Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Ganz konkret hatten wir hierzu im Februar 2016 einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht und diskutiert. Auch schon fünf Jahre vorher hatten wir das auf unserer Agenda. Ich verweise auf die Drucksache 15/5432 vom 21. Februar 2011. Mit Fug und Recht können wir also heute sagen: Das Original dieses Gedankens liegt bei der CDU und nicht bei der AfD.

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen Prüfungen und Abschlüsse durchaus und ganz definitiv als einen Mosaikstein, wenn es darum geht, Qualität zu sichern; denn das hat etwas damit zu tun, dass man sich darauf vorbereiten muss, und zwar für lange Zeit. Das hat etwas mit Leistung, mit Anstrengung zu tun. Insofern gehört es für uns dazu.

Im Gegensatz zu dem heute vorliegenden AfD-Antrag war der CDU-Antrag von damals allerdings deutlich ausgereifter und umfassender. Deswegen stellen wir ihn heute noch einmal zur Debatte; so viel zur homöopathischen Dosierung, Herr Frisch.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen wieder mehr Qualität in der Bildung. Dazu bedarf es klarer Maßstäbe wie klar formulierter Leistungsstandards, aber auch einer transparenten und vergleichbaren Notengebung, und zwar von der Grundschule an. Neben unserer Forderung, das Fachprinzip wieder zur verbindlichen Grundlage der Unterrichtsgestaltung zu machen und fachfremden Unterricht auf ein Minimum zu reduzieren, haben wir uns klar für landeseinheitliche Abschlüsse und Abschlussprüfungen positioniert, und zwar für alle Schulabschlüsse.

Hier liegt auch der große Unterschied zum AfD-Antrag. Für uns ist auch der Berufsreifeabschluss eine Leistung.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo kommen wir denn hin, wenn Abitur und Sekundarstufe I quasi einen Abschluss mit Prüfsiegel erhalten und der Berufsreifeabschluss nicht?

(Beifall bei der CDU)

Gerade so etwas würde doch den nicht akzeptablen Gedanken fördern, dass Abitur und Sekundarstufe I etwas wert sind und die Berufsreife nicht. Unser Weg ist ein anderer.

Auch der Berufsreifeabschluss hatte einmal den Stellenwert, dass sich Betriebe sicher sein durften, einen ausbildungsfähigen jungen Menschen zu bekommen. Genau da wollen und müssen wir wieder hin.

(Beifall bei der CDU)

Die AfD nimmt in ihrem Antrag die Feststellung oder die Fragestellung von Wilfried Rausch vom Verband Reale Bildung zum Anlass für die Forderung nach einer Prüfung im mittleren Bildungsabschluss. In diesem Artikel, auf den die AfD Bezug nimmt, ging es aber um den Bildungsföderalismus und eine Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern.

Deswegen muss man der AfD jetzt eigentlich die gleiche Frage selbst stellen: Warum lassen Sie eigentlich die Berufsreife außen vor?

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Gute Frage!)

Ist er das Ihrer Auffassung nach nicht wert?

(Beifall bei der CDU)

Wir sehen das völlig anders. Eine Abschlussprüfung würde gerade diesen Abschluss wieder aufwerten.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wenn wir heute unseren ursprünglichen Antrag ein weiteres Mal einbringen und zur Abstimmung bringen, dann tun wir das auch mit Blick auf die Tatsache, dass die FDP-Bundestagsfraktion am Dienstagnachmittag ein „PISA-Sofortprogramm“ verabschiedet hat.

Im Bericht der F.A.Z. von gestern wird darüber berichtet. Dort heißt es: Zentrale Prüfungen verbessern nachweislich die Schülerleistungen. – Gefordert werden von der FDP deshalb bundesweite Abschlussprüfungen für das Abitur, die mittlere Reife und den Hauptschulabschluss in allen zentralen Fächern.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Spannenderweise gibt es hierzu im Übrigen auch eine FDP-Positionierung in Rheinland-Pfalz. Im Vorfeld der Landtagswahl 2011 – ganz konkret in der Ausgabe 3 der Mitteilungen des Verbands Deutscher Realschullehrer Landesverband Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2010 – fordert die damalige FDP-Kollegin Nicole Morsblech „geeignete Abschlussprüfungen an allen Bildungsgängen

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Ach!)

der Realschule plus in Rheinland-Pfalz“.

Liebe FDP, ich sage ganz klar: Jetzt sind Sie in der Regierung, jetzt können Sie liefern. Stimmen Sie unserem Antrag einfach zu.

(Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen von Frau Beilstein hat sich der Abgeordnete Paul gemeldet. – Bitte schön.

Ich will nur einen Satz sagen: Frau Kollegin Beilstein, ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie als Bildungsministerin ein schwarz-grünes Bildungsprogramm aus dem Koalitionsvertrag, das von Herrn Köbler skizziert worden ist, durchsetzen müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Das haben Sie verdient.

(Beifall der AfD)

Ich schließe aus der Reaktion, dass kein Bedarf zur Erwiderung gesehen wird, und erteile deshalb für die Landesregierung Staatssekretär Beckmann das Wort. – Herr Staatssekretär, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Paul, Sie haben es gemerkt, die Ministerin ist nicht da. Sie müssen jetzt mir zuhören.

