Protokoll der Sitzung vom 22.01.2004

wohl ambulant als auch stationär. Ich komme aus Lübeck. Wir haben dort eine hervorragend und aufopferungsvoll arbeitende Einrichtung.

Unverzichtbar ist es mir, auch hier noch einmal auf die Wichtigkeit von Palliativmedizin und Schmerztherapie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung der Medizinerinnen und Mediziner hinzuweisen.

(Beifall)

Das ist eine einstimmige Forderung des letzten Altenparlaments gewesen. Ich hatte seinerzeit gesagt, ich würde mich dafür einsetzen, dass wir auf diesem Weg ein Stück vorankommen. Ich habe es jetzt in öffentlicher Diskussion gesagt und hoffe, dass das auch gegen den Widerstand der Ärzteschaft geschehen möge. Es kann eigentlich nicht angehen, dass angehende Mediziner während ihrer Ausbildung über Schmerztherapie nichts hören.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Abschließend erlaube ich mir die Anregung, über die Einrichtung einer schleswig-holsteinischen Hospizstiftung nachzudenken. Dafür ist kein großes Anfangskapital erforderlich, eher die Hilfe bei Organisation und Verwaltung. Ich rate, einmal an die bayerische Hospizstiftung heranzutreten und sich die Unterlagen schicken zu lassen. Ich hatte ein ganz gutes Gefühl, auf diesem Weg weiterkommen zu können. Es gab auch Hinweise, dass gerade für diese Arbeit erhebliche Zustiftungen der Bürger zu erwarten sind. Insofern hat die Öffentlichkeitsarbeit schon gut gefruchtet. Es ist in der Öffentlichkeit gut bekannt, was Hospizarbeit, Sterbebegleitung bedeutet, wie wichtig es auch für die Familien ist, die sonst sehr hilflos davor stehen, wenn sie einen Angehörigen bis zum Tode begleiten müssen.

Wir sollten auf diesem Weg weitermachen. Vielleicht finden meine Anregungen offene Ohren, was ich hoffe. Wir werden dann sehen.

(Anhaltender Beifall)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Eichstädt.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war gut, dass wir diesen Bericht über die Förderung der Hospizarbeit beantragt haben. Denn er gibt Gelegenheit, eine Bewegung zu würdigen, die sich in den letzten 20 Jahren im besten Sinne bürgerschaftlichen Engagements entwickelt hat.

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben anlässlich dieses Berichtes mit einer Reihe von Initiativen Kontakt gehabt und ich kann danach all denjenigen, die sich mit der Sterbebegleitung in den verschiedensten Formen befassen, nur die allerhöchste Anerkennung und Achtung entgegenbringen.

(Beifall)

Sie heben mit ihren Aktivitäten das Tuch der Verdrängung von einem heute immer noch mit Tabus belegten Thema und bringen in das Bewusstsein, dass Sterben ein Teil des Lebens ist. Sie ermutigen, mit diesem Thema unbefangener umzugehen. Sie helfen dabei Sterbenden in ambulanter und stationärer Begleitung und den Zurückbleibenden, mit ihrer Hilflosigkeit und ihrem Schmerz umzugehen.

Viele der Initiativen wollen dabei ausdrücklich nicht die staatliche finanzielle Hilfe, zumindest wollen sie nicht von ihr abhängig sein. Dass dabei trotzdem Finanzmittel nötig sind und auch fließen, macht der Bericht deutlich. Wir begrüßen die Förderung der Hospizbewegung durch die Landesregierung und halten es für richtig, dass in der dargestellten Form in enger Kooperation mit den Initiativen fortgefahren wird.

Ich will einige Punkte nennen, die wir in unseren Gesprächen als wichtig erfahren haben.

Erstens. Der Bericht weist aus, dass sowohl durch die Krankenkassen als auch durch das Land Fördermittel zur Verfügung stehen, die nicht alle abgerufen wurden. Eine Erklärung ist sicherlich, dass einige Initiativen die Abhängigkeit von öffentlichen Mitteln nicht wollen. Ein anderer Grund ist aber auch, dass die Hürden für die Abrufung der Mittel zu hoch gelegt sind. Die Hürde zum Beispiel, eine Krankenschwester mit mehrjähriger Erfahrung in der palliativmedizinischen Pflege vorzuhalten, ist für viele der kleinen Initiativen nicht zu überspringen.

(Beifall)

Aber ohne die Erfüllung zum Beispiel dieser Voraussetzungen gibt es keine Fördermittel. Man sollte mit den Beteiligten darüber nachdenken, ob mit den Mitteln nach § 39 a SGB V nicht auch so etwas wie eine „zentrale Koordinierungsstelle“ gefördert werden kann, die die fachliche Beratung in den einzelnen Initiativen sicherstellt. Damit könnten Initiativen auch von der Verwaltungsarbeit entlastet werden, die mit der Beantragung von Fördermitteln verbunden sind. So könnten auch Hospizinitiativen Förderung erhalten, die in der Aufbauphase sind und schon deshalb

(Peter Eichstädt)

allein die Fördervoraussetzungen in der Anfangszeit gar nicht ohne Hilfe erfüllen können.

