Protokoll der Sitzung vom 19.09.2019

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Helga Lerch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der heute von der CDU vorgelegte Antrag zur Neuausrichtung der Universitäten Koblenz und Landau geht an der eigentlichen Aufgabenstellung vorbei.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Die Aufgabe lautet, die Universitäten Koblenz und Landau einer geordneten Trennung zuzuführen und die Eigenständigkeit beider Einrichtungen sicherzustellen. Dabei ist auch

die Verwaltung in Mainz aufzulösen, und es sind neue Verwaltungsstrukturen an beiden Standorten zu schaffen.

Das Ziel geht mit einer inhaltlichen Überprüfung der Ausrichtung einher. Dabei gilt es, offene Fragen zielgerichtet anzugehen. Die Universitäten bleiben mit dieser Aufgabe nicht allein, bei gleichzeitigem Respekt vor der universitären Selbstverwaltung.

Eine Steuerungsgruppe, die aus hochqualifizierten Experten besteht, begleitet über die nächsten zwei Jahre – gegebenenfalls auch länger – diesen Prozess. Diese Steuerungsgruppe wurde einvernehmlich zwischen den Universitäten und dem Ministerium festgelegt.

Koblenz und Landau gehen mit diesem Prozess offen und zielgerichtet um; denn der Prozess bietet Chancen, die Standorte für die zukünftigen Herausforderungen starkzumachen. Die FDP-Fraktion hat mit allen Beteiligten gesprochen, mit sehr unterschiedlichen Beteiligten, und die Antworten fielen genauso unterschiedlich aus, ermutigen uns aber, diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen.

Was heute an dieser Stelle in dieser Stunde noch nicht möglich ist, ist die Vorlage bereits erarbeiteter neuer Strukturen. Dies verlangt nach kontinuierlicher Arbeit, die sich dann in den Arbeitsgruppen abbilden wird. In jeder Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur erhalten die Ausschussmitglieder darüber hinaus regelmäßige Informationen über den Sachstand der Neuaufstellung.

Meine Damen und Herren von der CDU, eine Machbarkeitsstudie ist der falsche Weg, weil diese einen Stillstand des am Laufen befindlichen Prozesses bedeuten würde. Ich greife die Argumentation des Kollegen Klomann auf, der zu Recht gefragt hat, wer denn diese Machbarkeitsstudie erstellen soll. Sollen das die Hochschulen sein? Soll das die Landesregierung sein? Wer soll da beteiligt sein? Soll das eine externe Gruppe sein? Wie soll das aussehen?

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Der einzige Experte in Deutschland ist der Wissenschaftsrat! Der weiß, um was es geht!)

Wir sehen die Chancen des eingeleiteten Weges, zum Beispiel ein stärkeres Profil der einzelnen Standorte herauszubilden. So ist für uns als FDP zum Beispiel – ich habe das von dieser Stelle aus schon mehrfach gesagt – die Ausbildung von Förderschullehrkräften in Koblenz sehr wichtig und die ortsnahe Verwaltung, die nicht wie bisher im 120 km entfernten Mainz angesiedelt ist.

Meine Damen und Herren, neben dem Bildungs- und Ausbildungsaspekt spielt die Einbettung der Hochschulen in die regionale Wirtschaft eine ganz zentrale Rolle. Forschung darüber hinaus ermöglicht Kooperationen mit Unternehmen und bringt im günstigsten Fall auch Drittmittel.

Frau Schneid, einige Punkte Ihrer Rede würde ich gerne am Ende noch aufgreifen. Sie monieren das fehlende Konzept der Landesregierung. Auf der anderen Seite frage ich Sie: Was erwarten Sie? Erwarten Sie, dass die Landesre

gierung ein detailliertes Konzept vorgibt? Wo bleiben dann die Hochschulen? So kann es nicht gehen. Die Vorgabe von oben kann nicht erfolgen. Das untergräbt die Autonomie der Hochschulen.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Sie haben formuliert – ich zitiere –: „(...) sie hängen in der Luft.“ In der Luft hängt niemand, weil das Thema in Arbeitsgruppen gemeinsam angegangen wird.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich zitiere weiter. Sie sagen: „Man hat (...) einfach mal gesagt.“ Wer ist denn „man“? Und „einfach“ ist die Sache überhaupt nicht. Ein Hochschulzukunftsprogramm hat die Grundlagen gelegt. Wir halten den Prozess für sinnvoll und lehnen den Antrag der CDU ab.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Ein Prozess ohne Ziel!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Katharina Binz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, der Umstrukturierungsprozess der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft stellt uns vor eine große Herausforderung. Die Universität KoblenzLandau feiert im nächsten Jahr ihr 30-jähriges Bestehen, die TU Kaiserslautern ihr 50-jähriges. Während dieser Zeit sind die Hochschulen organisatorisch, fachlich und kulturell gewachsen. Diese gewachsenen Identitäten und Strukturen jetzt neu zu denken und weiterzuentwickeln, stellt vor allem die Hochschulen selbst vor eine enorme Aufgabe.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es!)

