Protokoll der Sitzung vom 27.09.2000

Trotzdem muss ich feststellen: Man macht sich als Politiker durch Sparen nicht beliebt. Ich habe viele Briefe, Faxe und E-Mails erhalten und wurde in zahlreichen Gesprächen um Unterstützung gebeten - von sozialen Einrichtungen und Sozialverbänden, von der Wirtschaft wegen mehr Straßenbau, von Schulelternbeiräten und Lehrergewerkschaften, von den Umweltverbänden, von den Waldbesitzern, von den Landwirten und last, but not least von den Kommunalpolitikern.

(Zuruf von der CDU: So viele Faxe!)

Mit Spannung beobachte ich auch, was sich in der großen Oppositionspartei CDU so tut. Da kämpft der aufrechte Abgeordnete Kalinka für das Internat Plön. Ein ehrenwerter Kampf, für den ich als Abgeordneter des Kreises Plön große Sympathien hege. Aber er hat keinen Deckungsvorschlag. Da wird unserer finanzpolitischen Sprecherin Monika Heinold von der CDU in Bad Bramstedt vorgeworfen, dass sie der Schließung des Amtsgerichts zugestimmt hat. Was ich nicht gehört habe, ist, dass der Bund der Steuerzahler öffentlich dazu aufgerufen hat, diese mutige Politikerin zur Bürgermeisterin zu wählen.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Da stellen die Abgeordneten der CDU Kleine Anfragen zur Lehrerversorgung, um in altbewährter Manier Eltern gegen ausfallende Stunden zu mobilisieren, obwohl sie genau wissen, dass die Landesregierung jedes Jahr 200 zusätzliche Stellen finanziert. Dann rufen die Fachsprecher von CDU und F.D.P. im Audimax der Universität unisono dazu auf, den Hochschulen mehr Geld zu geben.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Ich habe aber nicht gehört, wie sie das bezahlen wollen. Sollen die Schulden vergrößert werden oder sollen weniger Lehrer eingestellt werden oder schlägt die CDU etwa vor, dass bei den Kommunen gekürzt wird? Wohl kaum.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Herr Hentschel, wir werden es Ihnen schon zeigen!)

Denn gegen all diese Maßnahmen hat sich die CDU ebenfalls ausgesprochen. Wo bleibt da Ihre Logik?

Ich kann doch nicht in den Supermarkt gehen, Wein und Schnaps und Brot kaufen und, wenn ich dann bezahlen soll, sagen, dafür habe ich auch noch Käse und Tomaten gekauft. Das gleicht sich aus.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

So geht es nicht, meine Damen und Herren!

Den Höhepunkt hat sich letzte Woche der finanzpolitische Sprecher der CDU, Reinhard Sager, geleistet.

(Lothar Hay [SPD]: Ist das nicht Herr Stritzl?)

Er konstatierte, der ernsthafte Sparwille dieser Regierung sei nicht erkennbar.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch richtig!)

(Karl-Martin Hentschel)

Da hätte man doch vermutet, dass er anschließend Kürzungsvorschläge unterbreitet. Nichts dergleichen! Stattdessen fordert er bedenkenlos zusätzliche Ausgaben bei der Altenhilfe, bei der Jugendförderung, beim Landessportverband und bei der Landwirtschaft.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Das alles will er durch Einsparungen bei den Personalkosten finanzieren, ohne einen einzigen konkreten Vorschlag zu machen. Und Herr Kayenburg stellt sich heute hin und fordert in allen Politikbereichen mehr Ausgaben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! Sie haben nicht zugehört!)

Frau Heinold hat es einmal bilanziert: 800 Millionen DM haben Sie heute mehr gefordert. Dann fordern Sie, es solle mehr gespart werden! Wo bleibt da Ihre Logik, Herr Kayenburg?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Herr Sager, diese Landesregierung hat erneut 600 Stellen in den Verwaltungen zur Disposition gestellt. Ich frage Sie, wo wollen Sie Personal einsparen? Bei der Polizei wohl nicht, das haben wir gerade gehört. Bei den Justizvollzugsanstalten? Hat da nicht neulich ihre Fraktion im Innen- und Rechtsausschuss zusätzliche Stellen gefordert? Oder wollen Sie etwa Stellen bei den Lehrern oder Hochschulen einsparen? Offensichtlich nicht. Ich muss feststellen: Wenn der finanzpolitische Sprecher der Oppositionspartei nicht einen einzigen konkreten Sparvorschlag vorträgt, dann ist das etwa so, als wenn Sie bei einer Segelregatta absaufen, bevor Sie überhaupt über der Startlinie sind.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter Hentschel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Nein. Ich revanchiere mich jetzt, weil Sie ja auch keine Zwischenfrage zulassen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ich hätte jede Zwischenfrage zugelassen!)

Nein, meine lieben Damen und Herren von der Opposition, so kommen Sie hier nicht ungeschoren aus diesem Saal.

