Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

(Beifall bei der CDU)

Bildungsmanagement und Bildungsökonomie sowie Zeitmanagement und Medienpädagogik müssen für den zukünftigen Lehrer in der Ausbildung natürlich dazugehören.

Viertens. Schulpraktische Anteile müssen für alle Schularten erhöht werden. Bereits in den ersten vier Semestern muss durch Eignungsüberprüfungen - so unsere Auffassung - deutlich gemacht werden und deutlich werden, ob sich ein Anwärter für den Lehrerberuf eignet. Lehrer als Verlegenheitsberuf können wir uns nicht mehr leisten. Diese Eignungsüberprüfung erst in der Referendarausbildung - wie von der Landesregierung jetzt geplant - durchzuführen, kommt zu spät.

(Beifall bei der CDU)

Erhöhte Praxisanteile im Studium - erhöhte! - könnten auf die Dauer der Referendarzeit angerechnet werden, um die Ausbildungszeit insgesamt nicht unnötig zu verlängern. Wir meinen auch, dass die erste und zweite Phase enger miteinander verzahnt werden müssen.

Diese Eckwerte müssen zunächst in die neuen Studiengänge für Lehrkräfte eingearbeitet werden. Sie werden auch erhebliche Auswirkungen auf das Referendariat haben, was die Dauer und den Inhalt der Referendarausbildung betrifft. Erst dann kann die Struktur der zweiten Phase sinnvoll und auf das Studium bezogen neu gestaltet und angepasst werden.

Frau Erdsiek-Rave, nehmen Sie die Chance wahr, schaffen Sie kein neues Provisorium, sondern bringen Sie den Mut auf, mit der Reform der Studiengänge die Neugestaltung der gesamten Lehrerausbildung als Chance entsprechend den neuen Anforderungen zu begreifen. Setzen Sie die Reform der zweiten Phase aus und sorgen Sie für eine professionelle und praxisnahe Ausbildung der zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land, und zwar aus einem Guss. Flickwerk schadet den zukünftigen Lehrern, schadet unseren Kindern und Jugendlichen und damit unserem Land insgesamt.

Ich bitte um Überweisung unseres Antrages in den Ausschuss und um zeitnahe Behandlung, damit wir auch die Gelegenheit wahrnehmen können, über die

neue Ordnung für den Vorbereitungsdienst zu diskutieren.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Höppner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es befürchtet: Wir wiederholen an dieser Stelle die Debatte, die wir am 28. August des letzten Jahres

(Sylvia Eisenberg [CDU]: Nö!)

- Frau Kollegin Eisenberg, Sie werden diesen Tag sicherlich nicht vergessen - zum nämlichen Thema aufgrund eines Antrages der FDP-Fraktion, zweiten Phase der Lehrerausbildung, geführt haben.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubi- cki [FDP])

Die FDP befürchtet eine Entprofessionalisierung des Lehrerberufes. Die CDU - ich zitiere hier Uwe Greve - erkennt - damals, vor wenigen Monaten -, dass das neue Konzept nicht besser ist als das alte. Er sagt aber auch nicht, dass das schlechter ist. Aber wenn es so viele Kritiker gibt, stellt man sich ja gern auf die Seite derer, die Kritik üben. Die Kollegin Birk verweist auf die Ausbildungsschulen, die die Grünen bei ihrem Besuch in Finnland kennen gelernt haben, und Anke Spoorendonk berichtet aus ihrer Vorstandstätigkeit der Pädagogischen Hochschule in Harderslev, wo bei einer Änderung des Ausbildungskonzeptes ein ähnliches Modell wie in Schleswig-Holstein umgesetzt wurde und dabei nicht das Chaos ausbrach, sondern große Zufriedenheit bei der Verzahnung von Theorie und Praxis herrschte. Soweit das Ergebnis der Debatte.

Wir kennen die üblichen Argumente der unterschiedlichen Fraktionen dieses Hauses alle sehr gut. Nun stellt die CDU-Fraktion den Antrag, den Reformprozess der zweiten Phase der Lehrerausbildung so lange auszusetzen, bis die Umwandlung der Ausbildungsgänge für Lehrkräfte in den Bachelor- und Masterstudiengängen abgeschlossen ist. Es geht um eine Aussetzung der OVP II, die derzeit in einem Anhörungsverfahren den Lehrerverbänden und anderen Anzuhörenden vorliegt. Das heißt, wir sind eigentlich in dem Veränderungsprozess der zweiten Phase der Lehrerausbildung mittendrin. Selbst wenn mehrere Verbände ganze Passagen der Anhörungsfassung ableh

(Dr. Henning Höppner)

nen, macht es keinen Sinn, das ganze Verfahren abzublasen. Sicher, auch wir in der Fraktion halten so manchen Aspekt des OVP-Entwurfes für überarbeitungsbedürftig. Aber gerade aus diesem Grund gibt es ja Anhörungen.

