vermittelt man nicht durch eine Fahne auf dem Schulhof oder auf dem Dach einer Schule, sondern durch das, was unter diesem Dach im Unterricht und Miteinander passiert.
„Die Fahne selbst stiftet keine Identität, schon gar keine demokratische. Das machen die Werte, die diese Fahne repräsentiert.“ Dieses Zitat stammt von Frau Ministerin Dr. Hubig aus dem Jahr 2016 ihrer Rede hier zu dem gleichen Thema.
Werte- und Demokratiebildung hat die Ministerin auch in ihrer Regierungserklärung im Januar 2019 in den Mittelpunkt gestellt. Genau um diese Werte geht es in Artikel 33 der rheinland-pfälzischen Landesverfassung. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Formulierungen dieses Artikels sprachlich den Geist ihrer Entstehungsgeschichte am Ende der 1940er-Jahre spiegeln. Wenn man den Text von Artikel 33 weiter liest, wird schnell klar, dass der schulische Auftrag in freier demokratischer Gesinnung im Geiste der Völkerversöhnung erfolgen soll.
Meine Damen und Herren, dazu gehört für mich zuvorderst das Eintreten für unsere Demokratie. Das Grundverständnis aus Artikel 33 der Landesverfassung ist eingeflossen in den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen in § 1 Schulgesetz. Dies gilt für alle Schulen von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II. Diese Werte sind selbstverständlich in den Lehrplänen verankert.
Unsere Lehrpläne sind darauf ausgerichtet, dass junge Menschen historisch-politisch gebildet werden und demokratische Handlungskompetenz erlangen. Um das zu erreichen, enthalten die Lehrpläne ein Gesamtkonzept, das sich durch alle Schularten und Schulstufen zieht. Dabei werden die demokratische Werteordnung und ihre Symbole unter unterschiedlichen Aspekten thematisiert. Die Beschäftigung mit Flaggen ist eingebettet in größere Themenfelder. Von einer stiefmütterlichen Behandlung unserer staatlichen Hoheitszeichen im Unterricht kann keine Rede sein.
Dazu will ich einige Beispiele nennen. Bereits in der Grundschule ist das Kennenlernen des eigenen Kulturguts ein verbindliches Ziel im Teilrahmenplan Sachunterricht. Hierzu gehören die Erkundung unseres Heimatlands Rheinland-Pfalz und Deutschlands und die Beschäftigung mit ihren staatlichen Symbolen. Das Lernen der Nationalhymne ist verpflichtend im Teilrahmenplan Musik ausgewiesen.
In der Sekundarstufe I sind die Nationalstaatsbildung sowie die Analyse von Nationalhymnen und von weiteren Zeichen bürgerlicher Emanzipation Unterrichtsthema im Fach Geschichte in der Klassenstufe 8.
Im Lehrplan Musik für die Klassenstufen 7 bis 9 bzw. 10 findet sich der Hinweis, dass politische Bildung eine Aufgabe ist, der sich auch der Musikunterricht stellen muss.
Als Beispiele für den Unterricht werden ausdrücklich Nationalhymnen sowie politische Lieder und Songs genannt.
Im Oberstufenunterricht des Fachs Geschichte steht in der Jahrgangsstufe 12 unter anderem das Ringen um die Demokratie in Deutschland im Mittelpunkt. Beim Thema des politischen Selbstverständnisses der Bundesrepublik geht es um die wesentlichen Elemente des Demokratieverständnisses. Dabei setzen sich die Schülerinnen und Schüler explizit mit sinnstiftenden Formulierungen unserer Identität, wozu Flaggen und Lieder gehören, auseinander.
Das sind einige Beispiele aus den Lehrplänen. Aber die Schulen setzen den Auftrag der Werte- und Demokratiebildung nicht nur im Pflichtunterricht in vielfältiger Art und Weise um. Demokratische Werte lernt man am besten, indem man sie selbst praktiziert, zum Beispiel in außerunterrichtlichen Aktivitäten wie dem Klassenrat oder in Schülervertretungen. Deshalb werden wir in der Schulgesetznovelle die Mitwirkungsrechte der Schülerinnen und Schüler stärken.
Meine Damen und Herren, eine so verstandene Werte- und Demokratiebildung trifft sicher sehr viel mehr den Auftrag des Artikels 33 als das von Ihnen geforderte Einzelthema der Flaggen als identitätsstiftende Symbole unserer demokratischen Werteordnung.
Herr Staatssekretär, ich zitiere Ihren Satz von Frau Dr. Hubig, „Die Fahne selbst stiftet keine Identität, schon gar keine demokratische“. Ich frage Sie: Was haben Sie für ein Verständnis von Fahnen als Symbol? Die Fahne drückt bestimmte Wertvorstellungen aus, so wie die Nationalhymne.
