um sein Handzeichen bitten. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Bericht in der gegebenen Form zur Kenntnis genommen und der Tagesordnungspunkt ist erledigt.
Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Junge Menschen mit besonderen Begabungen zu fördern, ist kein Luxus. Spitzenleistungen in Wissenschaft und Forschung fallen nicht vom Himmel. Wenn wir in Deutschland unseren Wohlstand erhalten wollen, brauchen wir beides. Wer sich mit Mittelmaß begnügt, der wird in diesem Land sehr bald auch nur noch ein mittelmäßiges Wohlstandsniveau erreichen können.
Eine gute Bildungspolitik sorgt deshalb für ein hohes allgemeines Niveau in Schulen und Hochschulen und für die dazu erforderliche Ausstattung. Eine gute Bildungspolitik sorgt natürlich für die Förderung der Schwächeren. Aber sie schließt auch eine besondere Hochbegabtenförderung in allen Bereichen des Bildungswesens mit ein.
Wir als FDP-Fraktion haben dazu in den zurückliegenden Jahren eine Reihe von Initiativen eingebracht, die in diese Richtung gingen. Allesamt haben sie bei der Mehrheit dieses Hauses, bei der SPD, bei den Grünen und auch beim SSW - in diesem Fall als Hilfsmotor -, keine Zustimmung gefunden.
Umso bemerkenswerter erscheint uns der jetzt mögliche Sinneswandel bei den Sozialdemokraten. Ob nun aber die sozialdemokratischen „Eliteherren“ Schröder, Scholz, Müntefering & Co. mit dieser Diskussion zur Eliteförderung, wie sie sie zum Jahresbeginn initiiert haben, mehr als nur einen PR-Gag verbinden, mag bezweifelt werden. Wir werden bei diesem Thema die Sozialdemokraten selbstverständlich an ihre Versprechungen, an ihre Ankündigungen erinnern und unsere Initiativen gerade in diesem Bereich noch einmal gebündelt vorstellen. Das machen wir auch mit dem Antrag heute.
Zu Jahresbeginn war zunächst von einer Eliteuniversität die Rede. Am nächsten Tag sollten es dann schon zehn Eliteuniversitäten in Deutschland sein. Es ist ein Geldbetrag in der Größenordnung zwischen 70 Millionen € und 100 Millionen € ins Gespräch gebracht worden. Wenn man weiß, dass eine der großen amerikanischen Spitzenuniversitäten - Harvard, Stanford, Columbia, Yale, Princeton - ein Jahresbudget von, rund gerechnet, etwa 2 Milliarden € - teils etwas mehr, teils etwas weniger - haben, dann sind die von den Sozialdemokraten angekündigten Mittel für Elitehochschulen in Deutschland sehr bescheiden.
Eine amerikanische Eliteuniversität hat vom Jahresbudget her etwa das Siebenfache der Mittel zur Verfügung, über die die Universität Kiel als Jahreshaushalt 2004 verfügt.
- Natürlich. Wer mit 70 Millionen € oder mit 100 Millionen € zehn Eliteuniversitäten schaffen will, der handelt etwa so wie jemand, der ankündigt, dass er die Haltestelle in Klanxbüll zum nächsten europäischen Weltraumbahnhof machen will. So geht es nicht!
Man muss natürlich auch die Begleitmusik dieser sozialdemokratischen Eliteförderungskampagne beachten. Da wurde ausgeschlossen, dass die Hochschulen das Recht bekommen, sich die Studenten selber auszuwählen. Da wurde die Erhebung von Studiengebühren ausgeschlossen. Jeder weiß, dass Spitzenuniversitäten, ob nun in den USA oder in anderen Staaten, ohne solche Instrumentarien, nämlich das Recht, sich ihre Studierenden aus dem Bewerberkreis selbst auswählen zu können, und ohne das Recht, auch Studiengebühren erheben zu können, überhaupt nicht zur Existenz fähig wären.
Wer für die Spitzenhochschulen diese Rahmenbedingungen nicht gewährleistet, der handelt so, als ob er einen Trabbi zum Formel-Eins-Rennen anmelden will. Das funktioniert einfach nicht. Wenn dann auch noch ein parlamentarischer Staatssekretär - ausgerechnet der im Bundesbildungsministerium -, nämlich Herr Matschie, laut „dpa“ vom 14. Januar 2004 behauptet, die meisten amerikanischen Hochschulen verfügten überhaupt nicht über nennenswerte Einnahmen an Studiengebühren, so muss man vor dem Hintergrund der Debatte über Eliteuniversitäten fra
gen: Weiß er nicht, dass zum Bespiel die Columbia University jährliche Einnahmen von 490 Millionen $ an Studiengebühren hat? Das ist fast das Doppelte des Budgets der Universität Kiel. Die Beiträge in dieser Debatte sind zum Teil wirklich geradezu lächerlich. Herr Matschie ist immerhin parlamentarischer Staatssekretär im zuständigen Ressort.