Nach wie vor hält die SPD-Fraktion die Grundsätze des neuen Konzeptes für die zweite Phase der Lehrerausbildung für richtig. Mit einem höheren Stellenwert der Unterrichtspraxis in der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer muss sich auch das bisherige Konzept der zweiten Phase der Lehrerausbildung weiterentwickeln. Und die Lehrer im Ausbildungsverhältnis müssen sinnvoller in den eigenverantwortlichen Unterricht eingeführt und dabei beratend begleitet werden.

Als Grund für das Aussetzen führen Sie, Frau Kollegin Eisenberg, die Umwandlung der Ausbildungsgänge für Lehrkräfte in die Bachelor- und Masterstudiengänge an. Wir alle wissen, dass die Einführung der konsekutiven Studiengänge in der Lehrerausbildung so schnell nicht möglich ist. Erstens warten wir noch auf ein Konzept, das momentan in der Bearbeitung ist und akkreditierungswürdig sein muss, und zweitens werden die ersten Masterlehrerinnen und -lehrer kaum vor 2010 bis 2012 ihr Studium beendet haben können. Würden wir Ihrem Antrag folgen, hieße das, dass wir für den Zeitraum einer ganzen Schülergeneration Lehrerinnen und Lehrer mit einer Referendarausbildung noch nach altem Muster erhielten. Das ist für uns, die SPD-Fraktion, angesichts der Ergebnisse aus den internationalen Bildungsstudien nicht hinnehmbar.

Ich sehe auch die Zusammenhänge zwischen der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge und den erst dann notwendigen Veränderungen der zweiten Phase der Lehrerausbildung nicht. Auch diese Studiengänge der Lehrerausbildung müssen sich an den Erfordernissen des Lehrerberufes ausrichten und nicht andersherum, dass sich der Lehrerberuf an den Strukturen des Studiums ausrichtet. Hierin unterscheidet sich ein Studium für den Lehrerberuf durchaus von anderen Studiengängen. Aber vielleicht ist das auch ein generelles Problem unserer Universitätsstudiengänge, dass sie nicht an Berufsfeldern ausgerichtet sind, sondern an den Erfordernissen der Wissenschaftsdisziplinen.

Insoweit gibt es in Ihrem Antrag keine logische Begründung, warum wir einen stärkeren Praxisbezug in der Lehrerausbildung aussetzen sollten, bis wir die Studiengänge der Lehrerausbildung umgewandelt haben.

(Sylvia Eisenberg [CDU]: Da hättest du mal zuhören müssen!)

Ich sehe die Vernetzungsbedingungen andersherum. Die Bachelor- und Masterstudiengänge müssen sich dem stärkeren Praxisbedarf und -bezug des Lehrerberufes anpassen.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] - Zuruf der Abgeordneten Sylvia Ei- senberg [CDU])

Wir werden sicher noch so manchen Anlass haben, über die OVP zu streiten, auch außerhalb des Bildungsausschusses. Aber Ihrem Antrag - solange zu warten, bis die Einführung einheitlicher Studienabschlüsse bei uns vollzogen ist - können wir nicht folgen. Wir werden diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt viele gute Gründe, die so genannte Reform der zweite Phase der Lehrerausbildung auszusetzen. Ein guter Grund ist sicher auch die Überlegung, dass die Referendarausbildung erst dann - gegebenenfalls - neu strukturiert werden sollte, wenn man geklärt hat, was sich in der ersten Phase, also im Studium, geändert haben wird.

(Beifall bei der FDP)

Denn natürlich müssen Studium und Praxisausbildung während des Referendariats aufeinander aufbauen. Das ist einigermaßen logisch und müsste eigentlich jedem klar sein.

Abgesehen davon gibt es aber noch viele andere gute Gründe, eine Reform auszusetzen, die in Wirklichkeit eine Deformation darstellt, eine rot-grüne Schmalspurausbildung für Lehrer als Beitrag zu sinkender Unterrichtsqualität.

Da ja inzwischen die neue Ausbildungsordnung, die OVP, vorliegt - jedenfalls im Entwurf -, lässt sich dies auch heute sehr viel konkreter belegen als noch im vorigen Jahr. Was ist denn aus der Ausbildung der Referendare in den Fachdidaktiken geworden? Die von Studienleitern betreuten Ausbildungsgruppen des IQSH sollen ja wegfallen. Ihr angeblicher Ersatz, die so genannten Ausbildungsmodule, sind bei näherer Betrachtung wirklich ein echter Witz.

(Dr. Ekkehard Klug)

Nach § 10 der neuen Ausbildungsordnung (OVP) müssen die Referendare in einem bestimmten Umfang entsprechende Zeitstunden - im Rahmen dieser Module, die sie belegen müssen - nachweisen. Im Klartext heißt das doch: Es geht um den Nachweis dessen, was man auch unter dem Begriff „Teilnahme- oder Sitzscheine“ kennt. Nichts anderes zeigt deutlicher die Abwertung der fachdidaktischen Ausbildung als eben dies. Es gibt eben keine fachdidaktische Ausbildung mehr unter Betreuung durch kompetente Studienleiter in den Ausbildungsgruppen, sondern in Zukunft müssen die Referendare und Anwärter bloß noch „Sitz- und Teilnahmescheine“ in puncto Module belegen.

