Nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke zu einem Kurzbeitrag das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Benker, Sie sagten, Sie wollten den Antrag jetzt doch an den Ausschuss überweisen. Ich hatte mich schon vorher zu Wort gemeldet und wollte Ihnen sagen: Wenn Sie den Antrag nicht an den Ausschuss überweisen, können wir über ihn auch nicht diskutieren. - Wir sind natürlich gerne bereit, über diesen Antrag im Ausschuss zu diskutieren.
- Herr Kollege Müller, Sie brauchen ja nicht dabei zu sein. Herr Kollege Benker ist aber mit Sicherheit dabei. Natürlich sind wir bereit, über diesen Antrag zu diskutieren. Sie wollten ihn aber nicht an den Ausschuss überweisen. Wir werden der Ausschussüberweisung zustimmen und wir werden selbstverständlich auch dem Berichtsantrag zustimmen. Das hat gute Gründe. Das ist so in Ordnung.
Ich kann es wirklich nicht länger ertragen, dass sich bestimmte Leute hier hinstellen und sagen, wir nähmen dieses Thema nicht für wichtig, wir nähmen den Radverkehr nicht für wichtig. Lieber Herr Kollege Benker, wir halten Ihren Antrag, so wie er uns vorliegt, für überflüssig.
Wir brauchen uns doch nicht ständig hier hinzustellen und zu sagen, die Landesregierung solle ihre erfolgreiche Politik fortführen. Das gilt für alle möglichen Felder.
feststellen können, dass Sie hier überflüssige Anträge stellen. Dies wollte ich als Erstes feststellen.
Nun zu Herrn Hentschel. Herr Hentschel hat eben das Beispiel Münster genannt. Ich kenne Münster sehr gut, da ich dort studiert habe. In Münster gibt es eine Fahrradkultur. Dort ist es kulturbedingt, dass Fahrrad gefahren wird. Münster liegt, wie Sie sicherlich wissen, ja auch nicht allzu weit von den Niederlanden entfernt. Wir werden solche Verhältnisse in Kiel nicht erreichen.
Herr Hentschel, Sie haben gesagt, der Fahrradverkehr könnte den Autoverkehr ersetzen. So haben Sie es jedenfalls hier ausgedrückt. So stimmt das aber nicht. Der Autoverkehr hat zugenommen und auch der Fahrradverkehr hat zugenommen. Die Leute werden mobiler und sie nutzen ihr Mobilitätsvehikel so, wie es für ihren speziellen Zweck passt. Es ist also nicht so, dass der Autoverkehr ersetzt wird, sondern es finden sowohl Autoverkehr als auch Fahrradverkehr statt. Das möchte ich hier klarstellen.
Wir werden über diesen Antrag sehr ernsthaft im Ausschuss diskutieren. Ich bin gespannt darauf, was der Minister zum weiteren Ausbau von Radwegen sagen wird, von denen er hier eben gesagt hat, dass sie sehr wichtig seien.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Hentschel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf den letzten Punkt, Frau AschmoneitLücke, will ich gleich eingehen. Es gibt eine Reihe von Studien dazu, wie sich das Mobilitätsverhalten der Menschen darstellt. Als kurzes Resümee lässt sich sagen, dass die Menschen seit jeher ungefähr anderthalb Stunden am Tag unterwegs sind. Das schwankt je nach individuellem Typ zwischen weniger als einer Stunde und über zwei Stunden. Die Zeit, die die Menschen pro Tag für Mobilität aufwenden, ist aber relativ konstant. Dies gilt für die gesamte Menschheit, also für alle Völker. Je nach Verkehrsmittel verteilt sich diese Zeit unterschiedlich.
Ich will nun auf den Antrag zu sprechen kommen, weil Herr Harms hier an drei Punkten des Antrages Kritik geübt hat. Erstens: Warum brauchen wir besondere Zuständigkeiten in den Verkehrsämtern? Wir brauchen sie, weil die Sichtweise in den Verkehrsämtern überwiegend vom Blickwinkel des Autoverkehrs aus dominiert wird. Von daher ist es wichtig, dass es einzelne Personen gibt, die in besonderer Weise dafür verantwortlich sind, sich um die Belange des Fahrradverkehrs zu kümmern, und die auch das spezielle Know-how, welches dafür notwendig ist, erwerben. Die Verkehrsplanung von Fahrradwegen erfordert ein spezielles Know-how. Dieses sollte in allen Kommunen vorhanden sein. Das muss nicht heißen, dass es dafür jeweils eine zusätzliche Stelle gibt. Es sollte aber jemanden geben, der speziell dafür verantwortlich ist.