Meine Damen und Herren, die SPD hat in 28 Jahren in Rheinland-Pfalz viel gute Bildungspolitik und RheinlandPfalz zum Bildungsland gemacht. Wir sind in vielen Bereichen in der Bundesrepublik führend, beispielsweise im Ganztagsbereich und bei der digitalen Bildung.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Beilstein, Sie haben darauf hingewiesen, dass Ihr Antrag zwei Aspekte enthält, die im AfD-Antrag nicht vorkommen: die Notengebung und das Thema „Fachlehre“. Frau Beilstein, es ist schon so, in Rheinland-Pfalz gibt es in den Grundschulen auch Noten. Wir orientieren uns dabei an den Vorgaben der Kultusministerkonferenz, die wir in Rheinland-Pfalz übernommen haben.

Unsere Noten sind klar, verständlich und aussagekräftig. Das gilt auch für die Noten beim Übertritt von der Grundschule in die weiterführende Schule. Was die Forderungen nach Fachwissen und Fachlehre anbelangt: Ich denke, das ist eine Selbstverständlichkeit. Schule ist dafür da, dass Fachwissen vermittelt wird.

Meine Damen und Herren, ich will aber etwas zu den zentralen Abschlussprüfungen sagen. Darum geht es hauptsächlich. Herr Köbler hat darauf hingewiesen, das war schon im September ein Thema bei der AfD. Der Antrag wurde damals abgelehnt. Herr Frisch, jetzt stellen Sie den Antrag erneut und nehmen auf den IQB-Bildungstrend Bezug.

Wenn man sich die Ergebnisse genauer anschaut, dann sieht man, dass Abschlussprüfungen nicht die Lösung sein können. Unter den Ländern mit Abschlussprüfungen gibt es nämlich solche, deren Ergebnisse über dem Durchschnitt liegen, und es gibt auch etliche, deren Ergebnisse unter dem Durchschnitt liegen. Meine Damen und Herren, es ist auch nicht die Schulart, die den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler bestimmt. Das zeigen die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends ebenfalls. Es gibt Länder mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium, die gut sind, und es gibt Länder mit dieser Schulstruktur, die deutlich schlechter abschneiden. Das Entsprechende gilt auch für Länder mit integrierten Systemen.

Meine Damen und Herren, wenn es um die Frage nach Veränderungen im Bildungswesen geht, dann darf es aus meiner Sicht nur ein Kriterium geben: Nur solche Veränderungen sind sinnvoll, die eine wirkliche Qualitätsverbesserung versprechen. In der Sitzung des Ausschusses für Bildung in der letzten Woche habe ich gesagt, dass wir die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends genau analysieren und dann entscheiden, was wir an der Unterrichtsqualität verbessern können.

Wenn Sie sich erinnern, habe ich darum gebeten, dass wir die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends differenziert betrachten. Das ist notwendig. Herr Paul, ich kann mich an eine Äußerung von Ihnen erinnern. Sie haben gesagt, dass es Ihnen nicht darum geht, die Ergebnisse differenziert zu betrachten.

(Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Schafft er auch gar nicht!)

Deswegen seien Sie nicht gewählt. Meine Damen und Herren, wenn das unsere Haltung ist, kommen wir in der Frage nicht weiter.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Frau Beilstein, es ist empirisch nicht belegt, dass zentrale Abschlussprüfungen zu einer Steigerung der Lernergebnisse führen. Das gilt selbstverständlich auch für Ihre Forderung, auch wenn Sie im Unterschied zur AfD alle Bildungsgänge ansprechen.

Herr Frisch, Ihr Antrag ist in keiner Weise stimmig. Wieso soll es nur Abschlussprüfungen an Realschulen plus und nicht an Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen geben? Sie und übrigens auch Förderschulen haben doch auch an der Studie teilgenommen. Wie wollen Sie mit dem Abschluss der Berufsreife umgehen? Das hat Frau Beilstein angesprochen. Was ist mit den Naturwissenschaften, die auch getestet wurden? Dazu steht in Ihrem Antrag nichts. Dazu sagen Sie ebenfalls nichts.

Meine Damen und Herren, aus diesem Grund ist Ihr Antrag aus meiner Sicht nicht glaubwürdig. In Ihrem Antrag geht es zwar vordergründig um die Einführung von Abschlussprüfungen an der Realschule plus. In Wirklichkeit geht es Ihnen aber um etwas ganz anderes. Das haben Sie im September im Plenum gesagt, und das hat Herr Paul letzte Woche in der Sitzung des Ausschusses für Bildung eindeutig wiederholt. Sie wollen die Realschule plus abschaffen, und Sie wollen das dreigliedrige Schulsystem einführen. Das werden Sie mit dieser Landesregierung in Rheinland-Pfalz nicht hinbekommen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Ja, mit dieser nicht, das stimmt!)

Wir stehen zu der Schulart Realschule plus. Sie ist eine zentrale Säule unseres Bildungssystems. Sie führt wie keine andere Schulart in die duale Ausbildung und sichert damit gerade unserer mittelständischen Wirtschaft in jeder Region unseres Landes die Fachkräfte von morgen. Deshalb haben wir die Realschule plus gestärkt, und wir werden sie weiter stärken, damit junge Menschen dort ihre Chancen realisieren und Abschlüsse erreichen können, die ihnen das Tor zum beruflichen Erfolg und zum Aufstieg durch Bildung öffnen.

Meine Damen und Herren, ich danke allen Lehrkräften – an den Realschulen plus haben wir über 7.000 –, die jeden Tag dort engagierte Arbeit leisten. Ich danke allen Eltern, die ganz bewusst die Schulart Realschule plus für ihre Kinder wählen. Sie haben eine gute Wahl getroffen.