(Martin Kayenburg [CDU]: Keine Drohun- gen! - Heiterkeit bei der CDU)

Ich erwarte von Ihnen, dass Sie für jede Forderung Einsparvorschläge vorlegen, und zwar keine blumigen Allgemeinvorschläge wie letztes Jahr,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wir sind in der ersten Lesung!)

sondern konkrete detaillierte Vorschläge, bei denen Sie ganz genau sagen, bei welcher Institution, bei welchem Kindergarten, bei welchem Naturschutzverein Sie die Mittel streichen werden. Das erwarte ich von Ihnen, Herr Kubicki, und nicht, dass Sie hier dazwischen reden, sondern dass Sie es machen, wenn Sie hier vorn stehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Ich kann Ihnen übrigens eine ganze Reihe Möglichkeiten zur Einsparung nennen,

(Martin Kayenburg [CDU]: Dann tun Sie es doch!)

so zum Beispiel die Zusammenlegung der Straßenmeistereien von Land und Kommunen oder die Verlagerung der Katasterämter in die Kreisbauverwaltung oder die Reduzierung der Landwirtschaftskammer. Immerhin haben wir mittlerweile die groteske Situation, dass auf 20 hauptamtliche Landwirte ein Beamter kommt, der sie verwaltet. Denn trotz einer Halbierung der Zahl der Landwirte in den vergangenen Jahren hat die Zahl der Beamten in der Landwirtschaftskammer, in den Ämtern für ländliche Räume, im Ministerium und in den Landwirtschaftsschulen kaum abgenommen. Selbst bei einem so offensichtlichen Thema werden der Opposition die Knie weich. Und das nicht nur bei der CDU. Ausgerechnet der F.D.P. ist es nicht peinlich, auch noch einen Landtagsantrag zu stellen, der sich gegen diese Einsparung richtet.

Liebe Kollegen von der F.D.P., Herr Kubicki stellt sich hier hin, hält eine 25-minütige rhetorische Glanzleistung an Polemik und anschließend tischt er uns eine Forderung nach der anderen auf. Das ist doch erstaunlich. Liebe Kollegen von der F.D.P., das kommt dabei heraus, wenn man sich vollkommen dem Populismus verschreibt!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Berlin lässt grüßen!)

Ansonsten nehme ich Ihre Anmerkungen zum parlamentarischen Geschehen ernst, Herr Kubicki. Wir werden darüber sicherlich diskutieren. Der Finanzmi

(Karl-Martin Hentschel)

nister wird zu diesen Fragen Stellung nehmen. Ich weiß, dass wir mit erheblichen Mindereinnahmen rechnen müssen und dass die Höhe der Mehreinnahmen durch die Steuerschätzung unsicher ist. Umso mehr aber bestätigt das den Kurs, den wir eingeschlagen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Tatsache ist, dass wir uns in der letzten Legislaturperiode ein ehrgeiziges Ziel gesetzt haben, die Defizite deutlich zu reduzieren.

(Reinhard Sager [CDU]: Dass Sie gescheitert sind, ist die Tatsache!)

Tatsache ist, dass es uns nicht gelungen ist. Das ist nicht zufrieden stellend - auch wenn es viele Gründe dafür gibt, die nicht im Einflussbereich des Landes lagen. Der Einbruch bei den Steuereinnahmen und die wachsende Arbeitslosigkeit waren sicherlich zwei entscheidende Punkte.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

Weil wir damit nicht zufrieden sind, haben wir uns in dieser Legislaturperiode ein noch ehrgeizigeres Ziel gesetzt - nicht, weil es populär ist, auch nicht, um die Opposition zu erfreuen oder zu ärgern, sondern weil wir uns für unser Land verantwortlich fühlen. Wir können auf Dauer nicht doppelt so viel Geld an Zinsen an die Banken überweisen, wie wir für Hochschulen ausgeben.

Deshalb sind wir entschlossen: Diesmal wollen wir Erfolg haben. Deswegen unterstützt die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ministerpräsidentin Simonis, den Finanzminister Möller und das ganze Kabinett dabei, diese Ziele zu erreichen und einen konsequenten Sparkurs zu fahren.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zurufe von CDU und F.D.P.: Oh, oh!)

Sparen ist kein Selbstzweck. Wenn wir diesen rigiden Sparkurs erfolgreich durchsetzen wollen, müssen wir deutlich machen, wofür gespart wird. Wenn wir sparen, tun wir das, weil wir unseren Kindern nicht die Kosten für unseren Konsum aufbürden dürfen. Wir dürfen auch nicht unseren Kindern ein Rentensystem hinterlassen, in das sie viel mehr Beiträge werden einzahlen müssen, als sie jemals bekommen werden. Dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass sie uns eins husten, schwarzarbeiten oder ins Ausland gehen und uns mit unseren leeren Rentenkassen allein sitzen lassen. Deshalb ist es richtig, wenn wir in den kommenden Jahren drastische Einsparungen