Ich darf zunächst die Landesregierung um die Begründung des Gesetzentwurfs bitten. Staatsministerin Doris Ahnen hat sich zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Gerade gestern haben wir die neuen Zahlen der Wohnungsmarktbeobachtung für das Jahr 2018 vorgestellt. Bei allen Problemen gibt es auch positive Trends. Die Zahlen der Baufertigstellungen und auch der Baugenehmigungen sind deutlich gestiegen. Auch die Inanspruchnahme der sozialen Wohnraumförderung hat weiter angezogen. Erfreulich ist auch, in Gebieten mit Mietpreisbremse konnte der Mietanstieg seit dem Jahr 2016 abgemildert werden. Ich sage aber auch: Der Druck auf den Wohnungsmarkt und auf die Preise bleibt gerade in vielen kreisfreien Städten und in ihrem Umland hoch.
Mit dem Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen stellen wir uns den Herausforderungen und haben mit allen relevanten Akteuren am Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren viele Maßnahmen auf den Weg gebracht. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, zur Versorgung der Menschen mit gutem und bezahlbarem Wohnraum in unserem Land mit aller Kraft beizutragen.
Bei der gemeinsamen Arbeit im Bündnis geht es nicht nur um die Attraktivität unserer vielfältigen Programme zur sozialen Wohnraumförderung, sondern es wird auch die Frage behandelt, wie es geht, vorhandenen Wohnungsbestand zu sichern. Gerade in Ballungsgebieten mit angespannten Wohnungsmärkten ist es wichtig, den vorhandenen Wohnungsbestand aktiv zu sichern, um das ohnehin begrenzte Angebot nicht weiter zu verknappen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum möchten wir betroffenen Kommunen ein zusätzliches effektives Instrument für den Wohnraumschutz zur Verfügung stellen.
Lassen Sie mich hervorheben, dass wir hiermit einer ausdrücklichen Forderung der Kommunen, insbesondere der Städte Mainz und Trier, nachkommen. Auch vom Städtetag Rheinland-Pfalz wurde der Entwurf begrüßt.
Das Gesetz soll es Gemeinden, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen besonders gefährdet ist, ermöglichen, eine Zweckentfremdungssatzung zu erlassen, wenn diesem Wohnraummangel nicht mit anderen zumutbaren Mitteln begegnet werden kann.
Mit einer solchen gemeindlichen Satzung können künftig typische Zweckentfremdungstatbestände, wie die überwiegende gewerbliche oder freiberufliche Nutzung des Wohnraums, eine Vermietung als Ferienwohnung oder sonst für Zwecke der Fremdenbeherbergung über einen Zeitraum von zwölf Wochen hinaus, ein länger als sechs Monate andauernder Leerstand von Wohnraum oder auch dessen Beseitigung, eingeschränkt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte betonen, dass die Gemeinden im Rahmen ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung eigenverantwortlich entscheiden können, ob und in welchem Umfang sie von den Möglichkeiten Gebrauch machen wollen, die ihnen dieses Gesetz bietet. Die staatliche Mitwirkung beschränkt sich dabei auf die Schaffung der dafür vorgesehenen, erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Wir sind davon überzeugt, es ist richtig und es ist uns wichtig, dass den Kommunen diese Möglichkeit gegeben wird, die sie dann entsprechend ihrer wohnungspolitischen Situation eigenverantwortlich nutzen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen auf Fördermaßnahmen, wir setzen auf viele Projekte, aber wir setzen eben auch dort einen ordnungsrechtlichen Rahmen, wo das erforderlich ist. Wir haben im Bereich der Wohnraumförderung vieles auf den Weg gebracht. Hier wird jetzt ein weiterer Baustein auf den Weg gebracht, um die Situation zu verbessern. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweckentfremdungsgesetze wurden und werden in den Ländern intensiv diskutiert und parteimäßig mit unterschiedlichen Mehrheiten beschlossen oder abgelehnt. Das zeigt die Stärke des Föderalismus; denn unterschiedliche Situationen bedürfen unterschiedlicher Antworten.
Das Problem längerer Zeit und häufig leerstehender Zweitwohnungen stellt sich auf Sylt nun einmal anders dar als in Ludwigshafen, und Airbnb ist in Berlin und München verbreiteter als in Landau. Also konzentrieren wir uns auf den Gesetzentwurf für Rheinland-Pfalz.
Bei Prüfung des Gesetzentwurfs fällt gleich auf, dass hier ein erheblicher Eingriff in das Grundrecht der Unverletztlichkeit der Wohnung normiert wird; denn zur Prüfung der
Einhaltung des Gesetzes sollen die Gemeindebeauftragten Zutrittsrecht zur Wohnung erhalten. Was heißt das konkret? – Wenn also zum Beispiel eine Geschiedene nach Auszug des Partners sagt, jetzt habe ich zwar mehr Platz, aber ich muss die Wohnkosten alleine tragen, weshalb ich jetzt mein Übersetzungsbüro in die Wohnung verlege, dann muss diese Frau hinnehmen, dass Beauftragte der Gemeinde durch die Wohnung stiefeln und nachmessen, ob auch bloß nicht mehr als 50 % der Fläche für Bürozwecke genutzt werden. Ganz ähnlich ist das bei Start-ups.
und auch eine überraschende Einschränkung dieses hohen Schutzgutes, wenn ich mir klarmache, dass dann, wenn es darum geht, Bodycams zum Schutz von Polizistinnen und Polizisten bei den oft besonders gefährlichen Einsätzen in Wohnungen zuzulassen,
die rheinland-pfälzische Landesregierung und mit ihr die Ampel gegen die Schutzinteressen der Polizistinnen und Polizisten genau das ablehnt, und zwar unabhängig von der konkreten Gefahrenlage. Bei Ordnungswidrigkeiten soll das aber zugelassen werden.
