Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Dem ist nicht so.

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile zunächst für die Landesregierung dem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Herrn Professor Dr. Rohwer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier in diesem hohen Hause haben wir häufig, wenn auch vielleicht nicht häufig genug, wichtige Debatten über die Technologie- und Innovationspolitik geführt. Wir haben immer einen breiten Konsens darüber gehabt, wie wichtig dieser Bereich für die künftige Entwicklung in Schleswig-Holstein ist. Ich gehe davon aus, dass wir auch heute eine solche konstruktive Debatte darüber führen, wie wir mit der von uns vorgeschlagenen Neuordnung der Stiftungen zu einer weiteren Stärkung der Technologie- und der Energiepolitik in Schleswig-Holstein kommen.

Die Zusammenlegung der Technologiestiftung und der Energiestiftung, die wir Ihnen mit diesem Gesetzentwurf vorschlagen, ist ein wichtiges Element einer umfassenden Neustrukturierung der Technologie-, Wirtschafts- und Finanzinstitutionen, die in diesem Jahr vollzogen werden soll. Der gesamte Umbau, der eng mit dem Haus der Wirtschaft verknüpft ist, hat vor allem zum Ziel, die vorhandenen Ressourcen zu bündeln, diese Ressourcen noch effektiver einzusetzen und zu nutzen und den Unternehmen noch mehr Service und mehr Unterstützung aus einer Hand zu bieten, um mehr Innovationen zu ermöglichen und damit neue zukunftsfähige Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein zu fördern.

Beide Stiftungen haben in der Vergangenheit inhaltlich und konzeptionell sehr erfolgreich gearbeitet. Unser System der Technologieförderung und insbesondere unsere Technologiestiftung werden über die Landesgrenzen hinaus gelobt. Auch für die Energiepolitik haben wir mit der Stiftung, mit anderen Einrichtungen ein Instrumentarium entwickelt, das bundesweit maßgeblich und beispielgebend ist.

Aber was gut ist, kann durchaus noch besser werden, zumal wenn es große inhaltliche Überschneidungen gibt. So wurden aus dem Technologiebereich beispielsweise die Reinheitsprüfungen beim Biogas und die Entwicklung von Offshore-Windenergieanlagen gefördert neben der Förderung von Pilotanlagen durch die Energiestiftung.

Die Energieförderung ist natürlich auch Technologieförderung. Die Technologieförderung beinhaltet natürlich auch die neuen Energien. Schleswig-Holstein verfügt nicht nur im Bereich der Windenergie, son

dern zum Beispiel auch bei der Brennstoffzellentechnologie über eines der größten wirtschaftlichen Potenziale in Deutschland. Es gibt eine klare inhaltliche Verwandtschaft zwischen Technologie- und Energiepolitik. Das wird in der neuen Innovationsstiftung zum Ausdruck kommen.

Aufgabe der neuen Stiftung laut Entwurf des Stiftungsgesetzes ist es, auch die Funktionen eines Thinktanks einzunehmen, um diese Potenziale optimal nutzbar zu machen. Die Innovationsstiftung soll technologische Trends aufspüren und erkennbar machen. Sie soll Konzepte und Strategien für die Schwerpunkttechnologien und den Schwerpunktbereich erneuerbare Energien und Energieeinsparung entwickeln und die Umsetzung mit konkreten Projekten fördern und sie soll die Diskussionsprozesse zwischen den wichtigen Akteuren im Land und außerhalb des Landes anregen und unterstützen. Sie soll insbesondere auch den Dialog und konkrete Kooperationen zwischen der Wissenschaft, den Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Lande und in der Wirtschaft fördern.

Um die volle Transparenz auch gegenüber dem Landtag sicherzustellen, wird die neue Stiftung - so wie die TSH - verpflichtet, einen jährlichen Bericht abzugeben, der dem Landtag zuzuleiten ist. Sicherlich werden wir in den Ausschusssitzungen Gelegenheit haben, über Einzelheiten der Stiftungszusammenlegung und beispielsweise auch über Einzelheiten des Stiftungsvermögens zu sprechen.

Die neue Stiftung soll Konzepte und Förderprojekte entwickeln, die dann - jedenfalls in der Regel - von anderen umgesetzt werden, zum Beispiel von der neuen Wirtschaftsförderungsagentur, die wir zurzeit aufbauen, von den Einrichtungen der TGZ, die in die neue Agentur übergehen, oder auch von der Energieagentur als operativer Einrichtung für den Energiebereich.

Besonders wichtig ist, dass auch in Zukunft zentrale Funktionen und Förderbereiche zuverlässig abgedeckt werden. Darum haben wir als Stiftungszweck ins Gesetz aufgenommen, dass zum Beispiel auch die Förderung des effektiven Energieeinsatzes im Hinblick auf den Klimaschutz Aufgabe der neuen Stiftung bleibt. Die e.on Energie AG und die e.on Hanse AG werden auch bei der Innovationsstiftung unsere Partner bleiben. Wir setzen damit das erfolgreiche Konzept von Public Private Partnership in einer öffentlich-rechtlichen Stiftung fort. Für beide Partner wird die Zusammenarbeit durch die Zusammenlegung noch interessanter.

