Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Zur Begründung des Antrags der CDU erteile ich der Abgeordneten Wieland das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wirtschaft, die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz sind auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Deshalb ist es gut, dass in unsere Straßen investiert wird. Der Ausbau
und die Modernisierung von Straßen sind notwendige Maßnahmen zur Sicherung des Standorts Rheinland-Pfalz.
Diese Investitionen stellen auch eine Belastung durch die Baustellen dar. Baustellen bedeuten in der Regel reduzierte Fahrbahnen, wodurch der Verkehrsfluss gehindert wird und es zu Staus kommt. Wir kennen das alle. Vor allem in den Stoßzeiten stehen wir viele Stunden auf rheinlandpfälzischen Straßen, wenn es dort Baustellen gibt. Der ADAC hat für das Jahr 2018 für Rheinland-Pfalz 23.000 Staus mit einer Gesamtlänge von über 42.000 km errechnet.
Staus bedeuten wiederum eine zeitliche Belastung. Pendler – Rheinland-Pfalz ist Pendlerland – kommen nicht rechtzeitig zur Arbeit, Handwerker nicht rechtzeitig zur Baustelle, und Zulieferer können ihren Zeitplan nicht einhalten. Darüber hinaus bedeuten Baustellen und die daraus resultierenden Staus gesundheitliche Belastungen für diejenigen, die in den Staus stehen und in Unfälle verwickelt sind.
Genauso geht es um die ökologische Belastung, die aus den Staus, aber auch aus Umleitungen und Umwegen resultieren. Baustellen bedeuten immer auch – ich habe das schon angesprochen – verengte Fahrbahnen und damit eine deutlich erhöhte Unfallgefahr.
Deshalb muss es unser Ziel sein, die Baustellenzeiträume zu verkürzen. Dafür können 24-Stunden-Baustellen ein Mittel sein.
Es geht keineswegs darum, aus jeder Baustelle eine 24Stunden-Baustelle zu machen, sondern es geht um neuralgische Punkte und darum, die Zahl der 24-StundenBaustellen – je nach den Erfahrungen – sukzessive anzuheben, indem im Einzelfall geprüft wird, wo die neuralgischen Punkte sind und 24-Stunden-Baustellen einen Sinn machen.
In den verkehrsärmeren Zeiten – nachts und am Wochenende – können dann mehr Spuren gesperrt und kann die Baustelle ausgeweitet werden. Dort gibt es dann weniger Staus. Dafür kann dann tagsüber die Zahl der Spuren wieder ausgeweitet werden. Ähnliches gilt für Vollsperrungen, durch die dann in kurzer Zeit mit unkomplizierten Arbeitsabläufen die Baustellen wesentlich schneller vorangetrieben werden können. Es kommt zu weniger Unfällen; denn es gibt verkürzte Baustellenzeiten und weniger Baustellen in den Stoßzeiten.
Natürlich sind die Belange der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Ich habe mit einigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die an Baustellen tätig sind, gesprochen. Die haben mir gesagt, gerade in der Sommerzeit sind sie durchaus froh, wenn sie nachts arbeiten können. Das ist einigen lieber, als tagsüber in der Sommerhitze auf der Baustelle zu stehen. Es geht aber auch darum, dass die Staus und Unfälle neben der Baustelle in den Stoßzeiten für die Bauarbeiter belastend sind.
Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben angekündigt, die Zahl der 24-Stunden-Baustellen auszuweiten. Bayern macht das schon seit Jahren und hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Das ist also kein CDUThema. Von guten Verkehrsministern wird dieses Thema vorangetrieben und umgesetzt. Wir liegen nun einmal zwischen Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Deswegen würde es für unser Bundesland Sinn machen, genau das gleiche Thema voranzutreiben.
Gerade die mittelständische Bauwirtschaft sagt: Wir werden künftig ein Problem haben. Wir arbeiten genauso in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Für uns ist es wesentlich einfacher, wenn wir uns auf die gleichen Systeme einrichten. Wenn wir uns in den anderen Bundesländern auf 24-Stunden-Baustellen einrichten, dann können wir das genauso auch in Rheinland-Pfalz.
