- Es mag an der „Wallachei“ des Redeortes liegen, dass er sich traute, so etwas überhaupt öffentlich zu sagen. Vielleicht dachte er, kein Journalist schreibt das mit. Er sagte:
„Diese ewigen Drohungen der EU. Wir sollten eine Nichtmeldung riskieren. Soll die EU doch die Bundesrepublik verklagen. Das sollten wir einmal testen!“
So kann man natürlich auch Politik machen. Ihr Parteifreund Sander reiht sich damit in die Reihe der FDP-Politiker wie den ehemaligen FDP-Politiker Lange in Hamburg ein. Dessen Unfähigkeit hat zu seiner Entfernung aus dem Hamburger Senat geführt, nachdem Ole von Beust ewig lange tatenlos dem Treiben seines Senators zugesehen hatte. Ich hoffe, Ministerpräsident Wulff wird in Niedersachsen nicht so viel Geduld mit den zahllosen Wählern seines zweifellos freundlichen, aber völlig überforderten Unglücksministers zeigen. Wir in Schleswig-Holstein werden unser Land jedenfalls nicht dem Risiko von Strafgeldzahlungen an die EU wegen Vertragsverletzung aussetzen.
Wir weisen NATURA 2000-Gebiete einerseits zügig aus. Andererseits tun wir das in einem sehr transparenten Verfahren nach dem Motto: Naturschutz mit den Menschen.
Da wir das Thema NATURA 2000 - wie ich es schon eingangs sagte - nicht das erste Mal, sondern quasi regelmäßig von Sitzung zu Sitzung behandeln, verweise ich an dieser Stelle auf einen bereits von der Landesregierung gegebenen Bericht, nach dem es über 80 Gesprächs- und Erörterungstermine allein im Rahmen der FFH-Gebietsausweisung gab und nach dem jeder Fragende beziehungsweise jeder Einwender meist noch vor Ort die Gelegenheit zu einem Gespräch erhielt.
Vor allem aber gilt, meine Damen und Herren, was im Antrag von SPD und Grünen steht: Mit der Ausweisung von NATURA-2000-Gebieten schaffen wir Rechts- und Planungssicherheit für die Kommunen, für die Wirtschaft und für die Verkehrspolitik.
Glauben Sie allen Ernstes, liebe Kollegen von der FDP, dass das Wachstum der Wirtschaft in Schleswig-Holstein gefährdet ist,
weil auf Eiderstedt oder in der Eider-Treene-SorgeNiederung Naturschutzgebiete gemäß den Vorgaben der EU ausgewiesen werden? - Das Gegenteil ist der Fall. Wir werden mit dem Naturschutz in diesen Gebieten mehr Einkommen schaffen können als ohne.
Also, die Landesregierung arbeitet ordentlich. Die EU-Richtlinien werden in Schleswig-Holstein umgesetzt und wir beobachten mit großem Interesse die Entwicklung in Niedersachsen. Der Beitrag des Westentaschendemagogen Garg hat zu einer Sachdebatte hier jedenfalls nichts beigetragen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Überschrift des FDP-Antrages macht deutlich, wie das Programm NATURA 2000 derzeit in unserem Land diskutiert wird: NATURA 2000 oder Infrastruktur und Wirtschaftswachstum.
Leider entwickelt sich die Umsetzung des Programms NATURA 2000 - und es geht nur um die Umsetzung - immer mehr hin zu einem Gegensatz zwischen Naturschutz und wirtschaftlicher Entwicklung.
Wir waren in der Diskussion aber schon wesentlich weiter. In früheren Jahren handelten wir mehr nach der Maxime: NATURA 2000 und Infrastruktur und Wirtschaftswachstum. Das Ziel des Ausgleiches zwischen Naturschutz und wirtschaftlichen Interessen sowie sozialen Belangen, wie es die Agenda 21 vorsieht, scheint unser Umweltminister leider immer mehr aus den Augen zu verlieren
Allein diese Tatsache wirft uns in unseren Diskussionen meilenweit zurück. Das Programm NATURA 2000 ist in diesem Zusammenhang nur der Stein des Anstoßes. Grundsätzlich muss man sagen, dass die derzeitige Art der Betrachtungsweise von Naturschutz immer mehr in eine einseitige abgleitet.
Die gleiche Kritik würde aber unsererseits natürlich auch gelten, wenn wir uns einer rein wirtschaftsorientierten Betrachtungsweise hingeben würden. Das Problem, das wir in diesem Land aber haben, besteht darin, dass das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium nicht miteinander reden und Konflikte erst dadurch entstehen.
