Frage 4: Zur Erläuterung dieses Sachverhalts erlauben Sie mir zunächst folgende Feststellung: Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren ihre vertraglichen Verpflichtungen, die sie mit Unterzeichnung des Hochschulpakts eingegangen ist, immer erfüllt. Bundesmittel, die für Hochschulen in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt werden, ergänzen wir in gleicher Höhe. Beleg dafür sind die jährlichen Berichte der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) zur Umsetzung des Hochschulpakts. Hier hat es keine Kritik oder Zweifel an den Landesausgaben von Rheinland-Pfalz gegeben.

Zudem möchte ich auf eine Studie der Autoren Henke und Pasternack zum Hochschulfinanzierungssystem aus dem Jahr 2017 hinweisen und kurz daraus zitieren: Lediglich in Brandenburg, Bremen, Hamburg und Rheinland-Pfalz wurden im Jahr 2013 mehr Mittel pro Studierenden ausgegeben als im Jahr 2004. – Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass nur vier Länder, darunter Rheinland-Pfalz, ihre laufenden Grundmittel überwiegend aus eigenen Mitteln gesteigert haben.

Die GWK hat nun vor nicht einmal zwei Wochen den Entwurf des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ als Nachfolgeprogramm des Hochschulpakts beschlossen. Über diesen Entwurf entscheiden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder am 6. Juni 2019. Wenn – ich bin da sehr zuversichtlich – auch die

Regierungschefinnen und -chefs der Vereinbarung zustimmen, wird die Landesregierung, wie auch in der Vergangenheit, ihren Beitrag leisten und die vertraglich vereinbarten Mittel bereitstellen.

So weit die Antwort der Landesregierung.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Reichert.

Herr Minister, eine Nachfrage im Bereich der Investitionen bei unseren Hochschulen. Wie gedenkt die Landesregierung den vorhandenen immensen Rückstau bei dringend notwendigen Investitionen abzubauen, und in welchem Zeithorizont soll das geschehen?

Das Thema der Investitionen hat verschiedene Felder, die zu berücksichtigen sind. Zum einen werden Investitionen an den Hochschulen über den Haushalt der Hochschulen getätigt, daneben gibt es seit Jahren ein Budget für Großgeräte, die einem besonderen Verfahren aufgrund ihres Finanzvolumens unterliegen, und zum anderen sind Investitionen immer verbunden mit den Baumaßnahmen im Land. Wir haben eine ganze Reihe von Baumaßnahmen in den letzten Jahren abgeschlossen. Es sind aber auch noch welche im Gang und aufgrund der Ausstattung auch mit Investitionen verbunden.

Darüber hinaus nur ein Beispiel dafür, dass die Hochschulen mittlerweile sehr erfolgreich in der Einwerbung von Mitteln für Forschungsbauten sowohl hier in Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität als auch an der Technischen Universität Kaiserslautern sind: An der Technischen Universität Kaiserslautern wird derzeit im Bereich der Naturwissenschaften ein Forschungsbau im Umfang von etwa 40 Millionen Euro erstellt mit hälftiger Finanzierung von Bund und Ländern, ein zweiter, im Wesentlichen im Bereich der Ingenieurwissenschaften, ist bereits positiv begutachtet und geht in die Planung, wiederum mit einem Volumen von über 40 Millionen Euro. Allein dies sind zwei Baumaßnahmen von knapp 100 Millionen Euro innerhalb von weniger als zehn Jahren.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schmidt.

Herr Minister, die Unterfinanzierung der Hochschulen ist das eine, eine effiziente Einsetzung der Mittel das andere. Deshalb meine Frage: Was unternimmt die Landesregierung, um tendenziell von einer viele Ressourcen verschlingenden Programmfinanzierung wegzukommen hin zu einer verlässlichen Grundfinanzierung der Hochschulen?

Gerade in Rheinland-Pfalz sind wir seit vielen Jahren den Weg gegangen, dass wir keine Detailsteuerung der Hochschulen durchführen, sondern mit den Hochschulen Zielvereinbarungen treffen, wie etwa im Bereich der Forschungsinitiative. Die Hochschulen definieren dann ihre Schwerpunkte selbst. In Abstimmung mit dem Ministerium werden die Zielvereinbarungen formuliert.

