Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich halte aber nichts von Schuldvorwürfen in die Vergangenheit. Ich halte auch nichts von konstruierten Schuldvorwürfen an die Adresse der Landesregierung, weil das völlig an der Sache vorbeigeht und auch völlig unangemessen ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Deswegen finde ich, dass wir den Menschen die Wahrheit sagen sollen.

Das gilt auch für das Thema „Zusätzliche Rheinbrücke bei Ludwigshafen“. Schauen Sie, das kann man jetzt diskutieren. Dazu bin ich auch gerne bereit. Den Menschen aber jetzt den Eindruck zu vermitteln, Leute, euer Hochstraßenproblem hängt damit zusammen, dass wir gestern keinen Brückenbau in Ludwigshafen angefangen haben, lenkt doch nur von dem Problem ab.

Deswegen habe ich in der letzten Debatte gesagt: Glaubt denn irgendjemand, dass die Stadt Ludwigshafen, die mit diesen beiden Hochstraßen schon überfordert ist, irgendeinen konstruktiven Beitrag darin sieht, wenn man sagt, dann macht doch parallel zur Hochstraßensanierung noch den Bau einer dritten Rheinbrücke?

Ich glaube, das ist alles an der Sache vorbei diskutiert. Wir brauchen jetzt eine gute Umleitungssituation. Wir brauchen eine ausfinanzierte Lösung für die Stadt Ludwigshafen. Wir müssen die Stadt bei den Planungen unterstützen, und wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern auch ehrlich, gemeinsam und geschlossen entgegentreten und sagen: Wir stehen an eurer Seite. Jeder übernimmt Verantwortung. – Das sind wir den Menschen schuldig in unserer Demokratie.

Es gibt manchmal Probleme, die kann man nicht mehr so gut lösen, wie man sie vor zehn oder 15 Jahren hätte lösen können. Man kann aber zusammenstehen, Verantwortung übernehmen und aus der jetzigen Situation das Beste machen. Das ist man den Menschen schuldig. Dann muss man diese Aktionen aber auch anerkennen und darf

den Menschen nicht mit konstruierten Schuldvorwürfen ein Märchen vormachen,

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Versäumnisse in der Vergangenheit, klar!)

als gäbe es da irgendein Versäumnis, das mit dieser Regierungskonstellation, der Ampel in Rheinland-Pfalz, zu tun hat.

Das ist schlicht und einfach nicht wahr. Die HochstraßenProblematik hat damit nichts zu tun. Die Salierbrücke hat damit nichts zu tun.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Pfaffendorfer Brücke!)

Die Pfaffendorfer Brücke hat damit auch nichts zu tun. Ich plädiere dafür, dass wir in schwierigen Infrastruktursituationen nicht mit dem Finger auf andere zeigen, schon gar nicht auf die, die nichts dafür können, sondern gemeinsam nach Lösungen suchen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Regelmäßige Prüfungen!)

Das halte ich für konstruktive Politik, und daran orientiere ich mich.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung stünden den Fraktionen noch weitere 2 Minuten und 50 Sekunden zur Verfügung. Der Abgeordnete Dr. Bollinger meldet sich noch einmal.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Minister, ich habe keineswegs behauptet, dass heute oder morgen eine Brücke zusammenbrechen wird. Wir wissen tatsächlich aus unserem Gespräch mit dem LBM, dass die schlechten Noten der rheinland-pfälzischen Brücken praktisch immer auf einer negativen Einschätzung der Dauerhaftigkeit der Brücke beruhen. Das ist richtig.

Ich habe aber auch die Richtlinie des Bundesverkehrsministeriums zitiert. Danach muss man für zehn der 15 Rheinbrücken feststellen – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „Eine Schadensausbreitung oder Folgeschädigung kann kurzfristig dazu führen“ – das ist Dauerhaftigkeit –, „dass die Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben sind.“ In einer solchen Situation können Sie aus meiner Sicht nicht mehr pauschal argumentieren, dass es wirtschaftlicher sei, die Schäden kumulieren zu lassen.