Zusätzlich stellt das Gesetz in Verbindung mit den darauf zu erlassenden Satzungen einen – ich zitiere aus der Gesetzesbegründung – „erheblichen Eingriff“ in Art. 14 GG dar, also in das Eigentumsrecht.
Auch das mache ich an einem Beispiel deutlich: Ein älteres Ehepaar, das den Wechsel in ein Seniorenheim plant und dafür das Haus in den nächsten neun bis zwölf Monaten verkaufen und deshalb die Einliegerwohnung nicht neu vermieten will, um der Käuferfamilie nicht vorzugreifen, muss nach diesem Gesetz aufgrund einer solchen Satzung bei der Stadt um eine Genehmigung des Leerstands bitten. Die Stadt kann dann unter Umständen die Hand aufhalten und eine Ausgleichszahlung wegen des Leerstands von den alten Leuten verlangen. Meine Damen, meine Herren, da frage ich: Ist das Ihre Vorstellung von Altersvorsorge durch Eigentumsbildung? – Unsere ist das nicht!
Erschwerend kommt noch Folgendes hinzu: Die im Verhältnis zum Gesetzestext auffallend lange Gesetzesbegründung bringt nicht einen einzigen Beleg dafür, dass diese Grundrechtseingriffe notwendig sind bzw. dafür, dass die nun verbotenen Zweckentfremdungen, also primär – das ist angesprochen worden – die Airbnb-Nutzung, überhaupt eine nennenswerte Ursache zum Wohnungsmangel dar
Stattdessen schiebt die Landesregierung den Schwarzen Peter den Kommunen zu; denn die müssen jetzt auf Basis einer Anhäufung von unbestimmten Rechtsbegriffen für sich klären, ob eine Zweckentfremdung überhaupt zulässig ist. Damit werden die Kommunen auch mit dem Prozessrisiko bei Klagen gegen die Satzung oder gegen darauf gestützte Bescheide wie so oft alleingelassen.
Meine Damen und Herren, Anfang dieses Jahres hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag eine Aufstellung veröffentlicht, wie viele aktive Inserate sich bei Airbnb auf gesamte Unterkünfte beziehen. Nur um die geht es bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzentwurfs. Es geht also um gesamte Unterkünfte. Da zeigt sich, dass in Rheinland-Pfalz gerade einmal 0,09 % des Gesamtwohnungsbestands auf diesem Weg über Airbnb angeboten werden. 0,09 %!
Für die Oberschlauen, die jetzt gleich auf die ungleiche Verteilung in Rheinland-Pfalz hinweisen, sei gesagt:
Auch Mainz taucht in der Liste der Top 10 der AirbnbStandorte überhaupt nicht auf. So viel also einmal zur Notwendigkeit dieser Grundrechtseingriffe.
Damit wird deutlich, weshalb uns auch diese wohnungspolitische Maßnahme der Landesregierung bisher nicht überzeugt. Es ist nämlich – vorbehaltlich belastbarer Nachweise im weiteren Beratungsverfahren – davon auszugehen, dass das Zweckentfremdungsgesetz überhaupt keinen spürbaren Beitrag zur Lösung des Wohnungsproblems leistet.
Es befände sich damit in trauriger Gesellschaft mit der vom Ministerrat beschlossenen und im September in Kraft getretenen Erweiterung der Mietpreisbremse und mit der gleichzeitig veröffentlichten Kappungsgrenzenverordnung, die beide keine einzige Wohnung mehr auf den Markt bringen,
sondern im Gegenteil potenzielle Vermieter eher abschrecken und damit die Angebotsknappheit fördern.
Unseren Antrag, mit dem Bau von Staatsbedienstetenwohnungen in angespannten Wohnungsmärkten zu beginnen und so Entlastung durch Angebotsausweitung zu schaffen,
hat die Ampel – dies auch mit Ihrer Stimme, Herr Kollege – dagegen in den letzten Haushaltsberatungen abgelehnt. Damit wäre tatsächlich geholfen worden und nicht mit den Dingen, die hier beschlossen werden.
Stattdessen gibt es, so muss man auf Basis der Gesetzesbegründung vermuten, nur weiße Salbe und Sand in die Augen der Wählerinnen und Wähler, um zum Beispiel davon abzulenken, dass in Rheinland-Pfalz die Zahl der Mietwohnungen mit Miet- und Belegungsbindung allein im Jahr 2018 um über 4.700 Einheiten gesunken und damit zurückgegangen ist.