- Frau Kollegin, es ist erst einmal von zwei Abgeordneten Ausschussüberweisung beantragt worden, von Herrn Kollegen Puls und von Frau Kollegin Spoorendonk. Deswegen werden wir nach der Geschäftsordnung zunächst über den Antrag auf Ausschussüberweisung abstimmen.
(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein! - Holger Astrup [SPD]: Ich möchte darauf hinweisen, dass Kollege Puls mit Sicherheit nicht beantragt hat, den An- trag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN an den Ausschuss zu überweisen!)
- Ich meinte, es so vernommen zu haben, wir werden das im Protokoll nachlesen. Aber das ist auch unerheblich, weil Ausschussüberweisung auf jeden Fall beantragt worden ist. Es gibt einen Antrag, beide Anträge an den Ausschuss zu überweisen.
- Es soll getrennt abgestimmt werden. Wir stimmen über den Antrag auf Ausschussüberweisung ab, weil das der Abstimmung in der Sache vorgeht. Es ist jetzt von der SPD beantragt worden, getrennt abzustimmen. Wir sollen also erstens darüber entscheiden, ob der Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an den Ausschuss überwiesen werden soll, und zweitens darüber abstimmen, ob der SSW-Änderungsantrag überwiesen werden soll.
Wer also zustimmen möchte, dass der Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3382, zur weiteren Beratung an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überwiesen wird, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung des Antrages von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3382, an den Ausschuss mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU, FDP und SSW abgelehnt.
- Frau Kollegin, ich habe mir Mühe gegeben, darauf hinzuweisen, dass wir getrennt abstimmen. Zunächst haben wir über den Hauptantrag abgestimmt, und zwar über die Ausschussüberweisung. Im Klartext: Der Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3382, wird nicht an den zuständigen Ausschuss überwiesen.
ständigen Ausschuss überweisen möchte. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit wird der Änderungsantrag einstimmig an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überwiesen.
Der Antrag Drucksache 15/3402 ist also an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überwiesen worden.
Nun treten wir in die Sachabstimmung ein. Da der Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3382, nicht zur weiteren Beratung an den Ausschuss überwiesen worden ist, wohl aber der Antrag des SSW, brauchen wir jetzt nur noch über den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3382, in der Sache abzustimmen. Wer diesem Antrag in der Sache seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 15/3382 mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU, FDP und der Abgeordneten des SSW angenommen worden.
Wir sind am Ende dieses lebhaften Tagesordnungspunktes 30. Ich weise darauf hin, dass wir aufgrund der Situation, dass wir für diesen Tagesordnungspunkt etwas mehr Redezeit in Anspruch genommen haben, als dies vom Ältestenrat vorgesehen war, zu einer Veränderung in der Debatte der Tagesordnungspunkte kommen werden, die wir noch bis zur Mittagspause erledigen wollten. Hintergrund war, dass der Herr Innenminister am Nachmittag dienstlich außer Landes ist. Deswegen sollten in seiner Anwesenheit die Punkte abgearbeitet werden, die seine Anwesenheit dringend erfordern. Die Geschäftsführer sind dahin gehend übereingekommen, dass die Tagesordnungspunkte 19 und 35, die in verbundener Debatte behandelt werden sollten, nach Tagesordnungspunkt 54, der für 15 Uhr gesetzt ist, aufgerufen werden.
Ich weise darauf hin, dass mit Antrag Drucksache 15/3370 ein Bericht durch die Landesregierung in dieser Tagung beantragt wird. Soll zunächst eine Abstimmung darüber herbeigeführt werden, dass der Bericht jetzt zu geben ist?
- Wer also Drucksache 15/3370 insoweit seine Zustimmung geben will, dass ein Bericht in dieser Tagung gegeben wird, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das war einstimmig. Das führt dazu, dass jetzt die Regierung das Wort erhält, und zwar der zuständige Innenminister Buß.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU fragt in zwölf Punkten zum Zuwanderungsrecht, die selbst ein Schnellredner in fünf Minuten nicht abhandeln kann. Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich werde überziehen und bitte um Nachsicht. Ich weiß, dass das Haus - so ist es abgesprochen - einverstanden ist.
Wie sie wissen, meine Damen und Herren, bin ich Mitglied der Unterarbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses zum Zuwanderungsgesetz. Die nächsten Sitzungen werden am 30. April und am 1. Mai in Berlin stattfinden - einer der Gründe, warum ich am Freitag nicht hier sein kann. Der hinter uns liegende Sitzungsmarathon lässt zu meinem Bedauern bisher nicht erkennen, dass und wann ein Ende der Beratungen zu erwarten ist. Ursache dafür ist weniger ein Dissens in fachlichen und sachlichen Fragen. Nach meiner Wahrnehmung war hier zwischenzeitlich schon viel erreicht worden. Ursache ist wohl eher die Versuchung, die nach wie vor bestehende öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber der Arbeit der Unterarbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses zur Mitnahme öffentlichkeits- und medienwirksamer Effekte zu nutzen.