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

In unserem Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass die beiden Stiftungen mit ihren Vermögen - so wie sie sind - real zusammengeführt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Anlagestrategien beider Stiftungen wird dies dazu führen, dass der reale Wert des Vermögens der Technologiestiftung nach dem derzeitigen Stand über dem im Technologiestiftungsgesetz genannten nominalen Vermögen liegen wird. Es wird etwa 2 Millionen € über dem Vermögen liegen. Bei der Energiestiftung wird dieser Wert leider um 10 % niedriger sein, Sie wissen das. Glücklicherweise ist der Stand nicht mehr so tief wie vor einigen Monaten, weil sich das Vermögen inzwischen auch dort wieder zum Teil aufgebaut hat. Der genaue Betrag soll zum Stichtag der Fusion von der Leitung der neuen Stiftung festgelegt und in der Satzung veröffentlicht werden. Gleichzeitig - und das ist nach der Diskussion der letzten Jahre ganz wichtig - sind im Gesetzentwurf eindeutige Bestimmungen zum Erhalt des Stiftungskapitals enthalten, die sich an der entsprechenden Richtlinie des Finanzministers orientieren.

Abschließend möchte ich allen Beteiligten danken. Ich freue mich ganz besonders, dass es trotz schwieriger Gespräche gelungen ist, unsere Partner von der e.on zu halten und dass es weiterhin eine gemeinsame Stiftung von privaten und öffentlichen Stiftern und Einrichtungen gibt. Ich bin sicher, dass wir mit diesem Vorschlag einen guten Vorschlag machen, der die Arbeit der Technologiestiftung und der Energiestiftung weiter optimieren wird. Ich gehe davon aus, dass es eine Anhörung oder eine intensive Befassung in den Gremien geben wird. Das ist auch gut so, denn es ist ein wichtiges Projekt. Es ist ein zukunftweisendes Projekt, das sich in eine Wachstumsstrategie für Schleswig-Holstein einbaut.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache im Rahmen der Grundsatzberatung. Bevor ich für die CDU-Fraktion Frau Kollegin Brita Schmitz-Hübsch das Wort erteile, will ich darauf hinweisen, dass es das Recht der Landesregierung ist, ihre angemeldete Redezeit zu überschreiten. Tut sie dies, haben die Fraktionen die Hälfte der überschrittenen Redezeit zusätzlich zur Verfügung. Ich runde das auf und sage, dass jede Fraktion zusätzlich eine Minute Redezeit hat. Ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit. Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Brita Schmitz-Hübsch das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufgabe, die Technologiestiftung und die Energiestiftung Schleswig-Holstein unter einem Dach zu vereinen, schien zunächst unlösbar zu sein, da das Kapital der Energiestiftung zur Hälfte aus der Privatwirtschaft gekommen ist. Die Aufgabe scheint jedoch vollbracht zu sein, denn dem vorliegenden Gesetzentwurf haben wohl alle Beteiligten zugestimmt: Das mit der Fachaufsicht betraute Wirtschaftsministerium, das Kabinett sowie die Vertretung der privaten Stifter, ehemals SCHLESWAG und PreussenElektra, heute e.on. Es fehlt nur noch die Zustimmung des Landtags.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Herr Nabel, um es gleich vorwegzunehmen: Die CDU-Fraktion betrachtet die Zusammenführung der Stiftungen wohlwollend und sieht Synergieeffekte.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da die Stiftungen auch räumlich zusammengeführt werden sollen, hoffen wir zum einen auf Einsparungen im Verwaltungsbereich. Zum anderen aber versprechen wir uns davon, im kleinen Land SchleswigHolstein bei knapper werdenden Mitteln, in diesem Fall bei bescheidener werdenden Zinserträgen, ein Nebeneinander der technologischen Förderungen zu vermeiden. Professor Rohwer ist detailliert darauf eingegangen.

Es sind jedoch noch einige Fragen zu klären, damit wir Abgeordnete wissen, worüber wir beschließen. Die Technologiestiftung musste als öffentlichrechtliche Stiftung jährlich über ihre Einnahmen- und Ausgabenentwicklung dem Landtag Bericht erstatten, der dann mehr oder weniger „lustvoll“ hier diskutiert wurde. Er lag aber schwarz auf weiß allen Abgeordneten vor, die einmal darin nachschlagen wollten. Die Energiestiftung musste nicht öffentlich berichten. So weiß die Mehrheit der Abgeordneten lediglich, dass die Stiftung bei ihrer Vermögensanlage nicht immer eine glückliche Hand hatte. Wir wissen aber nicht, wie hoch das Vermögen heute ist, da die letzte veröffentlichte Zahl nach meiner Kenntnis vom 7. April 2003 stammt. Ich gehe aber davon aus, dass sich der Vermögenswert angesichts der Steigerung des DAX positiv entwickelt haben müsste.

Weiter wissen wir nicht, ob es langfristige Verbindlichkeiten und Zusagen gibt, die den Etat auf Dauer belasten werden, zumal der Landesrechnungshof in seinen Bemerkungen 2003 erwähnt, dass diese Ein

(Brita Schmitz-Hübsch)

richtung - gemeint ist die Energiestiftung - ihr Ausgabeverhalten nicht ausreichend angepasst habe.