Zweitens: Berücksichtigung bei allen Belangen beim Straßenbau! Ich halte das für ausgesprochen wichtig. Innerhalb von Ortschaften halte ich es für dringend erforderlich, dass dann, wenn Verkehrs- und Straßenbauplanung gemacht wird, die Belange der Fahrradfahrer von vornherein mit bedacht werden; nicht, dass man erst einmal Straßen baut und hinterher feststellt, dass man weder auf der Straße noch auf dem Bürgersteig einen Fahrradweg unterbringt oder dass man zu unsinnigen Verzweigungen kommt oder Fahrradwege mitten auf der Straße aufhören müssen, weil es nicht mehr weitergeht. Manchmal wird der Weg ja dann hinter einem Gebäude fortgesetzt und was wir sonst alles kennen. Dies produziert in unseren Städten Unfallsituationen noch und nöcher. Darüber hinaus verleidet es den Menschen den Fahrradverkehr. Das heißt, die Berücksichtigung von Anfang an ist eine ganz wichtige Bedingung und ist auch keine abstruse Forderung, sondern ist - wie ich glaube - eine Selbstverständlichkeit, die wir von unseren Verkehrsplanern berücksichtigt wissen wollen.
Drittens: Touristische Bedeutung! Der Fahrradverkehr hat eine immense touristische Bedeutung; denn über 40 % aller Touristen in Schleswig-Holstein benutzen das Fahrrad. Wenn wir wissen, dass die Touristengruppe, die das Fahrrad benutzt, ein überproportional hohes Einkommen hat, also zu denjenigen gehört, die auch überproportional viel Geld nach Schleswig-Holstein bringen, und dass es mittlerweile acht Fachzeitschriften für Fahrradtourismus in Deutschland gibt, die in den Kiosken ausliegen, dann kann man sich vorstellen, welches Volumen das mittlerweile angenommen hat. Es gibt mittlerweile fahrradtouristische Wege, auf denen es regelmäßig Staus
gibt; typischerweise nenne ich hier den Weg an der Donau entlang nach Wien herunter. Dort fahren jeden Tag Tausende von Menschen entlang. Eine solche Attraktion mit unseren sechs bisher ausgebauten touristischen Fahrradwegen, den großen Fahrradwegen nach Schleswig-Holstein zu holen, ist eine ausgesprochen spannende Angelegenheit. Deswegen auch die Forderung nach einem „Bett- and Bike-Führer“, der unbedingt notwendig ist, damit endlich auch die nötigen eintägigen Unterkunftsmöglichkeiten bereitgestellt werden. Alles das gehört zusammen zu einem vernünftigen Fahrradprogramm.
Das Papier, das wir vorgelegt haben, ist über lange Zeit mit Fachleuten, mit den Fahrradverbänden abgestimmt worden. Darin sind viele Wünsche von Leuten, die in diesem Bereich engagiert sind, eingeflossen. Die Art und Weise, wie Sie versuchen, das zu disqualifizieren, disqualifiziert nicht das Papier, sondern eher die Kritiker.
Ja, ich komme zum Schlusssatz. - Ich bin sehr erfreut über die Bereitschaft der Opposition, das Thema im Ausschuss zu diskutieren. Ich denke, dass es deshalb sehr sinnvoll ist, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Ich glaube, dass es nämlich im Wesentlichen ein Kommunikationsproblem ist, und so hoffe ich, dass das auch zum Fortschreiten der Kommunikation über die Bedeutung des Fahrradverkehrs beiträgt und das Verständnis für den Mitteleinsatz fördert.
Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Arp.
Wir haben doch nur Folgendes gemacht: Frau Aschmoneit-Lücke hat gesagt, eigentlich sei das ein Thema für den Ausschuss und nicht für den Landtag. Seit zwei Jahren beraten wir dieses Thema und wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass sich in diesen zwei Jahren überhaupt nichts geändert hat.
