Protokoll der Sitzung vom 19.09.2019

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Man muss sich noch eine Frage stellen.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Sie müssen nicht alles vortragen, was man Ihnen aufschreibt!)

Herr Kollege Licht, ich trage meine marktwirtschaftliche Überzeugung vor. Sie dürfen mir ruhig noch selbst überlassen, wovon ich überzeugt bin. Wenn Sie der Meinung sind, dass andere Parteien die Freiwilligkeit der Schaffung von Transparenz vertreten sollen, wie die CDU sie vertritt, dann kann das Ihre Sache sein. Meine Partei jedenfalls vertritt das nicht. Ich auch nicht, und die gesamte Landesregierung vertritt so etwas nicht. Wir sind der Meinung, wir sagen den Bürgerinnen und Bürgern – die möchten das wissen –, wie das Tier gehalten worden ist, und dass es eine staatliche Aufgabe ist, die entsprechende Transparenz herzustellen und man solche Dinge nicht sich selbst oder einer Freiwilligkeit überlassen kann. Wir werden nämlich erleben, dass dadurch immer tiefere Gräben zwischen Ver

braucherinnen und Verbrauchern und Landwirten gezogen werden.

In Berlin wird immer angekündigt, dass man alles zusammenbringt. Das Gegenteil von dem passiert. Die Bürgerinnen und Bürger fragen sich, ob sie ernst genommen werden, wenn sie der Politik immer wieder sagen, wir wollen wissen, wie die Tiere gehalten werden. Die Politik macht ein Gesetz, in dem steht, dass jedem, der Fleisch erzeugt, selbst überlassen ist, dem Verbraucher mitzuteilen, wie das Tier gehalten worden ist oder nicht. Wenn Sie das gute Agrarpolitik nennen, dann haben wir beide eine grundlegend andere Auffassung. Ich lasse mich von Ihnen nicht belehren, was ich zu vertreten habe.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommt die nächste Groteske.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Die Groteske ist schon da!)

Das ist die Frage, warum wir das vom Bund eigentlich nur für Schweinefleisch bekommen. Jetzt kommt es nur freiwillig und dann nur für Schweinefleisch. Heißt das etwa, es ist also völlig egal, wie Rinder gehalten werden, und völlig egal, wie Hühner gehalten werden? – Ich kann das nicht nachvollziehen. Deswegen bin ich der Meinung, wir sollten die Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher ernst nehmen.

Wir haben Landwirtinnen und Landwirte, die sagen, wir sind jederzeit bereit, die artgerechte Tierhaltung und die erforderlichen Dinge, die die Bürgerinnen und Bürger auch erwarten, umzusetzen. Wir wollen dann aber auch, dass wir dafür honoriert werden. Man kann nicht erwarten, dass Landwirtinnen und Landwirte Arbeiten und Mehrleistungen erbringen und mehr investieren, dann aber ihre Mehrleistung am Markt unsichtbar gemacht wird, damit diejenigen, die die Leistung nicht erbringen, konkurrieren und billige Produkte danebensetzen können, und der Landwirt, der mehr tut, am Ende leer ausgeht. Das ist doch ein Fehlanreizsystem. Dass das aufrechterhalten bleibt, ist wirklich von vornherein ein Scheitern dieses angeblichen Tierwohlkennzeichens.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bringt das alles nichts. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass wir eine europaweite Regelung bekommen. Ich bin sicher, wenn wir die Verbraucherinnen und Verbraucher in ganz Europa fragen, wollt Ihr wissen, wie Eure Tiere gehalten werden, deren Fleisch Ihr nehmt und in den Märkten seht, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger fragen, soll der Staat dafür sorgen, dass der Markt verpflichtet wird, Euch mitzuteilen, wie diese Tiere gehalten werden, dann bin ich davon überzeugt, dass wir eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger haben, die weit über 50 % – ja, ich sage Ihnen, weit über 75 % – liegt und sagt, wir wollen das wissen, und wir erwarten vom Staat, dass er regulierend eingreift, nicht kneift und sagt, das überlassen wir der Freiwilligkeit, und dann auch noch nur bei Schweinefleisch.