Inzwischen liegt auch ein Alternativantrag der AfD vor. Dieser Antrag geht an unserem Thema vorbei. In ihm geht es nicht um Baustellen, um die eigentliche Verkürzung der Bauzeit, sondern es geht um die Verkürzung der Planungszeit. Das ist ein interessantes Thema. Patrick Schneider hat dazu ein wichtiges Papier erstellt, das auf Bundesebene verabschiedet wurde, das wir gerne diskutieren können.
Wir wollen keine Expertenanhörung im Ausschuss zum Thema „Planung“. Wir wollen jetzt konkrete Maßnahmen, um die Zeit für die Baumaßnahmen zu verkürzen.
Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu. Sorgen Sie dafür, dass sukzessive auch in Rheinland-Pfalz mehr 24-Stunden-Baustellen eingerichtet werden können, womit ein Beitrag zu mehr Verkehrsfluss und weniger Staus in Rheinland-Pfalz geleistet wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! 24-Stunden-Baustellen einzuführen, ist keine neue Forderung, sondern die hören wir immer wieder einmal. Ich gebe zu, in der Theorie hört sich das, was Sie erzählen, alles sehr, sehr gut und einfach an, aber wenn man sich intensiver damit befasst, dann sieht man, dass das in der Praxis sehr, sehr schwierig und auch praxisfremd ist.
Ich sage zu Beginn: Wir als SPD und Ampel halten nichts von den konkreten Vorschlägen, die heute auf dem Tisch liegen.
Wir waren in der letzten Woche alle gemeinsam in Berlin auf dem Landesfest. Dort waren viele große rheinlandpfälzische Firmen. Jeder hat mit ihnen gesprochen. Dort war auch eine sehr, sehr große rheinland-pfälzische Baufirma. Ich habe mich zu ihnen gestellt und gesagt: Mensch, nächste Woche haben wir das im Landtag. Erzählen Sie mir doch einmal aus der Praxis, was Sie davon halten. – Mein Eingangsstatement, in der Theorie ist das einfach, aber in der Praxis ist das kaum umsetzbar, war ein Zitat von dieser Baufirma, die gesagt hat, das ist für uns nicht zu gewährleisten.
Erstens: Zur Lärmbelästigung wird immer nur gesagt, davon sind nur die Anwohnergebiete betroffen. Wir haben viele Talbrücken, die gerade in Rheinland-Pfalz erneuert werden. Gerade dort schallt der Baulärm kilommeterweit. Es geht also nicht nur um die Wohngebiete.
Zweitens haben sie gesagt: Herr Oster, eine Baustelle ist von Zulieferverkehren abhängig. Das heißt, wir brauchen sehr viele Baumaterialien. Wenn die nachts kommen müssten, würde auf den Baustellen eine Kostenexplosion entstehen, die für uns so nicht tragbar wäre.
Der nächste Punkt ist: Asphalt und Beton können nur bei gewissen Witterungen und zu gewissen Tageszeiten eingebaut werden.
Dann kommen wir zum Fachkräftemangel, der auch in der Baubranche besteht. Sie wollen 24-Stunden-Schichten. Ich denke, Sie wollen dann dreimal 8-Stunden-Schichten machen. Auch dazu sagt die Baufirma, das ist in der Realität nicht umsetzbar. Ein Bauarbeiter kommt nicht für 8 Stunden auf die Baustelle. Er muss 10 Stunden arbeiten, damit er am Ende des Monats davon leben kann. Wenn Sie 8-Stunden-Schichten fordern, werden wir noch mehr Arbeiter verlieren, als wir bekommen, meine Damen und Herren. Daran sieht man, dass die Forderungen viel zu kurz greifen.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir für solche 24-StundenBaustellen doppelt so viel Personal wie früher bräuchten. Uns ist aber daran gelegen, dass Aufträge in RheinlandPfalz bleiben. Wir wollen die rheinland-pfälzische Bauwirtschaft stärken. Wenn wir jetzt noch doppeltes Personal brauchen, bekommen nur noch die Global Player, die großen europäischen Baufirmen, Aufträge, die sich dann wiederum bei Subunternehmen bedienen. Genau das ist das, was wir am Ende des Tages nicht wollen. Wir wollen eine starke rheinland-pfälzische Bauwirtschaft.