Wir haben heute vom Umweltminister einen Bericht erhalten, in dem er darauf hinweisen hat, dass durch das Programm NATURA 2000 nur ein Verschlechterungsverbot verankert werde und eine wirtschaftliche Betätigung in den NATURA-2000-Gebieten nach einer naturschutzfachlichen Prüfung von Projekten weiterhin möglich sein könne.
Das ist auch richtig so und oft wird es so sein, dass tatsächlich Infrastrukturprojekte und Projekte, die die Wirtschaftskraft verbessern sollen, nach einer besonderen naturschutzfachlichen Prüfung durchgeführt werden können.
Allerdings, Herr Kollege Kayenburg, haben wir hierfür keine Sicherheit. Es geht nicht ums Geld. Es geht vielmehr um die Planungssicherheit. Und genau diese Sicherheit brauchen wir, wenn wir geplante Infrastrukturprojekte durchführen wollen.
So ist in Nordfriesland der Ausbau der Bundesstraße 5 im Bundesverkehrswegeplan angemeldet und soll nun vorangetrieben werden. Gleichzeitig soll in Husum ein Offshore-Windhafen entstehen, was nicht enorm nur zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen, sondern auch der durch die Landesregierung vorangetriebenen nachhaltigen Energiegewinnung dienen wird.
Hierfür vorgesehene Flächen sollen nun Vogelschutzgebiete werden. Wir haben also keine Sicherheit mehr, ob die politisch gewollten Projekte noch durchgeführt werden können. Diese Sicherheit hätten wir nur dann, wenn man diese Flächen nicht ausweisen würde. Und genau hier setzt die Kritik an.
Da es so ist, dass wir die Region wirklich weiterentwickeln wollen, frage ich: Warum werden die jetzt
schon für die wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung verplanten Gebiete nicht von der Ausweisung als Vogelschutzgebiet freigehalten?
Genügend Auslegungsspielraum haben wir ja. Denn bei der Ausweisung von Vogelschutzgebieten hat das Umweltministerium eigene Kriterien für die Ausweisung dieser Schutzgebiete zugrunde gelegt, die dazu führten, dass von der EU-Kommission konkret genannte Gebiete nicht ausgewiesen wurden.
Wenn man also über die Empfehlungen und Wünsche der EU-Kommission hinweggehen kann, muss es auch möglich sein, Vogelschutzgebiete gebietsmäßig so zu schneiden, dass die infrastrukturellen Planungen nicht infrage gestellt werden. Oder soll da doch das eine oder andere Projekt verhindert werden? - Das ist zumindest die Frage, die die Menschen in den Köpfen haben.
Genau diese Sorge geht jetzt um: Können die Offshore-Windprojekte noch realisiert werden, wenn in den Seegebieten, in denen „Vogelschredder“ aufgestellt werden sollen, plötzlich ein Vogelschutzgebiet ist? - Das eine schließt das andere sicherlich aus.
Wir haben keine Antwort auf solche Fragen und auch die Kollegen von nebenan konnten diese Frage nicht beantworten, weil sie die ganze Zeit nur „Wo?“ fragen. Deshalb haben viele mit der Schutzgebietsausweisung ein Problem. Vor diesem Hintergrund müssen wir vorsichtig mit großflächigen Schutzgebietsausweisungen sein.
Um es klar zu sagen: Wir als SSW wollen Schutzgebiete und wir wollen NATURA 2000. Aber wir wollen beides im Einklang mit den Interessen der Menschen und wir wollen vor allem, dass dies nach den allgemein anerkannten Prinzipien der Agenda 21 durchgeführt wird.
Belange des Naturschutzes und Belange, die sich auf die wirtschaftliche Entwicklung und auf soziale Komponenten beziehen, haben gleichrangig behandelt zu werden. Und das ist heute schon möglich.
Es liegt also auch in unserem Interesse, dass wir die Wogen glätten. Ich sehe nämlich, dass diese Debatte
sehr schnell abgleiten kann. Deshalb werden wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von nebenan, dem Änderungsantrag von SPD und Grünen zustimmen.
Denn er ist erstens sachlich richtig und beinhaltet keinerlei Vorabbewertungen. Zweitens schafft er Planungssicherheit für die Betroffenen. Denn nur bei ausgewiesenen Vogelschutzgebieten werden in Zukunft Ausnahmeregelungen greifen können und ohne faktischen Vogelschutz bleibt jedwede Entwicklung blockiert.