Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Dies sind Privatbanken, öffentlich-rechtliche Banken wie Sparkassen und Volksbanken und die Genossenschaftsbanken. Die Sparkassen und genossenschaftlichen Kreditinstitute haben sich in der Finanzmarktkrise als Stabilitätsfaktoren erwiesen. Die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen – das können Sie von mir aus schriftlich haben – haben ein absolut großes Interesse daran, dass sich die Bankenlandschaft in Rheinland-Pfalz auch in dieser Niedrigzinsphase behaupten kann.

Um es noch einmal deutlich zu sagen, die Volksbank oder die Sparkasse vor Ort hat nichts mit Lehman zu tun,

(Abg. Matthias Joa, AfD: Wer hat denn das gesagt? Das hat niemand behauptet!)

und die Sparkassen der Region betreiben keine riskanten Investment-Geschäfte. Im Gegenteil, sie stützen unsere Wirtschaft und sind Partner unserer Bürgerinnen und Bürger in allen Bankgeschäften. Deswegen ist es von hohem Interesse und auch in unserem eigenen Interesse, dass unsere Regionalbanken dauerhaft gestärkt werden.

Wir haben damals mit unserem Antrag einfache Regeln für solche Banken gefordert, die mit einfachen und risikoarmen Geschäftsmodellen arbeiten, und eine besser abgestufte Regulierung für Kreditinstitute. Wir haben des Weiteren gefordert, dass kleinere und regional tätige Banken mit risikoärmeren Geschäftsmodellen von den Verpflichtungen befreit werden sollen, die ihnen einen immensen Aufwand

bereiten, aber gleichzeitig nicht zur Finanzmarktstabilität beitragen. Es war ein großer Erfolg dieser Landesregierung und letztendlich auch unseres Antrags, dass die heutige Ausrichtung des Europäischen Finanzrats ECOFIN gezeigt hat, dass die Debatte um die Proportionalität bei der Bankenregulierung auf EU-Ebene angekommen ist.

Wir sehen noch deutlich mehr Entlastungspotenzial für Sparkassen und für Genossenschaftsbanken und appellieren insoweit an den EU-Gesetzgeber, noch einen Schritt mutiger voranzugehen; denn an vielen Stellen reichen unserer Ansicht nach deutlich abgespeckte Regelungen aus, um im Privatkundengeschäft das gleiche Maß an Stabilität zu sichern.

Den regierungstragenden Fraktionen und der Landesregierung ist es wichtig, die Rahmenbedingungen für die privaten Banken, für die Sparkassen und für die Genossenschaftsbanken positiv zu gestalten. Gerade die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken bilden das Rückgrat für die Kreditversorgung von kleineren und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz, die wiederum das Rückgrat unserer guten wirtschaftlichen Lage sind. Wir können als Land nicht in die unabhängige Zinspolitik eingreifen, auch wenn die AfD das immer wieder fordert. Aber natürlich unterstützen wir die Banken, indem wir andere Maßnahmen ergreifen, zum Beispiel nachhaltige Investitionen tätigen, die Bürgerinnen und Bürger darüber aufklären, welche Investitionsmöglichkeit es gibt.

Ich nenne die Haushaltskonsolidierung als einen weiteren wichtigen Punkt

(Glocke des Präsidenten)

und letztlich auch, den Wirtschaftsstandort zu stärken, indem wir Fachkräfte ausbilden und Zuwanderer bei der Integration unterstützen,

(Zuruf von der AfD: Das rettet die Banken!)

Familien stärken, den Breitbandausbau beschleunigen und die digitale Bildung verbessern.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Wissing.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Plenum wurde schon mehrfach über die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank gesprochen. Dass Null- und Negativzinsen eine Herausforderung für Banken und auch für die regional tätigen Banken darstellen, ist unbestritten.

Ich hatte allerdings an anderer Stelle schon betont, dass es auch positive Auswirkungen dieser Zinspolitik gibt. Die

seit Jahren sehr robuste Konjunktur, der starke Arbeitsmarkt, die hohen Beschäftigungszahlen, die Entlastung privater Schuldner durch spürbar gesunkene Kreditkosten, die moderate Inflationsentwicklung der letzten Jahre oder auch die niedrigen Kosten der Staatsfinanzierung, die die Steuerzahler entlasten, seien nur beispielhaft genannt. Gleichwohl ist unbestritten die Situation für die Banken auch eine Herausforderung, und das wurde schon mehrfach gesagt.

