Der SSW ist der Auffassung, dass sich das Programm „Jede Stunde zählt“ bewährt hat. Egal, was die Kollegen von CDU und FDP davon halten, wir finden, es hat sich bewährt.
Denn dadurch ist die Situation in den Schulen verbessert worden. Nun kann man natürlich sagen, es hätte früher etwas in der Richtung passieren können; aber es nützt nichts, über verschüttete Milch zu klagen. Es passiert jetzt etwas und das ist das Wichtigste.
Ein Stufenplan zur Unterrichtsversorgung wäre zu begrüßen, wenn damit gemeint ist, dass das Konzept „Jede Stunde zählt“ für die verlässliche Grundschule ergänzt werden soll. Skeptisch wäre ich jedoch, wenn damit nur die Forderung nach einer verbindlichen Stundentafel gemeint ist. Ich weiß, dass es die verbindliche Stundentafel in vielen anderen Bundesländern gibt. Die bundesweite Debatte zum Thema Unterrichtsausfall zeigt jedoch, dass sie nicht die Universallösung ist.
Mit der verbindlichen Stundentafel gäbe es dann vielleicht einen einklagbaren Unterricht, doch was nützt es den Eltern, wenn sie Recht bekommen? Die Gegebenheiten für die Erteilung des Unterrichts werden dadurch nicht geschaffen. Diese können nur durch
Wir sagen daher, dass es wichtig ist, ein gutes, praxisorientiertes Konzept für die Schulbildung zu erarbeiten, das sich selber tragen kann. Die Situation an den Schulen hat gezeigt, dass es nichts bringt, überall Mittel „reinzubuttern". Wir müssen uns daher die Frage stellen: Wie schaufeln wir Ressourcen frei und wie setzen wir diese sinnvoll ein?
Lehrermangel und Finanzknappheit sind zu beklagen, aber davon wird es auch nicht besser. Die vorhandenen Ressourcen müssen wenigstens sinnvoll eingesetzt werden. Das ist unsere Forderung.
Der Landesvorsitzende der CDU hat nun festgestellt, dass durch die Zusammenlegung von Schularten Ressourcen frei werden, die dann für die inhaltliche Verbesserung dieser Schularten genutzt werden können. Das finde ich gut. Dass er jetzt zurückgepfiffen worden ist, ist bedauerlich,
weil dadurch eine Chance vertan worden ist, etwas, was über den Status quo hinausreicht, zu unternehmen. Denn gerade im ländlichen Bereich gibt es ja kleine Haupt- und Grundschulen, die in ihrer Existenz gefährdet sind. Meine Frage ist: Wie hilft man diesen Schulen, wenn man einfach den Status quo zementiert?
Der SSW wirbt weiterhin dafür, komplett umzudenken und nicht nur Symptome wie Unterrichtsausfall oder Ähnliches zu behandeln. Wir sagen noch einmal: Unser Schulsystem ist veraltet und dies zeigt sich eindeutig an den Ermüdungserscheinungen. Der Unterrichtsausfall ist eine davon. Die ungeteilte Schule wäre aus unserer Sicht der richtige Weg.
(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Uwe Greve [CDU]: Das hat doch nichts mit dem Schulsystem zu tun!)
- Darauf komme ich gleich zu sprechen, lieber Kollege. - Wir begrüßen daher ebenfalls, dass sich nun auch die SPD für eine ungeteilte Schule bis zur 10. Klasse einsetzt, und wir rufen der SPD zu: Nur Mut, Genossen!
Ich fasse zusammen: Die Unterrichtsversorgung muss weiter verbessert werden. Das ist ein weiteres Argu
ment dafür, die Frage nach den Strukturen unseres Schulwesens nicht zu tabuisieren. Wir müssen uns auch mit der Problemstellung der Bildungsfinanzen auseinander setzen,
und zu sehen, ob Mittel zielgerichtet eingesetzt werden. Wer einfach pauschal eine verbindliche Stundentafel einführen möchte, sieht darüber hinweg, dass es vielleicht andere und bessere Modelle gibt.
Ich habe kürzlich erfahren, dass es in Thüringen ein anderes Modell gibt, das besagt: 60 % sollen über verbindliche Stundentafeln geregelt werden, der Rest der Stunden, die einer Schule zugeteilt werden, steht sozusagen zur freien Verfügung. Das heißt, es soll möglich sein, einer Klasse zum Beispiel mehr Stunden in Mathematik zur Verfügung zu stellen, wenn es dort pädagogisch sinnvoll und notwendig ist. Das finde ich gut.
Ich komme zum Schluss, ja. - Wenn man den Gedanken zu Ende führt: Es kann doch nicht sein, dass man an einer Schule einen Mathelehrer hat, ihn aber nicht einsetzen kann, weil man eine verbindliche Stundentafel hat.
Ich plädiere dafür, weiter zu denken, flexibler zu denken. Es kann nicht angehen, dass unser Schulsystem so in Beton gegossen ist, dass wir es überhaupt nicht auseinander meißeln können.
Mir liegt noch eine Wortmeldung zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Hierzu erteile ich der Frau Abgeordneten Eisenberg das Wort.
Meine Damen und Herren, ich würde ja gern mit Ihnen auch eine schulpolitische Debatte führen, aber ich glaube, das ist heute nicht der Punkt. Von daher sollten wir das jetzt lassen.