Ich sehe dabei durchaus den Zielkonflikt. Einerseits wollen die ehrenamtlichen Initiativen nicht „verprofessionalisiert“ werden, anderseits soll in ehrenamtlicher Arbeit die Fachlichkeit gewährleistet sein. Aber gerade das könnte durch ein qualitätssicherndes Angebot einer selbstverwalteten Koordinierungsstelle gewährleistet werden. Wir sollten darüber nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Der Hospizgedanke und die Erkenntnisse der Sterbebegleitung müssen mehr Eingang in die allgemeine Pflege und die Arbeit in den Krankenhäusern finden. Es darf nicht sein, dass wir uns im Bereich Hospiz etwas Inselartiges aufbauen, gefördert und mit Engagement ausgestattet, und darüber die Standards im Bereich der allgemeinen Pflege vergessen werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Dazu gehört, dass in enger Zusammenarbeit mit bereits bestehenden Diensten vorrangig ein Sterben zu Hause, unter Berücksichtigung der Erfahrungen der Hospizbewegung, ermöglicht wird.

Drittens. Es scheint uns wünschenswert, dass der Hospizgedanke verstärkt Verankerung in der Aus- und Weiterbildung der pflegerischen, therapeutischen und seelsorgerischen Berufe findet. Dazu gehört auch die Verbesserung der Fortbildung der Ärzte in der Palliativmedizin sowie die Aufnahme in die Studien- und Prüfungsordnungen der Medizinischen Fakultäten.

Viertens. Wir haben in Schleswig-Holstein vier Palliativstationen - in Kiel, Neumünster, Eutin und Flensburg. In Lübeck gibt es keine. Wir würden es sehr begrüßen, wenn auch hier eine solche Station installiert werden kann. Eine so große Klinik kann nach unserer Auffassung langfristig ohne eine nicht auskommen.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Fünftens. Meine Kollegin hat es eben erwähnt: Schleswig-Holstein hat bisher kein Kinderhospiz. Diese besondere Form der stationären Hospizarbeit hat aufgrund einer Initiative in Flensburg vielleicht eine Chance auf Realisierung. Wir würden es sehr begrüßen, wenn das Land und andere diese Initiative unterstützen würden, damit dort ein Ort für Kinder zur Kurz- und Langzeitpflege entstehen kann. Dabei halten wir auch hier die Betreuung in der häuslichen Umgebung für vorrangig.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt in unserem Bundesland drei stationäre Hospize, und zwar in Lübeck, Geesthacht und Rendsburg. Es ist in diesem Bereich schwer, von Bedarf zu sprechen, aber ich meine, dass an einer Stelle ein Hospiz fehlt, nämlich in Kiel. Wir würden es deshalb für gut halten, wenn mit dem Verkauf des Martinusparks der Hospizförderverein in Kiel die Chance erhielte, ein stationäres Hospiz zu errichten. Ich weiß, dass dies für alle Fraktionen gilt: Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn das Land - wie angekündigt - vertieft mit Kaufinteressenten verhandeln will, die sich dort einen Ort für Sterbende vorstellen können. Wir erwarten von der GMSH und der LVSH, dass sie nach Wegen suchen, dieses Ziel zu erreichen, denn dieses Objekt ist für diesen Zweck wirklich gut geeignet.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir erwarten auch von der Stadt Kiel, dass sie mögliche Überplanungen zügig im Interesse dieses Ziels voranbringt. Wenn alle es wollen, sollte es wohl gelingen. Zum Schluss gilt unser Dank und unsere Anerkennung den Initiativen in Schleswig-Holstein, die sich seit vielen Jahren in vielfältiger Weise ehrenamtlich um die Fortentwicklung der Hospizidee bemühen. Im Übrigen schlagen wir vor, den Bericht abschließend im Sozialausschuss zu beraten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kolb das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte auch ich mich ganz herzlich für den Bericht bedanken. Noch deutlicher möchte ich mich bei Ministerin Moser für ihr in der Vergangenheit sehr energisches Eintreten für dieses wichtige gesellschaftspolitische Thema bedanken.

(Beifall)

Die wenigsten von uns setzen sich unvoreingenommen mit dem Tod auseinander, es sei denn, wir werden durch den Verlust eines Menschen dazu gezwungen. Der Wunschvorstellung vom sanften Entschlafen steht in der Realität allzu oft die lange und mit Qualen und Schmerzen verbundene unheilbare Krankheit entgegen. Der Sterbende hat nicht nur unerträgliche physische Schmerzen zu ertragen, sondern er sieht sich einem persönlichen Umfeld ausgesetzt, das angesichts seines Leidens oft hilflos ist und daher auch

(Veronika Kolb)

manchmal falsch reagiert. Dabei geht es nur darum, den Sterbenden während seines letzten Lebensabschnitts nicht allein zu lassen.