Dass dieses System der Zielvereinbarungen im Bereich der Forschung sehr gut wirkt, kann man ablesen – ich hatte es erwähnt – etwa an der Erhöhung der Drittmitteleinnahmen der Hochschulen, aber auch – das ist ein besonders signifikanter Parameter – an den strukturierten Förderungen, die erfolgreich eingeworben werden.

Ich möchte als Beispiel wieder die Johannes GutenbergUniversität nehmen, die seit 2012 zehn neue Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworben hat, oder die Technische Universität Kaiserslautern mit fünf neuen Sonderforschungsbereichen.

Das funktioniert also über eine Schwerpunktbildung an den Hochschulen selbst, und auch in der Lehre im Bereich des Hochschulpakts sind es die Hochschulen, die definieren, in welchen Schwerpunkten sie ihre Studiengänge erweitern, ihre Profile weiterentwickeln und neue Studiengänge auf den Weg bringen.

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Schneid.

Sie hatten gerade dargestellt, dass die Wettbewerbsfähigkeit gegeben ist. Wie beurteilen Sie dann, dass vom Wintersemester 2017/18 auf das Wintersemester 2018/19 ein Bewerberrückgang von 3.000 Bewerbern festgestellt wurde?

Zum einen muss man sagen, wir haben etwa ein Niveau von 120.000 bis 125.000 Studierenden im Land und letztendlich ein entsprechend geringeres, aber auch sehr nennenswertes oder auch gestaltendes Niveau der Studienanfängerinnen und -anfänger.

Natürlich gibt es gerade im Bereich der Studienanfängerinnen und Studienanfänger stärkere Fluktuationen als bei den Studierenden. Die Zahl der Studierenden im Land ist vergleichsweise konstant, bei der Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger gibt es Fluktuationen im einstelligen unteren Bereich. Ob jetzt ein einzelner Jahrgang als signifikant und als Trend angenommen werden kann, ist sicherlich fraglich. Natürlich beobachte ich die Situation dahin gehend sehr genau. Ich gehe aber davon aus, dass in den nächsten Jahren die Zahlen mittelfristig weitgehend konstant bleiben.

Es mag – das sagen auch aktuelle Prognosen der Kultusministerkonferenz – auf lange Sicht eine geringfügige, auch Reduzierung von Studierendenzahlen und auch Studienanfängerzahlen geben, aber im Wesentlichen sind wir bei einer sehr stabilen Situation. Ich glaube, wir können davon ausgehen, auch wenn wir etwa Übergangsquoten heranziehen, dass round about die Hälfte der jungen Menschen eines Jahrgangs auch weiterhin ein Studium anstreben wird.

Ein Zusatzfrage der Abgeordneten Thelen.

Sehr geehrter Herr Minister, Ihrer Rede zur Frage 1 habe ich nicht wirklich eine Antwort entnommen. Deshalb möchte ich noch einmal nachhaken. Können Sie das Finanzierungsdelta von 40 % zwischen der finanzstärksten und finanzschwächsten Universität im Land bestätigen, und welche Auswirkungen hat das Ihrer Erwartung nach auf die Qualität der Lehre?

Worauf beziehen Sie die 40 %?

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Die sind in der Frage formuliert!)

Es fehlt in der Frage nach meinem Verständnis die Vergleichsbasis. Die finanzstärkste oder finanzschwächste von welchen Universitäten meinen Sie?

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Die rheinland-pfälzischen, nicht deutschlandweit!)

Wenn Sie die rheinland-pfälzischen Hochschulen nehmen, dann haben wir eine sehr, sehr unterschiedliche Ausrichtung der Hochschulen.

Sie haben einerseits mit der TU Kaiserslautern eine Technische Universität, die einen sehr starken Schwerpunkt in naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen hat, die grundsätzlich aufgrund ihrer Ausrichtung, der technischen Anlagen und deren notwendiger Betreuung usw. einen ganz anderen Finanzbedarf hat, als etwa eine Hochschule, die in ihren Disziplinen eher geistes-, sozialwissenschaftlich oder betriebswirtschaftlich ausgerichtet ist.

Wir haben zudem sehr unterschiedliche Größen und in den Disziplinen sehr unterschiedliche Hochschulen: von einer Hochschule Bingen bis hin zu einer Johannes GutenbergUniversität Mainz.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Das ist eine Unimedizin!)

Frau Thelen, Sie können sich noch einmal melden. Wir machen jetzt kein Kreuzverhör.

Die nächste Zusatzfrage vom Abgeordneten Klomann.