Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im MärzPlenum haben wir als CDU-Fraktion das Thema „Pflege“ auch schon in einer Aktuellen Debatte in den notwendigen Fokus genommen und einen Antrag an die Regierung gestellt, dem Pflegenotstand in Rheinland-Pfalz entschlossen entgegenzutreten. Wir haben in unserem Begleitantrag „Menschenwürdigere Pflege in Rheinland-Pfalz“ nicht nur auf den Pflegenotstand hingewiesen, sondern die Landesregierung in zwölf Punkten aufgefordert, konkret entgegenzusteuern. Ich habe dabei zwei alarmierende Zahlen genannt: 6 Millionen Pflegebedürftige im Jahr 2030 und Hunderttausende fehlende Pflegefachkräfte. Heute greifen die FREIEN WÄHLER das Thema „Pflege“ wieder auf. Das ist gut so und notwendig;
denn was ist in den letzten Wochen geschehen? – Unseres Erachtens deutlich zu wenig, um dem Pflegenotstand in Rheinland-Pfalz wirksam entgegenzutreten. Minister Schweitzer sagte vor wenigen Tagen auf einer SPD-Veranstaltung im Kirner Land, Pflegepolitik sei ein zentraler Arbeitsschwerpunkt seines Ministeriums.
Wenn Pflege aber wirklich ein zentraler Arbeitsschwerpunkt ist, dann spüren die Menschen zu wenig bis gar nichts davon.
Es kommt bei den Pflegebedürftigen, bei den Angehörigen und bei den Leistungserbringern zu wenig Unterstützung an. Welche Schwerpunkte setzt Minister Schweitzer? – Er startete am 4. Juni eine Digitalofensive in der Pflegeausbildung, wir haben es gerade gehört. Diese Bildungsofensive in den Pflegeschulen des Landes ist unseres Erachtens aber doch eine Selbstverständlichkeit und keine Errungenschaft.
500 Lehrkräfte zu schulen, ist ein Baustein, aber das reicht nicht, um die große Fachkräftelücke, um die es heute im Schwerpunkt geht, zu schließen oder zu mildern, meine Damen und Herren.
Wir dürfen auch nicht so tun, als seien die steigenden Zahlen der Pflegebedürftigen und die pflegenden Fachkräfte etwas Neues. Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein gravierendes Handlungsproblem.
Ich nenne beispielhaft einige Überschriften aus den Medien der letzten Monate. Wir beziehen uns auf den Artikel vom 28. Mai: Pflegebedarf steigt explosionsartig. – Am 27. Mai hieß es: Pflegebedürftige haben ein Recht auf Hilfe. – Am 16. Mai stand in der GEO: „‚Der Pflegenotstand ist mindestens 100 Jahre alt‘: Über die Folgen einer verpassten Chance“ – Die BARMER schrieb im Mai: Keine Berufsgruppe ist so oft krank wie die Altenpfleger. – Der Trierische Volksfreund schrieb, auch im Mai: Streit unter den Pflegefachkräften über die Mitgliedsbeiträge in der Pflegekammer. – Am Internationalen Tag der Pflege im Mai hieß es: Investitionen in die Pflege würden sich auszahlen, wenn das Land sie denn zahlen würde. – Der FOCUS schrieb in einem Artikelbericht am 10. Mai: Der große Betrug – die Tricks der Pflegemafia. – DIE RHEINPFALZ schrieb im April: Zu wenig Pflegekräfte. –
Ich will gar nicht alles aufzählen, aber auf jeden Fall schrieb schon am 18. Januar DIE RHEINPFALZ: Wir brauchen mehr Hände in der Pflege. – Ich möchte noch eine andere Quelle nennen, nämlich eine der Landesregierung selbst. Das Statistische Landesamt gab 2017 ein Sonderheft zur Pflege heraus: Rheinland-Pfalz 2060 – Pflegebedürftige in Rheinland-Pfalz 2015 bis 2060. –
Danach war bekannt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen von 2015 bis 2035 von 116.000 auf 161.000 bzw. weitergehend auf 220.000 steigen würde. Zitat: Wenn für die Zukunft konstante Pflegequoten unterstellt werden, dann wird allein durch die Altersstrukturverschiebung, die sich aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren und Jahrzehnten unaufhaltsam ergeben wird, die Personenzahl in der stationären Pflege um 49 % steigen. – Die Regierung schrieb ferner in diesem Bericht – ich zitiere sie –: Die Zahlen des Statistischen Landesamts verdeutlichen den pflegepolitischen Handlungsbedarf. – Was ist das Ergebnis? Was ist aus diesem Handlungsbedarf geworden? – Es ist dramatischer geworden und nicht besser.
Wir als CDU-Fraktion fordern die Landesregierung erneut auf, zumindest drei unserer zwölf Maßnahmen, die wir im letzten Plenum vorgeschlagen haben, zur Abmilderung des Pflegenotstands umzusetzen. Auf einige davon komme ich in der zweiten Runde zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir eine demografische Herausforderung in der Pflege haben, ist nun tatsächlich schon längst bekannt. Ob die nun von Bundesminister Lauterbach bekannt gemachten Zahlen diese Tatsache noch einmal verschärfen oder sie so oder ähnlich nicht doch erwartbar waren, darüber kann man sich gerne streiten.