Ich weiß nicht, wie oft wir im Landtag schon von Ihnen kritisiert wurden, der Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz
(LBM) hätte so viele Überstunden, und diese müssten wir abbauen. Wer macht denn die Bauüberwachung von solchen Baustellen? Der Landesbetrieb Mobilität. Es käme zu extremen Überstundenaufwüchsen; denn auch unsere Fachleute des LBM müssten nachts raus. Dann kommen Sie mit dem Argument – das finde ich ganz interessant –, dass Sie die drei Bundesländer BadenWürttemberg, NRW und Bayern aufgeführt haben. Schauen Sie sich einmal den Stauatlas vom ADAC, der gerade veröffentlicht wurde, an. Genau diese drei Bundesländer sind die Stauländer Nummer 1. Sie haben die größten Stauzahlen, die es in Deutschland gibt. (Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)
Dahinter wird vom ADAC erklärt, warum das so ist. 70 % der Staus in Deutschland entstehen nicht durch Baustellen, sondern dadurch, dass die Fahrbahn extrem vom Verkehr belastet ist. Der Anteil, den Baustellen letztendlich verursachen, liegt nur bei 10 %.
Allein die hier genannten Gründe machen deutlich, dass wir rein gar nichts davon halten, 24-Stunden-Baustellen einzuführen. Jetzt können Sie sagen, die Ampel möchte das nicht. Aber alle Punkte, die ich genannt habe, stammen zum großen Teil aus der Fachwirtschaft und von den Leuten, die tagtäglich damit arbeiten und am Ende damit umgehen müssen. Wir lehnen den Antrag und den Alternativantrag aus fachlichen Gründen sowieso ab und sehen keinen Beratungsbedarf im Ausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schlecht für Sie, Herr Oster, dass Sie beratungsresistent sind. Es stünde Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie guten Rat annehmen würden; denn Sie haben ihn nötig.
Meine Damen und Herren, Ausbau und Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur sind grundlegend für die Entwicklung unserer Wirtschaft. Das Rückgrat unserer Verkehrsinfrastruktur sind unsere Straßen, ganz besonders in den weiten ländlichen Regionen von Rheinland-Pfalz.
Wie wir wissen, ist der Zustand unserer Landes- und Kreisstraßen nicht gut, und es besteht ein gewaltiger Sanierungsstau. Wenn es heute mehr Baustellen als in der letzten Wahlperiode gibt, kann das darum ein gutes Zeichen sein. Skepsis ist aber angebracht. Wird tatsächlich mehr gebaut? Viele Autofahrer haben daran Zweifel. Es gibt lange Baustellen, aber man sieht beim Vorbeifahren keinen
einzigen Bauarbeiter. Manche Baustellen bestehen bereits so lange, und es passiert dort so wenig, dass man bereits den Eindruck hat, sie stehen unter Denkmalschutz.
Fachleute bestätigen die Skepsis der Autofahrer. Nicht nur bei Großprojekten, sondern auch beim Straßenbau hapert es an vielen Ecken und Enden. Dabei gibt es durchaus Ideen, wie man es besser machen kann. Schon im Jahr 2019 gab es ein Pilotprojekt an der A 8, das zeigte, wie man durch gute Planung allein beim Asphaltieren der Fahrbahn die Hälfte der Bauzeit einsparen kann. Laut Bericht der WELT ist seitdem trotzdem nichts passiert.
Oft hapert es schon an den Planungskapazitäten. Ein effektives Baustellenmanagement funktioniert nicht ohne Bauingenieure. Das musste auch der LBM in der Vergangenheit erfahren, als er nicht genügend Ingenieure hatte, um alle Bundesmittel abrufen zu können. Der Grundsatz der Reformkommission für Großprojekte des Bundesverkehrsministeriums, erst planen, dann bauen, lässt sich durchaus auf kleinere Projekte übertragen.
Das gilt genauso für weitere Grundsätze dieser Reformkommission, etwa partnerschaftliche Projektzusammenarbeit und stärkere Transparenz und Kontrolle. Doch beides braucht Personal.