Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

Des Weiteren werden in der Landeshaushaltsordnung einige Änderungen vorgenommen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vergaberecht stehen, aber ebenfalls für mehr Transparenz sorgen. Die Änderungen im Landestariftreuegesetz und in der Gemeindehaushaltsverordnung vollziehen die eben genannten Änderungen nach und sind Folgen der vergaberechtlichen Änderungen in der Landeshaushaltsordnung.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die nächste Rednerin ist die Abgeordnete Wieland für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben nun schon zweimal gehört, dass es um unterschiedliche Sachverhalte geht. Zum einen betrifft es haushaltsrechtliche Aspekte. Beispielsweise ist im Gesetz geregelt, dass es künftig einen jährlichen Bericht zu Beteiligungen gibt. Da das eine unserer Forderungen war, sind wir damit sehr einverstanden. Auch die übrigen haushaltsrechtlichen Regelungen zu Verpflichtungsermächtigungen und zum Haftungsrückgriff finden unsere Zustimmung.

Zum anderen geht es im Kern aber um die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand. Das hört sich sehr formalistisch an. Es gilt aber immer zu bedenken, dass von Kommunen und Landesbehörden Mittel in Milliardenhöhe an die verschiedenen Unternehmen vergeben werden. Welche Bedeutung solche Regelungen für die Wirtschaft und den Aufwand, den Kommunen betreiben, haben, zeigt sich darin, dass 90 % der Vergaben der öffentlichen Hand im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen.

Wir haben bereits gehört, dass das zum Teil sehr viel Büro

kratie sowohl für Kommunen als auch für die anbietenden Unternehmen bedeutet. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass in diesem Bereich einiges durch das Gesetz vereinfacht werden soll.

Wir haben mehrfach nachgefragt, wann diese Neuregelung in Rheinland-Pfalz kommt. Im Mai 2018 haben wir im Ausschuss die Information erhalten, dass das Gesetz in der Grobstruktur vorliegt und nach der Sommerpause 2018 eingebracht werden soll.

Nachdem die Grundsätze damals bekannt gegeben waren, gab es einen Aufschrei der Kommunen. Manche erinnern sich an den Parlamentarischen Abend der kommunalen Spitzenverbände im vergangenen Jahr, als sich Ralph Spiegler von der SPD sehr, sehr kritisch geäußert hat.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Worum geht es? Was war angekündigt? Zum einen geht es um die Änderungen der Auftragswertgrenzen. Das bedeutet, die untere Grenze, ab der das etwas kompliziertere Verfahren der Vergabe gelten soll, soll deutlich angehoben werden.

Dieser Schritt ist in der Sommerpause gemacht worden, und das ist das eigentlich Positive an dem Gesamtpaket, welches nun auf den Weg gebracht wird; denn mit dieser Anhebung der Schwellengrenze sind sehr viele Aufträge – wie die Grillhütte, der Anbau, die Beschaffung von einem Fahrzeug – mit wesentlich weniger Bürokratie möglich. Das ist eine Umsetzung, die nicht im Gesetz steht, aber im Zusammenhang zu sehen und auf jeden Fall als Bürokratiebremse sehr zu unterstützen ist.

Jetzt kommt das Gesetz. Im Kern geht es um die Gleichrangigkeit von öffentlicher Ausschreibung und beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb. Das sind immer noch sehr komplizierte Verfahren. Auch eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ist durch das zweistufige Verfahren für alle Beteiligten sehr aufwendig, aber das ist eine Voraussetzung, um die Transparenz zu gewährleisten. Hier findet es unsere volle Zustimmung.

Wo wir noch weiteren Diskussionsbedarf im Ausschuss sehen, ist, dass im Gesetz angekündigt wird, einige wesentliche Dinge sind über eine Rechtsverordnung zu regeln. Es heißt, dass als Ergänzung zum Mittelstandsförderungsgesetz in der Rechtsverordnung festgelegt werden soll, wie die Prüfungsstellen eingerichtet werden, wo sie eingerichtet werden, welche Aufgaben sie haben und wie konkret die Umsetzung, auch die Evaluation, vonstattengehen soll. Das alles steht nicht im Gesetz, sondern soll in der Rechtsverordnung festgelegt werden.