Das gilt auch für die Neuausrichtung der gesamten Diskussion auf das Thema Sicherheit, Terrorismus- und Extremismusbekämpfung in der Folge des schrecklichen Verbrechens von Madrid. Wenn daher mit Blick auf offene Fragen bei den sicherheitsrelevanten Vorschriften der bis dahin erreichte Konsens in wesentlichen anderen Regelungsinhalten des Zuwanderungsgesetzes über den Haufen geworfen wird, ist das sehr bedauerlich.
Die von der CDU aufgeworfenen Einzelfragen entsprechen im Wesentlichen den Anregungen, die die Bundestagsfraktion von CDU/CSU mit Datum vom 1. April 2004 als Erörterungsgrundlage in die Unterarbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses eingebracht hat. Die Verhandlungen laufen. Wenn ich nun die Position der Landesregierung zu den einzelnen Fragen darstelle, laufe ich Gefahr, die Verhandlungen zu belasten. Dennoch werde ich mich einer Beantwortung der Fragen in Absprache mit Ministerin Lütkes nicht entziehen, ohne damit den Verhandlungen oder gar deren Ergebnissen vorgreifen zu wollen.
Regelausweisung von Terroristen und Regelausweisung von Extremisten sind Punkte, in denen vom Wortlaut her sehr schnell Einvernehmen erzielt werden könnte. Offen bleibt jedoch, um welche Personengruppen es sich hier konkret handeln soll. Die Begriffe eignen sich nicht für die tägliche Arbeit in einer Ausländerbehörde. Hier sind Polizei und Verfassungsschutz gefragt.
Noch schwieriger ist die Bewertung des Vorschlages einer Regelausweisung bei Terrorismusverdacht. Im bisherigen Entwurf des Zuwanderungsgesetzes ist vorgesehen, dass es zu einer Ausweisung führen kann, wenn Tatsachen belegen, dass ein Ausländer einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt. Vorgeschlagen wird, die Eingriffsschwelle in derartigen Fällen herabzusetzen. Eine Ausweisung soll danach möglich sein, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ausländer einer Vereinigung angehört, die den Terrorismus unterstützt.
Der bestehende Entwurf kann sicherlich noch präziser formuliert werden. Wie soll sich zum Beispiel „internationaler Terrorismus“ definieren? Es wäre aber in meinen Augen ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot, eine so einschneidende Sanktion wie die Ausweisung lediglich mit einer Annahme zu begründen.
Für erwägenswert halte ich hingegen die zusätzliche Schaffung einer Ausweisungs- und Abschiebungskompetenz des Bundes oder der obersten Landesbehörden in Fällen der besonderen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Auch darüber werden wir noch verhandeln.
Mit dem Vorschlag der Einrichtung einer zentralen Einlader- und Warndatei wird eine Gesetzgebungsinitiative aus der 14. Legislaturperiode aufgewärmt,
die im Mai 2000 abgelehnt worden war. Eine Vielzahl der damals angestrebten Gesetzesänderungen hat in den Entwurf des Zuwanderungsgesetzes Eingang gefunden. Insbesondere die Speicherinhalte und die Zugriffsmöglichkeiten auf die Visadatei im Ausländerzentralregister, einer auf Bundesebene zentral geführten Datenbank über Ausländer in Deutschland, sind erweitert worden. Eine darüber hinausgehende Regelung halte ich nicht für erforderlich.
Der Vorschlag, den Rechtsweg bei Ist- und Regelausweisungen auf eine Gerichtsinstanz zu beschränken, wird nicht grundsätzlich abgelehnt. Eine Verkürzung des Rechtsweges gibt es beispielsweise schon in bestimmten Asylverfahren. Soweit allerdings vorgeschlagen wird, gesetzlich die sofortige Vollziehbarkeit von Ausweisungsentscheidungen vorzusehen und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage durch ein Gericht nur dann zu gestatten, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, greift das meines Erachtens zu weit.
