Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute in zweiter Lesung mit dem Ausführungsgesetz zum Tierkörperbeseitigungsgesetz. Viele finden das Thema komisch oder befremdlich, viele haben mich gefragt, was das denn sei und worum deshalb so viele Briefe geschrieben, Stellungnahmen abgegeben wurden, warum das denn so hoch kochen müsse.
Wir haben dazu hier im hohen Haus bereits in der ersten Lesung eine Debatte geführt. Ich will es deshalb kurz machen und mich auf die Stellungnahmen insbesondere des Landkreistages beziehen.
Wir wollen das Gesetz heute verabschieden, insbesondere um uns gegenüber der EU den Rücken freizuhalten und eventuelle beihilferechtliche Beanstandungen abzuwenden. Die Frage lautet ja: Ist es zwingend notwendig, das Gesetz zum 1. Januar 2004 zu erlassen? Das ist eine Sache, die der Landkreistag umfänglich in einem Schreiben bestreitet. Ich bin der Empfehlung des Landkreistages gefolgt, dies auch mit dem Wissenschaftlichen Dienst des Landtages zu erörtern. Ich habe mich auch mit der Abteilung im Ministerium und mit der Hausspitze in Verbindung gesetzt, um die Frage zu klären. Es ist so, dass die Rahmengesetzgebung die EU-Kommission tatsächlich erst einmal intern bindet. Es ist aber auch richtig, dass die Nationalstaaten dann, wenn dem zugestimmt wird - das ist hier der Fall -, dieser Rahmensetzung der Kommission durch die Zustimmung Rechtsverbindlichkeit verleihen.
Ich will mich um die Frage nicht streiten, Herr Hildebrand, ob wir wirklich rechtsförmlich gezwungen sind, das zum 1. Januar 2004 umzusetzen.
Ich will aber darauf hinweisen, dass wir es faktisch sind, weil uns diese Rahmenrichtlinienselbstfestlegungen der EU erstmalig in einen Zertifizierungsprozess zwingen werden. Dem möchten wir standhalten.
Das ist der Grund, warum wir dies heute regeln wollen. Ich werde auf die zweite Frage des Beihilferechts noch zurückkommen, ob das überhaupt tangiert ist oder ob wir dort eventuell Befürchtungen
Der Landkreistag hat auch auf die Nummer 30 hingewiesen, in der die EU in ihrer Rahmensetzung eine 100-prozentige Beihilfefinanzierung durch den Staat eröffnet. Dort steht aber - das hat der Landkreistag vergessen zu erwähnen -, dass sich das ausdrücklich nur auf die Gebühren bezieht, die bei der Fleischwirtschaft erhoben werden. Die Fleischwirtschaft ist aber etwas ganz anderes als es die landwirtschaftlichen Erzeuger sind. Bei uns wird die Fleischwirtschaft zurzeit nicht durch Gebühren bewirtschaftet, sondern die Fleischwirtschaft bezahlt für ihre Schlachtabfälle direkt bei der TKV.
Ich kann im Ergebnis nur feststellen, dass in dem Schreiben des Landkreistages aus meiner Sicht einige Dinge sehr fragwürdig dargestellt sind. Ich finde es richtig, dass wir heute im Ergebnis - unabhängig von der Frage, ob es rechtsförmlich erforderlich ist - eine gesetzliche Festlegung treffen, die uns den Rücken freihält und die uns bei beihilferechtlichen Beanstandungen der Kommission hinsichtlich der Regelungen hier in Schleswig-Holstein den Rücken freihält, sodass wir dort keine finanziellen Risiken eingehen.
Ich komme nun zu dem zweiten Punkt - der scheint mir natürlich berechtigt zu sein -, dass wir uns auch über weitere Regelungen unterhalten müssen und wollen. Dazu hat das Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Es ist bedauerlich, dass bisher in der Debatte, die ja nun schon über Monate geführt wird, von den Akteuren keine konkreten Vorschläge für Gesetzesänderungen auf den Tisch gelegt worden sind; die beschweren sich jetzt, dass zu wenig Zeit gewesen sei. Das sehe ich nicht.
Ich denke aber, dass von dieser Arbeitsgruppe vielleicht noch produktive Ergebnisse auf den Tisch kommen, die wir in einem weiteren Gesetzgebungsverfahren selbstverständlich gern diskutieren wollen.
Ich sehe auch, dass die Kommunen durchaus die Gekniffenen sind; sie haben im Einzelnen sehr unterschiedliche Verträge mit den Tierkörperbeseitigungsanstalten abgeschlossen. Insofern denke ich, dass wir dort wahrscheinlich nur herauskommen, indem wir das vielleicht tatsächlich als Landesaufgabe definieren. Ich sage einmal: Die Kommunen sind im Moment in einer misslichen Lage.
Ich bin bereit für eine weitere Änderung des Gesetzes, die vielleicht für die Kommunen in ihrer zugegebenermaßen schwierigen Lage Lösungswege eröffnet. Ich halte aber die Debatte so, wie sie um dieses randständige Gesetz geführt wurde,
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die inhaltliche Diskussion zu diesem Thema wurde schon ausgiebig im Rahmen der ersten Lesung dieses Gesetzes geführt. Damals sind alle Redner darauf eingegangen, dass das deutsche System des Tierseuchenfonds, der zu 100 % aus Mitteln der Tierhalter gespeist wird, im Grunde nicht so recht zur EURahmengesetzgebung passt. Zumindest kennt man dort unser System nicht so eingehend, wie wir es uns wünschen. Dadurch müssen wir uns nun mit den möglicherweise so nicht geplanten Auswirkungen des so genannten Gemeinschaftsrahmens herumschlagen.