Entscheidend ist allerdings, dass man beim Thema Eliteförderung und Förderung von Spitzenbegabungen sich nicht allein im Hochschulbereich bewegt. Man darf nicht sozusagen nur an der Spitze des Bildungssystems, im tertiären Bereich, anfangen, sondern es muss eine Förderung von besonderen Begabungen junger Menschen im Bildungswesen schon von Beginn der Schulzeit an, im Idealfall sogar schon vom Vorschulalter an, geben. Wir stellen uns das als ein Fördernetzwerk für besonders begabte Schülerinnen und Schüler in diesem Land mit regional angebundenen zusätzlichen Unterrichtsangeboten vor, die man neben dem normalen Unterricht erhält. Diese müssen altersgerecht zugeschnitten vom Grundschulbereich aufwärts bis zur gymnasialen Oberstufe gehen, wo man zum Beispiel den besonders begabten Schülerinnen und Schülern in Zusammenarbeit mit den Hochschulen oder anderen Forschungsbereichen auch schon den Zugang zur Arbeit in den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen ermöglichen kann. Diese Bandbreite eines Fördernetzwerkes muss es unser Erachtens geben.
Und ich sage dazu, dass man solche Möglichkeiten an öffentlichen Schulen schaffen muss, ist für uns auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Denn heute ist es so, dass das Fehlen einer zielgerichteten Förderung hoch begabter Kinder und Jugendlicher gerade jene Kinder und Jugendliche trifft, deren Eltern nicht in der Lage sind, das Fehlen staatlicher Förderung durch privaten Einsatz - zum Teil bis hin zum Besuch privater Hochbegabteninternate - zu kompensieren. Das bedeutet, wenn wir soziale Gerechtigkeit gewährleisten wollen, müssen wir gerade für besonders begabte Schülerinnen und Schüler, deren Eltern sich den privaten Einsatz nicht leisten können, Angebote und Förderinstrumentarien an den öffentlichen Schulen schaffen.
(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Jost de Jager [CDU] - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Baasch [SPD])
Es ist einfach so, dass diese besonders begabten Schüler auch zusätzliche geistige Nahrung brauchen, damit ihre Talente nicht verkümmern. Wir haben doch heute schon die Rückmeldung - unter anderem
aus den weiterführenden Schulen -, dass dort, wo nicht schon im Grundschulbereich gefördert wurde, zum Teil diese besonders talentierten jungen Leute, weil sie sich gelangweilt aus der Schule ausgeklinkt haben, Verhaltsprobleme aufweisen und möglicherweise am Ende Problemschüler werden.
- Das ist die Realität. Sie müssen sich bloß einmal an den Schulen umhören, dann wissen Sie, dass das Fakt ist, dass das in einer Vielzahl von Fällen leider der Fall ist.
Im Hochschulbereich wollen wir mit der Mobilisierung von privatem Kapital ansetzen, von Stiftungskapital, aber auch mit Mitteln aus dem öffentlichen Sektor. Dazu könnte zum Beispiel ein Verkaufserlös für den Anteil des Landes an der HSH Nordbank beitragen. Wir werden mit einem solchen Grundkapital sicherlich nicht eine Eliteuniversität nach dem Muster von Harvard einrichten und finanzieren können, aber wir können einzelne ausgewählte Bereiche besonders ausstatten.
Ich denke zum Beispiel daran, dass wir ein Zentrum für Biowissenschaften in Kiel oder eine Fakultät für Medizintechnik in Lübeck dann womöglich auch unter Hinzunahme von privaten Zustiftungen, von privatem Kapital, so ausstatten könnten, dass sie wissenschaftliche Arbeit auf höchstem Niveau und unter Heranziehung zusätzlicher Drittmittel besser als bisher leisten könnten. Die Grundvoraussetzung haben wir in diesen Bereichen. Wir müssen aber den dort tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wir müssen den Hochschulen, durch eine entsprechend gute Grundausstattung die Möglichkeit geben, sich als Center of excellence, als wissenschaftliche Leuchttürme in der Forschung, in unserem Land weiter so stark zu profilieren, dass der wirtschaftliche Nutzeffekt, der daraus resultieren kann, etwa durch Gründung von Unternehmen im Umfeld dieser Forschungseinrichtungen, das Land auch insgesamt weiter fördern und voranbringen kann. Die Grundausstattung ist entscheidend.