Frau Birk, zu Ihnen. Ich glaube, Sie haben das einfach nicht verstanden. Das ist mir völlig unbegreiflich; denn Sie sind seit Jahren schulpolitische Sprecherin. Sie haben nicht verstanden, worum es in dem einen oder anderen Fall geht. Wenn die Bildungsministerin von Unterrichtsausfall redet, dann redet sie von dem Unterrichtsausfall, der durch Krankheit oder Sonstiges eintritt. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist das tatsächliche strukturelle Unterrichtsfehl. Das liegt bei den Hauptschulen bei 13,2 % und bei den Grundschulen bei 9,2 %. So ist es. Sie können das nicht schlicht und ergreifend in die Ecke schieben und sagen: Wir reden jetzt von Unterrichtsgarantie, jede Stunde zählt und dann fällt überhaupt kein Unterricht mehr aus. Damit ist die Sache vergessen. Es bleibt doch dabei - das können Sie nicht einfach wegwischen -, dass 9,2 % Unterricht an der Grundschule und 13,2 % Unterricht an der Hauptschule fehlen.
Wenn Sie das nicht verstehen wollen und keine Maßnahmen dagegen ergreifen wollen, dann sind Sie hier wirklich fehl am Platze. Das möchte ich noch einmal betonen.
Meine Damen und Herren, kein Mensch hat davon geredet, Grundschulen aufzulösen. Die Bildungsministerin hat gesagt: Kurze Beine, kurze Wege. Das ist völlig in Ordnung; dahinter stehen wir. Faktum ist - das gilt für Hauptschulen und Realschulen, bezogen auf den demographischen Faktor -, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen - da gebe ich Ihnen ja Recht; das habe ich auch öffentlich erklärt -, wie in Zukunft möglicherweise Hauptschulen und Realschulen kooperieren, Anke Spoorendonk, nicht fusionieren. Das sind keine neuen Töne. Sie können das in der Zeitung nachlesen. Ich habe die Bildungsministerin bei der Frage der Schulentwicklungsplanung unterstützt. Sie müssen nur etwas genauer hinhören. Es geht um Kooperation, meine Damen und Herren, es geht nicht um Fusion.
Mir liegen jetzt noch zwei weitere Wortmeldungen für Kurzbeiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Dr. Höppner das Wort.
Frau Kollegin Eisenberg, Sie haben mehrfach erzählt, warum es die Möglichkeit gibt, in Schleswig-Holstein zwischen kleinen Klassen mit weniger Unterricht und größeren Klassen mit mehr Unterricht zu wählen. Sie haben auch mehrfach erzählt, dass die Existenz kleiner Schulen in der Fläche ganz immens von diesem Verfahren abhängt. Überlegen Sie einmal: Wir haben teilweise Grundschulen, in denen es 30 Schülerinnen und Schüler, aufgeteilt in zwei Kombijahrgänge 1 und 2 sowie 3 und 4, gibt. Sehen Sie sich denn heute hier in der Lage, für Ihre Fraktion eine Aussage darüber zu machen, was Sie in Zukunft mit diesen kleinen Schulen in der Fläche machen wollen? Wollen Sie ein System haben, bei dem wir wirklich das machen, was in Baden-Württemberg der Fall ist, wo man solche Standorte gar nicht mehr vorhält? Das ist eine Antwort, die Sie für den ländlichen Raum geben müssen. Ich bin gerne bereit, Ihnen eine Liste mit 58 Schulen in Schleswig-Holstein zu geben, die unter diesem Problem leiden. Sie können mir oder meiner Fraktion dann im nächsten Bildungsausschuss gern eine Antwort darauf geben, wie Sie mit den Schulen in der Fläche umgehen wollen.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Eisenberg, die CDU hat mit ihrem Kongress den Rückmarsch eingeleitet: Heraus aus dem dreigliedrigen Schulsystem! Dass Sie dies hier nicht wahrhaben wollen, zeigt erneut, dass Sie sich als Partei manchmal ein Stückchen vorwagen, und dann, wenn Sie merken, dass es ernst wird und man sich vielleicht auch unbeliebt machen kann, schrecken Sie sofort zurück. Sie haben ja nicht nur, wie Sie gesagt haben, die Kooperation von Hauptschulen und Realschulen
beschlossen, sondern Sie haben auch gesagt, dass es bis zur 8. Klasse eine Art gemeinsame Orientierungsstufe geben soll. Das heißt, dass die Kinder gemeinsam unterrichtet werden. Das ist natürlich ein Aufbruch des bisherigen Systems; das ist genau das, was wir wollen.
Sie haben auch vergessen zu erwähnen, dass Sie die Verbesserung an den Schulen auch damit bezahlen wollen - Sie merken nämlich langsam, dass man umstrukturieren muss -, dass Sie in den Hauptschulen das freiwillige 10. Schuljahr streichen. Auch da bitte ich Sie: mutig voran! Vielleicht können Sie das ja auch mal offensiv hier diskutieren.
Was ich überhaupt nicht verstehen kann und auch nicht stehen lassen will, ist, dass Sie ignorieren, dass die Situation von Unterrichtsversorgung und Unterrichtsgarantie real besser wird. Das ignorieren Sie schlicht und das finde ich nicht in Ordnung. Ich bin sehr viel in meinem Wahlkreis im Hamburger Randbereich unterwegs und stelle dort fest, dass die Gelder zur Vermeidung von Unterrichtsausfall vor Ort ankommen. Das ist sehr erfreulich und das verdient auch unsere Würdigung.