In der Begründung zum Gesetz heißt es zu den Auswirkungen unter „D. Kosten“: „Mit der gesetzlichen Verankerung der Nachprüfung von öffentlichen Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte und der Schaffung der Möglichkeit, auf Verordnungsebene ein strukturiertes Nachprüfungsverfahren in diesem Bereich vorzugeben, ist mit einem sachlichen und personellen Mehraufwand zu rechnen, der derzeit objektiv noch nicht quantifizierbar ist.“

Das ist verständlich, das ist nicht quantifizierbar. Aber das ist aus unserer Sicht noch deutlich zu konkretisieren. Das werden wir im Ausschuss noch hinterfragen. Was ist genau geplant? Wer trägt welche Kosten? Welche Kosten sind vom Land zu tragen, welche Kosten von den Kommunen und vor allem welche Kosten von Unternehmern, wenn es beispielsweise um Einsprüche geht?

Wir sehen die Gefahr, dass wenn die Prüfinstanzen zu kompliziert werden, zu viele Einspruchsmöglichkeiten geschaffen werden und wir dann das, was wir mit dem Gesamtpaket an Entbürokratisierung schaffen, über die Hintertür der Vergabestellen wieder aufwiegen. Das kann nicht in unserem Sinne sein.

Deshalb: Wir teilen das Ziel der Entbürokratisierung der Vergabe. Das ist anstrebenswert. Aber bitte in den Details, insbesondere bei den Vergabeprüfstellen, keine neue Bürokratie schaffen. Das werden wir im Ausschuss diskutieren.

(Beifall bei der CDU)

Nun erteile ich das Wort Frau Abgeordneter Nieland für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Durch den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung haushalts- und vergaberechtlicher Vorschriften werden im Bereich der Änderung des Vergaberechts – ich gehe zunächst auf diese Vorschriften ein – die Kompetenzen der Vergabekammern erweitert. Das erscheint mir besonders wichtig. Wir begrüßen diese Entwicklung.

Die Vergabekammern sollen nun also in die Lage versetzt werden, auch bei Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte tätig werden zu können. Ein erweitertes Recht zur Überprüfung ist gut geeignet, um die Transparenz im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe zu bessern.

Die Kammern erhalten nun also die Befugnis, die öffentlichen Auftraggeber zu verpflichten, erstens rechtswidrige Maßnahmen in einem Vergabeverfahren aufzuheben und zweitens von ihr festzulegende, dem rechtlichen Rahmen entsprechende Maßnahmen anzuordnen. Ebenfalls – dies ist für die Auftragnehmer besonders wichtig – können die Vergabekammern von Unternehmen angerufen werden, wenn sie sich bei einer Vergabe benachteiligt oder unrechtmäßig behandelt fühlen. So besteht die Hoffnung auf eine Beschleunigung von Auftragsvergaben und eine Entlastung der Gerichte bei möglichen Streitigkeiten.

Diese Verbesserungen zugunsten der Rechtssicherheit und Rechtstreue sind auch für die Stärkung des allgemeinen Vertrauens in alle Vergabeprozesse zu begrüßen.

Meine Damen und Herren, doch warum muss die Landesregierung überhaupt ein Gesetz für Verfahren erlassen, welche sie auch mit einer Verordnung hätte regeln kön

nen? Liegt es etwa daran, dass es diverse Pannen im Vergaberecht gab? Erinnert sei hier nur an den Fall Riedmaier in der Südpfalz, einer ehemaligen SPD-Landrätin, in dem Summen vergeben wurden, ohne dass je eine regelgerechte Gegenleistung erbracht wurde.

Sehr geehrte Kollegen, weitere Fragen inhaltlicher und technischer Art werden wir im Ausschuss stellen. Ich wiederhole an dieser Stelle nur unsere Kritik an der Bildung von zu vielen und zu hohen Haushaltsresten ohne eine klare Zuordnung der tatsächlichen Ausgaben zu der Periode der Bewilligung. Hier sehen wir die Gefahr, dass Schattenhaushalte entstehen. Ich freue mich auf die Ausschussberatung.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Wink für die Fraktion der FDP.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Freien Demokraten, stehen auf Bürokratieabbau. Vor allem Unternehmen aus dem Mittelstand und Gründer werden von bürokratischen Hürden oft ausgebremst. Immer weniger Mittelständler beteiligen sich aufgrund bürokratischer und organisatorischer Hürden an Ausschreibungen. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich eine Neuregelung des Vergaberechts des Bundes und der Länder.

Voraussetzung für den Abschluss von Verträgen über Lieferung und Leistung waren bisher öffentliche Ausschreibungen. Dieser bisherige Vorrang soll nun durch die Wahlmöglichkeit der beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ersetzt werden. Dieses Wahlrecht wird dann auch im kommunalen Haushaltsrecht nachvollzogen.