Herr Dr. Höppner, ich finde es ja toll, dass Sie erkennen, dass das ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Ich sehe das genauso, ohne Frage. Wenn 49 % der Menschen, die in Schleswig-Holstein Urlaub machen, Herr Hentschel, in der Zeit auch Fahrrad fahren - einige immer, einige nur einmal -, dann ist das für den Tourismus von großer Bedeutung. Aber nur deshalb, weil wir Sie kritisieren, hier so zu tun, als würden wir das Thema nicht ernst nehmen, zeigt, dass Sie die Art der Demokratie, wie man miteinander umgeht, noch nicht ganz verstanden haben.
Zu der Frage, die der Herr Minister ansprach! Ich finde es in Ordnung, wenn wir ein Radwegenetz haben, die Fahrradwege über ganz Schleswig-Holstein hinweg vernetzen. Aber wir haben dabei das Problem der Beschilderung. Da habe zumindest ich noch keine Lösung, wie man die Beschilderung auch auf Dauer unterhalten kann. Die Kommunen allein können es nicht. Das hören Sie in jeder Kommune. Wir können hier nicht etwas beschließen und den Kommunen hinterher sagen, sie seien dafür verantwortlich, dass die Schilder überall in Ordnung sind.
Vielleicht könnte man auch zu PPP-Modellen kommen, indem man sagt, dass man dort auch Werbung anbringt, dass Firmen, Gemeinden oder Kreise, die da mit Werbung arbeiten möchten, Gelegenheit dazu bekommen. Das wäre ein guter Beitrag. Aber uns abzuqualifizieren, wir würden das nicht ernst nehmen, ist absolut nicht berechtigt. Ich bitte auch um Verständnis, dass ich das hier so deutlich sage. Das Thema ist vor zwei Jahren von uns erstmalig besetzt worden und wir bleiben am Ball.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als passionierte Fahrradfahrerin möchte ich mich hier auch noch einmal zu Wort melden. Ich habe auch den Eindruck aus der Debatte gewonnen - zuerst einmal von Ihrem Verhalten her; das kann ja mal passieren -, dass man das ein bisschen lächerlich findet. Das finde ich unangemessen. Ich finde es auch vor allen Dingen deshalb unangemessen, weil das Fahrrad - das möchte ich hier auch noch einmal sagen - ein ausgesprochen ernst zu nehmendes Verkehrsmittel ist. Autofahrende unterschätzen sehr häufig, wie viele Menschen in dieser Gesellschaft überhaupt nicht über ein Auto verfügen, sondern auf andere Verkehrsmittel und auf andere Arten, am Verkehr teilzunehmen, angewiesen sind.
Dann muss ich Ihnen auch noch sagen, dass doch auch Sie die vielen jungen Frauen mit ihren Kindern sehen, die mit ihrem Fahrrad zum Einkaufen fahren. Was sehen Sie denn sonst vormittags in der Stadt?
Natürlich sind das lauter junge Frauen, aber auch ältere Frauen, die ebenfalls überwiegend Fahrrad fahren. Männer sieht man auf Fahrrädern nicht oder eher selten.
- Das ist schon richtig. Das ist auch sehr bedauerlich. Aber dann, wenn wir das so klug hinbekommen, wie es die Münsteraner hinbekommen, wie es die Amsterdamer hinbekommen, wie es die Kopenhagener hinbekommen - das sind alles keine kleinen Städte, sondern sind große Städte -, wo sie sehr wohl Herren im Nadelstreifenanzug mit einem Aktenköfferchen genauso auf dem Fahrrad sehen - genauso wie Sie auch junge Väter mit großen Kastenwagen vornweg sehen, in denen sie einen halben Kindergarten vor sich her transportieren und auf dem Rücken noch ihre Einkäufe tragen -, dann wissen wir, dass das alles geht, wenn man das von der Stadt her vernünftig organisiert.
Vielleicht ist auch meine Empörung vorhin ein bisschen von daher gekommen, weil ich so enttäuscht gewesen bin. Wir sind doch zusammen nach Kopenhagen gefahren und wir haben in Kopenhagen gesehen, welch lebhafter Fahrradverkehr sich dort mit einem ebenfalls lebhaften Autoverkehr die Straßen teilt. Dort sind in einer sehr vernünftigen Weise die Fahrradwege von den Straßen abgeteilt; die Radfahrer haben ihre eigenen Rechte und kommen auch nicht in Konkurrenz zu den Fußgängerinnen und Fußgängern.