Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse über die Dringlichkeit des Antrags der Fraktion der CDU abstimmen. Ich weise darauf hin, dass nach § 51 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Dringlichkeit ist bejaht worden.
Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als Punkt 34 c in die Tagesordnung einzureihen und bitte die Fraktionen, sich über die Redezeiten zu verständigen und mir einen Vorschlag zu unterbreiten.
ganz besonders das Ehepaar Klaus und Elvira Mohr aus Leura, nördlich von Sydney, geboren in Hademarschen und das erste Mal nach 40 Jahren wieder in Deutschland,
und in der Gästeloge außerdem eine Delegation unter Leitung des Direktors des Kaliningrader Staatsfernsehens, Valerij Melchenko.
a) Resolution - Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit als Herausforderung für Staat und Gesellschaft
b) Gegen die Gefahr von Rechts: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ächten - Das liberale und weltoffene Klima im Land stärken
Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/417
Mir ist soeben mitgeteilt worden, dass die Fraktionen ihre Ursprungsanträge unter a), b) und c) durch den gemeinsamen Antrag Drucksache 15/417 für erledigt erklärt haben.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hay.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag mit dem Thema Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit auseinander setzt. Ich kann mich noch sehr gut an die Debatten erinnern, die wir 1992 bis 1996 in diesem hohen Hause geführt haben, an die Reden vieler, vor allen Dingen an die Reden von Dr. Peter Bendixen, Dr. Ernst Dieter Rossmann und Ute Erdsiek-Rave, die sich mit der rechtsextremen DVU auseinander setzten. Was mich besonders beeindruckt hat, war die Entschlossenheit aller großen demokratischen Parteien, sich mit den rechtsextremen Menschen, die in diesen Landtag gewählt worden waren, auseinander zu setzen. An diese Tradition sollten wir heute anknüpfen.
Bei der letzten Landtagswahl hat die NPD in Schleswig-Holstein gerade 1 % erhalten, aber immer noch genug Stimmen erzielt, um an der Wahlkampfkostenerstattung teilzuhaben.
Nicht die Wählerwirksamkeit rechtsradikaler Propaganda macht uns zurzeit Sorgen, obwohl auch hier Entwarnung nicht angesagt sein kann. Eine neustrukturierte Rechte mit attraktiveren Führungspersönlichkeiten könnte in Deutschland ebenso Erfolge erzielen, wie sie das in anderen europäischen Ländern bereits getan hat. Da sollten wir uns nichts vormachen.
Wir haben es heute damit zu tun, dass sich organisierte und nicht organisierte Rechtsextremisten immer stärker in der Öffentlichkeit bemerkbar machen, durch paramilitärische Aufmärsche, durch Plakataktionen, und vor allen Dingen immer wieder durch verbale und körperliche Gewalt gegen Andersdenkende und gegen Menschen, die nach ihrer Auffassung in dem, was sie unter „Volksgemeinschaft“ verstehen, nichts zu suchen haben: Obdachlose, Ausländer, Behinderte und und und.
Die Strukturen des rechtsextremen Terrors sind anders, als es die des sich als „links“ verstehenden Terrors in den Siebzigerjahren waren. Durch die RAF und andere sind in den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren fast 40 Menschen ermordet worden, durch rechtsextreme Gewalt - nach vorsichtigen Zählungen mittlerweile weit über 100. Es hat Politiker aller Parteien, auch der SPD gegeben, die für ihren Verantwortungsbereich immer nur von bedauernswerten Einzelfällen, aber nie von einer rechtsextremen Grundstimmung gesprochen haben. Hier findet Gott sei Dank ein Umdenken statt.
Das Problem rechtsextremer Gewalt eskaliert besonders stark in den neuen Bundesländern, aber die rechten Aktivisten sind auch in den alten Bundesländern aktiv. Deshalb müssen sich alle Bundesländer damit auseinander setzen.