Schon nach dem geltenden Recht kann jede Ausweisungsentscheidung für sofort vollziehbar erklärt werden, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich ist. Regelmäßig Maßnahmen zur Identitätssicherung im Visumverfahren bei Negativstaaten - das sind Staaten, deren Staatsangehörige nicht ohne Visum in die Bundesrepublik einreisen dürfen -, insbesondere bei Problemstaaten und Staaten, bei denen Rückführungsschwierigkeiten bestehen, durchzuführen, halte ich für zu weitgehend. Schon im Entwurf des Zuwanderungsgesetzes, hier insbesondere § 49 Abs. 3 und 4, ist eine Erweiterung der bisher möglichen Maßnahmen zur Identitätssicherung vorgesehen. Auch die Sachverhalte, in denen beispielsweise Lichtbilder oder Fingerabdrücke genommen werden können, sind mit Augenmaß erweitert worden.
Die jetzige Formulierung des § 49 Abs. 3 Nr. 5 des Aufenthaltsgesetzes erlaubt, im Visumverfahren erkennungsdienstliche Maßnahmen durchzuführen. Das gilt zum einen bei Staatsangehörigen von Staaten, bei denen Rückführungsschwierigkeiten bestehen, wenn Aufenthalte von mehr als drei Monaten beabsichtigt sind. Das Gleiche gilt zum anderen für Staatsangehörige von Staaten, die aufgrund aktueller Sicherheitslage von Bundesinnenministerium und Auswärtigem Amt im Einvernehmen bestimmt werden. Wie gesagt, Ausweitungen der Eingriffsermäch
tigung halte ich weder aus verwaltungsökonomischen noch aus Sicherheitsgesichtspunkten für erforderlich.
Gleiches gilt für das viel diskutierte Thema der gesetzlichen Grundlage für Regelanfragen bei Polizei und Verfassungsschutz vor Erteilung nicht befristeter Aufenthaltstitel oder einer Einbürgerung. Der Zuwanderungsgesetzentwurf sieht die Möglichkeit vor, sowohl im Einbürgerungsverfahren als auch im ausländerbehördlichen Verfahren vor einer Verwaltungsentscheidung Polizei und Sicherheitsbehörden nach deren Erkenntnissen zu befragen. Im Moment entscheidet die Ausländerbehörde nach den Umständen des Einzelfalles, ob eine solche Befragung durchgeführt wird. In den Einbürgerungsverfahren haben wir regelmäßig die Erkenntnisabfrage bei Polizei und Verfassungsschutzbehörden vorgesehen. Ich sehe keinen Grund für eine darüber hinausgehende gesetzliche Verankerung einer Regelanfrage in den genannten Fällen.
Für die Speicherung der ethnischen Herkunft eines Ausländers im Ausländerzentralregister sehe ich keine Notwendigkeit. Neben der Schwierigkeit der Bestimmung der Volkszugehörigkeit ist die Volkszugehörigkeit für ausländerrechtliche Entscheidungen kaum von Bedeutung. Anderes gilt nur im Asylverfahren. Dort wird die Volkszugehörigkeit schon jetzt ermittelt und gespeichert.
Nun zur Frage der Visumerteilung bei nicht ausräumbaren Sicherheitsbedenken. Für die praktische Durchführung des Visumverfahrens ist in erster Linie das Auswärtige Amt zuständig. Die dort auch im Moment heftig diskutierten Erlassregelungen sind unserer Einflussnahme entzogen. Dennoch bin ich der Ansicht, dass die Einreise nach Deutschland bei nicht ausräumbaren Sicherheitsbedenken nicht erlaubt werden darf. Die Einreiseverweigerung ist ein wesentlich geringerer Eingriff als eine später gegebenenfalls erforderliche Ausweisung und Abschiebung. Eine gesetzliche Regelung ist insofern nicht nötig.
Es ist schade, dass die CDU ihre Berichtsanforderung auf den Stand der Beratungen der sicherheits- und integrationsrelevanten Punkte beim Zuwanderungsgesetz beschränkt. Sicherlich, beides sind wichtige Themen, die in den weiteren Gesprächen eine zentrale Rolle spielen werden. Andere Regelungsfelder, in denen ebenfalls noch keine abschließende Einigung erzielt und veröffentlicht wurde, klammern Sie aus, zum Beispiel humanitäre Fragen wie die einer Härtefallregelung oder den Schutz vor nicht staatlicher oder geschlechtsspezifischer Verfolgung oder den
Kindernachzug. Das sind Punkte, die für die vielen Migrantinnen und Migranten von höchstem Interesse sind und deren Nichtbehandlung ihnen Angst macht. Für die Landesregierung stelle ich klar, dass sicherheitsrelevante Regelungen und die Ausgestaltung der Integrationsförderung zwei völlig verschiedene Dinge sind.