(Beifall bei der FDP)

Mit qualifizierter, die individuelle Unterrichtserfahrung reflektierend aufnehmender Ausbildung hat das wirklich nichts zu tun. Das genau ist die rot-grüne Schmalspurlösung.

(Beifall bei der FDP)

Am Prüfungstag sollen die Anwärter künftig der Prüfungskommission eine schriftliche Unterrichtsvorbereitung - § 18 OVP-Entwurf - „im Umfang von nicht mehr als einer Seite“ vorlegen. Warum eigentlich nicht nur eine Zeile? Die alte OVP besagt, dass maximal sechs Seiten Unterrichtsentwurf vorzulegen sind. Auch das - Punkt zwei! - Schmalspurausbildung! Da wird also nach dem Prinzip des „down sizing“ kräftig nach unten abgewertet.

Bei Abschluss des Referendariats erhalten nach der OVP die Schulleiter in Zukunft bei der Beurteilung und Benotung ein extrem starkes Gewicht - als einzige Vertreter der jeweiligen Schule, die als „Ausbildungsschule“ und Dienstort der Referendare einen viel stärkeren Stellenwert erhalten soll. Aber die Schulleiter erhalten keineswegs eine Aufgabenentlastung, etwa eine Stundenermäßigung, um bei ihren Referendaren und Anwärtern auch Unterrichtsbesuche vornehmen zu können. Diese Entlastung als Voraussetzung für eine wirklich fundierte Urteilsbildung über die Tätigkeit der Referendare gibt es nicht. Die Rolle der Schulleiter als „Master“ und „Commander“, als diejenigen, die etwa auch bei der Benotung ganz entscheidendes Gewicht haben, korrespondiert nicht mit einer entsprechenden Einbindung in die Ausbildung und in deren reflektierende Beobachtung.

Die Ausbildungsstunden sollen bei den Mentoren liegen, bei den so genannten Ausbildungslehrkräften, die dann aber beim zweiten Staatsexamen nicht einmal angehört oder sonst in irgendeiner Form beteiligt werden sollen. Das ist wirklich eine völlig unsinnige Konstruktion.

Meine Damen und Herren, Schmalspurausbildung dritter Akt! Bei den Sonderschulpädagogen soll in Zukunft im Referendariat eine Fachausbildung nur noch in einem einzigen Fach erfolgen. Nach der alten Ausbildungsordnung waren dagegen für die Sonderschulpädagogen im Interesse einer vielseitigen Verwendung der Lehrkräfte in der Schule Veranstaltungen in drei Fächern vorgesehen.

Ganz kurios ist die Vorschrift für die Ausbildung durch die Schule - gerade auch wieder bei den Sonderschulpädagogen. Da heißt es jetzt in § 9 des OVPEntwurfs: „Der Einsatz der jungen Sonderschullehrer soll in den drei sonderpädagogischen Handlungsfeldern erfolgen.“

Meine Damen und Herren, der Begriff „Handlungsfelder“ taucht sonst nur im Lehrplan „Sonderpädagogische Förderung“ auf, neu gefasst im letzten Jahr. Handlungsfelder sind zum Beispiel - ich zitiere -: „Schule, Wohnort, Weltall.“ - Das soll nun im Ausbildungsbetrieb für die Referendare Grundlage sein. Dazu fällt mir Captain Kirk ein: „ Beam mich zurück, Scottie, hier gibt es kein intelligentes Leben!“

Meine Damen und Herren, die Deformation der zweiten Phase der Lehrerbildung wird absehbar scheitern. Das neue Ausbildungsmodell ist in sich eine Fehlkonstruktion und nicht mehr zu verbessern. Es hat in diesem Land keine Zukunft. Im Interesse einer guten Ausbildung der künftigen Lehrer muss es so bald wie möglich abgeschafft werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Birk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Eisenberg, Nachtigall, ich hör dir trapsen. - Auch wenn die CDU diesmal meint - wie sonst ihr Traumpartner FDP - besonders clever zu sein, so ist das Manöver doch durchsichtig. Ihre Forderung, die zweite Hälfte der Lehrerausbildung, das Referendariat, so lange nicht zu verändern, bis die erste Hälfte der Lehrerausbildung, das Studium, reformiert ist, heißt im Klartext: Alles bleibt so, wie es ist.

Herr Höppner hat gerade vorgerechnet, für wie lange Zeit das so wäre: Tatsächlich bis zum Jahre 2010!

Es stimmt natürlich: Besser wäre es, die erste und die zweite Hälfte der Lehrerausbildung gleichzeitig zu verändern. Das ist unser Reden seit Beginn dieser