Aber wenn Sie die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank diskutieren, müssen Sie sich natürlich auch immer die Frage stellen, inwieweit Sie dann auch die Unabhängigkeit einer Notenbank gleich mit diskutieren; denn letztlich ist die Zinspolitik nicht Aufgabe der Parlamente, sondern aus gutem Grund Aufgabe der Europäischen Zentralbank.

(Abg. Matthias Joa, AfD: Das können wir auch nicht ändern, darum geht es auch gar nicht!)

Diesen Grundsatz muss man auch immer dann beachten, wenn einem die Zinspolitik nicht schmeckt. Deswegen ist es nicht Aufgabe der Politik, die Zinspolitik zu kritisieren, wenn sich die EZB für niedrige Zinsen oder für negative Zinsen entscheidet, sondern auch dann ist die Stunde des Respektierens der Unabhängigkeit der Notenbank gegeben.

Wenn man diese respektiert, hat man als Politiker oder Politikerin sich nicht mit der Frage zu beschäftigen, wie die Notenbank besser oder anders reagieren soll, sondern mit der Frage: Wie stellt man sich selbst politisch optimal auf, um mit der Situation umzugehen?

(Beifall der FDP, der SPD, der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich lade immer wieder all diejenigen, die sich eine andere Zinspolitik vorstellen können, dazu ein, auch in der politischen Debatte einen Beitrag zu leisten, um die Europäische Notenbank in die Lage zu versetzen, den Weg einer anderen Zinspolitik gehen zu können.

Dies bedeutet dann konkret, Vorschläge zu machen, wie sich die europäische Fiskalpolitik ändern kann. Aber dazu sind Sie auch nicht bereit; insofern, glaube ich, ist das kein Gesamtpaket, was Sie hier anbieten.

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Doch, dazu sind wir bereit! Wir haben doch Vorschläge gemacht!)

Aber für die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken bei uns im Land wie überhaupt für die Bankenlandschaft ist diese Zinsentwicklung natürlich eine Herausforderung, im Übrigen genauso wie die digitale Transformation. Die Banken müssen sich heute nicht nur mit den Niedrigzinsen beschäftigen und die Frage stellen, woher die Erträge der Zukunft kommen, sondern die Banken müssen sich auch die Frage stellen: Wie viel Bank braucht denn ein Bürger in Zukunft noch? – Denn viele Bankgeschäfte, die man früher mit einem Institut, einer Filiale vor Ort abgewickelt hat, lassen sich mühelos auch digital abwickeln.

Nach meinen Gesprächen, die ich mit den Sparkassen

führe, kann ich nur sagen, die Banken sind sich dieser Situation sehr wohl bewusst. So sind beispielsweise die Sparkassen heute schon so aufgestellt, dass sie, was die Digitalisierung angeht, hervorragende Apps haben, die bei den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut ankommen. Sie passen sich an.

Dies wird natürlich auch zu Veränderungen in der Filialstruktur führen; aber ich glaube nicht, dass es Aufgabe der Politik ist, die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Vielmehr ist es Aufgabe der Politik, diesen Strukturwandel so konstruktiv wie möglich zu begleiten.

Für Rheinland-Pfalz kann ich sagen, wir sind im Rahmen der Bankenaufsicht in einem engen Kontakt mit den Instituten. Ich kann sagen, dass es natürlich Folgen für die Beschäftigten der Kreditinstitute gibt. Regulatorische Anforderungen im Zuge des digitalen Wandels haben stark zugenommen. Wir haben einen Bedarf an Aus- und Weiterbildung, an der Zertifizierung spezialisierter Berater. Das sind die Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen.

Gleichzeitig sind die Institute in Zeiten rückläufiger Erträge einem wachsenden Kostendruck ausgesetzt. Seit 2015 haben die Sparkassen ihre Personalbestände vorrangig über die natürliche Fluktuation um jährlich 3 bis 4 % kontinuierlich zurückgeführt. Also, es finden Anpassungen statt.

Sowohl die Sparkassen als auch die Kreditgenossenschaften müssen besonders vor dem Hintergrund der anspruchsvollen regulatorischen Vorgaben ihre Arbeitsfähigkeit sicherstellen. Sie setzen alles daran, auch in Zukunft als erste Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger im Land für Finanzangelegenheiten zu gelten und auch als kompetente Finanzierer und Wegbegleiter für die Unternehmen zur Verfügung zu stehen; denn gerade in diesem Bereich wird man analoges Geschäft nicht ohne Weiteres durch digitales ersetzen können. Dass die Banken sich darauf konzentrieren zeigt, sie verstehen etwas von ihrem Geschäft.