Sie ist ein Symbol. In vielen Ländern wird es auch so gewertet. Deswegen wird ständig geflaggt, um diese Werte hochzuhalten.
Sehr geehrter Herr Schmidt, ich habe ausgeführt, dass die Fahne allein nicht identitätsstiftend ist. Wir haben aus den Reihen gehört, es gibt Länder auf dieser Welt, die keine Demokratien sind, in denen die Fahne jeden Tag geschwenkt wird. Das trägt nicht zu einer demokratischen Identität bei. Dazu braucht es viel mehr. Wir reden über Schulen. Dazu braucht es tagtäglich, dass Demokratie in unserer Schule gelebt und erlebt wird und selbstverständlich – das habe ich auch ausgeführt – zu diesen bestimmten Anlässen die Flagge gehisst wird.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt – da kann ich Ihnen zustimmen –, die Fahne allein stiftet keine demokratische Identität. Ich hake noch einmal nach. Es gibt viele alte ehrwürdige Demokratien auf dieser Erde, die genau das machen. Was vermuten Sie, warum die Amerikaner und die Franzosen die Beflaggung ihrer Schulen und öffentlichen Gebäude nutzen, und zwar nicht nur an besonderen Tagen, sondern regelmäßig? Warum bewerten Sie das so geringschätzig, sage ich einmal, wie Sie das eben getan haben? Das war nach dem Motto „Das brauchen wir nicht, das bringt ohnehin nichts“. Warum machen es die anderen?
Herr Frisch, das habe ich überhaupt nicht gesagt. Ich kann mit Ihnen gern einmal über die Situation in Amerika diskutieren. Sie wissen ja, dass ich Englischlehrer bin und sehr gute Kontakte nach Amerika habe und dort auch zu Schulen.
Wir brauchen keine Flagge, die zu einem inhaltsleeren Ritual wird, sondern wir brauchen die Flagge zu besonderen Anlässen, die dann auch, was den Inhalt anbelangt, im Unterricht in der Schule thematisiert wird, und nichts anderes habe ich gesagt.
Sie haben eben gesagt, viel wichtiger als die Beflaggung sei die Demokratieerziehung und die Demokratiepraxis in der Schule. Sind Sie einmal auf den Gedanken gekommen, die Schüler zu befragen, ob sie nicht wollen, dass morgens die schwarz-rot-goldene Flagge gehisst wird? Das könnte man doch einfach einmal fragen und sich dann vielleicht auch an der Schülermeinung orientieren. Ich habe nämlich sehr oft erlebt, dass gerade zu Zeiten der Fußballweltmeisterschaft das Bedürfnis, sich mit der Nationalmannschaft solidarisch und verbunden zu erklären, ein großes Movens ist.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was hat das denn damit zu tun? – Zuruf des Abg. Michael Hüttner, SPD)
Ich habe gesagt, dass auch besondere Anlässe, beispielsweise die Fußballweltmeisterschaft, genutzt werden können.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ihr stellt Euch mit Euren Fragen selber bloß! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Schwätzer! – Zuruf von der AfD: Seien Sie doch einfach still!)
Im Übrigen, Herr Paul, diese Verordnung, die Herr Schmidt anspricht, lässt den Schulen die Möglichkeit offen, auch zu anderen Anlässen als denen, die ich genannt habe, die Flagge zu hissen, beispielsweise wenn es um internationale Schülerpartnerschaften geht. Dann ist es schon, denke ich, sehr begrüßenswert, wenn dazu auch die Europafahne gezeigt wird.
Herr Paul, wenn Sie an Schulen Umfragen machen, können Sie sich die auch selbst beantworten. Das muss nicht ich machen.
Ergänzend zu der Frage 2, die ich gestellt habe: Sehen Sie es nicht als eine Chance gerade angesichts des 30. Jahrestags der Wiedervereinigung,
wo es immer noch Tendenzen einer nicht vollendeten Einheit in Ost und West gibt, angesichts von Integrationsproblemen, die erheblich sind, eine ständige Beflaggung zu
Herr Schmidt, ich kann Ihnen gerne das, was ich zur Flagge vorgetragen habe, noch einmal vortragen. Die Flagge soll etwas Besonderes sein und dann auch entsprechend in der Schule, im Unterricht thematisiert werden.
Mir liegen jetzt noch drei weitere Zusatzfragen vor, danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet.
Herr Staatssekretär, Sie haben sehr deutlich gemacht, dass es um die Vermittlung von Werten geht. Dafür herzlichen Dank. Sie haben auch angesprochen, dass die Frage der außerunterrichtlichen Aktivitäten im besonderen Fokus steht. Können Sie das bitte noch einmal näher erläutern?