Ein bestehendes System, mit dem wir bisher alle gut leben konnten, passt nicht mehr und muss den neuen Bedingungen angepasst werden. In der Debatte in der ersten Lesung des Gesetzes waren sich alle Redner einig, dass neue gesetzliche Regelungen geschaffen werden müssen. Seinerzeit wurde das uns heute vorliegende Gesetz als eine vernünftige und diskutable Grundlage gesehen, um den EU-Vorgaben entsprechen zu können. Ich sage das deshalb, weil es mir wichtig ist, festzustellen, dass wir uns damals im Grundsatz einig waren. An uns ist nun der Wunsch herangetragen worden, das Gesetzgebungsverfahren auszusetzen, weil es speziell im Verhältnis zwischen
den Kreisen und kreisfreien Städten auf der einen Seite und den Entsorgungsbetrieben auf der anderen Seite zu Problemen kommen könnte. Diese Probleme hängen mit der zukünftigen Pflicht zur Ausschreibung der Entsorgungsleistungen zusammen, auf die ich gleich noch eingehen werde.
Gleichzeitig wird geltend gemacht, dass die EUVorgaben nicht zwingend eine schnelle Gesetzesänderung zum 1. Januar 2004 notwendig machten. Das Problem, das sich hier stellt, ist, dass man sicherlich verschiedene rechtliche Bewertungen vornehmen kann und man immer einer gewissen Unsicherheit unterliegt. Wir haben es hier fast mit einer Glaubensfrage zu tun. Man kann sowohl der einen als auch der anderen Rechtsauffassung folgen. Die Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang stellt, ist: Welchen Schritt müssen wir tun, um auf jeden Fall Sicherheit zu haben? Nur wenn wir eine gewisse Sicherheit haben, lassen sich ohne Zeitdruck möglicherweise weitere Schritte zur weiteren Verbesserung der Gesetzeslage beschreiben.
Würden wir das Gesetzgebungsverfahren aussetzen, hätten wir weiterhin den derzeitigen unsicheren Zustand. Beschlossen wir erst einmal über das Gesetz, hätten wir auf jeden Fall erst einmal Rechtssicherheit. Wir waren uns in der ersten Lesung des Gesetzes einig darüber, dass dieser Gesetzesvorschlag die Probleme in Bezug auf den so genannten Gemeinschaftsrahmen der EU beseitigen kann. Wir sollten uns erst einmal für Rechtssicherheit entscheiden, damit wir kein Risiko eingehen, rechtlich in die Bredouille zu kommen.
Trotzdem bleiben dann die Probleme mit der öffentlichen Ausschreibungspflicht für die Tierkörperbeseitigung. Da sind die Altverträge der Kreise und kreisfreien Städte. Dass diese Verträge keine Kündigungsklauseln enthalten, ist sicherlich ein Problem, aber nicht dem Land anzulasten. Dieses Problem möchten die Kreise und kreisfreien Städte dadurch lösen, dass die Aufgabe der Tierkörperbeseitigung von nun an auf das Land übergeht. Das ist auch verständlich, aber aus Kostengründen nicht leicht zu machen. Das kann man in einem Ausschuss nicht einfach mal so aus der Lamäng locker weg verhandeln.
Dann hätte nämlich das Land die Probleme mit den Rechten, die sich möglicherweise aus den Altverträgen ergeben. Das käme zu den Kosten noch hinzu.
Ich glaube allerdings, dass die Chancen der Kreise und kreisfreien Städte, sich mit den beiden Entsorgern vor einer öffentlichen Ausschreibung über eine Vertragsauflösung zu einigen, gar nicht so schlecht sind. Schließlich haben beide Entsorger das Interesse, weiterhin als zuverlässiger Partner der Zusammenarbeit zu gelten.
Das Grundsatzproblem ist die öffentliche Ausschreibung selbst. Hier kann es tatsächlich zu einem Verdrängungswettbewerb kommen, der vernünftige, gewachsene Strukturen zerstört.
Das ist bei öffentlichen Ausschreibungen aber immer der Fall. Ich wünschte mir, dass gerade FDP und CDU das in diesem hohen Hause als ein Problem ansähen und sich politisch entsprechend verhielten.
In diesem Zusammenhang müsste man prüfen, ob überhaupt bei der Forderung der EU nach einem transparenten Vergabeverfahren eine öffentliche Ausschreibung zwingend vorgeschrieben ist. Diese Frage sollte geklärt werden, möglicherweise in einen Gesetzentwurf eingehen. Wir sollten uns als Landtag vorbehalten - wie das im Sozialausschuss schon angedacht wurde -, im nächsten Jahr das Gesetz entsprechend anzupassen. Unsere Offenheit hierfür besteht in jedem Fall. Das haben wir im Sozialausschuss auch schon angekündigt.
Meine Damen und Herren, die Beschwerden über die Klimabelastung lassen nicht nach. Ich unterbreche die Sitzung bis auf weiteres.
Wir befinden uns wieder in der Sitzung. Zu einem Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Wodarz das Wort.
Herr Präsident! Meine verbliebenen Damen und Herren! Ich habe das an anderer Stelle schon angemahnt: Manchmal sollten wir uns überlegen, ob wir hier nicht Kasperletheater spielen. Das Wort wurde gerügt, aber die Situation erinnert mich nun doch etwas daran. Jetzt die Sitzung zu eröffnen; nun, das ist nicht meine Aufgabe, aber gut.