(Beifall der FDP und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Vor dem Hintergrund fordern wir ein um Europa erweitertes verbindliches Tierwohllabel für alle Fleischarten. Wir fordern, dass Transparenz hergestellt wird, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen, wofür sie höhere Preise bezahlen. Wir fordern das auch im Interesse der Steigerung der Erzeugerpreise. Vor dem Hintergrund hat sich Rheinland-Pfalz bei der Amtschefkonferenz der Agrarministerkonferenz gemeinsam mit anderen Ländern dafür starkgemacht, die Fördermöglichkeiten für Landwirtinnen und Landwirte, die fair in Tierwohl investieren, bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) weiter zu verbessern.

Wir wollen die Genehmigungsverfahren für den Bau von Tierställen vereinfachen und Emissionen, die bei der Umsetzung der vom Label geforderten Auslaufhaltung und beim Einsatz von Offenställen anfallen, auch im Rahmen der Novellierung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft privilegieren. Alle diese Dinge fordern wir ein.

Wir hoffen, dass es genügend Verbraucherinnen und Verbraucher gibt, die gemeinsam mit uns als Landesregierung gegen diese Verweigerung von Transparenz am Markt protestieren. Wir hoffen, die Bundesregierung kommt zur Vernunft und stellt sich ihrer Verpflichtung, eine entsprechende europaweite Regelung einzufordern. Die Bundesministerin hätte die Verbraucherinnen und Verbraucher in ganz Europa an ihrer Seite. Sie hätte auch die Landesregierung an ihrer Seite, wenn sie denn den Mut aufbrächte, tatsächlich gegen massive Widerstände einzelner Lobbyinteressen diese Dinge für die Verbraucherinnen und Verbraucher durchzusetzen. Deswegen sind wir mit dieser Regelung unzufrieden und werden das entsprechend deutlich machen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion meldet sich noch einmal Abgeordneter Weber zu Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Minister zuerst für die klaren Worte in Richtung Tierwohllabel, die er gefunden hat, dankbar.

(Zuruf des Abg. Johannes Zehfuß, CDU)

Herr Licht, ich empfinde es als Ehre, dass Sie gerade heute die Aktuelle Debatte für die CDU bestreiten. Das ganze agrarpolitische Potenzial Ihrer Fraktion wird heute durch Sie als stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden präsentiert. Das zeigt mir, es ist ein sehr wichtiges Thema.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Ist es auch!)

Die nächste Anmerkung ist: Ich habe wirklich kein Problem mit Frau Klöckner, ich habe überhaupt kein Problem mit

Frau Klöckner.

(Zurufe von der CDU: Ah!)

Sie sind ein führender Mann in der Kreispolitik im Kreis Bernkastel-Wittlich. Wir haben im Kreis Bernkastel-Wittlich den zehntgrößten Schlachtbetrieb Deutschlands, der Schweine schlachtet. Reden Sie einmal mit der Familie Simon,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

und reden Sie einmal mit meinen Berufskollegen, angefangen von dem Kreisvorsitzenden des Bauernverbands bis hin zu dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbands, der die Verabschiedung dieses Agrarpakets als toxisch für die deutschen Bauern benannt hat.

Wenn Sie nach dieser Woche nach Hause fahren, schauen Sie an der B 50 links und rechts, weil Sie über die grünen Kreuze und über die Angst der Landwirte, die sie mit diesem Aufstellen der grünen Kreuze dokumentieren, auch nichts gesagt haben. Selbst darauf sind Sie nicht eingegangen. Ich fordere Sie als CDU-Fraktion auf: Nehmen Sie die Befürchtungen der Landwirte ernst, auch in Ihren Gremien, in Ihrer Partei, ob im Kreis-, Bezirks- oder Landesvorstand und selbst im Bundesagrarausschuss, in dem Vertreter ihres Kreises Mitglied sind. Nehmen Sie diese Bedenken der praktischen Landwirte ernst,

(Glocke der Präsidentin)

und gehen Sie auf die Punkte ein.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion spricht Abgeordnete Nina Klinkel.

