Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

In diesem Kontext ist natürlich bei der Frage nach den Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger zuvorderst das Thema der Präsenz in der Fläche anzusprechen. Hier beobachten wir alle eine Ausdünnung des Filialnetzes, und bei sinkenden Erträgen schwinden auch die Möglichkeiten der Sparkassen zur Unterstützung gemeinwohlorientierter Projekte. Frau Dr. Köbberling hat das schon ausgeführt.

Dabei ist für uns in der CDU-Fraktion aber klar, dass sich kein Vorstand einer Bank und erst recht keiner Sparkasse leichtfertig aus der Fläche zurückziehen würde.

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen aber natürlich, dass die Investitionen in die Digitalisierung, eine immer aufwendigere Regulatorik und ein durch Gesetzgebung und Rechtsprechung weit ausgebauter Verbraucherschutz, den wir sicherlich alle grundsätzlich wollen, um da keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, jedes für sich von den drei Kriterien, erst recht aber im Zusammenwirken, die Kostenseite der Banken und Sparkassen massiv belasten, und das bei einer durch

die Niedrigzinspolitik der EZB, zumindest wenn die Geschäftsmodelle nicht angepasst werden, angespannten Ertragslage.

Eine Quersubventionierung schwach rentierlicher Geschäftszweige wird da immer schwerer. Bei diesem Szenario müssen doch auch wir als Politikerinnen und Politiker bzw. als Gesetzgeber es ernst nehmen, wenn der Chef der BaFin, Felix Hufeld, die Kreditinstitute jüngst öffentlich aufgefordert hat, dieser Erosion der Profitabilität entgegenzuwirken. Ganz offen spricht er in dem Zusammenhang auch von Konsolidierung.

Eine gebotene Anpassung von Kosten und Geschäftsmodell ist allerdings keine bankenspezifische Aufgabe, auch das muss einmal klar gesagt werden. Das mussten auch andere Branchen schon hinter sich bringen. Wir sind aber sicher, dass auch die Regionalbanken und Sparkassen diesen Anpassungsdruck aushalten und bewältigen werden bei gebührlicher Anstrengung. Das wird gut gelingen.

Politik und Landesregierung können dabei nicht die Strategie vorgeben oder quasi als Unternehmensberater agieren, auch wenn die AfD im Wirtschaftsausschuss so verstanden werden konnte.

(Beifall bei der CDU – Abg. Matthias Joa, AfD: Das sollen sie auch nicht! Es geht um Transparenz! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Jetzt aber!)

Die Politik – das ist der Unterschied – kann kein Berater sein, aber die Politik sollte sich mindestens zurückhalten mit allem, was erforderliche Anpassungen erschwert. Das sehen wir schon als Aufgabe.

(Abg. Martin Haller, SPD: Alles andere wäre problematisch!)

Parallel ist es richtig und wichtig, dass wir als Landesgesetzgeber im Blick behalten, ob das Sparkassengesetz – nur hier reden wir über eine originäre Landeskompetenz – den Sparkassen ausreichend Entwicklungsmöglichkeiten für neue ertragreiche Geschäftsmodelle lässt und die mit hohen Investitionen entwickelten Produkte und Spezialkompetenzen auch ausreichend vermarktet werden können unter Beachtung des im Sparkassengesetz verankerten Regionalitätsprinzips. Das müssen wir als Gesetzgeber auch künftig sehr wachsam beobachten.

Zur Einlagensicherung und der angemessenen Regulierung hat Frau Dr. Köbberling zu Recht schon auf die Debatte auch in diesem Hohen Hause im Mai 2017 verwiesen. Da besteht viel Übereinstimmung.

Zu der Frage der Einlagensicherung hat Herr Scholz vor wenigen Tagen einen leider in der Koalition nicht abgestimmten Vorschlag unterbreitet.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Ja!)

Es spricht also viel dafür, dass Bewegung auch auf europäischer Ebene kommt. Das müssen wir sehr intensiv begleiten, meine Damen und Herren. Ich denke, nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung wird es uns gelingen zu

verhindern, dass gerade die Volks- und Raiffeisenbanken und die Sparkassen mit ihrem bewährten Einlagensicherungssystem unter die Räder kommen.

(Glocke des Präsidenten)

Wir als CDU-Fraktion sind zu dieser gemeinsamen Anstrengung gerne breit.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Wink das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Schlagwort Strukturwandel, welches sich auch im Titel wiederfindet, beherrscht viele wirtschaftspolitische Debatten. Faktoren wie Globalisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung haben hinreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft und auch unser Bankensystem.

Im Bankensystem stellt man sich natürlich die Frage: Wie kann die Politik den Strukturwandel im Bankensektor unterstützen, ohne die Unabhängigkeit, ohne die Weisungsfreiheit, ohne die Effizienz und ohne die Stabilität dieses Systems zu gefährden?

In Deutschland gibt es Zentralbanken, Bausparkassen, Geldmarktfonds. Wir haben es alle gehört. Der Bankensektor in Deutschland ist stärker fragmentiert als in anderen G7-Ländern.