Es ist der Wunsch vieler Menschen, ihrem sterbenskranken Angehörigen Liebe und Geborgenheit in möglichst vertrauter Umgebung zu schenken und es ihm zu ermöglichen, sich mit dem Sterben bewusst auseinander setzen zu können. Hier leistet eine Sterbebegleitung durch die vielen engagierten Betreuerinnen und Betreuer sowie die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowohl im ambulanten als auch im stationären Hospizbereich unschätzbare Dienste. Dafür Ihnen allen, die Sie heute anwesend sind, stellvertretend auch ein ganz herzlicher Dank!

(Beifall)

Diesen Dank halte ich im Übrigen immer für sehr angebracht, denn die öffentliche Anerkennung für diese hohen sozialen Dienste fehlt uns im Alltag häufig. Sicherlich liegt es auch daran, dass sich die meisten Menschen mit diesem Thema - wenn überhaupt - nur mit einer gewissen Scheu beschäftigen mögen.

In der Bevölkerungsentwicklung zeichnet sich immer mehr der Trend hin zu Ein- und Zweipersonenhaushalten ab. Dies geht einher mit einer Anonymisierung im Wohnumfeld und einer stetigen Veränderung der Arbeitssituation. Schon aufgrund dieser Tatsache müssen wir uns darauf einstellen, dass die Nachfrage nach stationären Hospizeinrichtungen viel stärker steigen wird. Noch mehr Menschen werden in der Zukunft darauf angewiesen sein, in der letzten Phase ihres Lebens an einem vertrauten Ort mit einer Rundumbetreuung leben zu können. Dabei ist diese Betreuung nicht auf die Linderung von körperlichen Schmerzen zu beschränken. Die Betroffenen müssen durch die Anwesenheit und das Zuhören auch eine psychische Unterstützung erfahren, damit sie eigenverantwortlich und selbstbestimmt die letzten Dinge regeln können. Nicht alle Anforderungen werden dabei von ambulanten Hospizen zu bewältigen sein.

Der vorgelegte Bericht zeigt, dass im Bereich der Hospizarbeit schon einiges erreicht worden ist. Vieles muss aber noch verbessert werden. Dazu gehört für mich, dass das Angebot von stationären Hospizen und Palliativstationen wesentlich erhöht werden muss. Im Vergleich zu der Antwort auf die Große Anfrage zu Hospizeinrichtungen in Schleswig-Holstein vom August 1997 hat sich hier tatsächlich sehr viel getan. Immerhin wurden in den letzten sechs Jahren 23 stationäre Hospizplätze und 17 Betten in Palliativstationen mehr geschaffen. Das ist schon ein beachtlicher Erfolg.

Dennoch kann dies angesichts der geschilderten Situation in der Bevölkerungsentwicklung nicht ausreichend sein, denn allein eine gewünschte Verzahnung von ambulanten und stationären Einrichtungen kann einen solchen künftigen Mehrbedarf nicht ausgleichen. Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn die Bemühungen der Hospizvereine, weitere stationäre Einrichtungen zu schaffen, wie es derzeit der Hospizverein in Kiel versucht, noch mehr Unterstützung vom Land erhalten würden. Der Kollege Eichstädt hat dies aufgezeigt. Herr Eichstädt, Sie haben Gleiches zu einem Kinderhospiz gesagt. Hier haben Sie auch das Handeln des Landes angemahnt. Sie regieren zurzeit, also hoffe ich hier sehr auf Ihre Unterstützung!

Allgemein- und Spezialstationen von Krankenhäusern - aber auch Alten- und Pflegeheime - sind weder personell noch räumlich in der Lage, diesen Anforderungen, die ich eben aufgezeigt habe, gerecht werden zu können. Deshalb gehört für mich dazu, dass in der Aus- und Fortbildung - sowohl von Medizinern als auch ganz besonders von Pflegern sowie Pflegehilfskräften - ein Schwerpunkt nicht nur im Umgang mit Sterbenden im Sinne des Hospizgedankens, sondern ganz besonders im Bereich der Palliativmedizin und Schmerztherapie verankert werden muss. Nur dann kann auch zukünftig die Versorgung und Begleitung schwerkranker und pflegebedürftiger Menschen in Schleswig-Holstein in ihrer letzten Lebensphase sichergestellt werden.

Die FDP-Fraktion stellt sich dieser Herausforderung für die Zukunft. Unser Antrag zum Doppelhaushalt 2004/2005 hat die entsprechende Bezuschussung von Hospizförderungen vorgesehen. Nach allem, was ich jetzt zu diesem Thema gehört habe, bin ich sicher, dass alle Fraktionen hier Hand in Hand gehen werden. Darauf freue ich mich.

(Beifall)

Frau Abgeordnete Birk hat das Wort.