Es ist auch richtig, dass wir sie mit dieser Aufgabe nicht alleinlassen dürfen und können. Der Umstrukturierungsprozess wurde durch die Landesregierung initiiert, nun muss sich die Landesregierung auch für diesen Prozess verantwortlich zeigen, aber das tut sie auch, wie wir erst jüngst wieder im Ausschuss gehört haben.

Auch ich habe Gespräche mit Hochschulmitgliedern aller drei Hochschulen geführt und weiß, dass es bei allen Gruppen, seien es Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder die Hochschulleitungen, natürlich noch offene Fragen gibt. Auf diese Fragen brauchen diese Hochschulen jetzt verlässliche Antworten und eine klare Formulierung der Zielsetzung des Prozesses.

(Beifall der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Dazu müssen wir arbeiten, und dazu bedarf es des Gesetzgebungsverfahrens, das angekündigt ist.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Genau das ist der Punkt! Sehr gut!)

Aber was die Hochschulen nicht brauchen, ist weitere Verunsicherung und sie jetzt einfach hängen zu lassen. Das würde aber entstehen, wenn wir dem Antrag der CDU folgend den gesamten bisher gelaufenen Prozess der letzten zwei Jahre auf den Zeitpunkt Null zurückstellen würden.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Genau das ist die Intention einer Machbarkeitsstudie. Wie lange würden diese Erhebung und die anschließende Auswertung dauern, und das bei einem völlig ungewissen Ergebnis?

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Bereits jetzt zeigt sich an den einzelnen Standorten, insbesondere am Verwaltungsstandort Mainz, deutlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gewillt sind, Zeiten von Unklarheit und Unsicherheit abzuwarten. Sie suchen sich neue Jobs. Würden wir jetzt aber mit einer langwierigen Studie den Zeitraum dieser Ungewissheit künstlich verlängern, täten wir niemandem einen Gefallen. Ganz im Gegenteil, die Hochschulen und ihre Mitglieder sind bereits an einem ganz anderen Punkt. Natürlich gibt es auch Unzufriedenheit, aber die allermeisten stehen mitten im Prozess, sie denken diesen zum Teil bereits sehr viel weiter und differenzierter, als aus dem Antrag der CDU herauskommt.

So wie der Antrag der CDU auf der Zeitskala zu weit nach hinten greift, so kurz denkt der Antrag leider inhaltlich. Es ist schlicht nicht möglich, Kaiserslautern aus dem Prozess auszuklammern

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Doch!)

und sich ausschließlich auf Koblenz und Landau zu beziehen.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Doch!)

Nein. Bereits in der Entflechtung der Universität KoblenzLandau ist die Art und Weise, in der Landau und Kaiserslautern zusammenarbeiten sollen, zu bedenken. Hierfür sind die Weichen zu stellen.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Wie wollen Sie denn verhandeln auf Augenhöhe mit Landau und Kaiserslautern? Das können Sie Landau nicht antun!)

Da müssen Sie mit den Menschen vor Ort reden. Die sagen Ihnen das ganz genauso. In den fünf gemeinsamen Arbeitsgruppen der drei Standorte, die für spezifische Bereiche der Hochschulen den Strukturprozess vorbereiten sollen, ist die Frage nach den bestehenden und künftigen Realitäten, nach der bisherigen Identität und wie diese transformiert werden könnte, bereits aufgeworfen.

Die zentrale Steuerungsgruppe koordiniert gemeinsam mit dem Ministerium diesen Prozess. In wenigen Wochen sollen die ersten Ergebnisse der neu gegründeten Expertenkommission vorgelegt werden.

Von einer Zwangsfusion kann auch keine Rede sein. Diese kann es auch gar nicht geben, vielmehr stehen bereits mehrere mögliche Lösungen für die Neuorganisation der drei Standorte im Raum,

(Abg. Alexander Licht, CDU: Mehrere mögliche Lösungen!)

die vor Ort diskutiert werden. Die müssen wir dann auch diskutieren. Diese investierte Arbeit und die einfließenden Ressourcen sollten wir wertschätzen und bestärken, indem wir den bestehenden partizipativen Prozess fördern, anstatt ihn bis ins Detail vorzugeben, wie es im Rahmen einer Machbarkeitsstudie der Fall wäre.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU – Abg. Alexander Licht, CDU: Können Sie uns diese mehreren möglichen Lösungen nennen? Das wäre interessant!)

Daher möchten wir uns dafür einsetzen, diesen anspruchsvollen Prozess weiter zu begleiten und zu unterstützen. Auf bestehende offene Fragen brauchen die Arbeitsgruppen Antworten, um zielführend weiterarbeiten zu können. Dafür möchten wir uns einsetzen. Was sie nicht brauchen, ist eine neue Machbarkeitsstudie,

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

die alles in die Länge zieht. Deswegen können wir dem vorgestellten Antrag nicht zustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP – Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Professor Dr. Konrad Wolf.