An einem krankt der Titel dieser Aktuellen Debatte schon. Mir ist nicht bewusst, dass der Bundesgesundheitsminister spezielle Probleme in RheinlandPfalz verortet hätte, sondern er sprach von einer allgemeinen bundespolitisch beklagenswerten Tatsache. Deswegen, Rheinland-Pfalz braucht hier nicht auf Kurs gebracht zu werden, wir sind auf Kurs.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP – Zuruf von der SPD: Genau so ist es!)
Die Ausgangslage ist klar: Durch die Babyboomer, die bereits jetzt und verstärkt in den nächsten Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden und mit zunehmendem Alter auch pflegebedürftig werden, verschiebt sich das Verhältnis von pflegebedürftiger Bevölkerung zu der Anzahl an Pflegekräften stark. Das ist einfach auszurechnen. Diese Entwicklung beginnt gerade erst deutlich zu wirken und wird in den nächsten Jahrzehnten noch zunehmen.
Bei aller Sympathie, Herr Kunz, für das Nischenangebot Pflegebauernhof, aber das wird wohl kaum zu einer Lösung des generellen Problems erheblich beitragen können. Laut Prognose des Statistischen Bundesamts wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von 2021 bis 2055 um 37 % erhöhen, in Rheinland-Pfalz geringfügig mehr. Die Schlüssel zur Lösung dieses Problems liegen vor allem auf der Bundesebene. Es braucht nämlich künftig wesentlich mehr Personal in der Pflege.
Ein wesentlicher Schlüssel dazu ist Einwanderung; denn wenn die Demografie im Inland nicht genug Fachkräfte hergibt, müssen diese von außen zugeführt werden. Auch vor diesem Hintergrund ist die momentane einwanderungsfeindliche Stimmung in unserem Land fatal.
auch die Potenziale der Menschen nutzen, die durch Flucht aus ihren Heimatländern ohnehin schon zu uns gekommen sind. Aus diesem Grund hat die Bundesampel im Pflegestudiumstärkungsgesetz und Fachkräfteeinwanderungsgesetz massive Erleichterungen für Pflegekräfte aus dem Ausland umgesetzt, eine Maßnahme, die die CDU-geführten Bundesregierungen nicht fertiggebracht haben, Herr Kollege Wäschenbach.
Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde ein Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik eingeläutet. Es wurden Hürden abgebaut und ein transparentes Punktesystem für interessierte Arbeitskräfte geschafen. Pflegekräfte aus dem Ausland haben auch durch neu geschafene Anerkennungspartnerschaften die Möglichkeit, die Anerkennung ihres Berufsabschlusses erst nach der Einreise vornehmen zu lassen, währenddessen schon zu arbeiten und diese entsprechend später zu erwerben.
Außerdem hat die Bundesregierung einheitliche und bundesweit geltende Regelungen zu den einzureichenden Unterlagen für die Anerkennung der entsprechenden Pflegefachkräfte geschafen und Anforderungen zu Sprachnachweisen im Anerkennungsverfahren angepasst. Sprachnachweise müssen nun erst zur Ausstellung und Erteilung der Berufserlaubnis erbracht werden.
Ebenfalls wurde Folgendes geregelt: Für Geflüchtete und Menschen, die nur mit einem Touristenvisum eingereist sind, gibt es nun den Spurwechsel aus einem Asylverfahren in das Fachkräfteverfahren und einen Zweckwechsel des Visums von einem touristischen zu einem Arbeitsvisum.
All das sind Bausteine, die dazu beitragen werden, dass wir in Zukunft mehr Potenziale heben können bei den Menschen, die ohnehin schon in Deutschland sind, für die Pflege, aber auch für andere Berufe und auch bei denen, die noch nicht hier sind, die wir aber dringend brauchen.
All das hilft also, ausländische Fachkräfte zu finden. Was wir aber auch dringend brauchen, ist wieder eine bessere Willkommenskultur. Damit meine ich nicht nur eine freundliche Begrüßung am Bahnhof oder so etwas, sondern auch eine wertschätzende Aufnahme in die entsprechenden Pflegeteams in den Krankenhäusern, in der Altenpflege oder auch in der häuslichen Pflege.
Wie gesagt, meiner Meinung nach gibt es hier kein spezifisches rheinlandpfälzisches Problem, das uns von allen anderen Bundesländern deutlich unterscheiden würde. Ich sehe uns mit diesen Maßnahmen, die die Bundesregierung erst auf den Weg gebracht hat und die teilweise erst in diesem Monat in Kraft treten, auf einem guten Weg. Wir werden den positiv begleiten.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! „Herr Minister Lauterbach, in der Pflege brennt es lichterloh!“, so lautete ein Leitartikel zur Pflege in der Ärzte Zeitung, der veröfentlicht wurde, bevor der Bundesminister für Gesundheit von einem explosionsartigen Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen sprach. So ist laut des Bundesministers die Zahl der Pflegebedürftigen im Jahr 2023 bundesweit um gut 360.000 Menschen gestiegen, wobei demografisch nur mit einem Zuwachs von 50.000 Menschen zu rechnen gewesen ist. Der Bundesminister zeigt sich überrascht.