Im Mittelstandsgesetz muss die Nachprüfung von öffentlichen Auftragsvergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte gesetzlich verankert werden. Das bedeutet, dass Unternehmen und Vergabestellen zukünftig die Möglichkeit haben, Vergabefehler mit Auswirkung auf die Vergabeentscheidung frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Für eine wirksame Aufgabenerfüllung bedarf es ebenfalls einer gesetzlichen Grundlage. Hiermit verbunden wird eine Rechtsverordnungsermächtigung für Detailregelungen.

Die Landeshaushaltsordnung muss in weiteren Punkten angepasst und ergänzt werden. Wichtige Aspekte hierbei sind unter anderem die jährlichen Informationen des Landtags über die Beteiligung des Landes und die Regelung eines Haftungsrückgriffs des Staates bei Amtspflichtverletzung von Beliehenen.

Für die Mindestentgelt- und Tariftreueerklärung muss in Zukunft vor jedem Hintergrund der Entwicklung im Vergaberecht die Textform ausreichen. Das ist Bürokratieabbau.

An diesem Entwurf waren unter anderem kommunale Spitzenverbände und der Kommunale Rat sowie viele weitere Stellen aus der Praxis beteiligt.

(Abg. Gabriele Wieland, CDU: Kritisch!)

Genau so funktioniert gute Politik. An dieser Stelle möchte ich diese Vorgehensweise ausdrücklich loben. Oft wird uns Politikern vorgeworfen, wir hätten den Bezug zur Realität verloren und würden uns von den Menschen entfernen. Doch hiermit und mit diesen Schritten beweisen wir genau das Gegenteil. Erfahrungen und Probleme aus der Praxis werden angehört, und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht. Nur so können wir Zukunft für Rheinland-Pfalz gestalten.

Danke schön.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Braun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, nach so vielen fachkundigen Reden noch Neues dazu beizutragen. Das Neue ist nun die Stellungnahme der Grünen.

Es ist klar, dass auch wir die Entbürokratisierung wollen, und dass natürlich auch wir den Mittelstand fördern wollen. Ich glaube, es ist eine gute Diskussion, die wir führen. Ich glaube, es ist das richtige Paket, dass wir sagen, wir versuchen die Ausschreibungen zumindest dort zu vermeiden, wo wir sie vermeiden können.

Jeder kennt es aus seiner kommunalpolitischen Praxis, und jeder weiß, wenn er es daheim machen müsste mit den Ausschreibungen, dann würde er nie zu den Ergebnissen kommen, die er gerne hätte. Deswegen sind die Ausschreibungen manchmal wirklich lästig. Dort, wo sie nicht sein müssen, wo dann aber hinterher kontrolliert werden kann – und zugesichert worden ist, dass es mit rechten Dingen und gerecht zugeht –, sollte man die Ausschreibungen vermeiden.

Es geht darum, Aufträge schneller zu erteilen. Wir wissen, dass es im Moment gerade in der Baubranche äußerst schwierig ist, die Aufträge schneller zu erteilen. Ich glaube, dass es für die Kommunen, aber natürlich auch für das Land ein großer Fortschritt ist, wenn wir dieses Gesetz hoffentlich unbürokratisch und schnell durch die Ausschüsse bringen und dann verabschieden können.

Auf der anderen Seite sind weitere Maßnahmen angekündigt, nämlich dass wir jetzt jährlich einen Beteiligungsbericht bekommen. Es ist ohnehin schon immer eine Forderung der Grünen gewesen,

(Heiterkeit der Abg. Gabriele Wieland, CDU)

dass wir Beteiligungen genauso gut kontrollieren können wie den eigenen Haushalt. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass wir dann auch die Firmen bzw. die Töchter, die wir haben – ich weiß immer noch nicht, warum es „Töchter“ heißt, es ist noch nicht gegendert –, also die Kinder, die wir im Bereich der Firmen haben, entsprechend kontrollieren können.

Meine Damen und Herren, ich halte es also für richtig, was wir machen. Es ist eine Entbürokratisierung, es ist eine Beschleunigung von Aufträgen, und es ist insofern natürlich auch eine konjunkturpolitische Maßnahme, obwohl die Baukonjunktur ohnehin schon heiß gelaufen ist; ich glaube, da muss man nicht noch mehr beschleunigen. Trotzdem ist es aber eine Sache, durch die dann vor allem die Kommunen – die werden sich am meisten darüber freuen – eine bessere und schnellere Vergabe machen können.