Im Einzelnen erwarte ich in den Ausschussberatungen Auskunft über folgende Fragen: Erstens. Gibt es langfristige Mietverbindlichkeiten und wenn ja in welcher Höhe? Herr Minister, Sie haben gesagt, im Haus der Wirtschaft sollen alle zusammengefasst werden. Es gibt aber Gerüchte, dass es recht langfristige Mietverbindlichkeiten für die Energiestiftung gibt. Das wollen wir wissen.

Zweitens. Gibt es Zusagen über Mittelzuweisungen an die Energieagentur bei der I-Bank über das Jahr 2004 hinaus und wenn ja in welcher Höhe?

Drittens. Wo werden wie lange noch Stiftungsprofessuren in welcher Höhe finanziert?

Viertens. Wie ist der heutige Personalstamm von Technologiestiftung und Energiestiftung strukturiert? Welche Personalentwicklung ist mittelfristig ins Auge gefasst?

Fünftens. Welche mittelfristigen Perspektiven zur Aufgabenerfüllung hat die neue Innovationsstiftung im Vergleich zu ihren Vorgängerinnen Energiestiftung und Technologiestiftung?

Diese Fragen müssen beantwortet werden,

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

bevor die Stiftungen zum 1. April 2004 zusammengeführt werden, denn die neue Innovationsstiftung soll ab diesem Datum uneingeschränkte Rechtsnachfolgerin sein. Darüber hinaus müssen wir in den Ausschussberatungen noch über die Formulierung des Stiftungszwecks sprechen. Beim Zusammenschreiben der beiden Satzungen scheint mir der ursprüngliche Auftrag der Technologiestiftung etwas zu kurz gekommen zu sein.

(Beifall der Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU] und Christel Aschmoneit-Lücke [FDP])

Ich denke, wer gestern Abend Gelegenheit hatte, am ersten parlamentarischen Abend der Stiftung teilzunehmen, der sehr gut besucht war und zu einer Begegnung vor allen Dingen mit der Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein geführt hat, konnte sich von der Akzeptanz und der Leistungsfähigkeit der Technologiestiftung überzeugen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weiter möchten wir sicherstellen, dass die Stiftung wirklich ihrem Innovationsauftrag nachgehen darf

und nicht etwa zur Finanzierung von Landesaufgaben herangezogen wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir werden nach der Anhörung in den Ausschüssen konkrete Anträge auf den Tisch legen. Ich gehe davon aus, dass wir eine Anhörung durchführen werden. Schließlich mahne ich die Konsequenzen an, die die Landesregierung aus der Diskussion über die Anlagepolitik der Stiftungen gezogen hat. Zum einen meine ich damit die von der Landesregierung als Rechtsverstoß bezeichnete Verletzung des Erhaltungsgrundsatzes des Stiftungsvermögens, zum anderen die teilweise Finanzierung des Stiftungszwecks aus der Vermögenssubstanz durch den damaligen Vorstand der Energiestiftung. Beides sollte durch den Wirtschaftsprüfer einer vertiefenden Prüfung unterzogen werden; so steht es im Bericht der Landesregierung vom 29. April 2003. Liegt das Ergebnis dieser Wirtschaftsprüfung vor? Ich meine aber auch die für Anfang 2004 angekündigte Richtlinie des Finanzministers zur Absicherung und zum Erhalt von Stiftungsvermögen. Im Gesetz wird darauf eingegangen, die Richtlinie liegt jedoch nicht vor.

(Christel Aschmoneit-Lücke [FDP]: So ist es!)

Der Minister könnte sich ein bisschen beeilen. Dann nämlich können wir diese Richtlinie im Rahmen der Ausschussberatungen gleich mitdiskutieren. Das wäre dann ein großer Abwasch.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend in den Wirtschaftsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt Herrn Professor Müller das Wort und weise darauf hin, dass das Präsidium der Auffassung ist - dies geschah soeben in Rücksprache mit dem Wissenschaftlichen Dienst -, dass bei einer Überschreitung der Redezeit durch die Regierung die Meistbegünstigungsklausel Anwendung findet. Das beutet, dass die zusätzliche Redezeit nicht nur eine Minute, sondern anderthalb Minuten beträgt.

Herr Präsident, ich werde das nicht in Anspruch nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeiten leerer öffentlicher Kassen sind auch die Zeiten, in denen Strukturveränderungen möglich werden und sie sind die Chance, aus der Not die Tugend erwachsen zu lassen. Mit der Zusammenlegung der Technologiestiftung und der Energiestiftung zur Innovationsstiftung Schleswig-Holstein wird eine solche Chance genutzt.

Ich möchte an dieser Stelle Herrn Minister Professor Rohwer herzlich danken, dass er so konsequent die Fusion vorangetrieben hat. Lange schien es schwierig, diese von Fachleuten gewünschte Fusion umzusetzen. Aber wir wissen: Das hatte auch mit handelnden Personen zu tun.