Ich muss mich noch einmal zu Wort melden. Herr Kollege Licht, auch ich bin froh, dass die CDU über so viele Agrarexperten verfügt. Ich muss Ihnen aber ganz ehrlich sagen, mit Ihren Kollegen aus dem Agrar- und Umweltbereich vorher war eine fundiertere Diskussion möglich.

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist das!)

Ich möchte Sie erstens darauf hinweisen, Sie haben wenige Worte zum Tierwohllabel an sich gesagt. Herr Kollege Hartenfels hat ausgeführt, was die unterste Stufe bedeutet: 0,9 m2 Platz für ein 110 kg Mastschwein. Herr Kollege Licht, das ist kleiner als die Größe einer Babymatratze. Ich weiß nicht, warum ich dafür die Bundesministerin loben soll.

Das Zweite ist, Sie sagen kein Wort dazu, dass die Regelung nur für Schweine gelten soll. Auch hier hätte ich mir etwas gewünscht. Dann kommen nur ein paar Phrasen zur Freiwilligkeit. Sie gehen auch nicht darauf ein, dass es verbindliche Label durchaus gibt.

Sie zitieren aus dem Koalitionsvertrag den Passus mit der Verbraucherfreundlichkeit. Ja, es wäre toll gewesen, wenn wir genau das bekommen hätten. Jetzt haben wir ein Label. Ich habe Ihnen die anderen, die es gibt, aufgezählt. Was hieran verbraucherfreundlich sein soll, müssen Sie mir noch erklären.

Mein Lieblingsvergleich war allerdings der mit der Kammermünze. Ich muss ehrlich sagen, da war ich in Ihrer Rede völlig heraus. Was vergleichen Sie denn da? Vergleichen Sie leidende Trauben mit leidenden Tieren? Genau das ist das Problem Ihrer Tierschutzpolitik.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

Für die CDU-Fraktion spricht Abgeordneter Alexander Licht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Marco Weber, ich nehme diese Debatten und Diskussionen sehr ernst. Ich stelle mir die Frage bzw. diskutiere sie mit denen, die Sie genannt haben, auch vor Ort; warum beispielsweise die FDP, der Minister, für eine verbindliche Lösung im Alleingang steht und in Berlin die FDP völlig konträr etwas völlig anderes sagt.

(Staatsminister Dr. Volker Wissing, FDP: So ein Quatsch! Das ist Quatsch! Unverschämt ist das!)

Wollen Sie die ganzen Zitate? Ich habe nicht die Zeit, Ihnen die ganzen Zitate vorzutragen. Im Bund sind Sie völlig dagegen, und hier wollen Sie einen nationalen Alleingang.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Meine Damen und Herren, wie weit kommen wir mit verbindlichen Lösungen? Herr Kollege Hartenfels, Sie waren sachlich, man kann dieser unterschiedlichen Haltungen und Meinungen auch durchaus sein.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Danke schön!)

Wie verbindlich darf man werden? Wie verpflichtend muss etwas sein? Am Beispiel von Avelsbach sehen Sie, was Verbindlichkeit bedeutet. Menschen, die im Raum sind, wissen, es ging um eine Domäne, bei der sich vor allem das Umweltministerium verantwortlich eingemischt hat.

Sie sehen, was Verbindlichkeit bedeutet! Sie ist nur deshalb bankrott gegangen, weil Sie gesagt haben, dort wird nur noch alternativ hergestellt.

(Unruhe bei der SPD)