Schauen Sie sich das DFG-Förder-Ranking 1999 bis 2001 im Internet an. Von den 10 deutschen Hochschulen, die die höchsten DFG-Mittel bekommen haben, liegen acht in Süddeutschland - vier in Bayern, vier in Baden-Württemberg - und nur die TH Aachen und die Humboldt-Universität in Berlin liegen außer
halb dieses Bereiches. Die Universität Kiel kommt als erste schleswig-holsteinische Universität auf Platz 36.
Die Grundausstattung, die wir den Hochschulen gewähren, entscheidet darüber, ob sie Drittmittel in der Forschung im höheren Maße als bisher anwerben können. Dass dies gelingen kann, zeigt das Beispiel der krankheitsorientierten Genomforschung. Heute können Sie in den „Kieler Nachrichten“ nachlesen, dass hier in Schleswig-Holstein - vor allem durch den Einsatz der dort tätigen Forscher - ein Euro Landesmittel Drittmittel im Umfang von 22 € auslösen kann. Das zeigt, dass das wirklich gut angelegtes Kapital ist, wenn wir die Grundausstattung dieser Bereiche so aufrüsten, dass daraus für das Land noch entsprechende weitere Effekte erwachsen können.
Eliteförderung und die Förderung von hoch begabten Schülerinnen und Schülern sowie Studentinnen und Studenten ist kein Luxus. Für die Entwicklung unseres Landes brauchen wir ein darauf ausgerichtetes Förderinstrumentarium.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass die FDP uns die Gelegenheit gibt, da sie ihre Anträge nach Medienlage ausrichtet, heute über die Eliten und das, was man dafür hält, zu reden. Ich begrüße das, denn das ist sicherlich eines der wichtigeren Themen, mit denen sich das Parlament beschäftigen sollte.
Ein Auslöser war ohne Frage - darauf hat der Kollege Dr. Klug auch hingewiesen - die Erklärung des SPDParteivorstandes vom 6. Januar 2004 zu Innovation in Deutschland. Hierin befindet sich ein kurzer Absatz zur Stärkung der Förderung von Spitzenleistungen im Hochschulbereich und zur Etablierung von Spitzenhochschulen und Forschungszentren auf dem Level der US-Hochschulen Harvard und Stanford. Das ist in der Berichterstattung - wie das häufig so ist - etwas verkürzt und auf diesen Punkt reduziert worden,
denn im Kern geht es in diesem Papier um die Herstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit als Voraussetzung gleicher Lebenschancen.
Lassen Sie mich noch einmal ganz kurz in einem Halbsatz auf unsere vielfältigen Diskussionen in der Nachfolge der PISA-Studie zurückkommen, die uns vor Augen geführt hat, dass unser selektives Bildungssystem vor allem die sozialen Hierarchien wie kaum ein anderen Bildungssystem auf der Welt konserviert. Wer also von Elite spricht, kann den Zusammenhang von Begabungselite und sozialer Elite nicht einfach ignorieren. Die Begabung eines Kindes und eines Jugendlichen kann sich nur in dem Maße entfalten, wie die äußeren Rahmenbedingungen es erlauben. Deswegen hebt der SPD-Antrag durchaus zu Recht darauf ab, über Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche mit besonderer Begabung zu sprechen. In dem Punkt sind wir vom Ansatz her, Herr Kollege Dr. Klug, nicht so weit auseinander.
Wir haben deshalb in vielfältigen Beratungen im Plenum und im Bildungsausschuss in den letzten Jahren über viele Maßnahmen in diesem Bereich diskutiert. Vieles ist auch schon umgesetzt, zum Beispiel hinsichtlich der Qualifizierung der Lehrkräfte. Sie müssen überhaupt erst in die Lage versetzt werden, besondere Begabungen frühzeitig zu erkennen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Förderung. In diesem Bereich ist eine Menge auf den Weg gebracht worden. Wir haben Zusatzangebote für Kinder und Jugendliche etabliert, wir haben die Möglichkeit, die Schulzeit zu verkürzen, auf den Weg gebracht und es gibt Arbeitsgemeinschaften und landes-, bundesweite Wettbewerbe, von denen „Jugend forscht“ nur der bekannteste ist. Es werden besondere Lernleistungen in Abschlusszeugnissen dokumentiert und man könnte diese Liste noch weiter fortsetzen.
Ich glaube, man sollte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass gerade die Erweiterung der Möglichkeiten der offenen Ganztagsschule es ermöglichen wird, sowohl leistungsschwache als aber natürlich auch leistungsstarke Schülerinnen und Schüler gezielter als bisher zu fördern. Wir müssen mehr gezielt und individuell fördern, starke wie schwache Schüler.
Übrigens gab es eine internationale Vergleichsstudie im vergangenen Jahr, die nicht ganz so viel Aufsehen in den Medien erregt hat wie andere, in der festgestellt wurde, dass Deutschland durchaus zu den Ländern zählt, die für besonders begabte Kinder viel tun.