Gerade eine dezentral geprägte Wirtschaftsordnung mit einem starken Mittelstand braucht als Pendant eine mittelständische Finanzwirtschaft mit regionaler Verankerung. Die in meinem Haus angesiedelte Aufsicht ist im regelmäßigen Austausch mit den Sparkassen und den anderen maßgeblichen Akteuren. Im Rahmen der rechtsaufsichtsbehördlichen Zuständigkeit haben wir dabei die geschäftspolitischen Entscheidungshoheiten der wirtschaftlich selbstständigen Kreditinstitute zu wahren und zu achten.

Mit der laufenden Aufsichtstätigkeit leistet die Bankenaufsicht einen wesentlichen Beitrag, die rheinland-pfälzischen Sparkassen auch in Zukunft als Garant für Stabilität und für Sicherheit zu erhalten. Wir können zufrieden sein über unsere Bankenlandschaft, und selbstverständlich begleiten wir den Strukturwandel konstruktiv und regulatorisch, sodass die Banken eine gute Zukunft haben.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Joa.

Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist richtig: Wir können den Zins nicht ändern, und es geht auch gar nicht um Vorgaben, sondern es geht um die Auswirkungen des Zins.

Dazu möchte ich die Punkte noch einmal zusammenfassen. Wir haben die Banken mit einem massiven Druck auf das Kerngeschäft. Der Präsident der Sparkassen selbst warnt vor einer dramatischen Entwicklung und einer sich verschärfenden Lage. Wir haben Druck auf die Ausschüttungen und auf die Mitarbeiter und auch auf die Kommunen, die künftig wohl geringere Ausschüttungen bekommen werden.

Die Landesregierung konnte weiter keine einzige inhaltliche Frage zum Risikoszenario beantworten, und am Ende will Bundesfinanzminister Scholz von der SPD jetzt sogar noch die Bankenunion. – Es läuft also gerade ins Gegenteil.

Wir müssen uns doch einmal fragen: Wer ist denn überhaupt zuständig? Es geht nicht um Weisungen. Die Bundesregierung ist nicht wirklich zuständig, die Landesregierung will nicht zuständig sein, und die Kommunen vor Ort sind natürlich mit der sich schnell ändernden Situation überfordert.

Wir fordern die Verantwortung der Landesregierung ein. Das Wegducken muss ein Ende haben. Packen Sie das Thema endlich an, bevor es den Bürgern und den Kommunen auf die Füße fällt.

(Beifall der AfD)

Kurzum: Wir brauchen schnellstens einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation der Sparkassen in Rheinland-Pfalz. Die werden sogar dankbar sein, wenn sie eine entsprechende politische Rückendeckung bekommen. Wir müssen entsprechende Risikoszenarien zusammen mit dem Sparkassenverband und den Kommunen errechnen und auch bewerten, und dazu braucht es eine gemeinsame Task Force.

Ich frage mich an dieser Stelle, was eigentlich noch passieren soll. Wenn in drei oder vier Jahren einzelne Banken in Schieflage geraten sollten – was ich nicht hoffe –, was wird die Landesregierung dann sagen? – Ach, das konnten wir nicht absehen, das ist Sache des Sparkassenverbandes? – Das ist doch viel zu billig, sich hier so herauszureden.

Natürlich muss man in Zeiten dieser Sparmaßnahmen auch das Thema der Vorstandsgehälter ansprechen. Die Landesregierung, die ansonsten über alles kommuniziert, über Gender, über alle möglichen Themen, die aus meiner Sicht weniger wichtig sind, ziert sich seltsamerweise, wenn es um die konkreten Auswirkungen auf die Bürger und auf die Sparer geht. Auch darüber brauchen wir Aufklärung; ansonsten lassen wir nämlich viele Menschen in unserem Land einfach ins offene Messer rennen.

Kurzum, ich hoffe, ich konnte es noch einmal darlegen. Die Verantwortung einfach abzuschieben und immer zu sagen, wir haben keine Rechtsaufsicht, das ist zu billig. Es geht auch nicht um Weisungen, sondern es geht darum, die Kommunen und die Sparkassen ein Stück weit an die Hand zu nehmen

(Glocke des Präsidenten)

und zu fragen: Was können wir für euch tun? – Und das wird auch gut für die Bürger sein.

Vielen Dank.