Mich würde diesbezüglich übrigens einmal die Meinung des Landesrechnungshofs interessieren; denn der hat bereits in Bezug auf die Landesstraßen die Sanierungsstrategie des LBM kritisiert. Den würde ich gerne einmal überprüfen lassen, wie er die Sanierungsstrategie des Landes in Bezug auf die Landesbrücken sieht.

Was die kommunale Brücke, zum Beispiel die Pfaffendorfer Brücke, betrifft, haben wir vom LBM erfahren, dass dort wirklich nur anlassbezogen auf Anregung der Kommunen geprüft wird. Wenn wir aber hier vernetzt denken müssen und es in einem Bereich wie in Koblenz vier Rheinbrücken gibt, muss man natürlich, wenn die aufgrund ihres Alters alle in einem bestimmten Zeitraum sanierungsbedürftig sind, schon schauen, dass es idealerweise nur eine zu einer Zeit ist.

Deshalb sollte auch da geschaut werden, dass die kommunalen Brücken zumindest in einem gewissen Turnus angeschaut werden, damit man nicht in die Situation kommt, dass die auf einmal plötzlich erforderlich gewordene Sanierung der Pfaffendorfer Brücke wiederum mit anderen erforderlichen Maßnahmen zusammenfällt, und wir, weil das nicht geschieht, Gefahr laufen, dass sich die Schäden entsprechend weiterentwickeln.

Danke sehr.

(Beifall der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Dann haben wir diesen Tagesordnungspunkt damit erledigt.

Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:

Organisierte Kriminalität und Geldwäsche effektiv bekämpfen – Einführung eines anonymen Hinweisgebersystems Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/10321 –

dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses – Drucksache 17/10459 –

Wer spricht für die CDU? Herr Lammert für die CDUFraktion. – Bitte schön, Herr Lammert.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Prävention bedeutet, einen Schritt voraus zu sein, und genau das wollen wir mit unserem Antrag erreichen. Wir wollen der Organisierten Kriminalität in Rheinland-Pfalz einen Schritt voraus sein.

In der Ausschussberatung haben die Vertreter der Regierungsfraktionen behauptet, dass dieser vorliegende Antrag Ängste schüre und Probleme sehe, die es in unserem Bundesland nicht gebe. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Wir wollen, dass Rheinland-Pfalz gerade kein Rückzugsort für Organisierte Kriminalität oder Clankriminalität wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Antrag enthält drei Schwerpunkte.

Erstens, die Polizeiliche Kriminalstatistik auf mögliche Or

ganisierte Kriminalität sowie auf Clan- und Familienclanstrukturen zu sichten und auszuwerten, zweitens die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und die präventive Bekämpfung von Clan- und Familienclankriminalität sowie drittens die Bekämpfung von Geldwäsche.

Damit wir wissen, in welchem Umfang es überhaupt in Rheinland-Pfalz Organisierte Kriminalität sowie eventuell Clan- oder Familienclankriminalität gibt, muss unseres Erachtens die Kriminalstatistik entsprechend ausgewertet werden; denn nur anhand von validen Daten lassen sich weitgehende Handlungsoptionen bestimmen.

Man kann es natürlich auch so machen wie der Innenminister und sagen – ich darf zitieren –: „Es gibt keine Erkenntnisse der Polizei, die auf organisierte Strukturen von Clan-Kriminalität in Rheinland-Pfalz hinweisen.“ So äußerte sich der Innenminister im September gegenüber der RHEINPFALZ.

Woher diese Erkenntnis kommt, erschließt sich mir nicht ganz; denn ich darf darüber hinaus den Innenminister erneut aus der RHEINPFALZ zitieren: „Um möglichst früh zu erkennen, ob sich solche Strukturen aufbauen, wird derzeit ein aktuelles landesweites Lagebild erstellt.“ Es gibt also nach der eigenen Einlassung des Innenministers noch keine Auswertung der Kriminalstatistik im Hinblick auf die organisierte Clankriminalität. Genau das ist unser Ansatz, weil wir das wissen wollen. Da setzen wir an. Wir können nicht von vornherein sagen, das gibt es nicht, wie das vonseiten des Innenministers behauptet wird.