Das eigentlich Erstaunliche an dieser Zahl war aus unserer Sicht allerdings, dass der Bundesminister nur von einem Anstieg von 50.000 ausgegangen war, obwohl die tatsächlichen Zahlen bereits in den vergangenen Jahren deutlich höher waren. Insoweit stellt sich für uns die Frage, inwieweit die Zahlen und die damit verbundenen Auswirkungen gerade für RheinlandPfalz von bisherigen Berechnungen und Prognosen sowohl hinsichtlich der Anzahl der Pflegebedürftigen als auch des sich hieraus ergebenden Bedarfs an Pflegekräften abweichen. Ich gehe davon aus, dass die Landesregierung heute möglicherweise ihre Einschätzung zu den Zahlen des Bundesministers und inwieweit Rheinland-Pfalz abweicht abgeben wird.
Nichtsdestotrotz steht die Pflege schon seit Jahren vor erheblichen Herausforderungen. Die bereits große Anzahl an Menschen, die 65 Jahre und älter sind, wird in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Das wird auch zu einem erheblichen Anstieg der Anzahl der Menschen führen, die auf Pflege angewiesen sind, gerade auch weil die Babyboomer jetzt in dieses Alter kommen.
Im Rahmen der Besprechung einer Großen Anfrage zur Situation und Perspektive der Pflege in Rheinland-Pfalz und der diesbezüglichen Antwort der Landesregierung vor gut einem Jahr zeigte sich, dass es bereits jetzt an Altenpflegekräften fehlt. Zudem ergibt sich auch hier ein erheblicher Nachbesetzungsbedarf ganz unabhängig vom tatsächlichen Anstieg der Anzahl pflegebedürftiger Menschen.
Abgesehen von diesen Entwicklungen hinsichtlich der Anzahl der pflegebedürftigen Menschen und dem Bedarf an Pflegekräften ergeben sich zunehmende Herausforderungen aufseiten der Finanzierung. Es braucht nicht nur mehr Pflegekräfte, man wird den künftigen Pflegekräften auch bessere Arbeitsbedingungen bieten müssen, verbunden mit höheren Kosten für die Pflegeversicherung. Schlimmstenfalls werden diese Kosten von einer immer kleineren Anzahl an Menschen im Erwerbsleben getragen werden müssen.
Insoweit stimmen wir mit der grundlegenden Einschätzung des Ministers Schweitzer überein, dass man zeitnah ganz grundlegend an eine Reform der
Pflege herangehen muss. Gerade hinsichtlich der Frage der Finanzierung wird man sie allerdings in Rheinland-Pfalz aus eigener Kraft nicht auf Kurs bringen können. Die großen Räder in der Pflege werden nun einmal auf Bundesebene gedreht. Ohne den Bund kann es nicht gehen. Dieser Sache müssen wir uns stellen. Insbesondere die Ampel-Parteien sollten hier stark an die Kollegen auf der Bundesebene appellieren.
Auch aufseiten der Pflegenden wird man in wesentlichen Punkten Lösungen auf Bundesebene – trotz aller künftigen und bisherigen Maßnahmen auf Landesebene, die wir hier keineswegs kleinreden möchten – benötigen. Wichtig ist uns hierbei insbesondere die Gruppe der pflegenden Angehörigen, teilweise auch Freunde, Bekannte und Nachbarn, die Pflegebedürftige in ihrem eigenen Zuhause versorgen, mit 63 % die größte Gruppe. Angesichts der wachsenden Zahl an Pflegebedürftigen, dem bereits bestehenden Mangel an professionellen Pflegekräften und den Kosten der Pflege wird die Bedeutung dieser Gruppe zunehmen.
Deshalb ist es aus unserer Sicht unvermeidbar, dass diese Gruppe bei jeglichen Reformprojekten stets mitgedacht wird und nicht wie so oft unter ferner liefen behandelt wird. Ohne diese Gruppe werden die Herausforderungen in der Pflege nicht zu bewältigen sein. Ich denke, gerade hier kann das Land viel leisten. Ich möchte Sie alle noch einmal daran erinnern, die AfD-Landtagsfraktion stellt zu jeder Haushaltsberatung immer den Zuschuss zum Landespflegegeld in den Raum. Das ist ein super Antrag. Er würde den Menschen, den pflegenden Angehörigen, helfen. Allen Menschen wäre damit Gutes getan.
Der Antrag ist immer unideologisch. Er müsste für alle zustimmungsfähig sein. Ich lade Sie recht herzlich ein, bei der nächsten Gelegenheit den Zuschuss zum Landespflegegeld mitzutragen, um eine pragmatische Verbesserung für alle herbeizuführen.