Die vom „Club 88“ in Neumünster ausgehenden Aktivitäten und die Treibjagd gegen den Gewerkschafter Uwe Zabel in Elmshorn sind die spektakulärsten Ereignisse in unserem Land in jüngster Zeit, jedoch nicht die einzigen.
Die Rechtsextremisten, der Rechtsextremismus sind Produkte unserer Gesellschaft, so muss es Aufgabe der Gesellschaft und als erstes der politisch Verantwortlichen sein, sich dieser Herausforderung zu stellen. Rechtsextreme Auffassungen entstehen sowohl durch Verhalten als auch durch Verhältnisse, aber auch durch Ängste von Menschen, die wir durchaus ernst nehmen müssen. Natürlich ist es richtig, dass nationalistische und ausländerfeindliche Gewalt auch in ande
ren westeuropäischen Ländern, gefestigten Demokratien also, vorkommen. Doch die jüngere Vergangenheit Deutschlands erlegt uns hier eine besondere Verantwortung auf.
Die Fraktionen dieses Hauses sind sich darüber einig, dass es einer Vielzahl von Maßnahmen bedarf, um dem Rechtsextremismus wirkungsvoll entgegenzutreten. Dazu gehören auch Repressionen. Ich möchte diese Gelegenheit daher nutzen, denjenigen zu danken, die in den letzten Wochen in Neumünster für eine Schließung des Neonazi-Zentrums „Club 88“ demonstriert haben.
Ich danke auch den Polizistinnen und Polizisten, die dafür gesorgt haben, dass Demonstrationen und Gegendemonstrationen einigermaßen friedlich abgelaufen sind.
Wir wissen aus zahlreichen Gesprächen, dass es für viele Polizeibeamte eine schmerzliche Zumutung ist, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und auf Demonstration zu schützen und durchzusetzen. Wer dazu nichts weiter zu sagen hat, als den ständig wiederholten Sprechchor: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten!“, hat das Grundprinzip der Demokratie nicht verstanden.
(Beifall bei SPD, CDU, F.D.P. SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Thorsten Geißler [CDU]: Sehr richtig!)
Das Grundprinzip der Demokratie lautet, dass verfassungsmäßig verbriefte Rechte für alle gelten müssen.
Es ist die Aufgabe des Staates und seiner Organe, diesen Grundrechten Geltung zu verschaffen, und zwar für alle Bürgerinnen und Bürger, egal welcher Gesinnung sie sind.
Der Mythos der Fünziger- und Sechzigerjahre ist seit langer Zeit widerlegt, nämlich dass Rechtsextremismus auf die Generation beschränkt sei, die unter dem Nationalsozialismus groß wurde. Es sind heute junge Erwachsene und Jugendliche, die als Rechtsextremisten aufmarschieren. Jeder einzelne Jugendliche, der sich für rechtsextremes Denken geöffnet hat und der sich in rechtsextreme Strukturen hat einbinden lassen, bescheinigt der demokratischen Gesellschaft - und damit sind auch wir gemeint - ihr Versagen.
Die Gründe dafür, dass ein junger Mensch in der Kategorie der Rassereinheit, der Überlegenheit des deutschen Volkes, der Rückkehr zu großdeutschen Grenzen und so weiter zu denken beginnt, sind vielfältig. Mal spielt das Klima im Elternhaus die entscheidende Rolle, in anderen Fällen überhaupt nicht. Mal ist es das materielle Elend in der Familie und der Umgebung. Dann wieder begegnen wir in der rechtsextremen Szene Kindern wohlsituierter Eltern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich beruflich etabliert haben.
Wenn es nach unserer Rechtsordnung eine Möglichkeit gibt, die NPD und gleichgerichtete Parteien und Organisationen von der politischen Bühne verschwinden zu lassen, dann sollten wir diese Möglichkeit nutzen. Ein Antrag auf Verbot der NPD ist allerdings nur dann hilfreich, wenn die hierfür vorliegenden Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden diesen Schritt rechtfertigen.