(Beifall der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität haben wir mittlerweile Probleme, die sich einfach nicht mehr wegdiskutieren lassen. Auch die Landesregierung kann nicht einfach die Augen davor verschließen und das nicht ansprechen.

Gestern gab es zum Beispiel in Rheinland-Pfalz einen Großeinsatz der Bundespolizei zur Bekämpfung der gewerbsmäßigen Schleuserkriminalität. Vor zwei oder drei Wochen gab es eine Großrazzia, mit der die Polizei gegen einen libanesischen Familienclan wegen des Verdachts der Schleuserkriminalität vorging. Dabei wurden insgesamt 28 Objekte durchsucht. Von diesen 28 Objekten befanden sich mehr als die Hälfte in Rheinland-Pfalz. Clankriminalität!

Vor zwei Monaten hob die Polizei in Traben-Trarbach an der Mosel einen Cyberbunker aus. Der Hauptverdächtige soll Beziehungen zur Organisierten Kriminalität haben.

Derzeit werden von den Sicherheitsbehörden in RheinlandPfalz 27 Personen der italienischen Mafia zugeordnet.

In unseren Justizvollzugsanstalten gibt es Hinweise auf russisch-eurasische Mafia. Es besteht auch die Gefahr der Ausbreitung der sogenannten nigerianischen Mafia. Allein dort ist die Zahl die Tatverdächtigen – ohne die ausländerrechtlichen Verstöße – im Zeitraum zwischen 2017 und 2018 um über 30 % sprunghaft nach oben gegangen. Man kann also nicht davon sprechen, dass das Sicherheitsrisiko durch die Organisierte Kriminalität in unserem Land

nicht vorhanden ist, sondern sie ist durchaus real, und wir müssen uns dieser Problematik stellen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Deshalb haben wir bereits im Sommer dieses Jahres ein umfangreiches Konzept, ein Maßnahmenpaket, vorgelegt und in die politische Debatte eingebracht. Damit komme ich zum zweiten Teil unserer Forderung, der Einführung eines sogenannten anonymen Hinweisgebersystems. Das Hauptproblem bei der Bekämpfung gerade der Organisierten Kriminalität oder auch Clankriminalität ist der Umstand, dass die Opfer oft aus Angst vor Repressalien oder sogar aus Angst um Leib und Leben keine Anzeige erstatten und die Polizei dadurch keine Erkenntnisse erlangt. Oftmals passiert es auch, dass nach Erstattung der Anzeige aufgrund von Einschüchterungsversuchen die Anzeige später zurückgezogen wird.

Ein anonymes Hinweisgebersystem könnte einen diskreten, sicheren und absolut anonymen Weg beschreiten, Verstöße gegen das Strafgesetz ohne Sorge vor Repressalien anzuzeigen. Im Übrigen gibt es in Baden-Württemberg und Niedersachsen dieses System, das sich dort bewährt hat. Lieber Innenminister Roger Lewentz, gerade der Kollege in Niedersachsen, der Kollege Pistorius, hat dazu auch einiges sehr Positives gesagt. Der ist gut unterwegs. Da gibt es also einige sehr gute Ansätze. Deshalb sollten Sie ihn einfach einmal bei der nächsten Innenministerkonferenz ansprechen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch kurz zu unserem dritten Anliegen kommen. Das ist die effektive Bekämpfung der Geldwäsche. Über die anonymen Meldungen zur Geldwäsche von Mitgliedern der Organisierten Kriminalität können wir Kriminellen an der Stelle besonders wehtun; denn da geht es oftmals um das Abschöpfen des Geldes. Es ist wichtig, dass dieses Geld, das oftmals über Straftaten erlangt wurde, durch den Staat abgeschöpft werden kann, wodurch wir ganze Systeme lahmlegen können. Das ist ganz wichtig.