Es ist Fakt – das haben wir im Ausschuss mehrmals gehört –, dass die Situation der Kreditwirtschaft in den letzten Jahren schwieriger geworden ist. Einerseits sind die anhaltend niedrigen Zinsen eine Belastung für das Kerngeschäft. Im Jahr 2018 sind die Zinsüberschüsse um 3 % zurückgegangen. Dies entspricht einer Differenz von 31,5 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Die Erträge der Sparkassen in Rheinland-Pfalz sind um 1,4 % gegenüber dem Jahr 2017 gesunken. Das sind weitere 20 Millionen Euro.

Die Ausgaben aufgrund zunehmender regulatorischer Faktoren, Verwaltungskosten und Aufgaben des digitalen Wandels steigen im Gegenzug weiter an. Die rheinland-pfälzischen Sparkassen konnten diesen Anstieg im Jahr 2018 jedoch auf 0,6 % begrenzen.

Andererseits muss man auch beachten, dass sich die Sparkassen in einem permanenten voranschreitenden Transformationsprozess befinden. Das alltägliche Bankgeschäft hat sich verändert. Basisdienstleistungen werden immer mehr als digitales Angebot in Anspruch genommen. Die Veränderung des Kundenverhaltens beansprucht immer mehr Leistungen im Verbund.

Die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz erfordern eine Befähigung der Mitarbeiter und ermöglichen Prozess

automation. Hier kann das Land zum Beispiel ganz konkret aktiv werden, beispielsweise durch Unterstützungsangebote von lebenslangem Lernen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesen digitalen Prozess vorzubereiten und mitzunehmen; denn eine Studie zeigt – weil es immer heißt, die Digitalisierung gefährdet Arbeitsplätze –, dass mehr als 80 % der Unternehmen stabile bzw. positive Arbeitsplatzeffekte erwarten.

Ich sage es noch einmal, hier können wir aktiv anpacken. Wenn möglich und nötig auch bei der Umsetzung der sogenannten SiNDi-Momentum-Maßnahmen. Das sind 80 Maßnahmen, die zur Überprüfung stehen. 40 Maßnahmen sollen zur Umsetzung genutzt werden, um Erträge zu steigern oder Kosten zu senken.

Ich darf noch einmal sagen, das Thema ist nicht neu. In der Drucksache 17/3116 haben wir gefordert, dass die Landesregierung im Bundesrat darauf hinwirken soll, dass die notwendigen Verschärfungen in der Regulierung des internationalen Finanzwesens nur mit Augenmaß auf die regional tätigen Kreditinstitute übertragen werden, die Einführung einer Small and Simple Banking Box zu unterstützen, Eigenkapitalanforderung an die Besonderheiten von regional und lokal agierenden Banken zu berücksichtigen und vieles mehr.

Abschließend möchte ich ausdrücklich betonen, dass die Sparkassen als wirtschaftlich selbstständige Kreditinstitute bezüglich ihrer unternehmerischen Entscheidungen unabhängig und weisungsfrei sind. Eingriffe in die geschäftspolitische Freiheit seitens der Sparkassenaufsicht oder der Landesregierung sind nicht nur nicht möglich, sie sind auch unzulässig.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat heute mit ihrer Aktuellen Debatte „Regionalbanken und Sparkassen unter Druck – Auswirkungen auf Banken, Beschäftigte und Bürger in RheinlandPfalz“ ein Thema aufgegriffen, das sie bereits am 5. November, also vor einer knappen Woche, im letzten Wirtschaftsausschuss diskutiert hat.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Ohne befriedigende Antwort, ganz genau!)

Dort hieß das Thema „Strukturwandel im Bankensystem – Sparkassen unter Druck“.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Mit dem Antrag „Die Kreditwirtschaft in Rheinland-Pfalz

stärken“ von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Plenarsitzung im Mai 2017 hatten wir uns auch schon im Plenum vor zwei Jahren damit beschäftigt, vor welchen Herausforderungen insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken stehen.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Diese Herausforderungen sind eingetreten!)

Dies sind im Wesentlichen drei Faktoren: die anhaltende Niedrigzinsphase, eine fortschreitende Regulierung und der digitale Wandel.

Aber – das sage ich noch einmal ganz deutlich, es wurde auch im letzten Wirtschaftsausschuss gesagt und ist auch heute von den Kollegen erneut angesprochen worden – das Land hat tatsächlich keine Möglichkeiten, auf Entwicklungen Einfluss zu nehmen, was die Sparkassen angeht. Das ist – das ist hier auch schon gesagt worden– gesetzlich geregelt. Uns als regierungstragenden Fraktionen einschließlich der Oppositionspartei CDU oder der Landesregierung vorzuwerfen, es würde uns nicht interessieren

(Abg. Matthias Joa, AfD: Sie konnten keinerlei Angaben machen!)

und wir würden uns einen leichten Fuß machen, ist wirklich nicht korrekt und deplatziert.

Die Koalition in Rheinland-Pfalz hat sich in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich zum dreigliedrigen Bankensystem bekannt.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ich kenne nur ein dreigliedriges Schulsystem!)

Dies sind Privatbanken, öffentlich-rechtliche Banken wie Sparkassen und Volksbanken und die Genossenschaftsbanken. Die Sparkassen und genossenschaftlichen Kreditinstitute haben sich in der Finanzmarktkrise als Stabilitätsfaktoren erwiesen. Die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen – das können Sie von mir aus schriftlich haben – haben ein absolut großes Interesse daran, dass sich die Bankenlandschaft in Rheinland-Pfalz auch in dieser Niedrigzinsphase behaupten kann.